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Ausgabe:

1981

Spalte:

671-672

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Stein, Dietrich

Titel/Untertitel:

Der Beginn des byzantinischen Bilderstreites und seine Entwicklung bis in die 40er Jahre des 8. Jahrhunderts 1981

Rezensent:

Thümmel, Hans Georg

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671

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 9

67:

mente nicht ganz in das Bild Gregors passen. In der Einleitung löst
der Vf. die Zeitansetzung der Reden überzeugend (S. 10 und passim)
und charakterisiert die Reden treffend. Bedenkenswert schreibt er
über or. II, die sich über Ideal und Grenzen der Priesteraufgabe ausbreitet
: „Nous ne sommes pas devant une theologie du sacerdoce,
mais en presence d'une Philosophie implicite tiree d'une experience
collective" (50).

Wegen seiner Orationes 27-31, den sog. theologischen Reden, die
P. Gallay ediert, erhielt Gregor später den Ehrentitel „der Theologe
". Sie entwickeln kein volles theologisches System, sondern erläutern
das Trinitätsdogma in Auseinandersetzung mit arianischen
Auffassungen, d. h. mit Eunomios, gegen den - allerdings ohne
Namensnennung - polemisiert wird. Der theologische Beitrag dieser
Reden zur weiteren Geschichte der trinitarischen und christologi-
schen Bemühungen ist bedeutend. Die von Gallay vorgeschlagene
Datierung (Ende 380. S. 10-15) hat viel für sich.

Die Orationes entfalteten natürlich ihre ganze Kraft im Moment
des Gesprochenwerdens. Trotzdem ist für uns auch noch die Lektüre
erstaunlich fesselnd. Da sich Gregor nämlich völlig mit der Sache
identifiziert, gerät der Leser über die Jahrhunderte hinweg in eine nie
langweilig werdende direkte Konfrontation mit einem der überragenden
Theologen der Kirchengeschichte.

Berlin Friedhelm Winkelmann

' P. Gallay hat bereits in den vergangenen Jahren die Briefe ediert (CUF
2 Bde, Paris 1964/67; GCS, Berlin 1969; Lettres theologiques, SCh 208, Paris
1974). Cf. zudem P. Gnllay, La vie de saint Gregoirc de Nazianze, Lyon-Paris
1943 und J. Bernardi, La predication des Peres cappadociens, Paris 1968.

2 A.-J. Mason, The five Theological Orations of Gregory of Nazianzus,
Cambridge 1899. J. Bärbel, Gregor von Nazianz, Die fünf theologischen
Reden, Düsseldorf 1963, basierte auf Migne.

Stein, Dietrich: Der Beginn des byzantinischen Bilderstreites und
seine Entwicklung bis in die 40er Jahre des 8. Jahrhunderts. München
: Institut für Byzantinistik und Neugriechische Philologie der
Universität 1980. X, 306 S. 8" = Miscellanea Byzantina Monacen-

sia, 25.

D. Stein unterzieht die Frühgeschichte des Bilderstreites einer
neuerlichen Untersuchung (theol. Diss. München 1978). Zum Ausgangspunkt
nimmt er die Analyse und Neubewertung von Texten,
der drei Briefe des Patriarchen Germanos in Angelegenheiten
ikonoklastischer kleinasiatischer Bischöfe (Konstantin von Nakoleia
und Thomas von Klaudioupolis) und des Briefes Gregors II. an Germanos
. Die Germanos-Briefe will der Vf. gegenüber herkömmlicher
Datierung nach 726 ansetzen, da ihr Thema bereits die Bilderfrage sei
(S. 85). Der Brief Gregors II. war schon von Gouillard diesem Papst
abgesprochen worden. Nach Stein ist er von Papst Zacharias an Patriarch
Anastasios 743 geschrieben worden und fällt in die Zeit der
Usurpation des ikonophilcn Artabasdos (S. 135).

Da Germanos im 3. Brief mit einem - das Kreuz mit Aposteln und
Propheten darstellenden - Bild argumentiert, das die herrschenden
Kaiser anbringen ließen, hatte man die Briefe bisher vor die ikonokla-
stischen Maßnahmen Leons III. 726 datiert. Stein stellt nun durch
seine Datierung den kaiserlichen lkonoklasmus in Frage. Die in einigen
Quellen zum Jahre 726 berichtete Abnahme eines Christusbildes
auf kaiserlichen Befehl soll das gleiche Ereignis meinen. Der Kaiser
habe jenes Bild mit dem Kreuz anbringen lassen, diesem sei vielleicht
ein älteres Christusbild zum Opfer gefallen, und diesen Vorgang habe
Germanos ikonophil, die Ikonoklasten aber in ihrem Sinne interpretiert
. Während der Kaiser sich also noch indifferent verhielt, sei bereits
unter den Theologen der Streit ausgebrochen, und der Initiator
sei hier Konstantin von Nakoleia gewesen (S. 163-167). Der Kaiser
neigte später stärker dem lkonoklasmus, Germanos stärker der Bilderverehrung
zu, um schließlich 730 zu resignieren und den Patriarchenstuhl
für Anastasios freizumachen. Unter der kurzen Herrschaft

des Artabasdos 742/743 kam es - wohl aus politischen Motiven - zu
einer vorläufigen Restitution der Ikonen, der sich Anastasios zögernd
anschloß.

