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Ausgabe: | 1981 |
Spalte: | 39-41 |
Kategorie: | Neues Testament |
Autor/Hrsg.: | Schneider, Gerhard |
Titel/Untertitel: | Das Evangelium nach Lukas 1981 |
Rezensent: | Walter, Nikolaus |
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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 1
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die nicht jedem gibt, was ihn interessiert, wäre es unfair, über Fehlendes
zu jammern statt für das Gebotene zu danken.
Daß der Stoffberg als solcher Unbehagen macht, wird Bovon selber
vertraut sein. Ich weiß nicht, ob mal jemand die beliebte Doppelwertzeitberechnung
für die Lukasforschung angestellt hat. Aber vermutlich
ist von 1950-75 mehr Tinte über Evangelium und Apostelgeschichte
geflossen als von 80 bis 1949. Bei B. kommen für 1950- 75
reichlich hundert Lukasbücher (mit Kommentaren und Sammelwerken
, aber ohne Neuauflagen) und rund 35 ungedruckte Dissertationen
vor, macht einen Titel alle zehn Wochen. Aufsätze gab es
sicher wöchentlich. Das geht so weiter, vgl. J.-M. Guillaume, Luc -
Interprete des anciennes traditions sur la resurrection de Jesus, Diss.
Straßburg 1975; J. W. Lemon, Luke's Concept of Evangelism, Diss.
Baylor University 1975; K. Obermeier, Die Gestalt des Paulus in der
lukanischen Verkündigung, Diss. kath. Bonn 1975; J. Drury, Tradition
and Design in Luke's Gospel, 1976; H. L. Egelkraut, Jesus' Mission
to Jerusalem, 1976(Reisebericht); K. Wurm, Rechtfertigung und
Heil. Diss. Heidelberg 1978/79; M. Dömer, Das Heil Gottes, 1978;
F. Prast, Presbyter und Evangelium in nachapostolischer Zeit, 1979
(Miletrede Apg 20,17-38). Nachgetragen seien drei Dissertationen:
G. Frizzi, Mandare - Inviare in Luca-Atti, Diss. kath. Münster 1972;
W. Wiater. Komposition als Mittel der Interpretation im lukanischen
Doppel werk, Diss. kath. Bonn 1972; F. Keck, Die öffentliche
Abschiedsrede Jesu in Lk 20,45-21,36, Diss. Freiburg 1973. Ob das
wirklich alles nötig war, samt allen Parallelaktionen und Wiedervorlagen
? Natürlich werden Doktorhüte auf dem Papier erworben, müssen
Lehrstühle erschrieben und Reputationen verteidigt werden.
Aber der Menschheit wäre vermutlich mehr gedient worden, wenn
die Hälfte der Lukasbuchschreiber der letzten Jahre statt einem Kapitel
Lukastheologie zum Beispiel einen Philotraktat kommentiert hätte
, obwohl wir uns nie einigen werden, welche Hälfte. Vielleicht hilft
B.s Bericht, der einem eine Menge vergangener Forschung erspart,
auch der künftigen zu besserer Orientierung. Das Lukasbuch, das B.
selber schreiben könnte (oder schreibt?), habe ich nicht gemeint - das
würde ich gern lesen.
Heidelberg Christoph Burchard
Schneider, Gerhard: Das Evangelium nach Lukas. Kapitel 1-10 und
11-24. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn; Würzburg
: Echter Verlag 1977. zusammen 510 S. 8° = Ökumenischer
Taschenbuchkommentar zum Neuen Testament, 3, 1 u. 2. GTB
500. Kart, je DM 16,80.
Noch eine neue Kommentarreihe zum Neuen Testament, obwohl
schon so viele in Gang sind und nicht zum Abschluß kommen? Ein
solcher Stoßseufzer wird Verleger und Herausgeber kaum an ihren
Plänen hindern. So ist nach dem besonderen Profil der neuen Reihe
zu fragen. Daß es ein „ökumenischer" Kommentar ist, an dem katholische
wie protestantische Exegeten gleichermaßen beteiligt sind, ist
an sich erfreulich, aber neben dem „Evangelisch-Katholischen Kommentar
" schon kein Spezifikum mehr. Ohnehin ist der „Ökumenismus
" auf dem Gebiet der Exegese ja schon beinahe eine Selbstverständlichkeit
geworden - leider ohne daß dadurch schon sehr viel an
weiterreichender kirchlicher Gemeinschaft in Gang gekommen wäre.
- Wichtiger scheint, daß es sich um einen Taschenbuch-Kommentar
handelt, u. zw. nicht (was zunächst wie ein Widerspruch klingt) für
jedermann bestimmt, sondern in erster Linie für Theologen, vor
allem Studenten und Pfarrer. Jedenfalls wird die Benutzung des griechischen
Textes vorausgesetzt (auch wenn griechische Wörter transkribiert
werden). Daß fachlich Vorgebildete bzw. Auszubildende als
Leser angenommen werden, macht einerseits z. B. Literaturhinweise
und auch ein gewisses Eintreten in die exegetische Einzeldiskussion
möglich und sinnvoll. In diese Richtung entwickeln sich auch die
Neubearbeitungen im NTD mit Erfolg; doch während dort die gelehrte
Debatte verborgen und anonym bleibt, kann sie hier unter Hinweis
auf Namen und bibliographische Daten geschehen und damit
direkt zur Weiterarbeit Hinweise geben. Und die andere Seite: Der
Rahmen des Taschenbuchs zwingt zur Kürze, während sonst die wissenschaftlichen
Kommentare die Neigung haben, in die Breite zu gehen
und für den einzelnen unerschwinglich zu werden (man denke
nur an den vorzüglichen Johannes-Kommentar von R. Schnackenburg
in drei stattlichen Bänden für gut 300,—DM). Die gebotene
Kürze verlangt dem Autor natürlich ein erhebliches Maß an Verzicht
und an Konzentrationsfähigkeit ab - dem Benutzer bringt sie zunächst
einmal eine unschätzbare Erleichterung.
