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Ausgabe:

1981

Spalte:

520-521

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Kommunikation in der Kirche 1981

Rezensent:

Winkler, Eberhard

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 7

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aus, „Christus muß für seine Vollendung einen Gipfel finden, wie er
für seine Empfängnis eine Frau finden mußte" (140f). Dieses Zitat
zeigt die Gewagtheit mancher seiner Gedanken! Christus ist für TdCh
noch nicht vollendet, seit seiner Inkarnation und Erhöhung hat sich
alles weiterbewegt (146f), NvK spricht dagegen von einem Abstieg an
Heiligkeit (226), aber in der kosmischen Motivierung der Menschwerdung
Christi trifft sich TdCh mit NvK. Wiederum ist für TdCh
der Gottmensch „Urbild wie Zielbild für die Erschaffung des Menschen
, einzigartiger Höhepunkt, auf den die gesamte Schöpfung ausgerichtet
ist" (319). Der Vf. kommt, nachdem er auf über 60 Seiten
„Die kosmische Funktion Christi nach dem Befund der Hl. Schrift"
untersucht hat, zu der Überzeugung, daß der kosmogenetische, chri-
stozentrische Entwurf von TdCh exegetisch gerechtfertigt ist (321).

Schneider untersucht im zweiten Teil „Das Erlöser- und Heilswirken
Jesu Christi aus der Sicht Teilhards im Vergleich zu Cusanus"
(325-482) und geht dabei der Frage nach, wie beide im Einklang mit
dem NT die Heilsbedeutung von Tod und Auferstehung Christi und
sein fortgesetztes Heilswirken in der Kirche und in der gesamten
Menschheit verstehen. Umstritten wird bleiben, ob TdCh nicht vorschnell
eine theologia gloriae vertritt, während umgekehrt die abendländische
Theologie sich fragen lassen muß, ob sie nicht zu einseitig
eine theologia crucis auf Kosten der kosmischen Dimension der Inkarnation
vertritt. Sicher aber steht TdCh in der Gefahr, die Sünde
und damit die Erlösung nicht ernst genug genommen zu haben, wenn
er von der „statistischen Notwendigkeit der Sünde" oder von der Unvermeidbarkeit
des Bösen als Geburtsschmerz der Werdewelt spricht
(342). Dem stehen freilich Aussagen wie die vom Kreuz als übermenschliches
Zeichen der Erlösung und der Befreiung vom Tod (374)
u. a. gegenüber. Aber die Tendenz ist bei TdCh (wie auch bei NvK!)
deutlich. Beide betonen, daß Christus als echter Mensch sterben
mußte, aber daß er zugleich die Sterblichkeit durch Tod und Auferstehung
abgestreift, durch seinen Tod unser aller Tod getötet habe
(388). Seine Auferstehung ist Eröffnung und antizipiertes Ereignis der
Endgültigkeit unserer eigenen eschatologischen Vollendung (394).

Die Zeit der Kirche ist für TdCh eine Art Zwischenzustand, in ihr
ist das Reich Gottes angebrochen, aber die Vollendung steht noch
aus. Für diesen Vorgang der Enthüllung des in der Auferstehung
Geschehenen prägte TdCh den Begriff der Christogenese, also auch
für die Fortsetzung des heilsgeschichtlichen Prozesses der Eingliederung
von Menschen in den mystischen Leib Christi (415), wobei sie in
Taufe und Eucharistie physischen Kontakt mit Christus empfangen
und sehr real Christus werden (426). Die Kirche ist dabei berufen,
Mittler zwischen Christus und dem All zu sein, „alles Menschliche
im Menschen zu verchristlichen" (437). Vf. sieht (451) im „pleroma-
tischen Zug der Erhöhung Christi" eine „Entsprechung zur Ubiqui-
tätslehre Luthers", konstatiert aber in seiner Sakramentlehre „gewisse
Schwächen der nachtridentinischen Sakramententheologie"
und eine Unterentwicklung der Lehre vom Wort Gottes (4570 und
sieht mit J. Danielou bei TdCh eine Erneuerung der Harmonie von
Natur und Gnade (467).

Im dritten Teil untersucht Vf. „Die Ermöglichung des universalen
Heilswirkens Christi (485-529) als Verhältnisbestimmung der beiden
ersten Teile zueinander. Da NvK und TdCh entschieden ganzheitlich
-systematische Denker seien, stehen ihre Aussagen über die kosmische
Christologie im Zusammenhang mit ihren christo-soteriolo-
gischen Aussagen, aber doch so, daß beide „die kosmische
Christusidee der soteriologisch-heilsgeschichtlichen Christologie"
vorschalten und das „Dogma der Inkarnation von dem Verständnis
der Welt als der Schöpfung Gottes" angehen. Die Heilsbedeutung
Christi ist nicht nur auf die Rettung einzelner Seelen begrenzt, sondern
liegt vor allem darin, daß Gott durch Jesus Christus die glaubende
Menschheit „und um derentwillen auch deren ganze Umwelt
zur Verwirklichung seiner allumfassenden Oikonomia (Eph. 1,10)
und so zur Vollendung führt" (485). Christus trat, um die Welt zu retten
, an die Spitze der Schöpfung. Durch seine Auferstehung schafft
er eine neue himmlische Dimension TdCh k.:nr, von ein«*m „Super-

