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Ausgabe:

1981

Spalte:

668-670

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Titel/Untertitel:

Origenes, Traité des principes 1981

Rezensent:

Winkelmann, Friedhelm

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 9

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nicht auf Schleiermacher verweisen) fehlt. Zufall oder Notwendigkeit
? Im Gegenwartsinteresse deckt sich das Anliegen des Werks mit
Kantzenbachs „Programmen der Theologie", wenngleich beide
Publikationen denkbar verschieden in Anlage, Ausführung und - zumindest
partiell - wohl auch Qualität sind.

Einige kleinere Bedenken seien nicht verschwiegen. Protestantische
Theologie stillschweigend mit deutscher Theologie gleichzusetzen
, wie es in Titel und Vorwort geschieht, sollte seit der Studie von
Claude Welch nicht mehr möglich sein. Bei der Auswahl der Theologen
sind Vorentscheidungen leitend, deren Prinzipien nicht ganz
deutlich gemacht werden. Gewiß wird man bei einem Werk dieser
Art immer unterschiedlicher Meinung sein können, wer Aufnahme
finden soll und wer nicht. Warum aber fehlen A. Schweitzer und R.
Otto, von anderen, weniger bedeutenden Theologen ganz zu schweigen
? Der Rang von Tholuck, Kliefoth, Löhe, Vilmar u. a. ist sicher
sehr unterschiedlich, auch im Blick auf die in das Sammelwerk Aufgenommenen
. Um so mehr hätte man sich ein klärendes Wort
gewünscht. Da die „Verflochtenheit" von Theologie in „unterschiedliche
politische, geistige und geistliche Kontexte" gezeigt werden soll

(7) , wäre auch an Althaus, Hirsch, Eiert zu denken gewesen. Warum
fehlt für die erste Hälfte des 19. Jh. ein Vertreter des christlichen Rationalismus
, etwa Wegscheider oder der mildere Bretschneider?
Offenbar werden die bedeutende zeitgenössische Ausstrahlung des
Rationalismus und seine weiterwirkenden Impulse noch immer
unterschätzt.

Als Nutzer des als „Lese- und Arbeitsbuch" deklarierten Werkes

(8) ist ein breiter Leserkreis vorstell- und wünschbar. Auch der systematische
Theologe und der Kirchenhistoriker werden bei der Lektüre
Freude und Gewinn davontragen. Bei dem sich nahelegenden Vergleich
mit H.-U. Wehlers „Deutschen Historikern" braucht die Gre-
schat'sche Edition sich nicht zu verstecken.

Leipzig Kurt Nowak

Geldbach, Erich [Hrsg.]: Der gelehrte Diplomat. Zum Wirken Christian
Carl Josias Bunsens. Leiden: Brill 1980. 133 S. gr. 8" = Beihefte
der Zeitschrift für Religions- und Geistesgeschichte XXI.
Kart, hfl 40.-.

Im Vorwort nennt E. Benz den „Laientheologen" Bunsen als
Schöpfer eines neuen Kirchenverständnisses für die Ablösung des
verjährten protestantischen Landes- und Staatskirchentums durch
eine Umwandlung der Kirche in eine selbständige Kirche mit „apostolischer
" Verfassung (7). Die Beiträge sind vielfältig interessant:
Klaus D. Gross, Der preußische Gesandte in London. Bunsens politisches
und diplomatisches Wirken (13-34); Robert Preyer, Bunsen
and the Anglo-American Literary Community in Rome (35-44);
Kurt Schmidt-Clausen, Der Beitrag Bunsens zur Gründung des
Bistums Jerusalem (45-63); Ursula Kaplony-Heckel, Bunsen -
der erste deutsche Herold der Ägyptologie (64-83); Hans Hatten-
bauer, Stahl und Bunsen. Eine Kontroverse um die Toleranz
(84-101); Erich Geldbach, Der Briefwechsel zwischen Franz Lieber
und C. C. J. Bunsen 1844-1855 (102-130). Der Herausgeber
Geldbach betont, daß es noch zahlreiche Lücken gebe: Die mannigfachen
Versuche von B., auf die Frankfurter Nationalversammlung
1848 einzuwirken, sein Beitrag zur Kunstgeschichte Roms, seine
frömmigkeitsgeschichtlichen Arbeiten, seine patristischen Studien
über Hippolyt und Ignatios, sein Entwurf einer Liturgie für den evangelischen
Gottesdienst in der von ihm eingerichteten preußischen Gesandtschaftskapelle
in Rom, sein evangelisches Gesang- und Gebetbuch
, Entwürfe für eine Reform der Kirche, Pläne für ein einheitliches
Alphabet für die christliche Mission, sein Einsatz für die Abschaffung
der Sklaverei in den USA (10-11). Eine Zusammenstellung
der Werke von B. beschließt den Band, Literatur findet sich reichlich
in Fußnoten, so daß eine Weiterarbeit an diesem interessanten Thema
nahegelegt wird.

