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Ausgabe:

1981

Spalte:

294-295

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Mit Kindern Abendmahl feiern 1981

Rezensent:

Bieritz, Karl-Heinrich

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Theologische Literaturzeitung 106, Jahrgang 1981 Nr. 4

294

■engen Symbolbcgriff": Nur ..doppelsinnige zeichenhafte Phäno- zur ,,grappengemeinsohaftlichen Parzellierung" oder gar „Bot-

""'"i ". „deren unmittelbar erkennbarer Sinn auf weiterführenden terei' (2:i;j) ist er unentbehrlich.

Sinn hindrängt", sollen als »Symbole gelton (28f). Zwei Modelle. Hin abschließendes Urteil über das Buch wird von der Stellung

auf die ,J. immer wieder zurückgreift, werden vorgestellt: die von abhängen, die man zu seiner grundlegenden These bezieht: Kom-

8. Langer vorgeschlagene Unterscheidung von präsentativer und munikatiou des Evangeliums geschieht in der komplementären

diskursiver Symbolik und das Verhältnis von restringiertem und Dynamik von symbolischer, darstellender, leiernder Begehung und

elaboriertem Sprachkode, wie es Ii. Bernstein beschreibt. Ob prä- erklärender, ausdeutender, belehrender Durchdringung - wobei

sentative Symbolik tatsächlich kein „Vokabular" besitzt, wie es der katholische Meßgottesdienst und der evangelische Predigt-

mehrfach behauptet (54), wäre semiotisch zu hinterfragen. gottesdienst jeweils als idealtypische Konkretionen beider Pole

Kap. III (,. .Symbolisierung' - theologische Erwägungen zum fungieren. Natürlich weiß J„ daß auch der Predigtgottesdienst

anthropologischen Befund", 65-80) macht sich auf die oben be- (in seineu „Wortritualen", 197) zu einer „Feier" und damit zum

Mainebene Suche nach der religiösen Dimension in den genannten Vollzug symbolischer Kommunikation werden kann (275), ja, daß

Phänomenen; die „Brückenfunktion" des Symbolischen, die im er vor allem in seiner groBkirohlieh-repräsentativen Funktion-

■>Hier und Jetzt auf ein schon erkennbares anderes Ufer verweist eine Gestalt solcher Kommunikation igt; und er weiß, daß auch
>md für

das weile Land hinter ihm gutsteht" (titi), wird entfaltet. die Messe belehrende, intcrprcta.tnrische Elemente enthält Und

»• weiß freilich, wie leicht „aus Symbolen Idole werden" können; nicht nur ein „Ritual" Verkörpert (197). Dennoch: In der Tendenz

Jobedarf es „immer wieder des die Situation eindeutig machenden läuft es darauf hinaus, daß hier gleichsam zwei „Prinzipien"

Wortes" (75) eine grundlegende Spannung, die sich hier andeutet gottesdienstlicher Gestaltung kreiert und in ihrer spannungsvollen

""d die das ganze Buch durchzieht: (Haube existiert-in der Span- Unvereinbarkeit komplementär aufeinander bezogen werden (so

itung von Andeidung (Symbol!) und Ausdeutung (Wort!), Aus- ist J. skeptisch gegenüber der Möglichkeit, „die Stärken beider

drftekliohkeit und (lenauigkeil. I magination und Kontrolle (78f). Modelle ohne deren Schwächen" in einer Gottesdienstform zu ver-

Kap. IV („Der Gottesdienst als Ritual", 87 121) wendet sieh dem einigen, 274f). Man darf fragen, ob eine solche Spekulation - die

*Bderen großen Thema zu: Gottesdienst ist Kommunikation des den Vf. u. a. dazu zwingt, ein vorkonziliares „Bild" der Messe zu

Evangeliums auch in rituellen Vollzügen. Rituale im alltäglichen kultivieren, das bei katholischen Liturgikern vermutlich nur ein

jjnd religiösen Bereich sind unentbehrlich in ihrer Artikulation»- Kopfschütteln hervorrufen wird (vgl. 276f) - wirklieh den liturgie-

Auktion („als Sprachgewähr"), in ihrer Entlastung*- und Schutz- geschichtlichen Befunden, der gegenwärtigen gottesdienstlichen

'""klidii („Raum der Vcrschonung"), in ihrer Ordnungsfunktion Empirie und den ökumenischen Entwicklungen gerecht wird. Im

»»Verhaltenshilfe", ..Bürgen für Ordnung und Sinn"), als „Tradi- Blick auf die eingangs erwähnten praktisch-theologischen Neu

Monsvermittler". Rituale partizipieren an der Eigenart symboli- ansätze eines nichtspekulativen Umgangs mit den Phänomenen

schcr Wirklichkeitswahrnehmung und -Vermittlung; daß sie einen von Symbol und Ritual muß man hier wohl eher einen Rückschritt

••Uberschuß an Bedeutung" (104), einen „symbolischen Mehr- konstatieren.
Wert" (| l<n m|t sj,.h führen, macht ihre eigentliche kommunikative , .

