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Ausgabe:

1981

Kategorie:

Judaistik

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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567

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 8

568

liehe rabbinische Lehre von der Solidarität". Dieses Kapitel faßt die
m. E. wichtigsten Punkte zusammen: Solidarität des Einzelnen mit
der Gemeinschaft; des Menschen mit seinem Andern; der Gemeinschaft
mit dem leidenden Einzelnen. Verfochten wird hierbei eine
Identifikationsethik, die sich auf Lev 19,18 gründet: „Halte lieb deinen
Andern, denn er ist wie du!" Abgewiesen wird ihre Stützung
durch die Lehre von der Gottebenbildlichkeit, wie sie u. a. Rabbi
Aqiba vorgenommen hatte. Eine Abgrenzung erfolgt auch gegenüber
der mit dem zusätzlichen metaphysischen Motiv der imitatio Dei untermauerten
Liebesethik, wie sie das Deuteronomium (10,12-19), das
Johannesevangelium und Aqiba vertreten, da sie den Menschen überfordere
(S. 135 ff).

Der dritte Teil - Solidarität und Verantwortung - behandelt in
Kap. 1 die „Solidarität des Gesandten", als dessen Prototyp Mose angesehen
wird und wozu u. a. Propheten wie Jeremia und Ezechiel gerechnet
werden, David in der späteren Übermalung seiner Gestalt,
dazu Rabbi Jehuda, der Patriarch, der die Solidarität erst erlernen
mußte. Kap. 2 - Die Identifikation mit dem Sünder - kommt auch
auf das (moralische) Verbot der Auslieferung eines Juden an eine
fremde Obrigkeit zu sprechen, um dann auf die Frage einzugehen, ob
Jesus ausgeliefert worden sei. Die Frage wird mit Entschiedenheit
verneint. Das dritte Kapitel - Qumransekte und Christentum - erweist
Lehre und Praxis der Sekte vom Toten Meer als antisolidarisch,
und zwar nicht nur in ihrer Absonderung vom als sündig betrachteten
Israel, sondern auch in ihrer inneren Struktur als „pedantischer Klassengesellschaft
" (S. 232). Demgegenüber wird die Identifikation Jesu
mit den Sündern und die Identifikation der Leidenden mit dem Gekreuzigten
als positive Haltung hervorgehoben, die Solidarität innerhalb
der christlichen Gemeinde möglich machte. Werden so die positiven
Züge christlicher Lebenshaltung herausgestellt, so war in Teil
1,2 die Grenze christlicher Solidarität aufgezeigt worden: Jesus zwar
hatte sich nicht von Israel abgesondert, sondern war mit ihm solidarisch
, die christliche Gemeinde jedoch hat eine antisolidarische Ideologie
gegenüber Israels Leiden entwickelt (S. 30ff). Das vierte Kapitel
- Der Ausdruck der Verantwortung - geht noch einmal auf das Gesetz
der gegenseitigen Haftung ein, das gegenseitige Verantwortung
verlangt, die sich darin äußert, daß der Mensch, der die Möglichkeit
hat, Unrecht und Leid zu verhindern, dies auch tut.

In einem Anhang werden Quellenliteratur und Forschungsliteratur
in Registerform, Namenregister und Sachregister geboten.

Schwächen zeigt die Arbeit in ihrem Umgang mit den Quellen: sie
werden ohne rechten Blick für ihre historische Abfolge bzw. Schichtung
benutzt. Das dürfte auf methodische Mängel zurückgehen, wie
sie sich etwa zeigen, wenn eine Tradition nur deshalb als alt eingestuft
wird, weil sie anonym überliefert ist (S. 207), oder wenn behauptet
wird, die ursprüngliche Absicht der Verfasser (zweier Legenden) sei
im Laufe einer komplizierten literarischen Entwicklung immer deutlicher
hervorgetreten (S. 81).

Was das Buch jedoch auszeichnet, ist der Blick für das Wesentliche
und der engagierte Standpunkt, der auch Werturteile nicht scheut. So
legt man das Buch an Wissen und Einsicht bereichert aus der Hand
und kann das Aufzeigen eines entscheidenden Zuges jüdischer Ethik,
der auch der christlichen inhärent ist, nur begrüßen.

Zu bedauern ist die große Zahl von Druckfehlern.

