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Ausgabe:

1981

Spalte:

401-402

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Zeller, Winfried

Titel/Untertitel:

Theologie und Frömmigkeit. Gesammelte Aufsätze. [Bd.1] 1981

Rezensent:

Koch, Ernst

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 6

402

Ausdruck bringen- Erschöpft sich das Reich Gottes im „Heilwerden Anhänger Jakob Böhmes, aber auch auf die Tradierung und Interpre-

nriKhenn^TicSSSin in der Gesamtgesel.schaft"? Sol- tation ganzer großer Gruppen von Weige.-Schnften und auf e.ne (re-
k.uw,iici Dczicnuiigcn u b kleine) Anzahl direkter Weige -Schuler. Hier ist umfangreiches,

che Fragen stellen <iich m F auch wenn zuzugestehen ist, daß dem lativ Kieme; nniam un^i^i 6

gen sienen sicn m.t., aucn wenn zuzug handschriftlich überliefertes Material gesichtet und kritisch

Theologen, auch dem Dogmatiker, in bestimmten Situationen einsei- meist nanuscniiiuiwu

% Akzente und zugespitzte Formulierungen erlaubt, ja, geboten ausgewertet worden.

sein können AK ,ZUgesp",Zt_: . ™. -.„„tv^kp;, fiir die hier vor- Ebenfalls mit Valentin Weigel befaßt sich der Aufsatz ..Der ferne
^ein Können. Aber das mindert nicht die Dankbarkeit tur aie mei vui , _ . „ w„i„,.;„ w„;„»ic" m so irm Fr

^legten Arbeiten dieses wachen und kritischen Theologen, der uns Weg des Geistes - Zur WurAgung Va enttn We.ge s (II 89-102). E
nicht auf seine Ergebnisse festlegen will, sondern notwendige Anstöße zeichnet den Werdegang von Weigels Philosophie und Theologie
aht tu • C1,,e f rfD"lsse lesl,eBen wl"< 5U . h d steHt ihn in das Beziehungsgeflecht der zeitgenossischen Beelen
zu einer ..Weiterführung dessen, was hier gedacht, gesagt unu ge um.nu

lebt wurde" (7). wegungen hinein.

Bonn Walter Kreck

Zwei relativ unbekannt gebliebenen Vertretern der religiösen Erneuerung
im schlesischen Luthertum des 17. Jh. ist der Beitrag
„Augustin Fuhrmann und Johann Theodor von Tschesch" gewidmet

7 (III 7-153). In ihm werden u.a. 5 Schriften Fuhrmanns und 3 Schrif-

Zeller, Winfried: Theologie und Frömmigkeit, 1 u. 2. Gesammelte tgn Xscheschs und ihre Beziehungen zueinander ausführlich vorge-
Aufsatze, hrsg. v. B. Jaspert. Marburg: Elwert 1971 u. 1978. XII, Auch Fuhrmann und Tschesch gehören in den Wirkungsbe-

2°3 S. u. XIII, 317 S. gr.8' = Marburger Theologische Studien, . , .

» r,K« a , ,aa l_?mhoo i nuoi reich Taulers und Meister Eckarts im 17. Jh.

»Kart. DM41,-;Lw. DM 44,-u. Kart. DM88,-; Lw. DM92,-. „ . _ , ,, , ^ , . _ .. . , .„.,, n. ,,m

„Paul Gerhardt, der Dichter und seine Frömmigkeit (II 122-149)

Neben dem Band: Frömmigkeit in Hessen - Beiträge zur hessi- geht über den Paul-Gerhardt-Aufsatz von 1957 (I 154-164) insofern
sehen Kirchengeschichte, hrsg. v. Bernd Jaspert, Marburg 1970, ent- hinaus, als nun kontroverse Paul-Gerhardt-Deutungen miteinander
halten die vorliegenden beiden Bände (zitiert als I und II) die wichtig- verglichen werden und speziell der Frage der Textüberlieferung breiten
Aufsätze Winfried Zellers zur abendländisch-christlichen Fröm- ter Raum gewährt wird. Zeller tritt u.a. der einseitigen Bevorzugung
migkeitsgeschichte. Die Thematik umfaßt (neben Aufsätzen mit der Crüger-Texte gegenüber den Ebeling-Texten mit Gründen entge-
übergreifenden Themen) einen weiten Zeitraum: Das Christusver- gen. Als Zentralbegriff der Frömmigkeit Gerhardts erscheint der Bestandes
im Mittelalter (I 9-21) über die Mystik (Heinrich Seuse, I griff der Treue.

22-31) bis hin zum 19. Jahrhundert (Ernst Ranke, II 284-293). Dabei Mit der Frage Johann Sebastian Bach und das Symbol befaßt sich

ergeben sich, den speziellen Arbeitsgebieten des Vf. folgend, zumin- der Beitrag „Vom Abbild zum Sinnbild" (I 165-177). Zeller holt weit

Qest zwei Schwerpunkte: Valentin Weigel (I 39-50.51-84, II aus, stellt den im Titel angedeuteten Weg an frömmigkeitsgeschichtli-

55-88.89-102) und Gerhard Tersteegen (I 186-194.195-218, II chen Entwicklungen der Reformorthodoxie dar und belegt ihn bei

!61-184.185-200.201-206.207-217). Darüber hinaus sind Beiträge Bach.

