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Ausgabe:

1981

Spalte:

325

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Lang, Bernhard

Titel/Untertitel:

Ein Buch wie kein anderes 1981

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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325

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 5

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derzugeben ist (50)! Ausdrucksgleichheit als solche garantiert nie eine gekennzeichnet. An dieser Stelle wird es in der Fachwissenschaft
semantische Identität: „Es darf nicht etwas von einem Wort als Wort unterschiedliche Vorstellungen geben, über die man mit dem Autor
abgeleitet werden, als ob zwischen dem Wort und der bezeichneten ins Gespräch kommen müßte. Insgesamt liest sich der Kommentar
Sache ein naturhaft zwingender Zusammenhang bestünde. Es ist viel- gut. Der Aufbau ist durchsichtig und einsichtig. Was die Auslegung
mehr danach zu fragen, in welcher Weise welche Phänomene, welche anlangt, so ist die Abgrenzung der einzelnen Kapitel durch die vorge-
Ereignisse, Sachverhalte und Erfahrungen zur Sprache gebracht wer- gebenen Sinneinheiten des biblischen Buches selber bestimmt. Nur in
den" (107). Im anderen Falle entsteht ein Wortfetischismus, der das bezug auf die Durchgliederung einer Freundesrede oder einer Hiob-
Verständnis der Realität verhindert (17 A.8). Dies hat jede Konkor- rede kann man verschiedener Auffassung sein. Doch fällt dies nicht
danzarbeit zu beachten, um gerade bei Abstraktlexemen nicht besonders ins Gewicht. Nach einer notwendigen Einführung, in wel-
unkontrolliert Bedeutungselemente aus einem Bezugsfeld in das eher über Aufbau, Entstehung der einzelnen Teile und die Bedeutung
andere zu übertragen, wie es in der Kirchensprache naiv üblich ist. des Hiobbuches gesprochen wird, folgt die Exegese des Textes. Auch
Die Redaktionskritik macht das semantische Problem und seine Prä- hier bewährt sich ein bestimmtes Schema, nach welchem zunächst
zisierung unausweichlich und entzieht der beliebten Apologetik, defi- ein Überblick über das zu behandelnde Stück gegeben wird, dies
niert als Verzicht auf Sachkritik so den Boden. sowohl formal wie thematisch, woraufhin dann die Einzelauslegung
Teil 1 (Wirklichkeit als fragliche Wirklichkeit, 11-44) steckt das erfolgt. Der Leser wird auch auf allgemeine und spezielle weisheitkomplexe
Problemfeld der Frage nach der Wirklichkeit ab. Teil 2 lich-orientalische Hintergründe aufmerksam gemacht; hier könnten
'Wirklichkeit als Prozeß, 45-168) stellt referenzsemantisch das rezi- ihm bibliographische Nachweise deutscher Übersetzungen hilfreich
Proke Verhältnis von Glaube und Erfahrung anhand einer Interpreta- sein. Drei knapp gehaltene Register beschließen das Buch: Verzeichnen
alt- und neutestamentlicher Texte zum Beispiellexem dar. Teil 3 nisse zur Literatur, zu Sach-Stichwörtern und zu Bibelstellen.
'Elemente eines relationalen Wirklichkeitsverständnisses 169-224) Auch Hesse hebt überlieferungs- und formgeschichtlich eine ältere
kennzeichnet am Todesproblem, wie Wirklichkeit durch bestimmte Erzählung, die noch in den Rahmenstücken erkennbar wird, von der
Beziehungen und Verhältnisse gekennzeichnet und begründet ist. eigentlichen Hiobdichtung der Dialogreden ab, die im wesentlichen
Berljn in den Kapp. 3-31 vorhanden ist. Der Verfasser letzterer wird diese in

Wolfgang c en ^ Rahmen ersterer gefügt haben, nicht ohne an der alten Erzählung

, gewisse für ihn günstige harmonisierende Veränderungen vorgenom-

«ng Bernhard: Ein Buch wie kein anderes. Einführung in die kriti- men zu haben Die Elihureden gelten als interpoliert und die Gottes-

Sth Bf,1"6 ^^^T^erDlT°u t BeokT St,UTrt reden als «"einheitlich. In der vorliegenden Gestalt geben letztere