Ist dieses neue Bild vom Bilderstreit nun überzeugend? Gewiß ist
der Streit in den Quellen tendenziös dargestellt, der historische Sachverhalt
ergibt sich nicht einfach, sondern muß durch Interpretation
rekonstruiert werden. Doch hat Stein die Texte zu scharf exegesiert.
zuviel an Absichten und Entwicklungen in sie hineingelesen und ein
sehr spekulativ-hypothetisches Bild der Ereignisse entworfen. Vage
Aussagen werden zu festen Argumenten umgemünzt. Die Argumentation
in den Briefen ist auch traditioneller, als Stein bewußt ist. Hier
ist zu wenig die Literatur des 7. Jh. zu Rate gezogen worden, die gelegentlichen
Verweise auf Leontios von Neapolis genügen nicht.

Das Datum 726 als Beginn des Bilderstreits ist in den Quellen zu
stark mit kaiserlichen Maßnahmen verknüpft, als daß man. stell'
man diese in Frage, noch an dem Datum festhalten könnte. Stein tut
dies dennoch und muß nun die Aktionen Konstantins von Nakoleia
mit dem Vulkanausbruch des Jahres 726 verbinden. Das ist nicht nur
ganz hypothetisch, es wird auch nicht deutlich, warum sich die Erschütterung
durch das Naturereignis in Bilderfeindlichkeit, und nichl
etwa in verstärkter Bilderverehrung ausdrückte. Wahrscheinlicher
bleibt die herkömmliche Datierung der Briefe vor 726.

Stein geht von der traditionellen Meinung aus. die Bilderverehrung
sei jahrhundertelang unbestrittener Brauch gewesen, und es gelingt
ihm ebensowenig wie anderen vor ihm zu erklären, wie es zur plötzlichen
Bilderfeindschaft kommen konnte. Der Bilderstreit ist aber, wie
ich zu zeigen versucht habe, nur verständlich, wenn man davon ausgeht
, daß sich breite Traditionen der Bilderlosigkeit bis ins 8. Jh. gehalten
hatten (vgl. meinen TRL-Artikel ,Bild VI'; weiteres ist im
Druck).

Auch die Neudatierung des Gregor-Briefes hat mich nicht überzeugt
. Die Indizien für Zacharias als Verfasser sind zu vage. Eine gewisse
Verwandtschaft zu dessen Briefformular wie die Nähe zu anderen
Quellen läßt sich m. E. am besten erklären, wenn man annimmt,
aus diesen Quellen sei für das Konzil 787 ein Schriftstück hergestellt
worden, das die Übereinstimmung Roms und Konstantinopels in der
Bilderfrage am Beginn des Streites feststellen sollte.

Anhangsweise diskutiert der Vf. die Bilderstreitkapitel in der Nar-
ratio de synodis et haeresibus, die er vor 754 datiert, und einen wohl
etwas älteren, Germanos zugeschriebenen Logos über die Ikonen, der
hier dankenswerterweise erstmals nach dem Mosquensis 265 ediert
wird.

Greifswald Hans Georg Thümmel

Amato, Angelo, SDB: I pronunciamenti tridentini sulla necessita'
della confessione sacramentale nei Canoni 6-9 della Sessione XIV
(25 Novembre 1551). (Saggio di ermeneutica conciliare). Roma:
LAS 1974. 398 S. gr. 8' = Bibliotheca Theologica Salesiana, Ser. 1:
Fontes. Vol. 7. Lire 8500.

Diese - von Z. Alszeghy S. J., Rom, betreute - Dissertation untersucht
die Notwendigkeit des Sündenbekenntnisses im Bußsakrament
nach den canones 6-9 des tridentinischen Bußdekrets. Vf. beabsichtigt
damit einen Beitrag zur Überwindung der „Identitätskrise", die er
in der gegenwärtigen katholischen Bußtheologie und -praxis gegeben
sieht, wobei sein Interesse dem Nachweis gilt, welchen großen Spielraum
die Erklärungen Trients hier bruchlosen Weiterentwicklungen
offenlassen. Die Aktualität der Arbeit wird noch erhöht, weil ihr der
neueste Stand der Veröffentlichunsen der Konzilsakten durch die
Görresgesellschaft zugrunde Hegt und Vf. sich bemüht hat, noch verbleibende
Lücken durch Befragung bisher unveröffentlichter Dokumente
zu schließen.

Das eigentliche corpus der Untersuchung ist im Teil III des Buches
(89-322) enthalten. In vier Abschnitten werden hier die genannten
canones nacheinander behandelt. Vf. geht dabei jedesmal von den reformatorischen
Aussagen, die als Angriff auf das Bußsakrament und