IJ(.ii i , ,, , .. . Leipzig Karl-Heinrich Hicritz

■^isiung aus. Als Medien symbolischer Kominuiukation geraten

H'° aber auch in die beschriebene Spannung von Darstellung und

Interpretation (bzw. von „Darstellung und Durchdringung":

^"Hle Begehung contra Durchdringung des Lebens, I00ff)| sie Lienhard, Martin [Hrsg.]: Mit Kindern Abendmahl feiern. Modelle

j"1 .gefährliche ünentbehrUohkeiten" (112). Kap. V („Die Be- Reflexionen-Materialien. Mit Beiträgen von M. Lienhard, L.
'''düng des Gottesdienstes-historische Zwischenbemerkungen", Haffner. A. Römer, O. Streckeisen. München: Kaiser 1978.
^139) befaßt sich mit der Stellung der großen Konfessionen, ins- l:J6 g. g _ ganz praktisch, anleitungen. Kart. DM 14.SD.

sondere der der Reformation, zu den behandelten Sachverhalten;
*iederum wird das „Grundgeschehendes Gottesdienstes" in der „Der Ausschluß der Kinder vom Abendmahl läßt Bich m. E.

"yiamischen, prozessualen Spannung von Symbol und Inter- theologisch nicht rechtfertigen", sehreibt W. Neidhart im Geleit-

j*^ation festgemacht (136ff). Diese Spannung gibt auch den wort (7) zu den hier vorgelegten Erfahrungsberichten aus drei

^ntellungg. und Deutungsrahmen ab, wenn in Kap. VI („Der schwcizcrisch-reformierten und einer bayrisch-lutherischen Ge-

r°ttesdienst als symbolische Kommunikation'', 140-199) die in meinde, in denen nunmehr seit über zehn Jahren KinderabendmahJ

jaP- II grundgelegten Begriffe und Modelle entfaltet werden | Das praktiziert wird. Gewiß hat er damit nicht gemeint. Theologie

'Jteresse des evangelischen Gottesdienstverständnisses gilt dem erst recht Theologie des Abendmahls sei überhaupt von Übel.

" '"''»svorgang der Interpretation" (159): es gewinnt in der In- wo es um die Hinfuhrung und Zulassung von Kindern zum Abend-

' 'tution des Predigtgottesdienstes selber wieder eine symbolische mahl gehe. Bei der Lektüre der von M. Lienhard verfaßten Eül-

.'e*t,l|t (als „rituell gewährleistete Überbietung des Rituals", 100). fühfung (11-20), der Berichte und Materialien aus Dornach (21-68).

'^htaber in Spannung „zu der sich auf die Mahlfeicr konzent rie- Dagmersellen (69-99), Sursee (100 122) und München (12.'! 130)

pnden Gottesdienstauffassung" (156). Solche Spannung wird nun gewinnt man freilich streckenweise den Eindruck, hier werde theo-

'^ni komplementären Verhältnis von präsentativer und diskursive! logisch auf Sparflamme gekocht. Einer guten Sache, zu der sich

| v,"bolik, analoger und digitaler Kommunikation, restringiertem auch der Bez. bekennt, erweist man so keinen guten Dienst,
kl"' ''labnriertcm Code expliziert. Der Umgang mit diesen kultur-. Zwei wichtige Einsichten lassen sich dennoch gewinnen:
j"n"nunikations- und sprachwissenschaftlichen Modellen ge- l. Wer sieh darauf einläßt, mit Kindern Abendmahl zu feiern

Mehl freilich ausgesprochen spekulativ; in Überschreitung ihrer und sie auf diese Feier vorzubereiten, wird genötigt, ganz neu über

?&ntlichen Geltung«- und Erklarungsbereiohe dienen sie dazu. Sinn und Gestalt dieses Geschehen* nachzudenken und gegebenen-

v',s Qrvmdthema des Buches (das spannungsvolle, komplementäre falls Konsequenzen zu ziehen, die weit über den Bereich kateche-

j/^hältnis viur symbolischer und interpretatorischer Kommuni- tiseber Bemühung und Vermittlung humusreichen. Diik heißt: Will

j'|t""1 des Evangeliums) zu variieren bis dahin, daß die katholi- man sinnvoll mit Kindern Abendmahl feiern, kann dies kaum in

()(: j'' Messe als „restringierte" und der evangelische Predigtgottes- der in unseren Gemeinden weithin noch üblichen Weise geschehen.
si!'i "Nt „elaborierte" Gestali solcher Kommunikation er- Fragen der kommunikativen Struktur des Herrenmahls, seines

Sit ("Mi>' Kl,P- VII schließlich („Zum Gottesdienst beute alltagsweltlichen Kontextes und Krfalirungshintergrundes, seiner

^ '»atlonen und Chancen". 200-312) fügt der beschriebenen Zeichensprache müssen neu bedacht werden; dies kann zu einer

^Plenientarität eine weitere in Gestalt des Verhältnisses von Aufwertung seiner (in den überlieferten Formen verkümmerten

''^'^kirchlicher" und „gruppengemeinschaftlieher" Gottesdienst- und verkommenen) Mahlgestalt führen. Der Prozeß kann auch

r0ra?m "'»zu wobei das Interesse des Vf. offenkundig der Recht- (wie in Dornach) umgekehrt verlaufen: Ungenügen an überliefcr-

oj/jWng ..großkirchlicher" Praxis gilt: Der „großkirchliche" ten Formen, Fragen nach dem Sinn des Geschehens können dazu

**dienstermöglicht mit seinem repräsentativen Charakter und führen, auch das Verhältnis von Kind und Abendmahl neu zu be-
pr,n''!"ii"itegrativen. universalen Anspruch eine „freiere, offene denken und zu gestalten.
axiH" (229), in dpr i<(lj,. Kirche in extensivem Sinne zu einer Dies bedeutet aber nun gerade nicht, den Sinn des Herrenmahls

" 'l"hensheiinat für viele" (2:!9) werden kann; als Gegengewicht - wie dies insbesondere in dem Dornacher Modell geschieht - auf