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Ausgabe:

1981

Spalte:

595-598

Kategorie:

Systematische Theologie: Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Hempelmann, Heinzpeter

Titel/Untertitel:

Kritischer Rationalismus und Theologie als Wissenschaft 1981

Rezensent:

Pfüller, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 8

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Fischer, Balthasar: Das Verhältnis von festgelegtem Gemeinschaftsgebet
und freiem Gebet des einzelnen in der Regel des heiligen
Benedikt (TThZ 90, 1981 S. 1-18).

Gahbauer, Ferdinand R.: Die Erzieherrolle des Logos Christus in der
Ethik des Klemens von Alexandrien auf dem Hintergrund der (mit-
tel)platonischen und stoischen Anthropologie (MThZ 31, 1980
S. 296-305).

Müller, Gerhard Ludwig: Charisma und Amt. Die heilige Hildegard
von Bingen in der Auseinandersetzung mit dem kirchlichen
Amt(Cath 34, 1980 S. 279-296).

Pseudo-Macaire: Oeuvres Spirituelles. I: Homelies propres ä la Col-
lection III. Introduction, Traduction et Notes (avec le Texte Grec)
par V. Desprez. Paris: Ed. du Cerf 1980. 399 S. 8' = Sources Chre-
tiennes, 275.

Schilson, Arno: Lessing und die katholische Tübinger Schule (ThQ

160, 1980 S. 256-277).
Schoonenberg, Piet: Denken über Chalkedon (ThQ 160, 1980

S. 295-305).

Schwager, Raymund: Der Gott des Alten Testaments und der Gott
des Gekreuzigten. Eine Untersuchung zur Erlösungslehre bei Markion
und Irenaus (ZKTh 102, 1980 S. 289-313).

Valero, Juan B.: Las bases antropolögicas de Pelagio en su tratado
de las Expositiones. Madrid: Universidas Pontificia Comillas 1980.
400 S. gr. 8° = Publicaciones de la Universidad Pontificia Comillas
Madrid. Serie I, Estudios, 18. Teologia 1,11. Kart, ptas 1400.

Ziegler, Adolf W.: Gregor der Ältere von Nazianz, seine Taufe und
Weihe. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte des 4. Jahrhunderts
(MThZ 31,1980 S. 262-283).

Systematische Theologie: Allgemeines

Hempelmann, Heinzpeter: Kritischer Rationalismus und Theologie
als Wissenschaft. Zur Frage nach dem Wirklichkeitsbezug des
christlichen Glaubens. Wuppertal: Brockhaus 1980. XVI, 315 S.
gr. 8".

H. Hempelmann, Jahrgang '54, präsentiert in seinem vorzustellenden
Buch die, soweit ich sehe, bislang umfangreichste Auseinandersetzung
seitens der Theologie mit dem Kritischen Rationalismus (=
Kr. R.). Freilich ist andererseits sogleich daraufhinzuweisen, daß sich
die Erörterung H.s fast ausschließlich auf K. Popper als den Inaugu-
rator sowie auf H. Albert als den Protagonisten des Kr. R. (im deutschen
Sprachbereich) beschränkt, sofern man T. S. Kuhn schwerlich
dem Kr. R. wird zuzählen dürfen. Demzufolge wird beispielsweise die
Theologiekritik W. W. Bartleys mit Bedacht fortgelassen (7f)-

Die beiden genannten Vertreter des Kr. R. indes werden zunächst
in ein weites Umfeld gestellt. Unter dem Titel „Einige systematische
Stationen der Entwicklung der antiken Wissenschaftslehre zur Wissenschaftstheorie
des Kritischen Rationalismus" (11 ff) werden von
der Antike bis hin zu Descartes und Pascal Vorgänge aufgeführt, die
ihren Bezug zum wissenschaftstheoretischen Konzept des Kr. R. erkennen
lassen. Dabei avanciert, wie H. im Anschluß an einen Aufsatz
von L. Schäfer eruiert, Pascal interessanterweise nachgerade zum
Ahnherrn des Kr. R., indem er dessen Grundlagen antizipiert (26ff).
Sodann handelt H. von den „Anfängen der Wissenschaftstheorie im
,Wiener Kreis' und ihrer Fortführung in der analytischen Philosophie
", wobei er insbesondere die Metaphysik- und Theologiekritik
dieser Positionen berücksichtigt (30ff). - Allerdings mag man fragen,
ob diese von H. so genannten „Vorbemerkungen" (9-78) nicht weithin
entbehrlich sind, da sie zum einen für den weiteren Gang des Gedankens
keinerlei Gewicht zu besitzen scheinen, zum anderen aber
unterdessen etliche Male Dargelegtes nur wiederholen.