zur Universitätsgeschichte vertreten (Die Marburger Theologische Textgeschichtlich orientiert ist der Aufsatz „Gerhard Tersteegens
Fakultät und ihre Theologie im Jahrhundert der Reformation, II ,Kleine Perlenschnur'. Von der handschriftlichen Urform zur ge-
254-273. Die Universität Rinteln und ihre Bedeutung für die hessi- druckten Fassung" (I 195-218). Er gibt Gelegenheit, der Entstehung
sehe Kirchengeschichte, II 274-283). Am Schluß der Sammlung steht eines Erbauungsbuches Schritt für Schritt zu folgen,
eine Predigt über Eph 2,14.17-22, die Winfried Zeller 1976 in einem Die Abhandlung über die Marburger Theologie im Reformations-
Akademischen Gottesdienst in Marburg gehalten hat (II 294-297). jahrhundert (II 254-273) läßt immer wieder das Wechselspiel zwi-
°er größte Teil der Aufsätze ist bereits anderswo, oft an entlegener sehen landgräflicher Politik und theologischen Positionen erkennen.
Stelle veröffentlicht. Wenn im folgenden die bisher unveröffentlich- Naturgemäß steht die Rolle von Andreas Hyperius im Mittelpunkt
ten Beiträge referiert werden, so geschieht das nicht aus der Meinung der an den einzelnen Theologen orientierten Darlegungen,
heraus, daß sie die sachlich wichtigsten sind. Vielmehr ist über wich- Winfried Zeller ist im protestantischen Bereich ein einsamer Rufer
tige Sachergebnisse noch gesondert zu berichten. geblieben insofern, als er unermüdlich auf die Bedeutung der Frömmer
Aufsatz „Kirchengeschichte als theologisches Problem" (11-8; migkeitsgeschichte für die Geschichte der Kirche verwiesen hat. Da-
Ursprünglich ein 1949 gehaltener Vortrag) stellt Grundkonzeptionen bei hat er ebenso unermüdlich auf die Wechselwirkung von Krise der
der Auffassung von Kirchengeschichte von der Alten Kirche bis zu Theologie und Erneuerung der Frömmigkeit hingewiesen und auf
K S. Latourette dar und bekennt sich zu der Auffassung, Kir- eine große Zahl von Quellen aufmerksam gemacht. Daß seine über-
chengeschichte sei „nicht nur eine Disziplin oder eine Methode, wiegende Fragerichtung die nach der Kontinuität mystischer Fröm-
sondern eine Fragestellung, die auch unsere christliche Existenz be- migkeit bis hin zu ihrer Auflösung durch Kant ist, bezeichnet sowohl
Wfft". sofern sie uns an Kontinuität erinnere. „Historische Universa- Fruchtbarkeit wie Grenze seiner Arbeiten. So fehlt in Zellers Arbei-
ütat und geschichtliche Originalität sind die beiden Pole, auf die alle ten auch fast völlig die lesergeschichtliche Fragestellung. Das ist auch
k'rchengeschichtliche Arbeit ausgerichtet sein muß" (7). Zeller der Fall bei der Arbeit über die Drucktätigkeit und Forschung des 19.
macht in diesem Zusammenhang auf die Bedeutung der „Renaissan- Jh. auf dem Gebiet der protestantischen Erbauungsliteratur des 16.
cen" aufmerksam, in denen Kirchengeschichte (als Theologie- und und 17. Jh. (1219-223).

Frömmigkeitsgeschichte) analog zur Geistes- und Kulturgeschichte Diese Markierung einer Grenze kann aber nur bedeuten, daß die

^erlaufe. Forschung an dieser Stelle weiterzuarbeiten hat. Daß sie es tun muß,

..Luthertum und Mystik" ist eine Abhandlung überschrieben, die steht außer Frage. Die Fortführung von Winfried Zellers Arbeiten

s'ch mit der Mystik-Renaissance bei Luther und in der 2. Hälfte des darf nicht länger nur den Germanisten überlassen bleiben.
'6- Jh., der lutherischen Barockmystik und den geistes- und kulturge- Die beiden Aufsatzbände sind nicht nur in selten einwandfreier

schichtlichen Ausstrahlungen lutherischer Mystik befaßt (II 35-54). äußerer Form vorgelegt worden, sondern auch durch Register ausgebe
Abhandlung, aus einem Vortrag entstanden, bietet einen Über- zeichnet erschlossen. I enthält zusätzlich ein Register der frömmig-
blick über einen Zweig lutherischer Frömmigkeit, der mystische Tra- keitsgeschichtlichen und kirchenmusikalischen Quellen, dazu eine
ditionen aufnahm und sie sich interpretierend zu eigen machte. Bibliographie Winfried Zeller 1937-1971 (I 225-234) und als Beilage
Die umfangreichen Ausfuhrungen „Der frühe Weigelianismus. Zur eine Tabula Gratulatoria zum 60. Geburtstag am 3.7.1971 mit einer
Literarkritik der Pseudoweigeliana" (I 51-84) stellen eine gestraffte Porträtaufnahme. Dem Herausgeber ist für die investierte Arbeit sehr
Zusammenfassung von Zellers ungedruckt gebliebener Habilitations- zu danken. Man kann nach dem Gesagten den nunmehr leicht Zuschrift
von 1942 dar und befassen sich mit der unmittelbaren Wir- gänglichen Aufsätzen Zellers nur große Beachtung wünschen,
kungsgeschichte Valentin Weigels. Zeller stößt hier auf holländische Leipzig Ernst Koch