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Ausgabe:

1981

Spalte:

32

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Bauer, Johannes Baptist

Titel/Untertitel:

Clavis Apocryphorum supplementum 1981

Rezensent:

Delling, Gerhard

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. I

32

des Quaestions sur la Genese de Philon d'Alexandrie. TU 113-114. Berlin
1973.

* F. Petit. Les chaines excgetiques grecques sur la Genese et l'Exode,
SludPatrXII.TU II 5. Berlin 1974.46-50.

10 F. Petit. Les fragmenls grecques du livre VI des Questions sur la Genese de
Philon d'Alexandrie. Le Museon 89. 1977.93-105.

" Bei ihm sind mehr als ein Viertel der Belegstellen den QuaGStiones
entnommen.

Schäfer, Peter: Studien zur Geschichte und Theologie des rabbi-
nitchen Judentums. Leiden: Brill 1978. IX, 305 S. gr. 8" = Arbeiten
zur Geschichte des antiken Judentums und des Urchristentums,
XV. Lw. hfl 96,-.

Fünf der hier zusammengefaßten Aufsätze sind bereits erschienen: „Zur
Geschichtsauffassung des rabbinisehen Judentums" (23^14: JSJ 6, 1975,
167-188). ..Die sogenannte Synode von Jabne" (45-64: Judaica 31, 1975,
54-64. 116-124). „Tempel und Schöpfung" (122-133: Kairos 16, 1974,
122-133), „Die Torah der messianischen Zeit" (198-213: ZNW 65, 1974,
27-42) und „Die messianischen Hoffnungen des rabbinisehen Judentums zwischen
Naherwartung und religiösem Pragmatismus" (214-243: in C. Thoma,
Zukunft in der Gegenwart, Bern 1976.95-125).

Unter den neuen Teilen nimmt die Einleitung (1-22) einen besonderen
Rang ein, da sie einerseits methodologische Überlegungen und
kritische Beobachtungen (speziell zu J. Neusner) enthält, außerdem
Nachtrage zu den bereits publizierten Beiträgen (12 11). Der erste neue
Aufsatz im Band dürfte auch der wissenschaftlich wichtigste sein. „R.
Aqiva und Bar Kokhba" (65-121) zeichnet sich durch eine strenge
Analyse der Quellen aus und behandelt diese im Blick auf die Frage,
wieviel sie für eine aktive Beteiligung Akibas am Barkochba-Auf-
stand hergeben. Das Ergebnis dürfte für viele ernüchternd sein. Feststellbar
sind Grundzüge seiner durch eine gewisse Naherwartung gekennzeichneten
Endzeithoffnung und die - allerdings nur schmal bezeugte
(jTa'anit IV, 8, f. 68d)- Deutung von Num 24,17 auf Bar Kosiba
als „Stern aus Jakob". Von einer „Messiasproklamation" kann
keine Rede sein und die Nachrichten über Akibas Haft und Tod sind
deutlich nach martyrologischen Schemata geprägt, völlig schematisch
sind auch die Dispute mit „Turnus Rufus".

„Der Götzendienst des Enosch " (134-152) verfolgt in umsichtiger
Weise die Auslegung zu Gen 4,26 v. a. anhand der Meküta R.
Jischmael zu Ex 20,5. „Das .Dogma' von der mündlichen Tora im
rabbinisehen Judentum" (153-197) konstatiert erste Ansätze zur
Herleitung einzelner Halachot vom Sinai in der Schule von Jabne,
eine explizite Behauptung von der Herkunft der gesamten „mündlichen
Torah" vom Sinai aber erst für amoräische Zeit. Nicht die jüdisch
-christliche Auseinandersetzung (diese wurde damit erst im 4.
Jh. geführt) sondern der jüdisch-heidnische Gegensatz war für die
Ausbildung dieses „Dogmas" ausschlaggebend, wobei man wohl präzisieren
kann: Es war der konkurrierende Anspruch der siegreichen
Weltmacht Rom, der die Rabbinen herausforderte. Für die frühjüdische
Zeit bietet neuerdings die Tempelrolle von Qumran neue
Aspekte. „Die Lehre von den zwei Welten im 4. Buch Esra und in der
tannaitischen Literatur" hebt die klar nachweisbare Diskrepanz in
diesem Punkt hervor und trägt damit zur Festigung der Zweifel bei,
die man gegenüber dem heute meist angenommenen palästinischen
Ursprung und dem Hebräischen als Originalsprache hegen muß. Die
Beobachtungen des Vf. könnten noch ergänzt werden. Im Blick auf
den künftigen Aion vertritt 4. Esra eine Auffassung von Transzendenz
, wie sie im Judentum erst wieder im Mittelalter unter philosophischem
Einfluß so deutlich wird. Man muß also wohl wieder ernsthafter
mit einer Abfassung in der Diaspora (Syrien/Kleinasien oder
gar Rom) rechnen. Und da damit - unbeschadet der Ursprache verarbeiteter
Quellen - auch ein stark semitisierendes Griechisch als Abfassungssprache
naheliegt, braucht man für Aion hier auch kein
hebräisches colam zu bemühen.

