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Ausgabe:

1981

Spalte:

45-46

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Titel/Untertitel:

L'Episcopat (1). 1548 - Juillet 1553 1981

Rezensent:

Moeller, Bernd

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 1

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Richtig sehr wohl sorgfältig« und differenzierter einzurichten, als das Priester der ganzen Diözese lebt im Zölibat (Nr. 466; vgl. Nr 437) -

Oft in vergangenen Zeiten geschah. Zwingiis Voraussetzungen waren nach langer Muhe erlangt Pflug ein päpstliches Indult um, konver-

anderer Art; mit seinen Wirkungsmöglichkeiten und Notwendigkei- tierte ehemals evangelische Geistliche von der Pflicht der Ehelos.g-

ten verhielt es sich genauso. Die üestaltgewinnung der Reformation keit dispensieren zu können (Dok. 72). Und für die Domprediger-

in Wittenberg und Zürich hatte je ihre eigenen Einbindungen, und stelle in Ze.tz, um deren Besetzung es immer wieder Schwierigkeiten

dieses alles in einer vorkonfessionellen Phase, die noch nicht total zu gibt, akzeptiert er am Ende sogar einen mehr oder weniger e.ndeuti-

veranschlagen ist für die Zementierung der folgenden Jahrzehnte. gen Protestanten(Nr. 584). Alle wichtigen Protagonister.der Gegen-

Locher schreibt zur besonderen Generalthematik Zwingiis in sei- reformat.on und katholischen Reform m Deutschland (Gropper.

nem Vorwort zutreffend: ..Das Buch befaßt sich also mit den Wech- Cochlaus. Helding. Wittel, C anisius) erscheinen unter den Korre-

selwirkungen von Glauben und politisch-sozialem Leben, und zwar spondeten. doch tritt auch die alte Verbindung Pflugs zu den humani-

in einem Bereich, in dem diese Beziehungen von Anfang an thema- stischen Reformatoren erneut in Erscheinung - ein umfangreiches

tisch vorgegeben sind" (S. V.). Zwingli hatte bei seinem Vorhaben, und wichtiges, bisher ungedrucktes Schreiben Bucers zum Interim

den Ausbau der Kirche voranzubringen, nur eine Erfolgschance. (Nr. 374) und ein Briefwechsel Pflugs mit Georg von Anhalt und

wenn er „die zahlreichen neuen Ordnungen des beruflichen, Wirt- Melanchthon ,n ähnlichem Zusammenhang (Nr. 392. 3990 fallen

schaftlichen zünftischen und bauerlichen Lebens" (617) einbezog. So ins Auge. Immer wieder bemerkt man. daß der Bischof die theologi-

« Lochers Buch ein Zeugnis dafür, wie die Wirkungen des Evange- sehe Entwicklung ,m Protestantismus und also vor allem die Kontro-

'iums in die Situation aller Lebensvollzüge der Menschen hineinrei- versen, aufmerksam verfolgt (Oslander - besonders auffallend Nr.

<*en. wenn man das .Gotzworf als Botschaft von der Befreiung" 576! -. Melanchthon, Flacius), und sein schon im zweiten Band her-

(616) begreifen lernt vorgetretenes theologisches Interesse an den Fragen der Rechtlerti-

gungslehre sowie das Bemühen um solche Formulierungen, die den

Bcrlln ioac im ogge Protestanten möglichst weit entgegenkommen, sind offenkundig.

Pflugs schlichter, seelsorgerischer Brief an seinen „Gleitsmann" von

PIur, Julius: Correspondance recueillie et editee avec introduetion et ] 552 (Nr. 569) könnte ohne weiteres einen Protestanten zum Verfas-

notes par J. V. Pollet. O. P. III: L'Episcopat (I) 1548 - Juillet 1553. ser haben. Dennoch bleibt an der Verbundenheit des Bischofs mit sei-

Leiden: Brill 1977. V, 850 S. m. 20 Abb., 17 Taf. gr. 8'. Lw. ner Kirche in diesem Band an keiner Stelle mehr der geringste Zwei-

hfl 200.-. fei, sie wird bei Gelegenheit mit feierlichen Worten ausgesprochen

(Nr. 572).

