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Ausgabe:

1981

Spalte:

500-501

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Iserloh, Erwin

Titel/Untertitel:

Geschichte und Theologie der Reformation im Grundriss 1981

Rezensent:

Kantzenbach, Friedrich Wilhelm

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 7

500

Frömmigkeit" (S. 110). Im Teil III gilt ein Kapitel dem Mönchtum;
es geht besonders um Bernhard von Clairvaux, aber auch der Klosterverband
von Cluny wird gründlich erörtert und damit einmal mehr
der Rahmen einer nur deutschen Geschichte notwendigerweise
gesprengt (S. 125-132). Teil IV ist überschrieben „Die Mitte des
deutschen Mittelalters: Friedrich Barbarossa und seine Zeit"
(S. 151-206). Auch dieser Teil ist von großer Dichte und quellengesättigt
. Erneut spielen Päpste, Bischöfe und andere kirchliche Personen
eine große Rolle. Der Band endet mit dem Tode des Staufers
Heinrich VI. 1197 in Süditalien, „für die deutsche Geschichte eine
Katastrophe" (S. 206). Heinrich VI. war dabei, „der Monarchie
durch Erblichkeit der Königswürde Stabilität zu verleihen und den
Papst zu einer Art Rentner der Reichskirche zu machen" (S. 206).

F. erzählt nicht nur spannend die Vorgänge, er beleuchtet auch
mehrfach die von ihm verwendeten Quellen: Adam von Bremen
(S. 55), den Gregorianer Bonizo von Sutri (S. 72), die Vita Heinrici
IV. (S. 75), Lantpert von Hersfeld und seine gregorianischen Gesinnungsfreunde
(S. 84), Helmold von Bosau (S. 138), Otto von Freising
und die ihm folgende „tendenziöse Hofhistoriographie" (S. 152 f), den
Archipoeta (S. 172) und das Spiel vom Antichrist (S. 173). Ein umfassendes
Literaturverzeichnis zu jedem Kapitel enthält auch marxistische
Arbeiten von E. Müller-Mertens, E. Werner und anderen. Interessenten
können von hier aus Einzelheiten nachgehen, die in einer
so knappen Übersicht fehlen müssen. Man kann in einem schmalen
Oktavband kaum mehr informative Mitteilungen in spannender
Form bieten, als es hier geschieht.

Rostock Gert Haendler

Lexikon des Mittelalters, 1. Band, Lieferungen 5-10, Sp. 801-2112.
München und Zürich: Artemis-Verlag 1979 (Lieferung 5 und 6)
1980 (Lieferung 7-10).

Schon zweimal wurde in der ThLZ über das neue Lexikon berichtet
: 105, 1980 Sp. 47f und 201 f. Inzwischen erschienen zügig weitere
Lieferungen, so daß der erste von fünf geplanten Bänden abgeschlossen
vorliegt: Von „Aachen" bis „Bettelordenskirchen". Umfangreiche
Informationen betreffen die verschiedenen Lebensgebiete. Als
Beispiele seien die Artikel genannt: „Armut und Armenfürsorge"
(984-992), „Beamtenwesen" (1720-1738), „Bergbau" (1946-1951)
und „Besitz" (2064-2069). In dem Artikel „Bestiarium, -ius, Bestia-
rien" haben 8 Mitarbeiter die Überlieferungen von Tiergeschichten
in den verschiedenen Ländern dargestellt. Auch zur Kunstgeschichte
werden reiche Informationen gegeben, so z. B. „Apsisbild, -maierei,
-mosaik" (814-817) oder „Armenische Kunst" (976-981). Der Artikel
„Baukunst" ist fast eine Monographie (1631-1665), noch ausführlicher
wird zum Stichwort „Bauer" auf 60 Spalten berichtet
(1563-1623). Unter dem Begriff „Bad" informieren 6 Mitarbeiter
(1331-1336), daran schließt sich noch ein Artikel „Badewesen". Ausführlich
sind auch die geographischen Stichworte behandelt; es seien
nur „Augsburg" (1211-1218), „Avignon" (1301-1305), „Bamberg"
(1394-1404), „Basel" (1505-1521) oder „Bayern" (1696-1710) genannt
.

