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1981

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Allgemeines

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403

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

404

Frank, Wolfgang: Auskunft über Paul Schneider. München:
Evang. Presseverband für Bayern 1980. 63 S. kl.8°. DM 6,80.

Fritz, Gerhard, u. Kurt Scharf: Krisenherd Korea. Stuttgart: Radius
Verlag 1980. 127 S., 1 Kte 8 Kart. DM 9,80.

Miyata, Mizuo: Die Verkündigung des Evangeliums in der japanischen
Gesellschaft (ZEE 24, 1980 S. 130-143).

Schenke, Hans-Martin: Erinnerungen an Johannes Leipoldt (Standpunkt
8, 1980 S. 341-344).

Wiefel, Wolfgang: Johannes Leipoldt in Halle (Standpunkt 8, 1980
S. 339-341).

Altes Testament

Bächli, Otto: Amphiktyonie im Alten Testament. Forschungsgeschichtliche
Studie zur Hypothese von Martin Noth. Basel: Reinhardt
1977. XII, 192 S. gr.8" = Theologische Zeitschrift, Sonderband
VI. Kart. DM 54,-.

Es gibt kaum eine Hypothese in unserem Jahrhundert, die die Forschung
zur Frühgeschichte Israels so nachhaltig beeinflußt und geprägt
hat wie die von Martin Noth im Jahre 1930 aufgestellte von der
altisraelitischen Amphiktyonie. Die Skala der Stellungnahmen reicht
von der enthusiastischen Aufnahme bis zur emotionalen Ablehnung,
von der fraglosen Übernahme bis zur scharfsinnig begründeten Abweisung
. Bächli unterzieht sich der verdienstvollen Aufgabe, der Diskussion
um diese wissenschaftliche Arbeitshypothese forschungsgeschichtlich
nachzugehen und ihre ursprüngliche Meinung von ihren
Veränderungen nach der einen wie nach der anderen Seite abzuheben
. Er bemerkt - wahrscheinlich zu Recht -, daß in der wissenschaftlichen
Auseinandersetzung zur Zeit eine Pattstellung („Stagnation
", 175) besteht, die zur Bilanzierung des bisher Gedachten und
Erreichten besonders geeignet ist. Seiner sorgsamen Untersuchung gelingt
es, überzeugend nachzuweisen, daß sowohl für die Richtigkeit,
Fruchtbarkeit und Arbeitsfähigkeit der Hypothese wie eben auch für
das Problematische, zu falschen Konsequenzen und zur Überbewertung
Verleitende und damit Abzulehnende an ihr gleichermaßen gewichtige
Gesichtspunkte beigebracht werden können. Die Kritiker
haben im Grunde keine überzeugende Alternative anzubieten, so wie
die Befürworter den Schwächen nicht beizukommen vermögen. Der
Vf. hat ein großes Spektrum von Stellungnahmen vor Augen, sein Literaturverzeichnis
weist allein 264 Titel aus, wobei dort längst nicht
alle zitierten Forscher aufgeführt sind (s. den Hinweis auf S. 183 unter
l.e). Auch um entlegene Literatur hat er sich gemüht. Vielleicht
sollte auf die ungedruckte Dissertation von Bruce Donald Ratjen,
The Philistine Amphiktyony, 1964, und auf die frappierende Parallelen
zu dem von Noth formulierten altisraelitischen Amphiktyonie-
Verständnis aufweisende Monographie von Wilhelm E. Mühlmann,
Staatsbildung und Amphiktyonien in Polynesien, 1938, besonders
aufmerksam gemacht werden (bei Bächli, 35-41; 41-47). Obwohl
Bächli seine Sympathie für die Annahme einer altisraelitischen Amphiktyonie
nicht verhehlt, zeichnet sich sein Buch durch vorbildliche
Sachlichkeit und Objektivität im Urteil aus. Der Leser wird sachzutreffend
über die Stellung jedes einzelnen Forschers zur Nothschen
Hypothese informiert. Insofern ist diese Publikation ein wertvolles
Nachschlagewerk, für das man sich noch ein Namensregister wünschen
würde, obwohl das ausführliche und gut formulierte Inhaltsverzeichnis
schon einen hilfreichen Schlüssel für das Buch darstellt.

