Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1981

Spalte:

341-343

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Bratcher, Robert G.

Titel/Untertitel:

A translators handbook on Paul's letters to the Colossians and to Philemon 1981

Rezensent:

Schenk, Wolfgang

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

341

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 5

342

Die wohltuende Sachlichkeit und Bescheidenheit, mit der die Ergebnisse
hier erbracht und in einem weiten Problemhorizont auch
abschließend gewertet (257-268) werden, regen zur Weiterarbeit
auch den an, der auf die Verwendung von EDV zunächst noch verachten
muß: (1) Schon der nicht automatisierbare Arbeitsgang der

■nguistischen Aufbereitung in der semantischen „Strukturanalyse
des relevanten Datenmaterials" (158-182) bietet ein Verfahren an,
das nicht nur für alle theologisch relevanten neutestamentlichen
exeme unbedingt durchgeführt werden muß, sondern auch von
jedem durchgeführt werden kann. (2) Daß die hier vorgeführte linguistische
Erschließung der paradigmatischen Wortfelder erst einen,
wenngleich wesentlichen Aspekt der lexematischen Primärstrukturen
'n den Griff nimmt (114, 259), und daß flankierende Maßnahmen
insichtlich der sekundären paradigmatischen wie der syntagmati-
schen Strukturen hinzutreten müssen, eröffnet ein weiteres methodisch
präzisiertes Arbeitsfeld. (3) Schließlich ermuntern gerade auch
die wenig spektakulären Ergebnisse des Anwendungsbeispiels zur
eiterarbeit, denn die Dateneingaben stützen sich (in arbeitsökonomischer
Selbstbeschränkung) „in den Einzelheiten auf den gegenwärtigen
Stand der Forschung"; weil „das exegetische Ausgangsmate-
nal erst einmal einfach weitgehend übernommen werden mußte,
waren „keine völlig neuartigen Ergebnisse" zu erwarten (259, 17).
Immerhin machte schon die vorarbeitende Zuordnung zu verschiedenen
Wortfeldern für einige Texte die Vieldeutigkeit und Wider-
sprüchlichkeit erheblich geringer (258). Auf alle Fälle ist auch so ein
Ansporn für die exegetische Semantik gegeben, nach Möglichkeit
durch ein linguistisch geschultes Such- und Vergleichsverfahren
etwas besser erschlossenes Eingabe-Material für eine Weiterarbeit zu

>efem. Dafür wäre neben dem EDV-Programmierer auch der Bibelubersetzer
dankbar.

Als einer der Pioniere der semantischen Feldtheorie konstatierte H.
GiPpernoch 1968 bei einem Blick über den Zaun in unseren Arbeitsbereich
schmerzlich ein völliges Fehlen jedes Versuchs, „die Begriffswelt
des Neuen Testaments mit Methoden inhaltlich orientierter
Wortfeldforschung aufzuschließen, d. h. die Inhalte und Stellenwerte
der einzelnen für das Verstehen der christlichen Glaubensgehalte
wesentlichen Begriffe in der Gedankenwelt der einzelnen Evangelisten
und darüber hinaus im konkreten Kontext zu bestimmen. So
könnte eine tragfahige Grundlage für ein Textverständnis geschaffen
werden, das Ausgangspunkt jeder Exegese sein muß" (Wirkendes
Wort 18, 1968, 381). Die Arbeit Klemms ist ein verheißungsvolles
deichen dafür, daß und wie man anfangen kann, um diese beklagenswerte
Lücke zu schließen.

Berl'n Wolfgang Schenk

Haas, C. M. de Jonge and J. L. Swellengrebel: A Translator's Handbook
on the Letters of John. London: United Bible Societies 1972.
171 S. gr. 8" = Helps for Translators (HeTr), XIII.

Arichea, D. C, Jr., and E. A. Nida: A Translator's Handbook on
Paul's Letter to the Galatians. Stuttgart: United Bible Societies
1976. VIII, 176 S. gr. 8' = HeTr, XVIII.

Loh, I-Jin, and Eugene A. Nida: A Translator's Handbook on Paul's
Letter to the Philippians. Stuttgart: United Bible Societies 1977.
VIII, 167S.gr. 8' = HeTr, XIX.

Bratcher. R G.. and E. A. Nida: A Translator's Handbook on Paul's
Letters to the Colossians and to Philemon. Stuttgart: United Bible
Societies 1977. VIII. 149 S. gr. 8' = HeTr, XX.

