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Ausgabe:

1981

Spalte:

418-419

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Hughes, Graham

Titel/Untertitel:

Hebrews and hermeneutics 1981

Rezensent:

Ellis, Edward Earle

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

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chen wird. Aber bestimmte theologische Anschauungen werden dem
Benutzer nicht aufgedrängt.

Der Schwerpunkt liegt natürlich in den ausführlichen Artikeln zu
den theologisch wichtigen Wörtern und Begriffen, die das tiefere exegetische
Verständnis des NT, seiner Schriften und seiner Theologien
) fördern. Hier wird laut Vorwort „der Nachdruck auf die Herausarbeitung
der theologischen Zusammenhänge und der implizierten
historischen Grundlagen des Wortverständnisses gelegt". Die thematische
Formulierung der Intention mag insofern beanstandet werden,
»'s „Wortverständnis" immer noch ein Rückfall in zurückgelegte
Epochen sein kann. Hier kommt alles auf die praktische Ausführung
an. Erschließen derartige Artikel das Verständnis, ohne sich in „Begriffstheologie
" zu verfangen? Die Frage darf m. E. bejaht werden.
Artikel wie dikaios, dikaiosyne, basileia, egö usw. nehmen Fragen
auf, die seit dem Erscheinen der betreffenden Bände des ThWNT oft
und gründlich unter neuen Gesichtspunkten behandelt worden sind;
überhaupt sind fast alle größeren Artikel selbständige Arbeiten von
großem Wert. Symptomatisch spricht der Artikel zu dikaiosyne (Sp.
785) zwar von der „Wortbedeutung", fährt dann aber fort: „ - findet
im NT ihre Konkretion in den verschiedenen Verwendungszusammenhängen
".

Die kürzeren Artikel beschäftigen sich, wie zu erwarten ist, besonders
mit dem ersten, vordergründigen Verstehen des Wortes in seinem
Kontext und damit des Kontextes selbst. Einige von ihnen könnten
wohl kürzer gefaßt sein und doctj das Notwendige bieten; ob etymologische
Auskünfte in einem Nachschlagewerk dieser Art Platz
haben sollten, darf man jedenfalls fragen. Andererseits kommt es vor,
daß auch in kürzeren oder ganz kurzen Artikeln ein wenn auch noch
so bescheidener Hinweis auf ein exegetisches Problem vermißt wird.
Das ist aber wieder die Ausnahme.

Die Verteilung der Stichwörter auf lange, kürzere und ganz kurze
Artikel ist sehr überzeugend. Die Typographie ist ausgezeichnet,
Druck und Stichwörter stehen deutlich und übersichtlich. Druckfeh-
•er sind selten. Der ersten Lieferung ist ein Abkürzungsverzeichnis
heigegeben, und die deutschen Stichwörter sind auf den Umschlagsei-
ten der einzelnen Lieferungen zu finden. Die Mitarbeiter haben sich
bemüht, allgemeinverständlich zu schreiben, und das ist ihnen auch
gelungen; man liest die Beiträge mit Interesse und ohne Mühe.

Der Verlag und die Herausgeber haben sich große Ziele gesteckt.
Die bisherigen Lieferungen sind so gut gelungen, daß man sich von
der Fortsetzung viel verspricht. Im Sinne der Herausgeber benutzt,
*ird das EWNT eine willkommene Hilfe sein zur weiteren Vertiefung
an Hand von Kommentaren und Monographien.

Legumkloster Bern Noack

vermittelt. Besser als in anderen ähnlichen Büchern wendet sie auch
die Resultate der traditionellen Exegese an und baut ihre Arbeit teilweise
auf dem griechischen Text auf.

Manches, was in den Kommentaren über die Historizität der Markuserzählung
geschrieben wird, wirkt in dieser strukturalen Perspektive
deprimierend. Die Forscher diskutieren über Dinge, für welche
sie nur schlechte und widersprechende Argumente haben.

Vier Kapitel werden unter folgenden Stichwörtern den vier wichtigsten
Szenen gewidmet: „Der verschleierte Seher" (Mk 14,53-15,1),
„Der verhöhnte König" (Mk 15,1-21), „Der verlorene Erlöser" (Mk
15,22-47), „Der verweigerte Auserwählte" (Mk 14,65;
15,17-20b.29-32c). Ein letztes Kapitel wird mehr synthetisch den
Verhöhnungsszenen gewidmet, mit einem ausführlichen Vergleichsmaterial
aus den kanonischen apokryphen Evangelien, aus Fragmenten
bei Kirchenvätern, aus den Psalmen, den Liedern des Gottesknechtes
und dem Buch der Weisheit sowie aus einigen Qumrantex-
ten. Dieser Vergleich veranlaßt die Vfn., die Verspottungsszene beim
Kreuz als die wichtigste anzusehen. Unter dem Gesichtspunkt der
Handlung sind diese Verspottungsszenen überflüssig, aber dem Sinne
nach haben sie eine bestimmte christologische Funktion: sie korrigieren
durch das Zerrbild, das sie darstellen, was Jesus als Prophet, König
und Erlöser, also als Auserwähltem Gottes, verweigert wird.

