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Ausgabe:

1981

Spalte:

324-325

Kategorie:

Bibelwissenschaft

Autor/Hrsg.:

Dormeyer, Detlev

Titel/Untertitel:

Die Bibel antwortet 1981

Rezensent:

Schenk, Wolfgang

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 5

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auch eine sehr nützliche Grundlage für die, die neue Inschriften
deuten müssen, bietet. Die ausgiebige Sammlung der Phrasen, in
denen die Wörter sich befinden, bildet andererseits einen Beitrag
auch für die nicht sprachwissenschaftlichen Studien, besonders für
die Religionsgeschichte des antiken Nahen Ostens und der biblischen
Welt, mit der die phönizisch-punische eng verbunden ist.

Die größte Schwierigkeit, die einem in dem Werk begegnet, ist die der bibliographischen
Lücken, die sich darin finden und die die Wortsammlung beeinträchtigen
. In einigen Fällen ist das dadurch bedingt, daß der Stand der Forschung
nur bis 1971 berücksichtigt ist, übrigens nicht ohne Ausnahmen, da in
der Bibliographie Schriften bis 1974 vorkommen. Daher das Fehlen grundlegender
Werke wie S. Segelt: A Grammer of Phoenician and Punic. München
1976. Aber andere Lücken sind nicht hierauf zurückzuführen, unter ihnen zum
Beispiel O. Masson: Recherches sur les Pheniciens dans le monde hellenistique
(Bulletin de correspondance hellenique 93, 1969,694-696); A. M. Bisi - M. G.
Guzzo Amadasi - V. Tusa: Grotta Regina - I. Rom 1969; P. Magnanini: Le
iscrizioni fenicie dell'Oriente. Rom 1973. Es kommt hinzu, daß manches in der
Bibliographie angeführte Werk im Text nicht verwertet ist: so Ricerche puni-
che ad Antas. Rom 1969. Vom gleichen Jahr 1969 ist der in Rom veröffentlichte
Band Mozia-VI, der 21 neue Inschriften enthält (95-116).

Schließlich scheint es angemessen, daß dieses sehr nützliche und in
seiner Art einzige Werk durch eine Neuauflage systematisch auf den
neuesten Stand der Forschung gebracht wird, um so mehr, als die vorliegende
Ausgabe in polykopierter Form ist und der Schnitt der Seiten
manchmal einen Buchstaben verlorengehen läßt. Es werden so
hier in einer gedruckten Ausgabe, die verschiedene wissenschaftliche
Institutionen gern veröffentlichen würden, die in den letzten
Jahren entdeckten Inschriften, die sehr zahlreich und bedeutungsvoll
sind, zusammengefaßt werden können. Die Sammlung der Daten
wird leicht zu bewerkstelligen sein durch die periodische Bibliografia
fenicio-punica, die seit 1973 in der Rivista di studi fenici von E.
Acquaro veröffentlicht wird und die, da sie die Jahre seit 1971 umfaßt
, sich genau an das Werk Tombacks anschließt*

Rom Sabatino Moscati

* Aus dem Italienischen übersetzt von Dr. Siegfried Kratzsch, Halle (Saale).

Stamm, Johann Jakob: Beiträge zur hebräischen und altorientalischen
Namenkunde. Zu seinem 70. Geburtstag hrsg. v. E. Jenni
u. M. A. Klopfenstein. Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag; Göttingen
: Vandenhoeck & Ruprecht 1980. XV, 262 S. gr. 8' = Orbis
Biblicus et Orientalis, 30. geb. sfr 56.-.

Der Titel des Bandes nimmt Bezug auf Johann Jakob
Stamms im Jahre 1939 erschienene Dissertation (phil.) ,Die akka-
dische Namengebung'. Dieses Thema beschäftigte den Jubilar, der
von 1949 bis 1976 den Lehrstuhl für Altes Testament an der Ev.-
theol. Fakultät der Universität Bem inne hatte, auch weiterhin in
besonderem Maße. Die nunmehr hier vereinigten kleineren Arbeiten
bezeugen dies in eindrucksvoller Weise. Es handelt sich in der Hauptsache
um photomechanische Nachdrucke von Publikationen seit
1942. Hier sei nur verwiesen auf zwei Erstveröffentlichungen: .Namen
rechtlichen Inhalts II' (179-198, = Fortsetzung des Aufsatzes in
.Beiträge zur alttestamentlichen Theologie. Festschrift für W. Zim-
merli zum 70. Geburtstag, Göttingen 1977, 460ff) und ,Der Name
Nabal' (205-214). Umfangreiche Register der in den Aufsätzen
behandelten Namen hat H.-P. Mathys erarbeitet (215-246). Auch
eine Zusammenstellung der Publikationen von J. J. Stamm ist beigefügt
(247-260). Einleitend äußert sich der Jubilar selbst kurz zu seinem
wissenschaftlichen Werdegang und zu den Zielen seiner Arbeit
an der Namenforschung (XI-XV).

