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Ausgabe:

1981

Spalte:

410-412

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hanhart, Robert

Titel/Untertitel:

Text und Textgeschichte des Buches Judith 1981

Rezensent:

Wewers, Gerd A.

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

410

(H.9-21). Erörtert werden Jeremia (11,21-86), Habakuk und Obadja
(11,86-89), Deuterojesaia (11,124-155), Tritojesaia (11,156-163), Hag-
gai und Sacharja (II, 163-178), Maleachi bis Jona (II, 179-192).

In diesem zweiten Band entfaltet der Autor dann zwei Begriffe, die
umso mehr Bedeutung gewinnen, je tiefer er in die Materie eindringt.
Das ist einmal der Begriff „Metahistorie, metahistorisch". Dieser Begriffwird
so definiert: „Unter Metahistorie soll eine Theorie verstanden
werden, die die Kenntnis politisch-militärischer Geschichte (und
ihre Wiedergabe im erzählenden Bericht) voraussetzt und das Gefälle
der Geschichte so interpretiert, daß menschliches (kollektives) Leben
|n seinem Ablauf wie in seiner Zukunft sinnvoll erscheint" (11,78). So
'st die rekonstruktive Sinnerfassung das Gegenstück zum vorlaufenden
, Wirklichkeit schaffenden Gotteswort. Dabei erhebt sich immer
wieder die Frage nach der ethischen Norm des menschlichen Handelns
und dem theologischen Maßstabe der Deutung in Zeit und Geschichte
und damit nach der Wertung der Erfüllung des göttlichen
Anspruchs an das Volk. Norm/Gesetz ist in diesem Zusammenhang
e'n Teil des großen metahistorischen Wirkzusammenhanges, der als
Querschnitt durch die Geschichte so zu verstehen ist: „Zugrunde liegt
urzeitliches Sprachgeschehen, welches die Heilsgeschichte in Gang
^tzt. Als nachher Israel zum Tun gefordert ist, bewirkt es die Unheilsgeschichte
. Gott reagiert mit Worten, die sich mehr und mehr in
der äußeren Welt durchsetzen." (11,107).

Der andere Begriff lautet „Monanthropologie", die Verantwortlichkeit
des Menschen für das, was auf Erden geschieht. „Es gibt im
Grunde keine .Natur', die sich selbsttätig im irdischen Bereich
entfaltet. Ob ein Acker fruchtbar ist oder nicht, hängt vor allem vom
Eigentümer ab ..." (11,84). „Denn die Menschen sind für das irdische
Geschehen primär verantwortlich!" (11,117). Diese Verantwortlichkeit
ist nach K. jedoch eingebettet in den Tun-Ergehens-Zusammenhang
ohne die schicksalwirkende Tatsphäre zu sehen. In diesem Sinne
werden auch einige Begriffe recht eigenwillig gedeutet. Das hebräische
leb (Herz) als Vernunft (11,71.73.74.80.113 u. ö.), als vernünftiges
Denken (11.125), andererseits auch als Herz (11,116.124 u. ö.). Ist
damit das Herz der Sitz der Vernunft? Vernunft/Herz ist das intelligente
Erkennen und Berücksichtigen des Tun-Ergehens-Zusammenhanges
. Eine Definition, die zum Denken anregt! Mag sie einem
abendländischen Denken schon schwer zugänglich und abstrakt,
wenn auch verständlich sein, so läßt sie sich doch schwer in alttesta-
mentliche Denkweise einfügen.

Kurze Literaturverzeichnisse (1,182-184; 11,208-209) sollen dem
interessierten Leser ein klein wenig weiterhelfen. Man bewundert die,
wenn auch eigenwillige, Bewältigung des umfangreichen Materials
und seines gedanklichen Gefälles auf so engem Raum. Man möchte
dem Autor jedoch die Kunst der gedanklichen Schlichtheit und die
Gabe wünschen, dem nicht vorgebildeten Leser alles in deutscher
Sprache sagen zu können, zu seiner Bereicherung und auch ein wenig
zur Freude.

Halle (Saale) Gerhard Wallis

che, sondern um die Frage nach deren inhaltlicher Wurzel und dem
aktuellen Sitz im Leben der Anklagerede, die sich in den Sprüchen
der Propheten ebenso niedergeschlagen hat wie in der Psalmendichtung
des Alten Testaments. Die Gerichtsrede im Munde der Propheten
und der Psalmensänger fällt ja dadurch auf, daß Jahwe zugleich
als Ankläger (prosecutor) wie auch als Richter (judge) seines Volkes
auftritt. Eine Rechtsverteidigung des Volkes kommt nicht zu Worte,
angesichts der Situation Gott - Volk eine einsehbare, ja zwangsläufige
Folgerung.

