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Ausgabe:

1981

Spalte:

405-407

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Conroy, Charles

Titel/Untertitel:

Absalom, Absalom! 1981

Rezensent:

Stoebe, Hans Joachim

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

406

muß sich aber auch hier kritischen Anfragen stellen, die er nicht verharmlost
. Für ihn hat der Redaktor, der J und E zusammenarbeitete,
die in diesen Quellen enthaltenen Berichte über den Zug der Patriarchenfamilie
nach Ägypten durch die literarisch vorgefundene Josephsnovelle
ersetzt oder, genauer gesagt, die von ihm bevorzugte
Grundschrift J durch diese literarisch ihm schon vorliegende Josephsgeschichte
ergänzt (26).

Donner kann dies an der Beschaffenheit von vier Stücken innerhalb
der Novelle erhärten, die er als ganz aus dem Rahmen und Stil
der umgrenzten Erzählung herausfallend erkennt und die den ursprünglichen
Berichten zur Thematik anzugehören scheinen, die die
alten Quellenschriften vor der Komposition von RJE besaßen. Diese
Stücke erschließen sich auch wieder der Argumentation literarischer
Pentateuchkritik. Es handelt sich dabei um folgende Texte: 41,50-52
(Geburt der Josephsöhne Ephraim und Manasse); 46,la/3-5a (Jakobs
Reiseoffenbarung in Beerseba); 48 (Adoption Ephraims und Manas-
ses durch Jakob); 50,23-25 (Josephs Tod). Die Beibehaltung dieser
Stücke war notwendig, da ihr Inhalt in der Novelle nicht enthalten,
aber für den Erzählungsfortgang notwendig war (260- Die nähere
Untersuchung dieser Stellen ist überzeugend. Sodann nimmt der Vf.
Stellung zu dem Phänomen der Doppelungen, das ja bisher Anlaß zur
Quellenscheidung gewesen ist. Hier versucht Donner (ebenfalls nicht
°hne Folgerichtigkeit), das „Kompositionsprinzip der Doppelung"
(36ff) in der Josephsnovelle nachzuweisen, das einmal der Nachdrücklichkeit
und zum anderen der Retardierung in der Erzählung
dienen soll. Es ist in der Tat nicht immer einsichtig, daß Doppelungen
notwendigerweise auf das Vorhandensein zweier verschiedener literarischer
Fäden rückschließen lassen. Manches wird man freilich
auch als Glosse und Interpretament erweisen können. Die Josephsgeschichte
„ist schon innerhalb des Alten Testamentes durch Zusätze
und Ergänzungen ausgedeutet, weitererzählt und fortgeschrieben
worden". „Ihre Wirkungsgeschichte beginnt, zunächst noch sehr bescheiden
, in ihr selbst" (47). In einem Anhang werden andeutungs-
weise Linien dieser Wirkungs- und Nachgeschichte der Josephsgestalt
nachgezeichnet und eine Literaturauswahl zu diesem Thema bereitgestellt
. Joseph als Urbild und Vorbild der Keuschheit, der klugen
und vorausschauenden Regentschaft und als Typos Christi scheinen
die sich durchhaltenden topoi einer Joseph-Rezeption in dieser Wirkungsgeschichte
zu sein (48-50). Wichtig erscheinen dem Rez. auch
gelegentliche Bemerkungen des Vf. in den Anmerkungen. Besonders
sei auf die exkursweisen Ausführungen in Anm. 33 (25f) zu Fragen
der Motivation von Redaktionen hingewiesen. Nach den Ausführungen
zur literarischen Gestalt der Josephsgeschichte, wozu Donner
eine ausgezeichnete Sachstandsanalyse und eine gut begründete eigene
Auflassung vorgelegt hat. wünscht man sich vom Vf. nunmehr
eine Beschreibung von Herkommen. Sinn, Wesen und Theologie der
ursprünglichen Joseph-Novelle.1

Le'Pzig Siegfried Wagner

' Dazu s. schon A. Meinhold, Die Diasporanovelle - eine altlestamentliche
Gattung. Theol. Diss. Greifswald 1971; und dann später ders., Die Gattung der
Josephsgeschichte und des Esterbuehes: Diasporanovelle, in: ZAW 87, 1975,
^ff; 88,1976.720".

Conroy, Charles. M. S. C: Absalom Absalom! Narrative and Lan-
guage in 2 Sam 13-20. Rome: Biblical Institute Press 1978. XV,
191 S.gr.8' = Analecta Biblica, 81. Lire 11.000.

Die angezeigte Arbeit hat entscheidende Bedeutung für die Beurteilung
der sog. Thronfolgegeschichte im 2 Sam, auch wenn sie nur Kap.
'3-20 behandelt, denn diese werden gewöhnlich im Zusammenhang
einer von Kap. 9-20 reichenden und 1 Kön 1 +2 einschließenden
Hof- (so die älteren) oder Thronfolgegeschichte exegesiert. Diese
durch Rost (BWAT HI/6 1926) klassische Formulierung hatte vierzig
Jahre lang fast dogmatische Geltung. In einer kurzen, instruktiven
Einleitung orientiert Vf. über den gegenwärtigen Stand der Fragestellung
, der es nicht mehr erlaubt, 2Sam 9-20; lKön 1 +2 unkritisch als
literarische Einheit zu exegesieren, die einseitig nach ihrer Stellung
innerhalb der israelitischen Geschichtsschreibung beurteilt oder als
politische Propagandaschrift gedeutet werden kann. Vielmehr gilt es,
grundsätzlich die literarischen Aspekte des Textes zu erheben. Ein
zweiter Teil der Einleitung begründet die Begrenzung auf Kap. 13-20
und erläutert die Art des methodischen Vorgehens.