Christus", dem Totalisator und Erwecker menschlicher Liebe sprechen
(496 ff), für ihn ist er der Höhepunkt der Beziehung des Geschöpfs
zum Schöpfer und so eben Omega, für NvK der „siebte Tag",
größtmöglicher und vollkommenster Mensch (505, 518), er hält die
Welt im Innersten zusammen, „weil er auf dem zukünftigen Gipfel
der Welt, die Vollendung der Welt heraufführend, strahlt" (TdCh,
521).

Eine Würdigung der kosmischen Christologie beider Denker ist
im Rahmen dieser Rezension nicht möglich. Doch seien folgende
Fragen genannt:

1. ) Dem Vf. unterlaufen einige Ungenauigkeiten (Kennt TdCh
nicht doch eine Theogenese, vgl. 65? War die Scholastik Wesensoder
Seinsphilosophie, 85f, 95?).

2. ) Bestehen Beziehungen zwischen dem Denken von TdCh und
dem Vitalismus (H. Driesch, 130, 164)? Oder auch zur anthroposo-
phischen Gedankenwelt (241)? Dem Rez. sind darüber hinaus Analogien
zum Denken Tillichs aufgefallen, die ja für NvK evident sind.

3. ) Kann sich die Neuinterpretation der Transsubstantiation im
Sinne einer Transfiguration auf TdCh berufen (vgl. 174,4570?

4. ) Wie verhält sich die Aussage vom Gottmenschen als dem
„Prinzip universeller Lebenskraft" („Der Du im Schoß der Materie
allgegenwärtig wirkst", 180) zur anderen, daß Gott „die Geschöpfe
zur Eigentätigkeit" ermächtigt („Gott macht, daß die Dinge sich machen
", 196)?

5. ) Ob die sehr optimistische Weltschau TdCh.s in der Lage ist,
einer heute weithin pessimistisch geprägten Menschheit Entscheidendes
zu sagen, wird die Kernfrage bleiben („Für die SuperMenschheit
ein Super-Christus. Für den Super-Christus eine SuperCaritas
", 157).

6. ) Rez. ist nicht ganz-davon überzeugt, daß Vf. wirklich alle Vorwürfe
, die gegen NvK und TdCh erhoben worden sind, hat entkräften
können, so redlich er sich darum auch bemüht hat.

Dem Vf. ist für seine gründliche, gewissenhafte Arbeit zu
danken. Auch eine reformatorisch geprägte Theologie ist von den
Entwürfen beider Denker herausgefordert, sich mit ihrer Gedankenwelt
auseinanderzusetzen.

Freiberg Karl-Hermann Kandier

Praktische Theologie: Allgemeines

Klaus, Bernhard: Kommunikation in der Kirche. Predigt-Religionsunterricht
-Seelsorge-Publizistik, hrsg. in Verb. m. R. Lachmann,
E. Öffner, W. Schricker, M. Seitz u. J. Track. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn 1979. 256 S. 8°. Kart. DM 38,-.

Der erste, grundsätzliche Teil wird von B. Klaus mit einer „Einführung
in die theologische Theorie kirchlicher Kommunikation" eröffnet
(17-24). Auf eine kurze Beschreibung des Kommunikationsvorgangs
folgen theologische Argumente für die Verarbeitung kommunikationswissenschaftlicher
Erkenntnisse. Diese prinzipiellen
Hinweise ergänzt E. Öffner, indem er „Kirche als Vermittlungsinstanz
" in ihrem Gesellschaftsbezug versteht und das Leitmotiv
„Kommunikation" zur Überwindung des dichotomischen Modells in
der Verhältnisbestimmung von Kirche und Welt heranzieht.

Interessanter und ertragreicher ist der zweite Teil: „Kommunikation
in der pastoralen Praxis". Öffner beginnt mit einer erheblich
erweiterten Fassung seines Aufsatzes „Der Pfarrer und sein Sprachproblem
" (WPKG 1976). Die sozial bedingten Sprach- und Verständigungsbarrieren
werden ebenso berücksichtigt wie die durch den
akademischen Ausbildungsstil verursachte Reduzierung der Beziehungsebene
zugunsten der Sachebene. Während die soziolinguisti-
schen Thesen an die gesellschaftliche Umwelt des Autors gebundt'.
sind, gilt seine Warnung vor rationaler Unterkühlung und [nl ''
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