Für die Sorgfältigkeit der Arbeitsweise von Bächli spricht, daß er
sich mit einzelnen Autoren über den Gegenstand brieflich ausgetauscht
hat und das Ergebnis dieser Korrespondenz in seine Darstellungen
mit einbezieht, wenn es den Arbeitsgang fördert. Das Buch ist
einsichtig und überzeugend aufgegliedert. Nach einer Einleitung folgen
vier Hauptkapitel, deren erstes der Hypothese selber gewidmet
ist, ihren Vorgängern (Ewald und Alt; ob man mit den Hinweisen auf
Herder und Spinoza viel anfangen kann, bleibe dahingestellt), ihrem
klassischen Vorbild sowohl als auch ihren möglichen Parallelen im

Alten Orient sowie dieser schon genannten polynesischen Spätform.
Interessant ist der Hinweis darauf, daß Name und Sache schon für das
klassische Altertum nicht eindeutig definierbar sind und daß Noth für
seine Zwecke offenbar eklektisch verfahren ist und keineswegs alle
Elemente einer möglichen klassischen Amphiktyonie berücksichtigt
hat. Noth hat sich überraschenderweise methodologisch zu seinem
Auswahl-Verfahren nicht geäußert. Das 2. Kap. behandelt die Rezeption
der Hypothese in Zustimmung, Ausbau, Ablehnung, Alternative
und kritischer Integration (v.Rad, Kraus und Bright, Fohrer, de Vaux,
Smend), wobei die einzelnen Namen nur als Repräsentanten für eine
Fülle von Forschern stehen, deren Nuancierungen durchaus registriert
werden. Im dritten und längsten Kapitel werden Längsschnitte
geboten (B. nennt es .Aspekte'). Es geht um die Diskussion zu einzelnen
Aspekten der Amphiktyonie, wie z.B. zu Zentrum, Kult, Recht,
.heiliger Krieg', Stämmezusammenschluß und -Zusammenschlüsse
und Einzelstämme (immer wieder die Juda-Frage, Josephstämme,
Levi usw.), aber auch um die Zeichnung der politischen, prophetischen
und theologischen Nachwirkungen, die von einzelnen Alttesta-
mentlern ja bis in die nachexilische Zeit hinein angenommen und
verfolgt werden. Schließlich wichtet und wertet der Autor noch in seinem
letzten Kapitel (.Kritik'). Immer wieder nimmt er M.Noth ungerechten
Vorwürfen gegenüber in Schutz und kommt zu dem allgemein
überzeugenden Schluß, daß man trotz aller notwendigen und
berechtigten Kritik an der Amphiktyonie-Hypothese M.Noths diese
heute noch nicht für erledigt halten kann, sondern mit ihr durchaus
noch fruchtbar weiterarbeiten sollte. In den letzten beiden Kapiteln
bezahlt man die systematische Durchdringung der forschungsgeschichtlich
bereitgestellten Materialien mit Wiederholungen im
Stoftangebot und in der Wertung. Hier wären sicherlich Straffungen
möglich.

Es wäre gut, wir besäßen noch mehr solcher Bücher, wie uns Bächli
eines zur Amphiktyonie-Hypothese geschrieben hat, so etwa zur
Bundesproblematik. Man kann dem Unternehmen und seiner sauberen
Durchführung voll zustimmen.

Leipzig Siegfried Wagner

Donner, Herbert: Die literarische Gestalt der alttestamentlichen Josephsgeschichte
. Heidelberg: Winter 1976. 50 S. gr. 8* = Sitzungsberichte
der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philos -
hist. Klasse, Jg. 1976,2. Abhandig. DM 24,-.

Der Kieler Alttestamentier Herbert Donner widmet sich in dieser
Akademie-Abhandlung einer vielverhandelten, aber bis heute immer
noch strittigen Thematik. Die alte Frage, ob die Josephsgeschichte
ähnlich wie die anderen Genesis-Erzählungen der Zusammenarbeitung
entsprechender Materialien aus den klassischen Quellen verdankt
werden muß, wofür in der Auslegungsgeschichte immer wieder
Anhaltspunkte geltend gemacht worden sind, oder ob die Josephsgeschichte
ein in sich geschlossenes, einheitliches literarisches Erzählstück
darstellt (versteht sich nach Abzug von Zusätzen, Glossen und
Interpretamenten, die allgemein zuzugestehen sind), wird in einer
sorgsam abwägenden Untersuchung erneut aufgeworfen. Beide Lösungsversuche
hinterlassen nicht unerhebliche Lösungsreste, so daß
die Beantwortung der genannten alten Frage immer wieder unbefriedigend
geblieben ist. Nach einer umsichtig vorgenommenen
Durchprüfung aller auf das Material der Josephsgeschichte angewendeten
Kriterien, die die klassische Quellenscheidung zur Verfügung
zu stellen vermag, gelangt der Vf. zu dem Schluß: „Der überlieferte
Textbestand der Josephsgeschichte kann nicht mit der nötigen, anderwärts
im Pentateuch auch erreichbaren Sicherheit auf die Erzähl-
werke des Jahwisten und des Elohisten verteilt werden. Die Kriterien
der Pentateuchquellenscheidung versagen an Gen. 37-50" (24). So
bleibt die andere Lösungsvariante übrig, nach welcher die Josephsgeschichte
als eine einheitliche Novelle, selbständig und in sich geschlossen
, verstanden werden soll. Donner neigt dieser These zu.