Die strukturale Methode erlaubt es der Vfn. die These von der Ursprünglichkeit
des römischen Prozesses im Vergleich zum jüdischen
Prozeß in Frage zu stellen. Der römische Prozeß bildet keine literarisch
abgerundete Einheit, sondern beide Prozesse sind aufeinander
abgestimmt. Die strukturale Analyse beleuchtet die Gegenüberstellung
von Petrus und dem Hohenpriester im jüdischen Prozeß sowie
die Opposition zwischen Jesus und Barabbas im römischen Prozeß.
In dieser zweiten Gegenüberstellung erscheint uns die Vfn. allzu
spitzfindig, wenn sie auf die Etymologie von „Barabbas" verweist und
in ihm eine Jesusfigur entdeckt: der „Sohn des Vates" wird zum „König
der Juden" und damit zu einem Aufwiegler.

Ich hätte gerne eine genauere Diskussion zu den Beiträgen von anderen
Semiotikern gewünscht, wie z.B. zu L. Marins Buch „Semioti-
que de la Passion", das die vier Erzählungen global behandelt. Die
Diskussion mit der traditionellen Exegese des markinischen Textes
könnte auch ausführlicher gewesen sein. Einige wichtige Kommentare
zum Markusevangelium sind leider erst nach der Arbeit der Vfn.
erschienen. Ihr Buch zeichnet sich durch Klarheit aus und ist auch
sehr pädagogisch mit einem Verzeichnis der Fachtermini versehen
(über einige Definitionen kann man natürlich diskutieren). Wir haben
hier einen wichtigen Beitrag zum Dialog zwischen strukturaler
Analyse und klassischer Exegese.

Lund Rene Kiefler

Genest. Olivette: Le Christ de la Passion Perspective Structurale.

Analyse de Marc 14,53-15,47, des paralleles bibliques et extra-
bibliques. Tournai: Desclee; Montreal: Bellarmin 1978. 220 S. gr.
8' = Recherches. Theologie, 21. Kart. $ 10.-.

Diese Studie einer Kanadierin ist das Resultat einer längeren Ausbildung
an der Ecole pratique des Hautes-Etudes in Paris und wurde
als Doktorarbeit der Gregoriana-Universität in Rom vorgelegt. Der
Fachexeget wird hier eine pädagogisch gut durchdachte Präsentation
der Möglichkeiten einer strukturalen Analyse finden.

Die Methode geht von einem Modell aus, das R. Barthes 1966 vorgeschlagen
hatte und seither selbst aufgegeben hat. Es werden im Text
drei Ebenen unterschieden: die Funktionen (= die Funktionen, Sequenzen
und Codes), die Handlungen (= das Aktantenmodell von A.
•■ Greimas) und die Erzählung. Wenn diese Methode auch seither
von anderen mehr stringenten Modellen abgelöst wurde (vgl. z.B.
Groupe d'Entrevemes, Signes et Paraboles. Paris 1977, oder D. und
A. Patte, Pour une exegese structurale, Paris 1978). muß man doch
zugeben, daß die Vfn. mit viel Feingefühl gerade mit Hilfe dieses Instruments
dem Leser einen guten Einblick in die strukturale Analyse

Hughes, Graham: Hebrews and Hermeneutics. The Epistle to the
Hebrews as a New Testament example of biblical interpretation.
Cambridge: Cambridge University Press 1979. XII, 218 S. 8" = Society
for New Testament Studies, Monograph Series, 36. Lw.
£7.75.

Among biblical scholars there are growing doubts about the ad-
equacy of the historical critical method. To such questioners as B.
Childs, G. Maier, P. Stuhlmacher and W. Wink one may now add the
name of Graham Hughes. In his final chapter, the most probing and
the key to the whole, he sets out his dissatisfaction. Drawing upon
H.-G. Gadamer, Hughes argues that truth cannot be confined to a
particular method and that method, as such, is not competent to de-
termine the meaning of a text. The critical method could rightly ex-
clude certain illegitimate interpretations of the text. and it was origi-
nally intended to do just that. However, when it went beyond the 'set-
ting of the boundaries' of possible meanings to attempting to deter-
mine a specific meaning, it exceeded its own competence. Its failure is
particulary apparent in biblical studies where the subject matter is