Die meisten Beiträge, die einen vorzüglichen Einblick in die Werkstatt
eines streng textbezogenen Forschers gewähren, stehen in einer
gewissen Spannung zu einigen übergreifenden Darstellungen, die themengebunden
sind. So behandelt der wiederabgedruckte Beitrag über
die Geschichtsauffassung (23-44) gerade die entscheidenden Faktoren
für das rabbinische Geschichtsbewußtsein nicht, ist vielmehr an
benachbarten theologischen Fragen orientiert. Es fehlt so gut wie
ganz die Darlegung des heils- bzw. erwählungstheologischen Grundkonzepts
im Gegensatz Israel - Völker, wie es z. B. auch typologisch

mit den Figuren Jakob - Esau etc. ausgedrückt wurde, oder das jüdisches
Geschichtsbewußtsein bis in die Neuzeit beherrschende Schema
von den icr Daniclschcn Weltreichen und die damals aktuelle
Konfrontation mit dem „frevelhaften" vierten Reich - Rom. In dem
Punkt berührt sich das Geschichtsbild eng mit der Eschatologic und
mit der aktuellen Politik. - Gesichtspunkte, die m. F.. auch im Beitrag
über die messianischen Hoffnungen (s. 214-243) zu kurz kommen,
weil die Darstellung zu sehr an Einzeltopoi gebunden bleibt. Es wäre
sehr wohl möglich, in einem solchen Rahmen die ganze Dynamik -
aber auch das immer wiederkehrende Dilemma - der traditionellen
jüdischen Geschichtsauffassung profiliert darzustellen, und dergleichen
wäre auch für das heutige christlich-jüdische Gespräch ein zentrales
Anliegen. Diese wenigen - aus religionsgeschichtlicher Sicht offenen
- Wünsche sind vielleicht mehr durch die Formulierung der
Aufsatztitel als durch die Durchführung der Untersuchungen selbst
bedingt. Wo der Autor konkrete Texte behandelt, bietet er beispielhaft
solide und verläßliche Arbeit, und so braucht man dem Band Erfolg
gar nicht erst zu wünschen, er wird ganz bestimmt von jedem Benutzer
und Leser hoch geschätzt, u. zw. nicht nur im engeren Kreis
der Judaisten.

Köln Johann Maier

Bauer, Johannes B.: Clavis Apocryphorum supplementum complec-
tens voces versionis Germanieae Libri Henoch Slavici / Libri Jubi-
laeorum / Odarum Salomonis. Graz: Institut für Ökumenische
Theologie u. Patrologie 1980. 208 S. 8° = Grazer Theologische Studien
, 4. Kart. ÖS 180,-.

Nicht alle, die an der Erforschung des weiten Feldes des frühjüdischen
Schrifttums aktiv teilnehmen, sind in allen Sprachen daheim,
in denen seine Texte aufbewahrt sind. So ist es dankenswert, daß J.
Bauer in Ergänzung seiner Konkordanz zu einer Reihe griechisch erhaltener
frühjüdischer Schriften1 nun eine solche zur deutschen
Übersetzung von Jub2, 2. (slaw.) Hen (längere Rezension), OdSal zur
Verfügung stellt (für OdSal 11 auch zum griechischen Text). Daß
ihrer Benutzung gewisse Grenzen gezogen sind, insbesondere angesichts
der möglichen verschiedenen Übersetzung mancher Wörter,
bedarf keiner weiteren Erläuterung. Sinnvoll ist der Weg zumal dann,
wenn die Übersetzung möglichst nahe am Wortlaut des zugrunde liegenden
Textes bleibt3, unter weitgehender konkordanter Wiedergabe
der einzelnen Wörter (sofern sie an den verschiedenen Stellen die gleiche
Bedeutung haben). Dieses Verfahren ist lange Zeit im wissenschaftlichen
Bereich nahezu mit Selbstverständlichkeit geübt worden
(für unsere Texte besonders auffällig durch Bonwetsch, in Wortstellung
, Formen [Partizip] und sonst4) und wird auch noch in bestimmtem
Umfang gehandhabt. Zugrundegelegt sind für Jub die Übersetzung
von E. Littmann (1900), für 2.Hen die von N. Bonwetsch
(1922), für OdSal die von W. Bauer (1933). Die Wörter werden nicht
vollständig vorgeführt, aber von sonst weggelassenen Wortgruppen
oder Wörtern besondere Wörter oder Wortformen aufgenommen, z.
B. demselben usw.. ein (usw.) als Zahl, (die) Seinen, seinetwegen, zwischen
. Erfreulicherweise sind die Namen einbezogen. Insgesamt ist
hervorzuheben, daß die Benutzung der Konkordanz wörtlicher Übersetzungen
, zumal angesichts der weitreichenden Fixierung der Sprache
in sog. zwischentestamentlichen Schriften, als durchaus förderlich
erscheint. Im Vorwort faßt Bauer die Herausgabe entsprechender
Bearbeitungen weiterer frühjüdischer Schriften ins Auge.

Hinweise: Das Partizip der Vergangenheit findet sich nicht unter dem Infinitiv (wie die
anderen Verbalformen), sondern unter ge . . .. gesät usw. Bei Wörtern mit Umlaut wird dieser
innerhalb der alphabetischen Ordnung nicht beachtet. Mit sch und st beginnende Wörter
stehen hinter allen anderen mit s anfangenden.

Halle (Saale) Gerhard Delling

'Vgl. ThLZlOO. 1975 Sp. 356 f.

2Für den lateinischen Text s. A.-M. Denis, Concordance latine du
Liber Jubilaeorum, Louvain 1973.

Wortverbindungen wie Pflügezeit, Verfuhrungskünste sucht man nicht
ohne weiteres unter dem Kompositum. Statt Urkenntnis S. 106 lies Unkenntnis
(S. 105).

4TU 44,2. Vgl. W. Bauer zu seiner' Übersetzung der OdSal in E.
Hennecke - W. Schneemelcher, Neutestamentliche Apokryphen II. 21966,
577.