Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1981

Spalte:

365-367

Kategorie:

Liturgiewissenschaft, Kirchenmusik

Autor/Hrsg.:

Wegman, Herman A.

Titel/Untertitel:

Geschichte der Liturgie im Westen und Osten 1981

Rezensent:

Nagel, William

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

365

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 5

366

ergänzt wird. So kommt man sowohl ungefähr zu der Schlußfolge- sein besonderer Vorzug zu werten. Der begrenzte Umfang von 300

mng von De Villiers, während zugleich das Gespräch mit der philo- Seiten zwingt freilich dazu, den liturgiegeschichtlichen StofT entspre-

sophischen Ethik m. E. fruchtbarer wird. An anderer Stelle habe ich chend zu straffen, was zu manch speziellen Problemen den Rückgriff

dafür plädiert, den Intuitivismus zu einem „Responsismus" fort- auf andere Darstellungen erfordern wird. Doch ein solcher ist

zuentwickeln. dadurch dankenswert erleichtert, daß in den Kapiteln I—VII der

Diese Bemerkung ändert nichts an meiner Bewunderung für dieses Behandlung der Riten und Texte nicht nur auf Wesentliches

sehr kundig geschriebene Buch. Zu seiner Bedeutung trägt auch die beschränkte Literaturangaben vorausgehen, sondern die Quellen

Tatsache bei, daß nicht allein evangelische, sondern auch katholische zugleich charakterisiert werden. Als hilfreich wird sich auch in Kap.

Literatur in breiter Weise verarbeitet ist, und nicht nur deutschspra- III ein „Register von wichtigen Begriffen der lateinischen Liturgie"

ehige sondern auch englischsprachige Studien benutzt sind. (1330) und in Kap. V ein solches von „Ausdrücken und Begriffen"

n ... der byzantinischen Liturgie (208ff) erweisen.

Groningen P. J. Roscam Abbing * . ,

Vf. hat sich nicht auf die Geschichte des Gottesdienstes im engeren

Sinn beschränkt, sondern außer dem Kirchenjahr und den Formen

q 1^. . ... des täglichen Gebetes auch Taufe und Firmung, Buße, Eheschlie-

rraKtlSChe i neOlOgie: ßung> ^„^n^ sterbe- und Totenliturgie, ja die Weihen zum kirch-

LlturgiewiSSenSCnaTt liehen Amt herangezogen. Es fehlen auch nicht kurze Abschnitte

über die Kunst (45) und den Kirchenbau (790.

it Man wird einer so weitgespannten und darum zu äußerster Straf-

egman. Hermann A. J.: Geschichte der Liturgie im Westen und in den liturgischen Randgebieten Wie den Kasualien

Usten. Aus dem Schwed. v. M. Grütenng. Regensburg: Pustet » * " 6

1979 300 S r 8" Kart DM48- U' gezwungenen Darstellung kaum gerecht werden, wollte man

angesichts der zahlreichen in der Liturgiegeschichte noch offenen

'n der Einleitung bekennt sich Vf. zu der theologischen Bedeutsam- Probleme entsprechende Fragen an den Vf. richten. Dem Rez. sei es

keit des Studiums christlicher Riten: „Man entdeckt in den Glaubens- aber erlaubt, zu Kap. VI einiges zu bemerken: Hier macht sich gel-

äußerungen den Glauben der Kirche", d. h., nach geschichtswissen- tend, daß dem in Holland beheimateten Vf. der evangelische Gottes-

schaftlichen Methoden arbeitend, kann die Liturgiewissenschaft in dienst überwiegend in seiner reformierten Ausprägung begegnet ist.

der historischen Entwicklung des Gottesdienstes aufzeigen, „wie das So geht er von der Voraussetzung aus, daß alle Reformatoren „den

Dogma gelebt wird, wie die Theologie das kirchliche Leben beein- Gottesdienst beschränkten auf den Predigtgottesdienst, mit dem die

nußt hat und umgekehrt" (13). Die Methode, für die sich Vf. ent- Taufe und das Abendmahl (nur diese zwei!) verbunden sein können"

schieden hat, besteht in der Analyse von Abläufen der Gottesdienste (240; ähnlich 242 in 3.1.2). Wenn dies auch für Zwingli und den cal-

ln den verschiedenen Zeitabschnitten, wodurch Strukturelemente vinistischen Gottesdienst zutrifft (Calvin hätte selbst das Abendmahl

und Nebenriten in ihrer Unterschiedenheit erkennbar werden. In der allsonntäglich im Gottesdienst gewünscht!), so ist Luther in seinen

Gesamtentwicklung zeichnen sich für Vf. fünf Gesetzmäßigkeiten ab, Gottesdienstformularen der Meßstruktur mit Predigt und Abend-

die zu erkennen das Buch helfen will: eine Entwicklung von der Plu- mahl nicht aus Tradition gefolgt. Für ihn gehören zum Sonntagsgot-

ralität zur Einheit, von Freiheit und Improvisation zum Gebrauch tesdienst grundsätzlich und gleichwertig die beiden Gestalten des

einheitlichen überlieferten Textmaterials, von Einfachheit und „Wortes Gottes", Predigt und Abendmahl. Wenn im Reformations-