Der Vf. trägt bei der Behandlung des Problems die verschiedenen in
der Diskussion vertretenen Ansichten vor, die sich in drei Hauptgruppen
unterteilen lassen: Die Rechtsformen haben ihren aktuellen
Ursprung in der bürgerlichen (säkularen) Rechtspflege Alt-Israels (H.
Gunkel, J. Begrich, J. Boecker), im kultischen Ritual des Gerichtstages
am Heiligtum (E. Würthwein, F. Hesse), in der internationalen
Rechtsgestaltung bei der Strafverfolgung der Übertretungen von Vasallenverträgen
(J. Harvey). J. Limburg sucht die Keimzelle im ,.theopolitischen
" Bereich der prophetischen Verkündigung, während B.
Gemser den Ursprung eher in der volkspsychologischen Struktur Alt-
Israels zu finden meint.

Der Autor unterzieht einschlägige Texte der gründlichen Exegese
(Jes 1,2-3; 3,13-15; Hos 4,1-3; 2,4-17; Ps 50). Er kommt zu dem Ergebnis
: „Es handelt sich um eine prophetische Gerichtsverhandlung,
in welcher die grundlegende Struktur, auf welcher auch die säkulare
Gerichtsverhandlung beruht, vom Propheten verwendet wird, um
seine Botschaft anzubringen . . . Wurden andererseits die: Reden vorgetragen
, wenn das Volk im Tempel versammelt war, um am Ritual
der Bundeserneuerung teilzunehmen, dann wird es wahrscheinlich,
daß das Volk diese Reflexion des Bundesformulars aufnahm. Sie haben
dieses Verhör als kultisches Verhör aufgefaßt." (41; vgl. 53f).
Wenn nun aber der Begriff .Bund' (covenant/ einbezogen wird, dann
ist auch der Gedanke des Vasallenvertrages sogleich mit im Spiel.

Die Untersuchung fragt an, ob ein einzelner Sitz im Leben allein
zur grundsätzlichen Klärung des Sachverhaltes ausreiche. Sicher ist
dies nicht der Fall. Dennoch legt der Vf. bei der Bearbeitung des Problems
Vorstellungen zu Grunde, die in der Fachwissenschaft heute
nicht mehr ungeteilt vertreten werden, so die Annahme eines Bundeserneuerungsrituals
, des Neujahrsfestes, von dessen Bedeutung
und theologischer Dimension wir nach wie vor zu wenig sicher wissen
. Andererseits wird der Bundesbegriff, gleichgültig in welcher
Sprache, dänisch, englisch oder deutsch, zu sehr irn herkömmlichen
Sinne verwandt. Dem Vf. wäre gedient gewesen, hätte er u. a. die Untersuchungen
von E. Kutsch über die Bedeutung des Wortes .Bund'
(b'rit) zur Kenntnis genommen. Im Literaturverzeichnis fehlt dieser
Name vollständig. Dabei soll gleichgültig sein, inwieweit der Autor
sich jenem angeschlossen hätte.

Dennoch soll die vorgelegte Untersuchung als ein neuer, zusammenfassender
Beitrag zur verhandelten Frage ernst genommen werden
und seine Würdigung erhalten.

Halle (Saale) Gerhard Wallis

Nielsen, Kirsten: Vaweh as Prosecutor artd Judge. An Investigation
of the Prophetic Lawsuit (Rib-Pattern). Sheffield: Department of
Biblical Studies. The University of Sheffield 1978. V, 104 S. 8-=
Journal for the Study of the Old Testament, Suppl. Series, 9. Kart.
£3.-;Lw.£6.85.

Die vorliegende Untersuchung stellt die bearbeitete und gekürzte,
ursprünglich in dänischer Sprache verfaßte und ins Englische übersetzte
Promotionsarbeit des Vf. aus dem Jahre 1976 dar, die bereits
1977 unter dem Titel: ..Jahve som Anklager og dommer" durch
Teoltryk in Aarhus veröffentlicht wurde. Sie bietet einen Beitrag zur
traditionsgeschichtlichen Forschung, in der in jüngerer und jüngster
Vergangenheit die Redeformen der Rechtspflege Alt-Israels eine gewisse
Rolle zu spielen begonnen haben.

Dem Autor geht es nicht so sehr um die Ausdrucksformen als sol-

H an hart, Robert: Text und Textgeschichte des Buches Judith. Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1979. IIIS. gr. 8-= Abhandlgn.
der Akademie der Wissenschaften in Göttingen. Philol.-hist.
Klasse, 3. Folge, 109. Kart. DM 52,-.

- [Ed.]: Iudith. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 19 /9. 149 S. gr.
8" = Septuaginta. Vetus Testamentum Graecum Auctoritate Aca-
demiae Scientiarum Gottingensis editum, VIII, 4. Lw. DM 68,-.

In der Reihe des Göttinger Septuaginta-Unternehmens hat R. Hanhart
nach seiner 1974 erschienenen Edition des 1. Esrabuchs in zwei
Bänden das Buch Judith vorgelegt. In einem Band werden der Text
und seine Geschichte behandelt: ein Arbeits- und Rechenschaftsbericht
, der die vielfältigen Probleme dieser Forschung darstellt. Der