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Ausgabe:

1981

Spalte:

426-427

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Junghans, Helmar

Titel/Untertitel:

Wittenberg als Lutherstadt 1981

Rezensent:

Thümmel, Hans Georg

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

426

sonders über die innerhalb des Reiches gelegenen Institutionen. Im 4.
Kap. wird die allgemeine politische Situation in Deutschland geschildert
, die Macht und Ohnmacht des Königtums und die Rolle der
Kurfürsten und Fürsten. Die fünf folgenden Teile behandeln sodann
die eigentliche Thematik des Buches, u. zw. durchaus in chronologischer
Folge von den Zeiten Albrechts II. bis zur Auflösung des Konzils
in Lausanne. Im Mittelpunkt stehen selbstverständlich die Auseinandersetzungen
um die von den Kurfürsten beschlossene Neutralität
und um das vom Königtum projektierte neue Konzil. Der Trierer
Erzbischof Jakob von Sierck (1439 - 1456) und König Friedrichs
Kanzler Kasper Schlick (1433 -1449) erscheinen deutlich als Antipoden
. Am Ende stehen die deutschen Konkordate mit Eugen IV.
und Nikolaus V. Das Ergebnis ist, daß die Eigeninteressen der Landesfürsten
und natürlich auch des habsburgischen Reichsoberhauptes
den Ausschlag in der Stellungnahme zum Basler Konzil und zum
Papstschisma gaben. Das freilich hat man eigentlich schon immer gewußt
und wäre auch in bezug auf die nötigen Belege kaum je in Verlegenheit
gewesen. Stiebers Verdienst liegt in der quellenmäßigen Aufarbeitung
und Darstellung dieses Sachverhaltes. Man hätte sich allerdings
eine stärkere theologische Durchdringung des Themas gewünscht
, auch in bezug auf die Konzeption von Konziliarismus und
päpstlicher Monarchie, wozu man reichlich Anregungen findet. Auf
eine ergänzende Untersuchung darf man mit Sicherheit hoffen, wenn
Stiebers Buch so rezipiert wird, wie es dies verdient.

Tübingen Harald Zimmermann

Borst, Arno: Mönche am Bodensee 610-1525. Siegmaringen: Thorbecke
1978. 584 S. m. 89 Abb. gr. 8° = Bodensee-Bibliothek, 5. Lw.
DM 68,-.

Unter dem scheinbar nur lokalhistorisch bestimmten Titel verbirgt
sich gerade das, was auf dem Forschungsgebiet der Klöstergeschichte
im Mittelalter selten zu finden ist. Geboten werden gewöhnlich Darstellungen
entweder eines einzelnen Klosters in seiner begrenzten
Umgebung oder aber Längsschnitte nur eines Ordens. Borst dagegen
weitet nicht nur den Raum vom lokalen zum regionalen aus, sondern
faßt auch die gesamte Ordenswelt ins Auge. Da nun gerade von diesem
Gebiet Impulse in andere Regionen ausgingen, gewinnen die
Darstellungen und ihre Ergebnisse Bedeutung zumindest für den süddeutschen
Raum. Von dessen nordöstlichem Rand (Unter- und Mittelfranken
) aus aber reichten beispielshalber spätere Auswirkungen
mit entscheidendem Gewicht bis in das Land zwischen Saale und
oberer Elbe. Damit ist der Horizont des Buches hinsichtlich der Geographie
und der Gesamtheit klösterlicher Aktivitäten angedeutet.

Weiter weist Borst die Verknüpfung von religiösen, asketischen
und geistigen mit sozialen, wirtschaftlichen und politischen Strömungen
auf, wodurch die gegenseitige Durchdringung der Gruppen der
»Religiosi" und der „Laien" plastisch zu Tage tritt. Damit präsentiert
sich, nur mit knappen Worten gekennzeichnet, die Bedeutung
der Arbeit für die Erforschung der vielfältigen Wirkungen der Geistesgeschichte
auf verschiedene Lebensgebiete, wobei allerdings rein
theologische Fragen in den Hintergrund treten. Es fällt schwer, den
aus Raumgründen gebotenen Verzicht einzuhalten, auf Einzelprobleme
einzugehen, wie z. B. auf den politischen Druck Kaiser Friedrichs
I. u. a. auf Benediktinerklöster im Jahr 1165, auf die Rolle der
Augustinerchorherren in der Auseinandersetzung über den Zölibat
um 1200 oder selbst auf den Bezug zu modernem Lebensgefühl
(Zitate der Simone Weill und Christa Wolf, S. 388f) einschließlich
heutiger Formen der Kommunität.