Dies kann man angesichts des hier anzuzeigenden Exempels, des
Lukaskommentars von G. Schneider, guten Mutes schreiben; denn -
um es gleich zu sagen - er ist innerhalb des gesteckten Rahmens
mustergültig. Daß dem Lukasevangelium - neben der Apostelgeschichte
mit 92 Nestleseiten die längste Schrift des NT - zwei Teil-
bändchen mit gut 500 Seiten zugebilligt wurden, ist sicher gerechtfertigt
. In diesem Rahmen gelingt es dem Autor, folgendes unterzubringen
: ein geschickt ausgewähltes Literatur- und Abkürzungsverzeichnis
(13-22), wobei die Buch- und Aufsatztitel, die nur zu einzelnen
Perikopen zu nennen sind, ausgespart bleiben; eine kurze und
präzise „Einführung" (25-34); im eigentlichen Kommentar (35-510)
zu jeder Perikope Übersetzung, spezielle Literaturhinweise, eine zusammenfassende
Behandlung der die Perikope im Ganzen betreffenden
Fragen und schließlich die Einzelexegese, bei der meistens Versgruppen
abschnittsweise zusammengefaßt sind; eingeschaltet sind 24
Exkurse von je -A Seiten Länge. Ein sehr kurzes Register nur der
außerbiblischen Quellenstellen (5090 beschließt das Werk.
In der Übersetzung schließt sich Sch. an die katholische „Einheitsübersetzung
" von 1972 an, von der er eher im Sinne größerer Wörtlichkeit
abweicht (vgl. Vorwort), um in strittigen Fällen der Interpretation
nicht zu sehr vorzugreifen. Bewundernswert sind schon die der
Exegese jeder Perikope vorangestellten Literaturhinweise. Bei aller
Knappheit bleiben die Angaben immer präzise, indem sie entweder
bibliographisch vollständig sind oder aber sich aus dem generellen
Literaturverzeichnis mühelos ergänzen lassen. Unklarheiten habe ich
nirgends gefunden. Die Auswahl berücksichtigt im Blick auf Studenten
und Pfarrer als Leser vornehmlich die deutschsprachige Literatur.
Akzeptiert man dies, dann wird man kaum je etwas Wichtiges vermissen
. Ja vielmehr wird man auf manches aufmerksam gemacht,
was man oft nicht im Blick hat, z. B. auf Abschnitte aus größeren,
auch abgelegenen Monographien oder auf wichtige Lexikonartikel.
Auch ältere Literatur (bis etwa 1900 rückwärts) wird genannt, sofern
in ihr eine prägnante Position formuliert wird. Die allerwichtigste
englisch- oder französischsprachige Literatur fehlt nicht. Alles in
allem: ein vorzügliches Hilfsmittel für eigene exegetische Arbeit. -
Die jeweiligen Abschnitte zur Perikope im Ganzen diskutieren traditions
- und formkritische Probleme und natürlich redaktionskritischc
Beobachtungen in aller Knappheit, aber mit großer Prägnanz, so daß
deutlich hervortritt, wer welche These vertritt und wie die eigene
Auffassung Schneiders lautet; die Argumentation im einzelnen muß
der Leser natürlich weitgehend in der angegebenen Literatur nachlesen
. - Die Auslegung selbst ist äußerst konzentriert, läßt aber
immer, auch zu manchen Einzelfragen, die Meinung des Autors klar
erkennen; immer zielt sie die theologische Aussageabsicht des Lukas
an. Für deren Erfassung kommen dem Autor seine Monographien
und Einzelstudien, in denen er sich als einer der führenden Lukasexe-
geten ausgewiesen hat, natürlich bestens zugute. Dies gilt gleichermaßen
für die 24 Exkurse, in denen außer einigen historischen Problemen
(z. B. zur Kindheits- und zur Passionsgeschichte) vor allem die
wesentlichen Themen lukanischer Theologie zur Darstellung kommen
; in notwendig subjektiver Auswahl seien genannt: „Das Vorwort
als theologisches Programm" (40f); „Die lukanische Christologie"
(im engeren Sinne des Begriffs, 95-98); „Der heilige Geist" (1110;
„Umkehr und Sündenvergebung" (1370; „Die zwölf Apostel"
(146-148); „Besitz und Besitzverzicht" (342-345); „Die Bedeutung
des Todes Jesu" (447^49), mit der These, daß Lukas den Tod Jesu
nicht nur aus dem „Mißverständnis der Juden" heraus, sondern als
„kirchenstiftenden Akt Gottes" begreift. Vielleicht könnte man sich -
etwa zu Lk 4,21 - noch eine zusammenhängende Stellungnahme zum
Thema „Die Zeit Jesu als Mitte der Zeit" wünschen. Aber insgesamt
bietet der Kommentar auch mit diesen Exkursen eine gute Starthilfe
für die Erarbeitung der lukanischen Theologie.
Soll schließich ein Wort über die „Position" des Exegeten G.
Schneider - die den Fachgenossen aus seinen Veröffentlichungen ja
weithin bekannt ist - gesagt sein, so kann ich sie nur voller Anerkennung
als die einer „gesunden Mitte" kennzeichnen, die die Basis für
einen weitgehenden Konsensus abzugeben in der Lage ist. Daß man
hie und da auch anderer Meinung sein kann, ist ja selbstverständlich;
aber das Vorgetragene tritt nirgends außerrseiterisch oder mit der