Die Ergebnisse der Untersuchung, ihre Folgerungen für die Beurteilung
des Thronfolgethemas (S. 101-105) seien an den Anfang gestellt
. Die Kap. 13-20 bilden eine auf Absalom und David konzentrierte
erzählerische Einheit, in der die Betonung des Rückkehrmotivs
David als die zentrale Gestalt ausweist. Die Annahme von
Anspielungen auf das Nachfolgethema bestätigt sich nicht ; auch nötigt
nichts dazu, in 1 Kön 1 + 2 eine unentbehrliche Fortsetzung zu
sehen.

Das sind wichtige und weiterführende Resultate. Von seinen Arbeiten
her ist Rez. im Grunde zu gleichen Folgerungen gekommen (S. 2
Anm. 9) und bringt den Darlegungen als einer Bekräftigung eigener
Thesen in besonderem Maße ein offenes Interesse entgegen.

Vf. nennt mit besonderer Dankbarkeit Alonso Schökel. der ihn
lehrte, an die Bibel im Lichte von Sprache und Literatur heranzugehen
. Die ebenso gediegen eingehende wie kritisch zurückhaltende
Arbeit macht dem Lehrer Ehre.

Der 1. Teil(S. 17-86, Kap. II und III: The Text as Processi stellt an zwei Beispielen
(13,1-22; 17,24-19,9) die Eigenart des Textes unter folgenden Fragestellungen
dar: a) Structure and inner dynamics (eingehende Inhaltsangabe im
Verhältnis von Wunsch und Erfüllung, Spannung und Lösung. Aufzeigung der
sprachlichen Struktur im Ineinander von Darstellung und Rede), b) Treatment
of persons and events (wie der Erzähler seine eigene Einstellung zu den Personen
, die er schildert, durch die Worte ausdrückt, die er sie im Zusammenhang
von Ereignissen sagen läßt), c) Narrator and reader (die Reaktion, die durch die
verschiedenen literarischen Kunstmittel beim Leser erreicht werden soll).

Daran schließt sich jeweils (S. 26-36; 52-82) eine "Language analysis" die
die sprachlichen Mittel (verschiedene Akzentuierungen. Verwendung von
Wortspielen, Verbformen und Stilarten) untersucht, die geeignet sind, das Besondere
eines Geschehens zu kennzeichnen.

Teil 2: "The Text as Product" beurteilt das Ganze des Abschnittes aus der
Rückschau und auch Überschau eines Lesers. Kap. IV (The Text as Narrative,
S. 87-112) untersucht die vorherrschenden erzählerischen Modelle, zunächst
in Kap. 15-20 und stellt dabei die strukturellen Parallelismen zwischen
15,19-16.16 und 19,17-41 (fünf einander entsprechende Begegnungen bei
Flucht wie Rückkehr; das Thema „Rückkehr" dominiert als Rahmenthema
bei verschiedenen Einschaltungen. Das Grundthema von Kap. 13+14 ist, vorsichtig
geurteilt (S. 90), die Spannung zwischen Wunsch und Erfüllung. Auch
hier begegnet eine hohe erzählerische Technik und lebhaftes psychologisches
Interesse an menschlichen Emotionen und dem Zusammenprall verschiedener
Persönlichkeiten. Doch sollten die Unterschiede nicht überlastet werden. Das
Kap. 15-20 dominierende pattern erscheint sekundär Kap. 13 + 14 und umgekehrt
. Die verschiedenen erzählenden Elemente (Klimax, Charakterdarstellung
) werden dabei andeutend dargestellt. Abschnitt 3: Meaning and Theme (S.
97-105) stellt, an der Häufung der Ausdrücke dafür kenntlich. Davids Rückkehr
als Hauptanliegen des Erzählers heraus; sie hat theologische Bedeutung,
es liegt keine Heldenerzählung vor. Jahwe selbst bringt David zurück..Freilich
entsprechen sich hier die Entfaltung von Handlung und Charakter nicht mehr
ganz. Diese Gedanken werden unter den verschiedenen Gesichtspunkten
durchgeführt. Das entscheidende Ergebnis (S. 101-105) ist schon oben genannt
. Schließlich werden die verschiedenen literarischen Stilmittel teils wiederholt
, teils weiter entfaltet. Erzählerische Gesichtspunkte sind etwa Zeitangaben
im Verhältnis zum Inhalt des Dargestellten, knappe oder breite Schilderung
, Lenkung von Sym- und Antipathie, Stimulierung eigener Antworten des
Lesers durch die Art der Darstellung.

Kap. V (The Text as Language System, S. 114-145) stellt die üblichen Untersuchungen
über die verschiedenen sprachlichen Mittel an, die Darstellung
zu dramatisieren und Spannung zu erzeugen (Klang, Vokabular. Wiederholungen
, Abwechslungen, Parallelismus. Wortspiele. Funktion der verschiedenen
Redeteile usw.). Zwei Anhänge registrieren seltene Worte und Phrasen in Kap.
13-20 und enthalten textkritische Notizen zu 13,1-22 und 17,24-19,9.

Der Reichtum des Inhalts ist damit nur schwach angedeutet. Hat
man auch bisweilen den Eindruck einer über das anvisierte Ziel hin-