Bei kirchengeschichtlichen Artikeln könnte man sich zuweilen
eine ausführlichere Darstellung vorstellen. Das Stichwort „Arius-
Arianismus-Arianer" wird auf den Spalten 949-951 denkbar knapp
abgehandelt. Kaum zutreffend ist die Behauptung, daß sich unter den
germanischen Stämmen „die radikale Form des Arianismus" (951)
verbreitet habe. Der Artikel „Augustin" muß mit den Spalten
1223-1229 auskommen. Die verschiedenen Editionen und Übersetzungen
der Werke Augustins kommen nicht in den Blick, die speziellen
Augustinzeitschriften und Periodica werden nicht erwähnt. Als
neuste Literatur wird auf die Bibliographie von Andresen (1973) verwiesen
; der Bericht von R. Lorenz über neuere Augustinforschung in
der Theologischen Rundschau 1974/75 fehlt. Das ist umso erstaunlicher
, als sonst gerade über Einzelpersonen mit der größten Genauigkeit
und, Ausführlichkeit berichtet wird. So bekommt zum Beispiel
Auspicius von Toul auf 20 Zeilen einen eigenen Artikel, obwohl wir
von ihm nur ein Gedicht haben und ihn aus einem Brief kennen
(Sp. 1249 mit genauer Quellenangabe und Literatur). Auch der Langobardenkönig
Authari bekommt einen besonderen Artikel; die 3
Quellen, die ihn erwähnen, werden genannt, dazu einschlägige Literatur
(Sp. 1260). Der Artikel „Beda Venerabiiis" ist fast genau so lang
wie der über Augustin; doch werden bei Beda die Editionen und
Übersetzungen seiner Werke und neuere Literatur gebracht. Sehr ausführlich
wird über italienische Adelsfamilien informiert: Über die
Appiani mit 6 Personen, über die Arborea mit 5 Personen. 50 Träger
des Namens Bernhard werden registriert, daruntersteht Bernhard von
Clairvaux an 28. Stelle. Über Benedikt von Nursia wird relativ kurz
berichtet, doch folgt ein umfassender Artikel „Benediktiner,-innen",
der die Wirkungen jenes Ordens in den verschiedenen Ländern darstellt
(1869-1902).

Möge das Unternehmen weiterhin so zügig vorankommen. Ob man
freilich bei dieser Breite mit 5 Bänden auskommen wird, könnte leise
bezweifelt werden.

Rostock Gert Haendler

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Iserloh, Erwin: Geschichte und Theologie der Reformation im Grundriß
. Paderborn: Verlag Bonifacius Druckerei 1980. IV, 214 S. 8*.

Der als Schüler und Weggefährte von Joseph Lortz mit wichtigen
Untersuchungen zur spätmittelalterlichen Theologie hervorgetretene
Vf. legt mit diesem Buch eine überarbeitete Fassung der 1971 in
2. Auflage erschienenen „Kleine(n) Reformationsgeschichte" vor.
Die damals von Lortz verfaßten Eingangskapitel wurden neu geschrieben
. Das Buch ist als Lehrbuch und Grundriß angelegt. Es ist in
neun Kapitel mit jeweils mehreren Paragraphen gegliedert. Die formale
Aufgabe ist überzeugend gelöst, vor allem ist zu begrüßen, daß
neben der selbstverständlichen Einbeziehung des Calvinismus in
Westeuropa auch die Reformation in der angelsächsischen Welt, in
Südeuropa, in den nordischen Ländern und in Osteuropa knapp, aber
dennoch recht anschaulich, deutlich wird. Im formalen Aufbau des
Buches hat Iserloh einige Vorgänger.

Als katholischer Theologe beachtet er besonders die römischen
Kontroverstheologen und die zumeist humanistisch orientierten Vermittlungstheologen
.

Die Darstellung ist, was man nicht eigens zu versichern braucht,
völlig unpolemisch gehalten. Dennoch verzichtet der Vf. nicht auf
eigene Akzentsetzungen, die zuweilen sogar als pointiert bezeichnet
werden müssen. Der Begriff „Reform" ist dem Begriff „Reformation"
sachlich-theologisch übergeordnet worden. Katholische Reform setze
viel früher ein als die Reformation Luthers. Die „Reformation"
erhalte ihr Pathos vom Losungswort „Freiheit", das das Losungswort
der Neuzeit überhaupt geworden sei. Sie „schien" den Menschen aus
den zeitbedingten mittelalterlichen Zuständen herauszuführen, sie
versprach zu geben, was der Mensch schon lange vergebens gefordert
und unbewußt ersehnt hatte. Damit ist Reformation nach Iserloh als
„revolutionäre Antwort auf das Versagen der Reform des 14. und
15. Jahrhunderts" zu verstehen, wobei zugleich „Reform" nicht ;i's
„bloße Rückführung auf einen ursprünglichen Zustand und Abstellung
eingerissener Mißstände" verstanden werden soll. Reform bedeute
„immer auch Anpassung an neue Gegebenheiten und ein
Sichöffnen für die Notwendigkeiten der Stunde" (15). Damit ist der
prinzipielle Standort des Reformationshistorikers Iserloh charakterisiert
.

Den informativen Paragraphen werden jeweils einige wichtige
Daten, z. T. Stichworte oder Titel von Schriften, vorangestellt. Die