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Ausgabe:

1981

Spalte:

517-520

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Autor/Hrsg.:

Schneider, Stefan

Titel/Untertitel:

Die "kosmische" Größe Christi als Ermöglichung seiner universalen Heilswirksamkeit 1981

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 7

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Lehre auf einem univoken Denken beruht", ist damit noch „nicht gesagt
". Zwar verurteilt Barth sie „von einem univoken Verständnis
her" pauschal, aber „da wird noch einiges zu differenzieren sein"
(167). Über die „Differenzierende Stellungnahme Henri Bouillards"
(192 ff) greift Quadt bis auf Thomas von Aquin zurück, dem es „nicht
darum" gehe, „analoge Begriffe zu entdecken, die in proportionaler
(Cajetan) oder einfach unvollkommener Weise (Suarez) das Wesen
Gottes darstellen würden". Im „Sinne des hl. Thomas" kann „mit
Blick auf Barth" vielmehr resümiert werden: „Es gibt keinen Gott
und die Kreatur zusammenfassenden Begriff' (1950- Beruht also
Barths „Ablehnung einer Analogia entis" auf einem Mißverständnis,
das durch gemeinsamen Rekurs auf Thomas zu beheben wäre? Über
Barth hinaus in den zukünftigen „Dialog" ausgreifend entläßt das
Buch den Leser, allen anderen voran, mit dieser Anfrage.

Sie ruft das Problem sachgemäßer theologischer Ontotogie nachdrücklich
in Erinnerung. Weil in ihr immer „die Gefahr gegeben" ist,
>,daß der Glaube dabei unter das Diktat der Metaphysik" gerät (E.
•lüngel, Gott als Geheimnis der Welt, 1977,49), wäre jede vorschnelle
Antwort unseriös. Folgende Rückfragen an Quadt drängen sich jedoch
sofort auf: Wohin soll die von ihm gegen Barth eingebrachte
»Transzendalität bzw. transzendentale Offenheit menschlicher Erkenntnis
" (201) tragen? Vermag die Auslegung der doch wohl aristotelischen
Denkfigur einer „analogia proportionalitatis" auf Grund
eines vorausgesetzten „,aliquid commune' zwischen Gott und Geschöpf
durch Thomas wirklich die Folgerung auszuschließen, „daß
• • • Gott und Mensch in einem gemeinsamen Oberbegriff zusammengefaßt
" werden (295)? Welche Ontologie steht hinter der quantifizierenden
Anthropologie eines „wie auch immer gearteten guten Rest(s)
"n Menschen", die Quadt gegen Barths qualifizierendes theologisches
Urteil, der Mensch sei „ganz und total Sünder" anführt (34.8)? Worin
besteht die spezifische „Glaubensdissonanz" in der „Ablehnung der
Sakramentalität"? Besteht sie in Barths Behauptung „völlige(r) on-
to'ogische(r) Impotenz der menschlich-geschöpflichen Handlung
als solcher" als dem „mehr", „als er nach katholischer Auffassung
ablehnen müßte"? Ist das so, betrifft sie dann nicht die ganze, in
Verlängerung der Christologie (Christus prolongatus) ontologisierte
römisch-katholische Ekklesiologie mit ihren Folgen „in den Fragen
des Papstamts, der Konkretisierung des Kirchenbegriffs, der Eucharistie
, der Mariologie, der Autorität der Hl. Schrift"? (349f. 248. 243).
Solche „teils sehr wichtige(n) und zentrale(n) Fragen" stellen, heißt
bereits, in den „Dialog" über das Problem theologischer Ontologie
eintreten, zu dem diese so sachhaltige wie problembewußte Untersuchung
einlädt.

Münster Eberhard Hübner

Schneider, Stefan: Die „kosmische Größe" Christi als Ermöglichung
seiner universalen Heilswirksamkeit an Hand des kosmogeneti-
schen Entwurfes Teilhard de Chardins und der Christologie des Nikolaus
von Kues. Münster: Aschendorff 1979. XXXIII, 544 S. gr.
8* = Buchreihe derCusanus-Gesellschaft, 7.

Um es gleich vorweg zu sagen, vorliegende Monographie ist keine
Arbeit über Nikolaus von Kues (NvK), sondern über Teilhard de
Chardin (TdCh); sie geht von TdCh aus, um NvK mit ihm zu vergleichen
. Über die Theologie des NvK erfahren wir in ihr nicht viel
Neues, was interessante Beobachtungen und Fragestellungen nicht
ausschließt. Die Untersuchung ist aber eine gewissenhafte TdCh-
Studie, basierend auf einer außerordentlich gründlichen Kenntnis der
Sedruckten und ungedruckten Quellen und der Sekundärliteratur. Sie
'st gewiß, schon durch ihre eigenwillige Diktion, nicht als Einführung
in das Denken von TdCh geeignet.

