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Ausgabe:

1981

Spalte:

356-358

Kategorie:

Systematische Theologie: Dogmatik

Titel/Untertitel:

Warum Christen glauben 1981

Rezensent:

Jacob, Friedrich

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 5

356

bene; dieser Fragehorizont liegt allerdings schon jenseits von R. Mosers
„Gotteserfahrung bei Martin Buber", der zu Beginn den leitenden
Fragehorizont seinerseits von Ed. Husserl bis W. Esser
beschreibt, um das erste Kapitel mit einer „Geschichte des Erfahrungsbegriffes
im Werk Martin Bubers" abzuschließen.

„Um zu erfahren, muß man lernen." - so zitiert Moser Martin
Buber (78 f) und sagt damit genau, was gesagt werden muß. Es ist verblüffend
zu sehen, wie sich Bubers Einstellung zur „Erfahrung" von
der Abwertung bis zur höchsten Wertschätzung verändert. Das „negativste
" (wenn es so etwas gibt) über „Erfahrung" steht in „Ich und
Du", wo es heißt: „Den Menschen, zu dem ich Du sage, erfahre ich
nicht" (bei Moser, 79), das „positivste" schrieb Buber in „Aus einer
philosophischen Rechenschaft" (bei Moser, 318): „Iqh durfte nicht
über meine Erfahrung hinausgelangen und wünschte mir nie, es zu
dürfen. Ich zeuge für Erfahrung und appelliere an Erfahrung." So
wird die Frage nach Gott - als dem ewigen Du - eine Frage nach der
Gotteserfahrung und zugleich der Ermöglichung von Erfahrung. Gotteserfahrung
aber ist unmöglich gemacht durch den „abgelöster
Geist", den Moser als Ursprung aller von Buber beschriebenen Verfallsformen
ansieht. „Abgelöster Geist" - d. h. die Trennung von
Geist und Welt, von Natur und Gnade, von heilig und profan und alle
daraus entstehenden Folgen. Vielmehr gilt: Religion und Gott können
nicht als gesonderte Bereiche gewollt werden; also nicht: ein religiöses
Leben in die Welt tragen, sondern: das weltliche Leben als religiös
erfahren, denn die Welt ist eine, weil sie Gottes ist. Das Geheimnis
der Schöpfung liegt eben darin, daß Gottes Welt doch die Gott
gegenüberseiende Welt ist. Auch Gotteserfahrung ist nur in dieser Beziehung
möglich, u. zw. im Bereich des „existenzverbindlichen Geistes
", wie es Moser als Gegenbegriff zum „abgelösten Geist" als Mitte
von Bubers eigenem Zeugnis erweist, der des Menschen Leben als
Möglichkeit eines Dialoges mit dem Seienden beschreibt. So kann
Buber denn auch sagen: Jeder welthaften Einheitsverwirklichung ist
wahrhafte Gotteserfahrung gewährt. Moser hat gewiß Recht, wenn er
sagt: „Bubers jüdisches Denken ist ein ökumenisches, weltoffenes
Denken" (320). - Der Dialog hat immer erst begonnen.

Halle (Saale) Gerhard Begrich

Systematische Theologie: Dogmatik

Huber, Wolfgang: Kirche. Stuttgart-Berlin: Kreuz Verlag 1979.
238 S. 8° = Bibliothek Themen der Theologie, Ergänzungsband.
Pp. DM 24,-.

Mit dem vorliegenden Band wird beabsichtigt, eine „theologische
Darstellung der .wirklichen Kirche'" (9) zu geben. Dem Zweck der
Reihe „Themen der Theologie" gemäß darf keine ausgeführte Ekkle-
siologie erwartet werden, sondern ein zum Nachdenken anregendes
Buch über Dasein und Wesen der Kirche. Dabei wird allerdings weitgehend
die gegenwärtige theologische Diskussion aufgenommen, so
daß das Buch auch als eine - allerdings durchaus kritisch zu lesende -
Hinführung zur ausgeführten theologischen Ekklesiologie gelten darf.
Vielfachen neueren Bemühungen in der Ekklesiologie entsprechend
ist der Vf. bestrebt, eine rein dogmatische Behandlung des Themas zu
vermeiden und statt dessen historische, ethische, soziologische und
zum geringen Teil auch juristische Gesichtspunkte in theologischer
Perspektive zu durchdenken. Dabei werden bisherige Untersuchungen
des Vf. zum Kirchenproblem aufgenommen und weitergeführt.
Für den Untersuchungsgang selbst haben die Analysen Dietrich Bon-
hoeffers und Max Webers besondere Bedeutung.