Durchschaubarkeit zur Überfülle und Undurchschaubarkeit, weiter- jahrhundert im Gegenschlag zur Verabsolutierung der Eucharistie

h'n. daß die ältesten Feiern wie das Osterfest sehr alte, sonst Neigung bestand, die Predigt zu verabsolutieren, und wenn es aus

geschwundene Elemente bewahren können und daß ein Text je älter Mangel an Teilnehmern in lutherischen Gemeinden nicht allsonntäg-

desto weniger direkt biblisch ist. Vf. schließt sich damit Beobachtun- lieh zur Abendmahlsfeier im Gottesdienst kam, waren sogar entspre-

gen an, wie sie zuerst A. Baumstark in seiner „Liturgie comparee" chende Vermahnungen im Gottesdienst vorgesehen. Doch bis ins 18.

konstatiert hat. 'h. war die lutherische Messe die Normalform des sonntäglichen

Die Zeitabschnitte, in welche Vf. die jeweiligen Entwicklungs- Hauptgottesdienstes, jedenfalls in größeren Gemeinden. Erst in der
Stadien einzeichnet, werden durch sieben Kapitel gekennzeichnet: I. Auswirkung der Aufklärung kam es auch im Luthertum zur Be-
Die schöpferischen Anfänge: Urkirche und Zeitalter der Märtyrer schränkung auf den Predigtgottesdienst. Sie zu überwinden, ist das
U5-46), Ii. Der Gottesdienst der Reichskirche (47-115), III. Die wichtigste Anliegen lutherischer Kirchen seit der Agendenreform in
römisch-fränkisch-germanische Liturgie im Westen (116-160), IV. der Mitte unseres Jahrhunderts, und es ist nicht zu übersehen, daß die
Ayf dem Weg zu einer einheitlichen römischen Liturgie (161-185), Rückgewinnung der lutherischen Messe in ihrer Vollgestalt deutliche
V Die byzantinische Synthese, VI. Gewinn und Verlust (hier Litur- Fortschritte gemacht hat. Nur in Süddeutschland (nicht: „Deutschten
der Reformatoren, die anglikanische Liturgie und die Gegenre- land", 244) hatte sich aus den vorreformatorischen Prädikantengot-
formation), VII. Erneuerung (hier vor allem die Liturgische Bewe- tesdiensten ein reiner Predigtgottesdienst - dies auch in lutherischen
gung in der römisch-katholischen Kirche und ein Hinweis auf die Er- Territorien - herausgebildet. Gegenüber S. 246 hat Luther die Peri-
"euerung in den reformatorischen Kirchen). Es macht das Besondere kopenreihen trotz ihrer von ihm gerügten Mängel für seinen Predigt-
d>eser Liturgiegeschichte aus. daß die Kapitel I-VI stets mit zwei Ab- dienst beibehalten. In lutherischen Kirchen wurden auch nicht „die
schnitten „Geschichtliches" und „Kulturelle Daten" beginnen, Lichter gelöscht, die Bilder bedeckt" (244); erst der reformierte König
denen auch immer eine knappe Angabe instruktiver Literatur voran- Friedrich Wilhelm I. forderte das 1737 in Preußen. „Psalmengesang"
steht. So gelingt es dem Vf., in diesen sehr gerafften Darstellungen wird nur in reformierten Kirchen gepflegt, während das Kirchenlied
dem Leser eine Vorstellung von den Voraussetzungen der liturgi- eine der wertvollsten Schöpfungen des Luthertums bedeutet (gegen
sehen Entwicklung im jeweiligen Zeitraum zu vermitteln. Diese Ab- 242 in 3.1.2). Bezeichnend auch der Fehler auf S. 255 (3.1), wo von
schnitte sind zudem durch Untergliederung übersichtlich gestaltet „reformatorischen" statt „reformierten Gemeinden in den Niederlan-
,Z-B. bei Kap. II zu „1. Geschichtliches": 1.1 Der Westen: 1.1.1 Kai- den" gesprochen wird. Wenn schließlich von „den Reformatoren",
ser Konstantin. 1.1.2 Der Einfall der Barbaren. 1.1.3 Die Theologie, also auch von Luther, gesagt wird, daß ihre neue Weise der Verkündi-
1T .4 Die Mönche: 1.2. Der Osten. 1.2.1 Die Wortbedeutung. 1.2.2 gung „auf Kosten der symbolischen Feier des Sakramentes" geschah
Das oströmische Reich. 1.2.3 Die Theologie. 1.2.4 Die Mönche; 1.3. (256), würde „symbolisch" im Blick auf Luthers Sakramentsver-
Der Islam. Zu „2. Kulturelle Daten": 2.1 Die Grundlagen. 2.2 Das ständnis eine völlige Verkennung anzeigen. Diese von der Beheima-
Scbulsystem. 2.3 Die Sprache. 2.4 Die antike Kultur). Bei dem heuti- tung des Vf. her verständliche - ich möchte sagen: unvollständige -
gen Mangel an historischer Bildung ist dieser Aufbau des Buches als Darstellung des evangelischen Gottesdienstes, die man bei einer