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Ausgabe:

1981

Spalte:

435-437

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Normann, Friedrich

Titel/Untertitel:

Teilhabe, ein Schluesselwort der Vaetertheologie 1981

Rezensent:

Leder, Hans-Günter

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435

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

436

Brandt, Hans-Jürgen: Das Selbstverständnis der katholischen Kirche

Deutschlands zwischen den Revolutionen von 1830 und 1848

(ThGl 70, 1980 S. 331-343).
Cantone, Carlo: Filosofia e profezia: lo Stile della ricerca cristiana di

Luciano Laberthonniere (Sal. 41,1979 S. 769-799).
Frangi, Gino: Le prime cinque spedizioni missionarie salesiane

nell' Argentina e nell'Uruguay dal 1875 al 1881 (Sal. 41, 1979

S. 819-856).

Frere Armin: Eine ökumenische Gemeinschaft auf der Grundlage
mönchischer Lebensordnung (EuA 56, 1980 S. 458—463).

Günter, Theodor: Konsistorialrat Kirchenrat D. Richard Eckardt
(1862-1928). Köln: Selbstverlag. 112S., 1 Porträt gr.8°.

Nothegger, Florentin: Die Erneuerung des Franziskanerordens in
Österreich-Ungarn unter dem Ordensgeneral P. Aloisius Lauer
(1897-1901). (FS 62, 1980 S. 143-180).

Ryschawy, Franz: Die Geschichte des Franziskanerklosters in Mährisch
Trübau (Forts.). (FS 62,1980 S. 97-135).

Semeraro, Cosimo: Chiesa e societä nelle Marche e Legazioni
(1815-23): carteggio inedito di una S. Congregazione romana (Sal.
41, 1979 S. 685-768).

Tazbir, Janusz: Hexenprozesse in Polen (ARG 71,1980 S. 280-307).

Vaporis, Nomikos Michael: The price of faith: some reflections on
Nikodemos Hagiorites and his struggje against Islam, together with
a translation of the „Introduction" to his New Martyrologion
(GOTR23, 1978 S. 185-215).

Dogmen- und Theologiegeschichte

Normann, Friedrich: Teilhabe - ein Schlüsselwort der Vätertheologie
. Münster/W.: Aschendorff 1978. VII, 317 S. gr. 8' = Münsterische
Beiträge zur Theologie, 42. Kart. DM 88,-.

Die vorliegende katholische Arbeit widmet sich der im katholischen
Denken offenbar hoch bewerteten, in der gegenwärtigen protestantischen
Theologie aber, wenn der Rez. recht sieht, kaum eine
Entsprechung aufweisenden „Theologie der Teilhabe". Dabei dient
die Schriftstelle 2 Petr 1,4 („göttlicher Natur teilhaftig") als Ausgangspunkt
und Aufhänger. - Entgegen dem irreführenden Titel stellt die
Arbeit weder eine begriffsgeschichtliche noch eine auslegungsgeschichtliche
Untersuchung im engeren Sinne dar; sie läßt sich auch
kaum als im herkömmlichen Sinne dogmen- oder theologiegeschichtliche
Untersuchung bezeichnen, sondern ist vielmehr ein mixtum
compositum aus philosophiegeschichtlichen, biblischen, vätertheologischen
und aktuell-theologischen Beobachtungen, Erwägungen und
Gesichtspunkten, die darauf zielen, einen theologischen Gedankenkomplex
, der sich auf verschiedene Weise ausdrücken kann, unter
Anwendung einer, wie der Vf. sie nennt, „induktiven Methode" und
unter gezielter Auswahl der Quellen darstellend und reflektierend
durch markante Stationen der Geschichte der altkirchlichen Theologie
zu verfolgen.

Nach N. hat sich christliches Denken schon früh des bereits in der
frühen griechischen Philosophie faßbaren und dann bald eine hohe
Bedeutung erlangenden Begriffes „Teilhabe" bedient, um den theologischen
Gedanken der Teilhabe des Menschen am Göttlichen bzw. an
Gott zu beschreiben. - Dieser Behauptung möchte man jedoch nach
der Lektüre der Ausführungen N.s insofern widersprechen, als die
vorliegende Arbeit de facto den Nachweis dafür erbringt, daß der
Begriff der Teilhabe keineswegs durchweg in den behandelten
Quellen eine derartige Rolle spielt, - was freilich nicht bedeutet, daß
die Sache der Teilhabe, so wie N. sie mit Hilfe seiner induktiven Methode
(über bestimmte theologische Aussagen der Väter nach- und
weiterdenkend und sie gezielt durchleuchtend) eruiert, in der Theologie
der Väter keine Rolle gespielt hätte. Die Frage nach ihrem Stellenwert
in der Vätertheologie ist damit allerdings noch nicht beantwortet
.