K..-H. B.

Bibelwissenschaft

Dormeyer, Detlev: Die Bibel antwortet. Einführung in die interaktio-
nale Bibelauslegung. München: Pfeiffer; Göttingen: Vandenhoeck
& Ruprecht 1978. 148 S. 8 Kart. DM 18,-.

Müller, Christoph Dietrich: Die Erfahrung der Wirklichkeit. Hermeneutisch
-exegetische Versuche mit besonderer Berücksichtigung
alttestamentlicher und paulinischer Theologie. Gütersloh: Gütersloher
Verlagshaus Gerd Mohn 1978. 234 S. 8". Kart. DM 52,-.

Das gemeinsame Gespräch über den biblischen Einzeltext ist das
Ziel des Experimentalberichts von Dormeyer,für das sich ein inter-
aktionaler Umgang mit der Perikope als Hilfe zur Lösung des Vermittlungsproblems
anbietet. Die Einführung beschränkt sich auf Einzeltexte
der erzählenden Gattung. Durchgehendes Illustrationsbeispiel
ist Lk 24,1-35. Als Gesamtziel wird formuliert: „Bei der inter-
aktionalen Bibelauslegung geht es darum, die Spannung zwischen
überlieferter Religion und persönlichem Glauben aufzubrechen. Die
Tiefe eigener und fremder Erfahrung mit Religion und Glaube soll
bewußt werden. Rückwirkend vermag dann dieser Klärungsprozeß
die überlieferte Religion wieder so zu beeinflussen, daß sie Ausdruck
gelebten Glaubens wird" (24). Es geht also in erster Linie darum, daß
ein Mensch „mit überlieferten religiösen Deutungen kirchlicher und
außerkirchlicher Herkunft selbständig umgehen kann" (ebd.); noch
präziser heißt das Teilziel „den Stellenwert zu bestimmen, den biblische
Erzählungen heute noch bei religiöser Erfahrung und Glauben
im Alltag einzunehmen vermögen" (19). Es geht also nicht primär
um den Stellenwert wissenschaftlicher Bibelauslegung, sondern um
die Vermittlungsfrage im Blick auf die heute zu erwartende Hörereinstellung
: Langeweile angesichts der Bekanntheit der Bibel (29ff). Erfahrungsferne
(31 ff), Undurchschaubarkeit der Auslegung angesichts
des Expertentums und des Monologs der professionellen Ausleger
(34ff). Eine Rückwirkung auf die zunftgemäße Bibelwissenschaft
kann indessen darin liegen, daß sie unbewußte Erwartungen und Anfragen
der heutigen Leser aufgreifen werde und so bibelwissenschaftliche
Arbeit im Eingehen auf die Praxis durch Aufnahme von deren
Fragestellungen wieder durchschaubarer gemacht wird (35).

Einsatzpunkt ist die allgemeinste Grunderfahrung, die Unmöglichkeit
, nicht zu kommunizieren (Watzlawick), und damit die Tatsache,
daß jede menschliche Regung in Relation zu der anderer Menschen
geschieht, folglich auch Lesen und gar schon Lesen von Erzählungen:
„Daß Handlungsträger durch Handlungsfolgen eine Situation aufbauen
, kenne ich genügend aus eigener Erfahrung. Und so brauche
ich bei der unbekannten Erzählung nur die Handlungsträger herauszufinden
, die Handlungen in ihrer Abfolge erkennen und die Umstände
zu einer Welt zusammenzufügen, um die Erzählung lesen zu
können" (71). Auf eine so geartete spontane Aneignungsphase des
ersten Lesens aus der eigenen Erfahrung heraus folgt ein zweites kontrollierendes
Lesen in bewußter Auseinandersetzung, um Willküren
der Aneignung auszuschalten, sowie die Phase der Diskussion mit
den Mitlesern in Vergangenheit und Gegenwart (117-124
methodisch).

Ausgangspunkt der Berner Dissertation von Müller ist die
Unruhe darüber, ob die derzeitige Exegese überhaupt die richtigen
Fragen stellt. Die Verfuhrung durch die Sprache und die in ihr versteinerten
Grundirrtümer der Vernunft (230 werden deutlich, wenn
das einem bestimmten Leserkreis geläufige Vokabular zugleich als
„biblisch" bewertet wird: „Man wird sich hüten müssen, diese Sprache
z. B. .biblisch' zu nennen. Es sind ja vorerst einmal deutsche
Wörter gebraucht - und ob sie biblisch sind, also bestimmten biblischen
Sachverhalten in der deutschen Sprache Ausdruck geben, wäre
erst noch zu erweisen" (20 A.3). Untersuchungsbeispiel dieser Arbeit
für das Wirklichkeitsproblem ist das bibelgriechische Lexem hagioi:
„Was hagios meint, ist offensichtlich nicht in dem deutschen
Wort .heilig' enthalten" (46); vielmehr wird der Nachweis geführt,
daß der semantische Gehalt besser mit „Gottes Bundespartner" wie-