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Ausgabe:

1981

Spalte:

19-21

Kategorie:

Religionswissenschaft

Autor/Hrsg.:

Vos, Frits

Titel/Untertitel:

Die Religionen Koreas 1981

Rezensent:

Göthel, Ingeborg

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. I

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Kap. V (Mythos und Altes Testament), wonach sich Herder als Sachwalter
des Mythos zeigt, üerade mit seiner positiven Einstellung zum
Mythos (Mythos und Mythologie sind bei H. nicht schart'voneinander
abgegrenzt) ist Herder „zum Überwinder der Aufklärung und
zum Vorläufer der Romantik" geworden (66; vgl. 62-69). Das umfangreiche
Kap. VI untersucht dann „Die Religionen des Ostens in
Herders W irken" (70 - 216: Ägypten, Die zoroastrische Religion,
Indien, C hina, Tibet, Arabien).

Das alles ist gewissenharte und verantwortungsbewußte, mühevolle
Filigranarbeit, die bei aller Akribie nicht zu Lasten eines guten Stiles
geht. Bei dieser Detailforschung ist kaum zu vermeiden, daß einige
Passagen ermüden. Manchmal sind auch die Meinungen unterschiedlicher
Personen nicht genügend voneinander abgegrenzt. Kritische
Äußerungen des Autors zu Herders Ansichten werden in angemessener
Weise durchgängig eingeschaltet. Immer wieder wird auf die von
Herder selbst verwendete Literatur hingewiesen. Die zahlreichen Anmerkungen
sind eine Fundgrube für den Leser. Die Bibliographie
(230 - 252) bringt eine Übersicht über die vom Vf. benutzten Schriften
Herders, über Briefausgaben. Quellen Herders und Sekundärliteratur
.

Abschließend ein sowohl für Herders unterschiedliches Verhältnis
zu einzelnen Religionen als auch für die prägnante Darstellungsweise
des Autors gleichermaßen charakteristisches Zitat, in dem es um Herders
Mohammed-Verständnis geht: „Welch glänzendes Einfühlungsvermögen
, welch feines Aufspüren des Geheimnisses dieses genialen
homo religiosus durch Herder! Wie kommt es, so müssen wir uns fragen
, daß Herder gerade bei Mohammed so frei von jeder vorgefaßten
Meinung ist? Hatten wir ihn bei anderen Religionen entweder mit
übertriebener S mpathie (Indien) oder mit von vornherein ablehnendem
Urteil beobachtet, so zeigt er sich hier als wirklicher Religionshistoriker
" (204).

Summa Summarum: ein lesens- und empfehlenswertes Buch!

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Vos, Frits: Die Religionen Koreas. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz:
Kohlhammer 1977. 264 S. m. 17 Abb. u. Ktn gr. 8" = Die Religionen
der Menschheit, 22,1. Lw. DM 64,-.

F. Vos, Ordinarius für japanische und koreanische Sprache und
Kultur an der Universität Leiden, legt mit seiner Monographie eine
weitgefaßte Darstellung der koreanischen Religionen vor. Einführend
hebt der Autor hervor, daß es sein Ziel war. „das typisch Koreanische
besonders hervorzuheben; daher ist den alten Religionen, dem Mythenbestand
, dem Schamanismus und dem Volksglauben, wenn es
sich auch freilich bei den beiden letzteren oft eher um eine Verschmelzung
weitverschiedener religiöser Sphären handelt als um
reinkoreanisches Gedankengut, mehr Aufmerksamkeit gewidmet
worden als dem Buddhismus oder dem Konfuzianismus" (7).

Die obenangeführte Thematik handelt F. Vos in der ersten Hälfte
des Buches ab. Aus der Mythologie, aus alten Überlieferungen und
aus Mitteilungen in chinesischen Quellen läßt sich entnehmen, daß
Natur- und Seelenkulte die wichtigsten Bestandteile der ältesten einheimischen
Religionen (Kap. I) gewesen sind. Der Autor legt nicht
nur die Kurzfassungen der alten koreanischen Mythen vor. sondern
stellt zugleich auch ihre Beziehungen zu ähnlichen Mythen in Nordasien
und Japan dar. Auch die Beschreibung des Schamanismus
(Kap. II) und der Geomantik (Kap. III) zeichnet sich durch eine ausführliche
Wiedergabe von alten koreanischen Erzählungen und den
einschlägigen Textstellen aus alten koreanischen Schriften aus.

Die Koreaner glaubten bis in das 20. Jh.. daß die Lage des Grabes
einen großen Einfluß auf das Leben der Nachkommen besitzt. Auch
der Ort für größere Bauten wurde von Geomanten bestimmt. F. Vos
weist zwar darauf hin, daß der Standort der Hauptstadt des Korjo-
Staates (918-1392), das heutige Käsong, sowie die Hauptstadt der Li-
Dynastie (1392-1910), das heutige Seoul, durch Geomanten bestimmt
wurde (S. 129), aber es fehlen jegliche Hinweise, welche bedeutende
Rolle die Geomantik für die Machtkämpfe innerhalb der
herrschenden Klasse Korjo's spielte.'