G. H.

Binder, Ludwig, u. Josef Scheerer: Die Bischöfe der evangelischen
Kirche A.B. in Siebenbürgen. II: Die Bischöfe der Jahre
1867-1969. Köln-Wien: Böhlau 1980. VI, 245 S., 2 Taf. gr. 8" =
Schriften zur Landeskirche Siebenbürgens, 4. Lw. DM 68,-.

Der Band setzt eine Arbeit von Hermann Jekeli aus den Jahren
1932/33 fort, der die Bischöfe der ersten 300 Jahre der evangelischen
Kirche in Siebenbürgen dargestellt hatte. 5 Beiträge schrieb Ludwig
Binder: Georg Daniel Teutsch 1867-1893 (3-38); Friedrich Müller
d. Ä. 1893-1906 (39-66); Friedrich Teutsch 1906-1932 (67-110);
Viktor Glondys 1932-1941 (111-150); Friedrich Müller d. J.
1945-1969 (183-230). Mit Ausnahme von Glondys waren die genannten
Bischöfe ausgewiesene Historiker, was sich auch in ihrer
Bibliographie zeigt (239-245). Alle 5 beschriebenen Bischöfe haben
sich gründlich mit den theologischen Fragen ihrer Zeit beschäftigt
und ihre Kirche vor provinzieller Enge bewahrt. Josef Scheerer
stellt den Bischof Wilhelm Staedel dar, der sein Amt faschistischen
Eingriffen verdankte; er amtierte 1941-44, nachdem sein Vorgänger
zum Rücktritt gezwungen worden war. Staedel steht „nicht oder nur
sehr gebrochen in der Kontinuität der inneren Geschichte der Kirche
... er nimmt weder Karl Barth noch Karl Heim, weder Gogarten
noch Althaus, weder Schlatter noch Schniewind zur Kenntnis".
Scheerer bezeichnet „die Ära Staedels als eine verhängnisvolle Entgleisung
" (179). Gewidmet ist die Aufsatzsammlung dem „gegenwärtigen
Sachsenbischof D. Albert Klein als ein bescheidenes Zeichen
bereitwilligen Mitdenkens" (232). Ein Zeitungsartikel über Klein zu
dessen 70. Geburtstag am 16.3. 1980 beschließt die Reihe der dargestellten
Bischöfe (234-38). Der Band zeigt erneut, wie aufschlußreich
territorial begrenzte Arbeiten zur Kirchengeschichte sein können.
Die verantwortlichen Kirchenmänner werden mit viel Sachkenntnis
und Anteilnahme geschildert; dabei wird immer wieder der Blick für
größere Zusammenhänge frei.

G. H.

Dogmen- und Theologiegeschichte

Origene: Traite de Principes. Livres I—IV. I: Introduction, texte criti-
que de la Version de Rufin, traduction par H. Crouzel et M. Simo-
netti. II: Commentaire et Fragments par H. Crouzel et M.
Simonetti. III: Introduction, texte critique de la Philocalie et de la
version de Rufin, traduction par H. Crouzel et M. Simonetti. IV:
Commentaire et fragments par H. Crouzel et M. Simonetti. Paris:
Les Editions du Cerf 1978/80. 415 S., 257 S„ 431 S. et 279 S. 8- =
Sources Chretiennes, 252/253/268/269.

Die ersten beiden Bücher des Hauptwerkes des Origenes werden
hier von zwei bedeutenden Patristikern vorgelegt, wobei Simonetti
Text und Apparate, Crouzel die französische Übersetzung, Einleitung
und den Kommentar, der auch Material Simonettis enthält, verantwortet
. Beide haben sich schon seit langem in vielen Studien als
Origeneskenner ausgewiesen. Die Ausgabe liegt bei ihnen also in den
besten Händen. Trotzdem sind einige Bemerkungen notwendig.

Die philologischen Teile dieser Ausgabe fußen auf der Edition, die
P. Koetschau im Jahre 1913 in GCS veröffentlichte. Die Autoren bemängeln
an dessen Arbeit einmal mit Recht die Orientierung an der
klassischen Sprache, die zu einer Bevorzugung der lectiones faciliores
führe, zum anderen seine Aufwertung der indirekten Überlieferung
im Verhältnis zu Rufins Übersetzung (Bd. I 54-56). Trotzdem bleibt
Koetschaus Werk die Editio maior, nach der auch in der Literatur
zitiert wird. So ist es nicht zu verstehen, daß auf deren Seitenzahlen in
vorliegender Ausgabe nicht hingewiesen wird. - Während H. Görgemanns
in einem Anhang seiner Edition1 alle Abweichungen von
Koetschaus Text begründete, müssen sie hier aus dem textkritischen
Apparat entnommen werden, und nur die wichtigsten werden im
Kommentar besprochen. - Görgemanns hatte eine neue Handschrift
zur Textkonstituierung herangezogen, die an einigen Stellen als ein-