Eigenart. Anlage und Wert dieser Edition habe ich bereits bei der wjg schQn angedeutet jst die Edition des reichhaltigen Materials.

Besprechung der 1969 und 1973 erschienenen ersten Bande gewur- Hauptmasse aus den Arcniven von Zeitz und Dresden

d'8t(vgl.ThLZ96. 1971. Sp. 923-925; 101. !976.Sp. 773-775), wor- muslergu|tig insbeSondere die Kommentierung. die

auf ich verweisen möchte. Das Werk schreitet in bewundernswerter. weiie Literatur. und hislorische Sachkenntnis des Bearbeiters sind

ast wunderbarer Weise voran und hat. wenn ich recht sehe, an Quali- staunenswert Gelegentlich begegnet einem ganz Unerwartetes - z. B.

■at eher noch gewonnen. Die Einleitungen sind knapper geworden. § ^ Anm ? wq sich ejn bjsher ungedruckter Bericht über den

^ahl und U mfang der Texte gewachsen (232 Briefe. 29 Dokumente)^ Sturm auf Konstanz August , 548 aus dem wiener Archiv findet.

Es sind die besten Jahre Pflugs, um die es in dem neuen Band geht. Umer den sQ beachtlichen Editionswerken zur deutschen

seines unangefochtenen Amticrcns als Bischof von Naum- (|eschichlc in der Mitte des ,6 Jh die in den letzten Janren erschie-

ourg. Alle größeren politischen Affären des Reiches berühren den ^ ^ (G p,-eilschirtcr [Hrsg.], Acta Rcformationis Catholicac

Verfasser und hinterlassen in seinem Briefwechsel zum Teil höchst ßand ^ ,973_74. j Herrmann _ G Wartenberg [Hrsg.], Politische

^merkenswerte Spuren-vom Geharnischten Reichstag und dem In- Korrespondcnz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen

«nm (an dem Pflug wesentlichen Anteil hatte, wie reichhaltig doku- ßd , ,97g) njmmt der vorliegcnde Band einen besonderen Rang

mentiert wird) über den Reichstag von 1550, die Belagerung von ^

Magdeburg (interessanter Augenzeugenbericht Nr. 490), die zweite Fo|gende k|einere Fehler sind mir aufgefallen: Nr. 385 Z. 5: superioribus:

Triode des Trienter Konzils, an der der Bischof teilnahm, bis zum Nr 570 z 5. frcudt. s l29 Anm.o: BIUNDO; S. 245 Anm. 3: OLSON; Nr.

Fürstenkrieg dem Passauer Vertrag und dem Markgrafen-Krieg. Nun 474 Adressat JODOCLS (statt Joachim) MAHLER; ebenso Nr. 495 Kopfre-

wieot j: 1 ', . v, . „„_,j„,„ .,„r Aif nfTivipUe oest; S. 734 Z. 10: wegs; S. 16 bemerkt der Hrsg. mit Bedauern, er habe zu den

Wegt die hochpolitische Korrespondenz geradezu vor die ofl.zielle 8^.^ ^ Brjc|wcchscls MonU- von kelnen Kontak, |lndcn kön.