Abgesehen von der „Einleitung" (7-17) und dem „Schluß"
(377-389) wird der vielschichtige Stoff, der einen Zeitraum von 900
Jahren umfaßt, anhand der Charakterisierung von 20 Mönchen und
Nonnen in vier Kapiteln (Askese in der Adelskirche, Reform in der
Priesterkirche, Appell an die Laienkirche, Absage an die Bürgerkirche
) dargestellt (19-376). Dem folgen 84 ausgezeichnete Bildwiedergaben
samt Erläuterungen (391-537), die kritische Anführung der
„Sekundärliteratur und Primärquellen" (538-561) und das Register
(562-584).

Der beachtenswerten, weil weiterführenden und zur Diskussion
herausfordernden Arbeit entspricht die geschmackvolle Aufmachung
und Ausstattung das Bandes durch den Verlag.

Leipzig Klaus Petzoldt

Abbä, Giuseppe: La funzione dell'habitus virtuoso nell'atto morale
secondo lo «Scriptum super Sententiis» di San Tommaso d'Aqui-
no (Sal.42,1980 S. 3-34).

Bayer, Hans: „Du bist eine leige snippensnap!" Der „Wartburgkrieg"
als waldensisches Laienspiel (ZKG 91,1980 S. 3 3-52).

Courtenay, William: Augustinianism at Oxford in the fourteenth Century
(Aug[L] 30, 1980 S. 58-70).

Frank, Karl Suso: „Siehe, das Gesetz, unter dem du dienen willst."
Der geschichtliche Ort der Benediktusregel (EuA 56, 1980
S. 427-449).

Gastaldelli, Ferruccio: Un vescovo letterato del secolo XII, Arnol-
fo di Lisieux (con un testo inedito) (Sal. 41, 1979 S. 801-818).

Goetz, Hans-Werner: „Empirisch" - „metaphysisch"?: zum Verständnis
der Zweistaatenlehre Ottos von Freising im Hinblick auf
Augustin (Aug[L] 30, 1980 S. 29-42).

Hengst, Karl: Die Urbs Karoli und das Blutbad zu Verden in den
Quellen zur Sachsenmission (775-785) (ThGl 70, 1980
S. 283-299).

Hübner, Reinhard M.: Rubor confusionis (RB73, 7). Die bleibende
Herausforderung des Basilius von Caesarea für Mönchtum und
Kirche (EuA 55,1979 S. 327-343).

Marcuzzi, Piergiorgio: Una soluzione teologico-giuridica al problema
dell'usura in una questione «de quolibet» inedita di Guido Terreni
(1260-1342) (Sal. 41, 1979 S. 647-684).

Meyer, Gerbert: Ein Vermächtnis Alberts des Großen. Zum 700. Geburtstag
am 15. November (WuA[M] 21, 1980 S. 169-173).

Schildenberger, Johannes: Sankt Benedikt und die Heilige Schrift
(EuA 56,1980 S. 449-457).

Sudbrack, Josef: An einem Ort beständig leben - In vielen Gegenden
unterwegs sein. Das benediktinische und das ignatianische Ordensideal
(EuA 56, 1980 S. 441-448).

Trapp, A.: Notes on the Tübingen Edition of Gregory of Rimini, II
(Aug[L]30, 1980 S. 46-57).

Wagner, Georg: Sächsische Missionskirche und Reliquienverehrung.
Karl der Große, Papst Leo III. und ein Reliquienfund im Jahre 804
(ThGl 70, 1980 S. 353-360).

Zumkeller, A.: Erbsündenlehre des deutschen Augustinertheologen
Johannes Klenkokft 1374)(Aug[L] 29, 1979 S. 316-365).

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Junghans, Helmar: Wittenberg als Lutherstadt. Berlin: Union; zugleich
Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1979. 224 S., 104
Abb. gr.8-.

Es war sicher ein glücklicher Gedanke, im Rahmen einer Gesamtdarstellung
einmal die Reformation als Wittenberger Ereignis und
Wittenberg als Lutherstadt zu betrachten, als den Ort, an dem alle reformatorischen
Neuerungen ihre ersten Auswirkungen zeigten. Gibt
es doch wohl keine andere Stadt, deren ganzes Gefüge solch radikalen
Wandlungen unterworfen wurde, ohne daß wirtschaftliche Faktoren
oder herrscherliche Planungen primär die Ursache waren. Vf. gibt zunächst
einen Überblick über die Frühgeschichte der Stadt und ihren
Ausbau zur Residenz durch Friedrich den Weisen, mit Schloßbau,
Universitätsgründung, Berufung Cranachs. etc. Luthers Durchbruch
zum Evangelium im Rahmen von Bibelstudium und humanistischen
Bestrebungen leitet dann die eigentliche Blüte Wittenbergs ein, die
auch nach dem Schmalkaldischen Krieg anhält. Eine führende Rolle
spielt das Buchgewerbe, und hier wird besonders das monopolisierte
Wittenberger Bibclprivileg gewürdigt. Die kryptokalvinisti^chen
Streitigkeiten trafen die Stadt hart. Ihr eigentlicher Niedergang war