^ath. Bibelwerk 1980. 242 S. 8 = Biblische Basis Bucher, 3. Kart. . T, ., „

DM 26 - keine befriedigende Antwort auf die Hiobproblematik. Hesse meint,

es habe ursprünglich überhaupt nur eine Gottesrede gegeben, die
Das lebendig und anschaulich geschriebene Buch ist vornehmlich nach Ausscheidung der auch sonst in ihrer Dazugehörigkeit ange-
frr interessierte Gemeindeglieder bestimmt. Es bietet einerseits eine fochtenen Stucke über Strauß. Nilpferd und Krokodil mit 40,8-14
Darstellung der Entstehung der Bibel, ihrer Sprachen und Hand- geendet haben konnte und auf die dann m 42,1-6 Hiobs Unterwer-
schriften. andererseits eine Einführung in die historisch-kritische fungserklärung gestanden hätte. Lieber aber gibt der Autor zu erwä-
Exegese und ihre Geschichte. Von besonderem Interesse ist ein dritter gen, ob überhaupt eine Rede oder nicht vielmehr der Bericht über
Teü. der sich unter verschiedenen Aspekten mit der Frage der Auto- eine Theophame (im Blick auf 42,5) das Ende der Hiobdichtung
ntät der Bibel als Gotteswort befaßt. Die römisch-katholische Posi- angezeigt haben mußte, eine Theophame, die auf die Herausfordern
zur modernen Exegese und ihren Konsequenzen wird ausführ- rungsreden Hiobs (29-31) hin dem Klagenden endlich hätte Recht
•ich berücksichtigt und Gerechtigkeit widerfahren lassen.

K H B Der Kommentator macht seine Leser immer wieder darauf aufmerksam
, daß die einzelnen Teile, zumal ihre Redegänge, im logisch
strengen Sinne nicht aufeinander bezogen sind, daß sie eigentlich

AlteS Testament Monologe darstellen und daß die Zusammengehörigkeit nur im Sinne

einer höheren Einheit behauptet werden kann. Dies ist ein Tatbestand
, der der Interpretation bedarf, zumindest der Frage darnach, ob
Hesse. Franz: Hiob. Zürich: Theologischer Verlag 1978. 219 S. gr.8' dieS mCht beabsichtigt ist und welchem Zweck eine solche Verfah-
= Zürcher B.belkommentare AT, hrsg. v. G. Fohrer, H. H. Schmid renswe,se dienen konnte- Darauf geht d" Kommentar nicht mehr
u- S. Schulz. 14. Kart. sfr27.-. ein' wie aucn nicnt auf die andere Frage, ob der literarischen Letztgestalt
ein Votum zu sagen aufgetragen ist. Könnte es beispielsweise
L:m es vorwegzunehmen: man wird sachkundig und gut in die Pro- nicht so sein, daß das Hiobbuch das Zeugnis einer breitgefächerten
b'ematik, in den Inhalt und in die Aussageabsichten des Hiobbuches weisheitlichen Diskussion, Reflexion und Meditation der Gottesfrage
eingeführt. Der Fachmann spürt auf Schritt und Tritt, daß sich Franz unter dem speziellen Aspekt des Verhältnisses des unschuldig Lei-
Hesse ernsthaft in die wissenschaftliche Diskussion um dieses abgrün- denden zu Gott darstellt und- daß dazu bewußt verschiedene Lösun-
dige biblische Buch eingeschaltet hat und auch gelegentlich pointiert gen nebeneinander bestehen bleiben (Klage und Anklage als Dimen-
seine eigene Position bezieht. Es entspricht dem Charakter des Korn- sionen einer Gotteszugewandtheit, die auch in der Verzweiflung von
mentarwerkes. daß wissenschaftliche Auseinandersetzungen nicht Gott nicht lassen kann - oder Leid als Geschick im Tun-Ergehen-
namentlich geführt werden, sondern daß aus den markierten Positio- Zusammenhang, im Feld der Läuterung und Erziehung, als Provoka-
nen heraus für den Fachgenossen ablesbar wird, welche Auffassungen tion zu Glauben, Vertrauen und Gebet, relativiert und nichtig im
vom Autor bestritten werden. Der Anmerkungsapparat unter der Sei- Schöpfungsgesamt, als noch nicht erkannter aber faktisch vorhande-
te verzeichnet deswegen auch oft nur Glossen, Bemerkungen und ner Sinn in der sinnvollen Weltordnung, insgesamt im Hiobbuch das
Querverweise zum Text, zur Übersetzung oder zu seinem Aufbau. Es Ringen um einen verständlichen Gott und zugleich die Proklamation
lst ein kritischer Kommentar, der den Leser auch textliche Unsicher- der Freiheit Gottes usw.)? Könnte es vielleicht so sein, daß diese
heiten wissen läßt und sich trotzdem um eine gute Übersetzung Fragen bewußt offengehalten bleiben wollten!?
bemüht. Hesse scheut nicht davor zurück, um der Verständlichkeit Begrüßt werden muß, daß Franz Hesse seiner Einführung auch
willen freier zu übersetzen. Redlicherweise wird dies in der Regel einen Abschnitt über die Bedeutung des Hiobbuches angefügt hat, in
auch angemerkt. Wo Ergänzungen zu einem nach seinem Dafürhal- welchem er auf dessen geistesgeschichtliche und religiöse Bedeutung
len ursprünglicheren Text vorliegen, so werden sie als solche zu sprechen kommt und sich schließlich auch dem Problem des Ver-