111 anderen Fürsten bis hin zum Kaiser (der Pllug im Februar m nen - tatsächlich dürfte seine Edition davon Schaden gehabt haben, wie jeden-

zUm Präsidenten seines neuen ..Hofrates" machen wollte, was dieser ra||s das Fehlen des bei Herrmann-Wartenberg Nr. 1058 regestierten Schrci-

abfehnte) und zum Papst und die intime i*it den Räten, von denen ei- bens Pflugs erkennen läßt, die Zählung der Dokumente" beginnt etwas imer-

niu,*,. • , , ^ .. ,, „ m ,.. _ •,_ _;, j„m wartet bei 51. nachdem der I. Band 11 solche Texte, der 2. überhaupt keine

"'Sc wie Carlowitz und Osse. am Hof des Kurfürsten Moritz, mit dem cmha|ten haltc

^aumburger Bischof geradezu konspirierten (Nr. 416 f; 581 u. ö.). (;öttin„,.n Bernd Moeller
^Wen dem letzteren selbst erscheint dieser Kurfürst als die eigent-
llcne Hauptperson des Briefwechsels, merkwürdige Texte wie der

Austausch der beiden Fürsten am Vorabend von Pllugs Abreise zum zeman, Jarold K.: The Hussite Movement and the Reformation in

Konzil im schicksalsschweren Monat Oktober 1551 (Nr. 539 IT) sowie Bohemia, Moravia and Slovakia (1350-1650). A Bibliographical

das bewegte, die gemeinsame Sorge um die deutsche Nation beschwö- Study Guide (with Particular Reference to Resources in North

fende Mahnschreiben des Bischofs ein halbes Jahr später (Nr. 564) America). Ann Arbor: Michigan Slavic Publieations 1977.

Wegen den Rang der Kontrahenten. XXXVII, 390 S. gr. 8'.

So viel Raum die politische Korrespondenz auch einnimmt -

Gnindtnema dieser Jahre ist für Pflug das Bemühen um den Wieder- Die Bibliographie der hussit.schcn Bewegung und der Reformation

au«>au der katholischen Kirche in seinem Bistum, eine so gut wie in den Ländern der heutigen Tschechoslowakei wird besonders

a"ssichtslose Aufgabe angesichts der pericula huius regionis. in qua et Historiker des Mittelalters angenehm uberraschen. Der VI. stellt sei-

°"a est initio haeresis et suum quasi regnum constituissc videtur... ner Arbeil ein Wort L. C. Tihanys voraus: Das Hussitentum wird als

!N|■• 466). Der Leser nimmt den Elan wahr, mit dem Pllug beginnt. Urbild einer großen Kette von Revolutionen betrachtet die das Ant-

1,est- wie man sich ihm eine Zeitlang von allen Seiten zur Verfügung litt der westlichen Zivilisation verändert haben. Ähnlich bezeich-

s,c|lt. und hört von seinen großen Plänen, etwa zur Errichtung eines nend dw Widmung dem Andenken von F. M. Bartos. O. Odlozihk

^otlegs ,11 Zeitz an dem Priester ausgebildet werden sollen. Die und R. Rican. dreier Historiker, die der böhmischen Retormat.on

En«gie. mit der er um die Durchführung des Interims in Mittel- ihre Lebensarbeit gewidmet haben. Als Urbild verstanden, führt das

Deutschland kämpft - anfangs übrigens auch in katholisch regierten Hussitentum zum Interesse an der Erforschung eines stets sehr anzie-

Gebicten -. kommt ebenso zur Geltung wie die Sorge um die Stabiii- henden Geschichtsabschnittes, dessen Erschließung den Europäern

Slcrung der alten Kirche auch in den benachbarten Bistümern. Und zu einem vertieften Selbstverständnis verhelfen kann. Einführend

'"shesondere drängt sich im Lauf der Jahre zunehmend, das schwer- wird eine Typologie des Hussitentums geboten, und angedeutet wer-
'tt: Problem auf vor dem der Bischof steht - das Fehlen geeigneter den die wichtigsten Tendenzen seiner Interpretation samt einer Inlor-
Mitarbeiter: Eruditorum et piorum presbyterorum tanta est hic etiam mation über das nordamer.kanische Forschungszentrum, das dem VI.
Pcn"na. qumtuffl nulla aetate fuisse arbitror (Nr. 439). Ein einziger die notwendigsten Arbeitsvoraussetzungen geschaffen hat.