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Ausgabe:

1981

Spalte:

316-317

Kategorie:

Allgemeines

Titel/Untertitel:

Prophecy 1981

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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315

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 5

316

Den 1. Teil des Buches (12-39) nimmt eine einleitende Darstellung
und Wertung der heutigen Umweltzerstörung in Anspruch. An ihrer
Stelle oder zusätzlich zu ihr hätte eine - nun eigentlich gänzlich fehlende
- Nachzeichnung und Einordnung der erwähnten These in
ihren unterschiedlichen Ausprägungen sehr zur Abrundung der Arbeit
beitragen können.

Aufschlußreich ist der 2. Teil „Technischer Fortschritt im Mittelalter
der westlichen Welt und seine Voraussetzungen" (48-80) und in
ihm besonders die Ausführungen über Hugo von St. Victor und seine
Rolle als Vorbereiter des Baconisch-Cartesianischen Programms der
Naturbeherrschung.

Sie scheinen mir ein bemerkenswerter Hinweis darauf zu sein, daß
tatsächlich christlicher Hintergrund und starke theologische Impulse
es - wenn freilich auch in Etappen und nicht unmittelbar - zu der
heute lebensgefährlich werdenden Entwicklung kommen ließen.

Was sich so als Ergebnis seiner Erhebungen verstehen läßt, wird
von Krolzik m. E. nur ungenügend berücksichtigt, wenn er am Ende
seines Buches - über den von ihm gründlich untersuchten Zeitabschnitt
hinausgehend - resümiert: Die mittelalterliche Technikentwicklung
sei zwar christlich motiviert, führe aber nicht zu einem ausbeuterischen
Naturverhältnis. Dieses bahne sich erst durch die Auflösung
der Gottbezogenheit von Mensch und Natur in der Renaissance
an und bestimme dann seit Beginn des 19. Jh. die bürgerliche Ökonomie
uneingeschränkt. Die heutige Umweltkrise sei mithin nicht
eigentlich Folge des Christentums, sondern der Säkularisierung
und der mit ihr verbundenen Selbstbezogenheit des Menschen (s. 84).

Wittenberg Lutherstadt Hans-Peter Gensichen

Lavater, Johann Kaspar: Unveränderte Fragmente aus dem Tagebuche
eines Beobachters seiner Selbst. Bearb. v. Ch. Siegrist. Bern-
Stuttgart: Haupt 1978. XLI1, 261 S., 40 S. 8° = Schweizer Texte,
3. Kart. sfr29.-.

Im Nachlaß Lavaters fanden sich 25000 physiognomische Zeichnungen
und Bilder, welche dem Hauptwerk, den vierbändigen „Phy-
siognomischen Fragmenten" (1775-1778), gedient haben werden. Die
Bemühungen, aus Körpermerkmalen seelische Eigenarten zu erschließen
, blieben unzureichend und sind vergessen. L. ging zur Erkenntnis
des Innenlebens auch den Weg der Selbstbeobachtung und
versprach sich Erfolge durch die Führung von Tagebüchern. Die Versuche
blieben in Anfängen stecken. Die erste Ausgabe erschien im
Druck 1771 unter dem Titel „Geheimes Tagebuch", wobei unter
„geheim" im Sinne der Zeit „privat", „intim", nicht für die breite
Öffentlichkeit bestimmt, zu verstehen ist. Die Blätter zirkulierten
zuerst auch nur in Freundeskreisen. Sie waren von J. G. Zollikofer
überarbeitet und können nur mit Einschränkung als echtes Werk L.s
gelten. Sie mußten es sich in unserer Neuausgabe deshalb gefallen lassen
, sich als Teil II wiederzufinden, dazu nach starken Kürzungen.
Siegrist gibt als Teil I das zweite Tagebuch von 1773 wieder, das vor
der Drucklegung wieder von Zollikofer durchgesehen und gekürzt
und mit eigenen Anmerkungen unten auf den Seiten versehen ist. Im
Text spricht der echte Lavater zu uns.

Hohe Erwartungen sind fehl am Platz. Die Erstpublikation enthält
Aufzeichnungen von nur wenigen Tagen des Jahres 1769, die zweite
von nur 6/7 Monaten nach dem 10. November 1773; dafür allein
wurden 307 Druckseiten nötig, obwohl Zollikofer schon Streichungen
vorgenommen hatte. Es fällt dem heutigen Leser schwer, die
Weitschweifigkeiten zu ertragen. Siegrist urteilt scharf, aber zutreffend
: „Seichtigkeit und Geschwätzigkeit konnten bei dem fast vollständigen
Fehlen von Selbstkritik und insgesamt doch mangelhaften
Kenntnissen in den Wissenschaften nicht ausbleiben" (Anhang
S. 24).