Der zwölfte Band dieser Reihe zur Apostelgeschichte wurde von G.
Schille hier vorgestellt (ThLZ 103, 1978 Sp. 487-489), wobei er
grundsätzliche Bemerkungen zur Bewertung des gesamten Unternehmens
und zu den daraus sich ergebenden Folgerungen aus der Sicht
der Exegeten machte. Da ich diesen Bemerkungen voll zustimme,
kann ich sie voraussetzen ohne sie im einzelnen wiederholen zu müssen
, wenn ich über den Fortgang der Reihe in den letzten Jahren

berichte. Im Prinzip zeigt sich der gute Wille, wenn im Vorwort der
HeTr-Gal eine Beachtung der exegetischen Literatur als wünschenswert
, im HeTr-Phil dagegen als dringend notwendig angesehen wird.
Doch in der Praxis der Durchführung ist man von dieser Erklärung
des guten Willens noch weit entfernt. Das Hauptproblem dürfte darin
liegen, daß den Bibelübersetzern, die unter Umständen die Ausgangssprache
der Texte nicht beherrschen, ein mehr mechanisches Sum-
marium der bestehenden Kommentare als eine methodisch zugespitzte
Hilfe zur Verarbeitung ihrer Ergebnisse gegeben wird.

Wir können davon ausgehen,, daß Exegese als ihr erstes Ermittlungsziel
die Erstellung einer begründeten und stichhaltigen Übersetzung
eines Textes ansieht. Damit ist also die exegetische Ausführung
ein primärer Meta-Text über einen gegebenen Ausgangstext, während
die ihn zusammenfassende „Übersetzung" einen Meta-Text
zweiter Ordnung darstellt. Leider hat man sich die praktischen Konsequenzen
dieses methodischen Axioms selten deutlich gemacht,
geschweige denn in Anschlag gebracht. In den Bänden der HeTr wird
leider der Meta-Text „Übersetzung" vorangestellt, so daß die dann
folgenden Erläuterungen methodisch einen Meta-Text vierter Ordnung
darstellen. Je länger also der Weg wird, um so größer ist dabei
die Gefahr des Verlusts der Ergebnisse der Forschung (also dem
Meta-Text erster Ordnung), wenn die methodologischen Präzisionen
nicht deutlicher eingeschärft werden. Man kann dem nicht die in der
Tat begrenzte Zielstellung des. HeTr entgegenhalten, das sich ja „nur"
auf Übersetzung beziehe, weil ja gerade das „Wie" der Durchführung
zur Debatte steht.

Die Zeit ist vorüber, in der kaum ein Exeget etwas von Linguistik
verstand. Dieses Defizit war das größte Handicap der Linguisten, die
den Meta-Text „Die Gute Nachricht" herstellten. Nida's „Theory
and Practice of Translation" (Bd. VIII dieser Reihe) hat an diesem
Fortschritt einen nicht unwesentlichen Anteil. Doch kann diese
Publikation von 1969 auch noch zehn Jahre später zum allgemeingültigen
Kanon allein gemacht werden? Anläßlich meiner Gastvorlesung
an der Universität Amsterdam im Mai 1979 über die Probleme
einer Übersetzungssynopse waren den anwesenden Vertretern
der Niederländischen Bibelgesellschaft gerade die linguistischen
Fragestellungen nicht geläufig, und sie bekannten freimütig, daß sie
das Gefühl hätten, sich in einer Sackgasse zu befinden oder auf der
Stelle zu treten, weshalb sie ja auch erst zu dieser Vorlesung gekommen
waren. So ist zum Beispiel die Nidasche Zielformulierung einer
„dynamischen Äquivalenz" inzwischen Gemeingut geworden. Dennoch
muß gesehen werden, daß diese Bezeichnung ein frühes, heuristisches
und damit noch unreifes Stadium der Übersetzungslinguistik
spiegelt: „Dynamisch" ist eine relativ Undefinierte Kategorie, die
kaum mehr als die Richtung angibt. In der Auseinandersetzung mit
Nida hat G. Jäger (Translationslinguistik, Leipzig 1975) eine Weiterführung
gebracht, die zu der präzisierten Kategorie „kommunikative
Äquivalenz" geführt hat. Ihrer müßte man sich unbedingt bedienen,
wenn man nicht weiterhin selbst vorwissenschaftliche Optionen
dagegen und für eine angeblich „wörtliche" (faktisch aber „oberflä-
chen-äquivalente") Interlinearversion hervorrufen möchte.

Nach Ausweis der hier angezeigten Bände ist leider die Zeit noch
nicht vorüber, in der die Übersetzungslinguisten nicht genügend Exegese
verstehen und verarbeiten. Heute ist ein größerer Zusammenklang
möglich und darum ein entwickelteres Konzept möglich als
das, zu dem die letzten Bände dieser Reihe vorstießen. Eine gewisse
Ausnahme stellt dabei der Band zu den Johannesbriefen dar, an dem
ja kennzeichnenderweise auch ein Fachexeget beteiligt war, dem wir
selbst einen einschlägigen Kommentar verdanken (M. de Jonge, Die
Brieven van Johannes, 1968,21973). Es ist typisch, daß genau an dieser
Nahtstelle jüngst eine Diskussion entstand, die diese Spannung
zur Exegese signalisiert. M. de Jonge (Some Remarks in Connection
with a Translator's Handbook on Paul's Letters to the Thessalonians,
TBT 30, 1979, 127-134) läßt erkennen, daß man sich zu sehr auf
„Übersetzungslinguistik" beschränkt und zu wenig die „Textlinguistik
" einbezieht. Der darauf antwortende „Comment" (ebd. 134), den