Im Kap. IV beschreibt F. Vos unter Darlegung zahlreicher Einzelfakten
die Aufnahme des Buddhismus, den Kogorjo 372. Päktsche
384 und Silla erst im Jahre 528 aus China übernahm. Der Autor zählt

eine Vielzahl buddhistischer Gelehrter und Sekten auf. Die Frage
nach den Ursachen für die Aufnahme des Buddhismus, vor allem
aber nach den Ursachen für die um über 100 Jahre spätere Aufnahme
des Buddhismus in Silla bleibt ollen. F. Vos sieht die Aufnahme des
Buddhismus nicht im Zusammenhang mit der Herausbildung zentralisierter
Staaten auf der koreanischen Halbinsel und der damit entstandenen
Notwendigkeit eines einheitlichen ideologischen Überbaus
. In Silla vollzog sich diese Entwicklung langsamer, darin dürfte
einer der Gründe für die spätere Aufnahme des Buddhismus im Vergleich
zu den beiden anderen koreanischen Staaten zu sehen sein.

F. Vos vertritt die Meinung, daß eine Darstellung des Konfuzianismus
(Kap. V)'in einer Geschichte der koreanischen Religionen berücksichtigt
werden muß, obwohl der Konfuzianismus keine Religion
ist. Die Aufnahme des Konfuzianismus in eine Monographie über
koreanische Religionen ist nicht nur deswegen berechtigt, weil der
Konfuzianismus in Korea bestimmte religiöse Züge annahm, sondern
weil er seit Beginn der Li-Dynastie das koreanische Geistesleben
weitestgehend prägte. Der Konfuzianismus verdrängte den Buddhismus
und wurde zur offiziellen Staatsdoktrin, durch welche das Leben
des einzelnen sowie der gesamten Gesellschaft bis ins Detail reglementiert
wurde.

Im folgenden VI. Kap. wird die Silhak („Für reale Wissenschalten
") behandelt. Auch hier geht er nicht über eine Einzeldarstellung
hinaus und kommt nur in Ansätzen zu einer Gesamtwertung der Silhak
(S. 177). Die Silhak - eine geistige Strömung vom 17. bis Mitte
des 19. Jh. - unterzog die Feudalordnung in Korea und die neokonfuzianische
Lehre des Zhu Xi einer kritischen Betrachtung und hoffte
durch einen aufgeklärten Monarchen sowie durch bestimmte Reformen
und die Anwendung der in- und ausländischen Wissenschaft das
feudale Korea vordem weiteren Zerfall zu retten.

Der nicht mit Kenntnissen über die koreanische Geschichte vorgebildete
Leser fragt wahrscheinlich, warum der Autor ein kurzes Kapitel
über die Silhak in ein Werk über die Religionen der ostasiatischen
Halbinsel aufnahm. Sicherlich war F. Vos bestrebt, einen Abriß des
koreanischen Geisteslebens auch tür diese Zeit zu geben. Aber in diesem
Zusammenhang hätten zugleich die Auseinandersetzungen der
Silhak-Gelehrten mit religiösen Anschauungen dargestellt werden
müssen, vor allem ihre Auseinandersetzung mit der Geomantik So
wandte sich z. B. der Silhak-Gelehrte Pak Dshe Ga, genannt Tscho
Dong (1750-1805), in seinen Schriften mit scharfen Worten gegen die
weitverbreitete Geomantik und verspottete die gängige Ansicht, daß
der von Geomanten ausgesuchte Begräbnisort den Nachkommen
Glück bringen würde.2

In der Abhandlung über den Taoismus (Kap. VII) weist F. Vos
darauf hin, daß der Taoismus erst während der Herrschaft des Ko-
gorjo-Königs Jong Rju (618-642) sich aus China kommend in Korea
verbreitete und „als offiziell anerkannte Religion mit dem Untergang
Kogorjo's (688) verschwand" (S. 184). Gleichzeitig betont er den Einfluß
taoistischer Elemente im Volksglauben und im Schamanismus.
Den von dem Korjo-König Je Dschong (1106-1122) erneut aus
China übernommenen Taoismus wertet Vos als Vulgär-Taoismus.
dessen „Verehrung bezog sich in erster Linie auf die Himmelskörper.
Dämonen und Geister" (S. 186).

Im folgenden Kap. VIII behandelt der Autor die Entstehung und
Entwicklung der Tonghak (östliche Lehre). Diese von Tschö Dsche L
1860 geschaffene Lehre vereinte in sich Prinzipien des Konfuzianismus
. Buddhismus und Taoismus sowie bestimmte Gedankengänge
des Schamanismus. Obwohl sich die Tonghak im Gegensatz zur
Sohak (westliche Lehre, womit hier der Katholizismus gemeint ist)
befand, entlehnte Tschö Dsche U dem Christentum die Idee des
Monotheismus und gab der abstrakt verstandenen Gottheit
entsprechend seiner Vorstellung die Bezeichnung „Herr des
Himmels".

Der Autor skizziert kurz die Entwicklung der von der Tonghak
beeinflußten Bauemunruhen bis zum Bauernkrieg von 1894-95. Leider
verzichtet F. Vos auf eine eingehende Beschreibung dieser ersten
im religiösen Gewand vor sich gehenden sozialen Massenbewegungen
Koreas.

Im Kap. IX gibt F. Vos einen Überblick über die gegenwärtigen
neuen Religionsstiftungen in Korea, was präzisiert Südkorea heißen
muß. Er betont dabei, daß er nur zwölf von den mehr als zweihundert
neuen Religionsstiftungen abhandeln möchte (S. 203). Diese Neustiftungen
nehmen vom Tangun-Mythos über den Buddhismus bis zum