Lavater ist Pietist, wenn auch gelegentlich ein rationalistisches Element
auftaucht. Man möge die „täglichen Grundsätze" lesen, die den
Anfang des ersten Tagebuches machen! „Ich will nichts tun oder vornehmen
, das ich unterlassen würde, wenn Jesus Christus sichtbar vor
mir stünde" (3. Grundsatz). Das Ziel seiner Religion war stets Christus
. Manches von dem Geschriebenen bleibt über die Zeiten erbaulich
wirksam. Geistesgeschichtlich gehört L. zu den Erneuerem der
Introspektion des 18. Jh., die Selbstverwirklichung suchte. Doch
bleibt L. weit hinter Rousseau und „Anton Reiser" zurück. Herder
wird in einem Brief vom 4. Mai 1773 hoch gerühmt: „so was in
Deutschland noch nicht gesehen worden". Aber das Urteil über
Oetinger (20. März 1773): „Es ist kaum zu verantworten, daß
man solche trockene unpopuläre Unverdaulichkeiten für Christliche
Religion dem Publikum aufdringt."

Die Ausgabe von Siegrist ist nicht im theologischen, sondern im
philologischen und schweizerisch-vaterländischen Interesse erfolgt, -
„im Auftrage der Akademischen Gesellschaft Schweizerischer Germanisten
". Wertvoll sind die angefügten Anhänge. Wir erfahren da
auch einiges über die Geheimschrift Lavaters, vor welcher der Leser
gelegentlich schockiert steht; sie ist immer noch nicht ganz entziffert,
und sie könnte erotische Geheimnisse verbergen. Auf sieben Seiten
sind Lebensdaten und die Hauptwerke zusammengestellt (dort wiederholt
Hinweise auf Besuche bei Wundertätern und Okkultisten).
Siegrist beschließt den Band mit einem ausgezeichneten Nachwort, in
dem die Persönlichkeit Lavaters kritisch in die geistesgeschichtliche
Entwicklung des 18. Jh. eingeordnet wird.

Die beiden Tagebücher werden im Faksimiledruck wiedergegeben. Deshalb
hat jeder Teil eine eigene Paginierung, und wegen der gekürzten Wiedergabe
des ersten Tagebuches fehlen im Teil II die Seitenzahlen 18-63, 81-142,
182-220. Wer nach dem hier besprochenen Buch zitieren wird, hat es nicht
leicht, wenn er Verwirrung vermeiden will. Dreimal setzt die Paginierung neu
ein, zuletzt bei den Anhängen. Leicht wird vergessen werden, daß Teil I das
jüngere Tagebuch wiedergibt, Teil II das ältere in Auswahl. So berechtigt die
Anordnung ist, so ungewöhnlich ist sie.

Rostock Gottfried Holtz

[Fohrer, Georg:] Prophecy. Essays presented to Georg Fohrer on his
sixty-fifth birthday 6 September 1980, ed. by J. A. Emerton. Berlin
- New York: de Gruyter 1980. V, 202 S., I Porträt gr. 8° = Beiheft
zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft, 150. Lw.
DM 92,-.

Mit Georg Fohrers 65. Geburtstag verband sich zugleich das zwanzigjährige
Jubiläum seines Wirkens als Herausgeber der „Zeitschrift
für die alttestamentliche Wissenschaft". Langjährige Mitarbeiter
dieser Zeitschrift haben neben befreundeten Kollegen und Schülern
zu der vorliegenden Festschrift beigetragen. Der Themenkreis, dem
alle Aufsätze des Bandes eingeordnet sind, ist glücklich gewählt. Der
alttestamentlichen Prophetenexegese hat G. Fohrer selbst mit einer
großen Zahl von Veröffentlichungen besondere Aufmerksamkeit
gewidmet. Die Festschrift enthält folgende Beiträge:

M. J. Buss, The social psychology of prophecy (1-11); J. A.
Emerton, Notes on two verses in Isaiah 26,16 and 66,17 (12-25); E.
Jacob, La dimension du prophetisme d'apres Martin Buber et Abraham
J. Heschel (26-34); W.McKane, Massa' in Jeremiah 23,33-40
(35-54); J. Maier, Die Hofanlagen im Tempel-Entwurf des Ezechiel
im Licht der „Tempelrolle" von Qumran (55-67); A. Malamat.
A Mari prophecy and Nathan's dynastic Oracle (68-82); R. Martin
-Achard, Esaie 47 et la tradition prophetique sur Babylone
(83-105); A. Marx, A propos des doublets du livre de Jeremie.
Reflexions sur la formation d'un livre prophetique (106-120); S. Se-
ge rt, Syntax and style in the Book of Jonah: six simple approaches to
their analysis (121-130); J. A. Soggin, Hosea und die Außenpolitik
Israels (131-136); J. J.Stamm, Der Name des Propheten Arnos und
sein sprachlicher Hintergrund (137-142); J. V. M. Sturdy, The au-
thorship of the "prose sermons" of Jeremiah (143-150); G. Wanke,
Jeremias Besuch beim Töpfer. Eine motivkritische Untersuchung zu
Jer 18 (151-162); A. S. van der Woude, Seid nicht wie eure