Wie dem jedoch auch sei: im nächsten Kapitel des Buches geht es
medias in res, will sagen wird H. Alberts Theologiekritik in seinem
„Traktat über kritische Vernunft" erörtert sowie einer Metakritik
unterzogen (79-113). Freilich erscheint diese Fortführung des Buches

merkwürdig. Legte es sich doch m. E. für den Gang der Darlegungen
nahe, zunächst Poppers Konzept, sowie besonders seine Beurteilung
der Metaphysik in den Blick zu nehmen - welches später nachgezogen
wird (233ff) -, um von da aus Alberts Theologiekritik differenziert
analysieren sowie beurteilen zu können. - H. geht nun im weiteren
an den einschlägigen Kapiteln des „Traktates" entlang, die vorzüglich
die Theologie betreffen. Dabei schließt er an seine Einzeldarstellung
des jeweiligen Kapitels sogleich eine „Einzelkritik" an. Insgesamt
fällt auf, daß einer oftmals recht knappen Erläuterung der
Auffassungen Alberts vergleichsweise ausgedehnte kritische Erwägungen
gegenüberstehen, die dann den Eindruck hinterlassen, z. T.
wenig Anhalt am Gegenstand der Kritik zu besitzen (vgl. 94ff. 104ff).
Dies führt bis zu m. E. derart abwegigen Vorwürfen wie dem, Albert
sitze einer „philosophisch primitiven ,Tatsachenontologie"' auf (97.
99) und habe noch gar nicht bemerkt, daß die einstens in Geltung stehende
Auffassung einer Subjekt-Objekt-Spaltung unterdessen überholt
sei (103). Ins Zentrum aber scheint mir die Kritik H.s an Albert
jedenfalls schon deshalb nicht zu treffen, weil sie den Stellenwert der
Beurteilung der Metaphysik seitens Albert für dessen Theologiekritik
unerwogen läßt.

Das nun folgende Kapitel unter der Überschrift „Die Rezeption des
Kritischen Rationalismus durch die Theologie" (114-232) gehört,
scheint mir, insoweit zu den wohl ergiebigsten Partien des vorliegenden
Buches, als es die theologische Auseinandersetzung mit dem Kr.
R. (Alberts) bis hin zur jüngsten Kontroverse Alberts mit H. Küng
sorgfältig aufarbeitet (159 ff). Dabei geht H. nicht zum geringsten Teil
über seinen spezifischen Gesichtspunkt hinaus zu einer Erörterung
der theologischerseits vorgelegten wissenschaftstheoretischen Konzepte
im ganzen. Indes: während er sich hinsichtlich des bekannten
Buches von Pannenberg klugerweise mit zwei für ihn wichtigen Kapiteln
bescheidet, gerät die Erläuterung der Entwürfe von Peukert und
(vor allem) Sauter m. E. doch sehr abgekürzt und z. T. - zumindest
was Sauter anlangt - erheblich verzerrt. Wesentlich differenzierter
und sorgfältiger dürfte demgegenüber die Kontroverse zwischen G.
Ebeling und H. Albert analysiert sein (194-216); ähnliches ist betreffs
der Darlegungen zur Auseinandersetzung zwischen Küng und Albert
zusagen (216-232).

Am Schluß seiner Analyse und kritischen Einschätzung der Auseinandersetzung
zwischen Ebeling und Albert beschreibt H. die angesichts
des unbefriedigenden Resultates dieser Auseinandersetzung
bleibenden Erfordernisse. Notwendig bleibe „eine kritische, grundsätzliche
Prüfung des Erkenntnisprogramms des Kritischen Rationalismus
", „eine nochmalige Untersuchung des ontologischen Problems
" sowie schließlich „eine Antwort auf die Anfragen Alberts
zum Gottesproblem (Überprüfbarkeit der Hypothese ,Gott'?; Offenheit
gegenüber kritischer Rationalität)" (216). - Sehe ich recht, so
sucht H. den beiden zuerst genannten Erfordernissen im folgenden
Kapitel gerecht zu werden, während er das letztgenannte im Schlußkapitel
seines Buches aufnimmt.

Zunächst also setzt H. augenscheinlich nochmals an, indem er den
„Versuch einer Grundsatzkritik der Wissenschaftstheorie des Kritischen
Rationalismus" unternimmt (233-264). Hier wird eine Fülle
von Problemen diskutiert: „Poppers Analyse und methodologische
Normierung der Forschungspraxis", „Das Postulat der Allgemeinverbindlichkeit
der Methodologie des Kritischen Rationalismus".
„Poppers Konventionalismus - Zur Frage der Falsifizierbarkeit als
Abgrenzungskriterium", „Die Ontologie des Kritischen Rationalismus
", „Poppers Verhältnis zur Metaphysik", „Das Begründungsproblem
des Kritischen Rationalismus", schließlich „Der prinzipielle
Fallibilismus im Denken des Kritischen Rationalismus". Überblickt
man den aufgeführten Problemkatalog, so zeigt sich wohl bereits der
umfassende Charakter dieser „Grundsatzkritik", wenngleich sie in
vergleichsweiser Kürze expliziert wird. Diskutiert werden in diesem
Zusammenhang mit solider Sachkenntnis die inzwischen bereits geläufigen
Einwendungen gegen Poppers Engführung seines Falsifikationsprinzips
; vorgehalten wird Popper sein „naiver Realismus"