Im ersten Kapitel „Was ist die Kirche?" (13-58) werden - im Anschluß
an ,,Assoziationen"(9ff) über das Erscheinungsbild der Kirche
- unter dem Leitsatz, daß sie nur in der Spannung von Glaube und
Erfahrung existiert, grundsätzliche Erwägungen über die raum-zeit-
liche Existenz der Kirche sowie über ihre sozialen Ausformungen

angestellt. Das 2. Kap. erörtert unter dem Thema „Die Verheißung
der Kirche" (59-96) zunächst biblische, dann dogmengeschichtliche
Aspekte des Kirchenproblems. Dabei wird auf aktuelle systematische
Fragestellungen (z. B. das Verhältnis Israel - Kirche) Bezug genommen
. Das 3. Kap. über „Die wirkliche Kirche" (97-139) bildet die
eigentliche thematische Mitte des Buches. Ausgehend von Kirche als
gottesdienstlicher Versammlung wird das Verständnis von Kirche als
Institution und als Gemeinschaft, der „von Schwestern und Brüdern
", behandelt. Als kritisches Gegengewicht gegen verhärtete Insti-
tutionalität wie gegen ein unzulässiges schwärmerisches Verständnis
von Kirche werden kirchliche „Grundrechte" geltend gemacht, die
eine Integration von charismatischen und institutionellen Gesichtspunkten
erlauben sollen. Damit sind die inhaltlichen Kriterien für
das Verständnis des Öffentlichkeitsauftrages der Kirche gegeben, über
die unter dem Stichwort „Kirche für andere" nach eingehenden Erörterungen
zumal über die deutsche kirchliche Entwicklung im 4. Kap.
(141-180) gehandelt wird. Das letzte Kapitel schließt mit Erwägungen
über „Die Zukunft der Kirche" (182-224), wo prognostisch
neben allgemeinen Überlegungen zur Zukunft der Religion besonders
auf die Herausforderungen des Glaubens in der gegenwärtigen Situation
eingegangen wird.

Angesichts der Themenvielfalt der Abhandlung fällt auf, daß
bestimmte Probleme nicht zur Sprache kommen. So wird z. B. das
Problem der Konfessionalität nicht eigens erörtert. Vf. konzentriert
sich statt dessen darauf, das Kirchenproblem in ökumenischer Perspektive
zu erläutern. Notwendigerweise tritt damit die Ökumene
selbst vorwiegend unter ethischen Gesichtspunkten ins Licht.

Die Entscheidung, die Vf. hiermit trifft, bestimmt auch in anderer
Hinsicht seine Argumentation. Dies gilt insbesondere hinsichtlich
seiner Beurteilung von Volkskirche und deutschem Landeskirchen-
tum, das in seiner gegenwärtigen Gestalt zum Synonym für
„Betreuungskirche" wird, und damit letztlich für die in der Ekklesiologie
zur Geltung zu bringende Wahrheitsfrage. Es scheint fraglich,
ob das aus der Spannung von Erfahrung und Glaube gespeiste Interesse
an einer strukturellen Betrachtungsweise der Kirche so realisiert
werden darf, daß daraus in unmittelbarer und eindeutiger Weise -
positiv oder negativ - ethische Urteile über die vorfindliche kirchliche
Wirklichkeit folgen. Demgegenüber wäre zu erwägen, ob nicht
generell ein kritischerer und vielleicht auch konstruktiverer Umgang
mit der kirchlichen Wirklichkeit zu erreichen wäre, wenn neben dem
ethischen Aufgabenfeld das Problem der Koordination von Kirchen
verschiedener Herkunft dogmatisch verantwortet und mit den ethischen
Fragen korreliert würde. In dem Fall könnte vermutlich das
Postulat von der Einheit der Welt bzw. der Einheit der Kirche, auf die
wir nach des Vf. Meinung energischer zugehen sollen, aspektreicher
zur Kenntnis genommen werden als im vorliegenden Fall.

Münster/Westf. Eckhard Lessing

Warum Christen glauben. Theologisches Sachbuch zur 13teiligen
Fernsehreihe des Südwestfunk Baden-Baden. Hrsg. von der Katholischen
Landesarbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung in
Rheinland-Pfalz. Trier: Spee-Verlag 1979. 262 S. gr. 8°. Kart. DM
18,80.

Der Titel verrät es kaum, aber es handelt sich bei dieser Veröffentlichung
um so etwas wie eine Laiendogmatik, verfaßt von Universitätsprofessoren
aus der BRD, aus Österreich und der Schweiz. Die
Texte waren dazu gedacht, einen im Südwestfunk Baden gesendeten
Fernsehkurs über „Glaubenskunde" zu ergänzen. Der Rez. freilich
kennt nur das Buch und kann über die Funktion der Texte im
„Medienverbund" nicht urteilen. Die dreizehn Teile behandeln fast
alles, was in eine christliche Dogmatik hineingehört. Bernhard
Casper schreibt über „Religion" und „Gott", Heinrich Ott über
„Offenbarung", Wilhelm Breuning über „Glaube" und „Jesus