Berlin Ludwig Wächter

Just-Dahlmann, Barbara: Der Schöpfer der Welt wird es wohl erlauben
müssen. Jüdische Dichtung nach Auschwitz. Stuttgart: Radius
-Verlag 1980. 94 S. m. 6 Abb. 8 Lw. DM 14,80.

„Dieses Büchlein ist nicht für Kenner jüdischer Literatur geschrieben
" (1). Es bietet einen schlichten, um Interesse und innere Aufgeschlossenheit
werbenden Einblick in die deutschsprachige oder ins
Deutsche übersetzte jüdische Dichtung „nach Auschwitz". Gewählt

wurde die Form einer Anthologie. Etwa vierzig Autoren (nicht „hundert
", wie der Klappentext behauptet) kommen zumeist in kurzen
Zitaten und Gedichten, aber auch in etwas umfangreicheren „Kostproben
" aus Prosawerken zu Wort. Berücksichtigt werden Äußerungen
jüdischer Dichter und Schriftsteller über die Leiden unter der
Ausrottungspolitik des deutschen Faschismus und über das Leben in
Israel nach 1948 in seinen unterschiedlichen Aspekten. Weiterhin informiert
die Vfn. über Werke der reichen Literatur des osteuropäischen
Judentums in Neuauflagen jiddischer Klassiker und in einigen
Beispielen von moderner Prosa, die sich um die Pflege der alten literarischen
Tradition einer vernichteten Kultur bemüht. Die Lektüre
des Bändchens, das speziell für Leser in der BRD bestimmt ist, wird
erschwert durch eine oft unübersichtliche Verschachtelung von Leseproben
, Zitaten Dritter und eigenen verbindenden Worten.

K..-H. B.

Battista, A., and B. Bagatti: La Caverna dei Tesori. Testo arabo con
traduzione italiana e commento. Jerusalem: Franciscan Printing
Press 1979. 134 S., 16 Taf., 88 S. arab. Texte u, Faksimiles,
gr. 8'.

Green, William Scott [Ed.]: Approaches to Ancient Judaism, II. Chi-
co, CA: Scholars Press 1980. XXV, 207 S. 8' = Brown Judaic Stu-
dies,9. Kart.S 10.50.

Neusner, Jacob: Beyond Historicism, After Structuralism: Story as
History in Ancient Judaism. Brunswick, Maine: Bowdain College
1980. 30 S. 8" = The 1980 Harry Spindel Memorial Lecture.

Newsom, Carol A.: The Development of 1 Enoch 6-19: Cosmology
and Judgement (CBQ 42, 1980 S. 310-329).

Petuchowski, Jakob J.: Gibt es Dogmen im Judentum? (ThQ 160,
1980 S. 96-106).

Ruether, Rosemary: Theologische Kritik des christlichen antijüdischen
Mythos (ZdZ 1980, S. 241-259).

Schwartz, D. R.: The Tribes of As. Mos. 4:7-9 (JBL 99, 1980
S. 217-223).

Wächter, Ludwig: Der jüdische Festkalender: Geschichte und Gegenwart
(ZdZ 1980, S. 259-267).

Neues Testament

Bover, J. M., und J. O'Callaghan: Nuevo Testamento Trilingue. Madrid
: Catölica 1977. LXIII, 1380 S. m. 3 Ktn 8* = Biblioteca de Au-
tores Cristianos. ptas 2500.

After the war Roman Catholic scholarship published at least three
greco-latin New Testaments, Merk, Vogels and Bover of which Bover
is the sole survivor.

Bover's edition of the New Testament in Greek and Latin was al-
most finished in 1931, but the first edition did not appear tili 1943;
the second came out in 1948 and the third in 1953. Professor Bover
died in 1954, but not before he had associated Professor J. O'Callaghan
with his plans for subsequent editions.

In the present edition Prof. O'Callaghan presents the outcome of
these plans. As Bover had intended the bilingual New Testament has
become trilingual, Greek, Latin and Spanish (strictly speaking Ca-
stilian). For the Spanish Bover's version, first published in 1962, is a
fairly literal translation as is appropriate in a rendering which aecom-
panies the original. The New English Bible has been consulted in the
notes to the translation.

Bover's editions had their introduetory matter in Latin, but the present
edition has substituted Spanish. There ist first a „presentacion"
from C. M. Martini, the Rector of the Pontifical Biblical Institute in
Rome, followed by a preface from J. O'Callaghan and a note from the
publisher.