Daß N. mit seiner Arbeit nicht nur einem rein historischen Interesse
folgt, sondern einer heutigen Theologie der Teilhabe verpflichtet

ist, und wie hoch der Stellenwert von „Teilhabe" in der katholischen
Theologie angesetzt wird, zeigen nicht nur die Einleitung mit ihren
Bemerkungen zur gegenwärtigen theologischen Lage, sondern u. a.
auch der wiederholte Hinweis auf eine Formulierung H.R. Schlettes
im „Handbuch theologischer Grundbegriffe", wonach das Christentum
als „das Heilsgeheimnis der Teilhabe schlechthin" zu verstehen
sei, sowie am Schluß der Arbeit ein Zitat aus dem „Grundriß heilsgeschichtlicher
Dogmatik, Mysterium Salutis" von H.U. v. Balthasar,
das auf die Frage nach dem Zugang zur Wirklichkeit Gottes feststellt:
„Es bleibt kein anderer Weg offen als der der Gnade im Sinne einer
geheimnisvollen .Teilnahme an der göttlichen Natur' (2Petr 1,4)."

Der Gang der Arbeit, deren Inhalt im folgenden nur knapp andeutend
skizziert werden kann, ist wesentlich durch die Erkenntnis bestimmt
, daß das Leitwort „Teilhabe" (melhexis) der platonischen
und besonders der neuplatonischen Philosophie verdankt wird, also
mit dem Erbe seiner griechischen Herkunft befrachtet ist. Nachdem
N. das Problem an 2Petr 1,4 zu verdeutlichen versucht hat (wobei
man eine eingehendere kritische Auseinandersetzung mit dem exegetischen
Befund vermißt), setzt er bei den Hintergründen (den geistesgeschichtlichen
Quellen aus der griechisch-römischen Antike sowie
dem Judentum) ein, um „aus den zahlreichen, aber vagen Hintergründen
" vorab einen Horizont zu bilden, „der eine kontinuierliche
Entwicklung erkennen lassen kann". Zunächst wird nach dem Miteinander
und Zueinander von Göttern und Menschen in der Frühzeit
griechischer Kultur gefragt. Danach bewegt sich die Arbeit über die
Philosophie der Vorsokratiker auf Piaton zu, in dessen Denken, namentlich
in der Ideenlehre, melhexis als Schlüsselwort gesehen wird.
Für Piaton hat die irdische Wirklichkeit teil an dem transzendenten
Sein der Ideen - jedoch unter Wahrung der Eigenständigkeit beider,
was im Neuplatonismus nicht mehr gesichert erscheint, weil hier die
menschliche Teilhabe an Gott einer „Identität" gleichkommt. - Anders
stellt sich die Frage im AT dar, dem „Teilhabe" im Sinne einer
Vergöttlichung (so der spätantike Synkretismus) fernliegt. N. meint
hier aber eine Reihe von sachlichen Entsprechungen zum Teilhabe-
Denken finden zu können.

Nach der knappen Behandlung einiger Formulierungen bei Philo
und Josephus durchleuchtet der Vf. sodann das Vokabular des NT, in
dem methexis nicht vorkommt, vom Gesichtspunkt der Teilhabe her
und versucht, an einigen exemplarischen Texten die göttlichmenschliche
Teilhabe darzustellen. Sie realisiert sich u.a. im euchari-
stischen Mahl, liegt dem paulinischen Bild vom Leibe Christi zugrunde
und wird als Theologie der Teilhabe an Joh 15 demonstrierbar
. - Diese Demonstration wird in 17 Zeilen erledigt! Auf die exegetische
Diskussion ntlicher Texte verzichtet N. nahezu vollkommen.

Der eigentliche Hauptteil der Arbeit befaßt sich dann auf ca. 230
Seiten mit dem Teilhabe-Denken in der Väterzeit. Über einige Vertreter
der Apostolischen Väter, den Apologeten Justin, den ersten
großen nach-biblischen Theologen Irenäus (der mit der an Gal 4,4
angelehnten soteriologischen „Tauschformel" die Frage nach der
Teilgabe und Teilnahme zwischen Gott und Mensch frontal angeht).
Hippolyt, Tertullian, Cyprian, die beiden Alexandriner (von denen
Origenes „die Fähigkeit des Menschen zur Teilnahme an Gott anscheinend
problemlos voraussetzt"), Athanasius (bei dem die
„Tauschformel" in nicht vergleichbarer Weise im Zentrum des theologischen
Denkens steht), die Kappadokier (mit ihrer Lehre von der
„Vergöttlichung", wobei Basilius jedoch „Verähnlichung" gegenüber
„Vergöttlichung" den Vorzug gibt), Cyrill von Alexandrien, Johannes
Chrysostomus (bei dem „Vergöttlichung" nicht mehr vorkommt und
die menschliche Teilhabe an Gott gern als ein Zustand gegenseitigen
Sich-Besitzens gezeichnet wird), Ambrosius und Augustin gelangt die
in zahlreichen Einzelbeobachtungen und vielfach paraphrasierenden
Bezugnahmen auf Väterstellen sich vollziehende Darstellung schließlich
zu Dionysius Areopagita (der in der Gefahr steht, „bei einer Art
.Pantheismus' oder .Monismus' zu enden").

Das Buch wird mit einem kurzen Abschnitt „Nachwort und Zu-