Vf. legt eine überarbeitete Dissertation (röm.-kath., Mainz 1977)
Vor- R. Haubst hat ihr ein Geleitwort vorangestellt. In ihm weist er
auf die überraschende „Komplementarität zwischen dem christlichen
Evolutionismus Teilhards und der dynamischen Seinsauffassung von
Cusanus" hin. Vf. eruiere das beiden Gemeinsame und verfolge das

Ziel, die universale Spannweite des Christusereignisses „als eine denkerisch
weiter zu entfaltende Implikation des auch schon im Neuen
Testament bezeugten Glaubens und deshalb als auch für das Leben
und die Spiritualität des heutigen Christen in dieser Welt richtungsweisend
darzutun", weshalb an entscheidenden Punkten eine Überprüfung
am NT erfolge. In der cusanischen „Christologie von unten"
sei bereits der Gedanke, „daß die Sinnvollendung des Universums am
Menschen hängt, die Vollendung des Menschen aber an der Inkarnation
(des Sohnes) Gottes in einem Menschen" unvergleichlich stark
entfaltet (VII0-

Vf. entwickelt (17-321) „Die ,kosmische' Größe und Funktion
Christi in der Sicht des Nikolaus von Kues und des Teilhard de Char-
din" im Gesamtzusammenhang ihres jeweiligen Weltbildentwurfs.
Dabei werden in Bedenken gegen die Christologie des NvK (sie „lasse
Gott und Welt, Natur- und Gnadengeschehen ineinander übergehen
"; die Glaubensgeheimnisse würden rationalistisch umgedeutet;
„prometheisch himmelstürmende Steigerung des Menschlichen in
Christus", 80 wie des TdCh (Auflösung der Person Jesu Christi; Verdrängung
der Soteriologie durch die Christologie; dynamistische Auflösung
der Christologie in eine Christogenese; Ineinssetzung von
Welt-und Heilsgeschichte; Verwandlung von Prophetie in Prognose
etc., 90 als Einstieg für die Arbeit genutzt.

„Die evolutive Entwicklung bleibt nicht im Menschen stecken,
sondern sie geht durch ihn hindurch. Die Menschheit kann nur leben,
wenn in ihr die Erwartung eines Größeren, aus menschlichen Kräften
Unerreichbaren lebendig ist... Die Anthropogenese mündet in die
Christogenese"; dadurch wird die menschliche Noosphäre in die
göttliche Sphäre erhoben. „Christus ist als Omega der Evolution in
der Lage, physisch auf die Welt auszustrahlen" (190- Bekanntlich ist
damit der Angelpunkt der Welterklärung durch TdCh „Christus =
Omega" = „Alpha und Omega" (auch bei NvK fallen Alpha und
Omega zusammen, 236) genannt. Dieses Omega ist weltintern, zugleich
aber extern, im Grunde ist TdCh ein „kompromißloser Verfechter
der absoluten Transzendenz Gottes" (23). Da seine Welt eine
Welt nach vorn ist, ist sie in Omega aufgehängt, hat sie in Omega
ihren „perspektivischen Fluchtpunkt" (32); ist sein Weltbild „durch
die experimentelle Forschung aufgedrängt" (39). Vf. weist (43) auf die
Ähnlichkeit zu NvK hin: Wie bei TdCh Omega Immanenz und
Transzendenz eignen, so der complicatio bei NvK: Coincidentia
oppositorum! Das sei kein Pantheismus (wie er beiden vorgeworfen
wurde), denn NvK verstehe das Universum nicht als, sondern aus
Gott.

Vf. verschweigt in seinem Vergleich nicht die Unterschiede (49, 55;
NvK geht von Gott als dem Einen aus, TdCh von der Vielheit der
Materie, die zur Einheit in Omega gelangt).

Das für den Vf. Wichtige liegt vor allem darin, daß TdCh nicht nur
von zwei, sondern von drei Naturen Christi spricht. Sei die Bezeichnung
„christisch" auch problematisch, so spreche TdCh selbst von
der „kosmischen Natur" Christi (122 ff), die er aber wiederum nicht
als dritte Natur, sondern als „Interferenzbereich zwischen dem Wort
und der kosmischen Zone seiner menschlichen Natur" bezeichnet;
ein Gedanke, der NvK nahe liegt (und wie verhält er sich zur commu-
nicatio idiomatum!?). Für TdCh wie für NvK wird man mit Recht
sagen können: „Die hypostatische Union in Verbindung mit dem
Vollendungsgedanken aber schließt die .kosmische Größe' Christi in
sich" (125). Interessant ist, daß Vf. in diesem Zusammenhang eine
Berührung mit K. Barths Christologie sieht. Auch TdCh lasse die
„Theologie in eine konsequent durchgeführte Christologie aufgehen
", doch sei Barths Christologie ausschließlich „von oben" konzipiert
, die von TdCh sowohl von oben wie von unten bzw. von
seinem Verständnis von Evolution (1340. Während Vf. sich später
mit dem Entwurf Pannenbergs (244f, 572) auseinandersetzt, sucht
man vergeblich nach einer Bezugnahme auf die ökumenische Debatte
seit Neu-Delhi 1961 (J. Sittler!).

Für TdCh konvergieren Weltvollendung und Parusie, sie setzen
„eine gewisse .kollektive Reife' der Menschheit als Bedingung" vor-