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Ausgabe:

1981

Spalte:

282-283

Kategorie:

Philosophie, Religionsphilosophie

Autor/Hrsg.:

Lotz, Johannes Baptist

Titel/Untertitel:

Transzendentale Erfahrung 1981

Rezensent:

Mildenberger, Friedrich

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28]

Theologisohe Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 4

282

Philosophie, Religionsphilosophie

vertiefen. Der Geist ökumenischer Verbundenheit darf nicht die
Wahrheitsfrage verdrängen, und diese stellt sieh m. E. im katholisch
-evangelischen Lehrgespräch auch der Gegenwart nicht zuletzt
als die nach dem Verhältnis von Bibel und Tradition. Wird Lötz, Johannes B.: Transzendentale Erfahrung. Freiburg-Basel -
dieses sauber durchdacht, so wird sich aueh heute erweisen, daß Wien: Herder 1978. 288 S. 8°. Lw. DM 36,-.
letztlich die Stellung des kirchlichen Lehramtes der zentrale Streit-
Punkt ist. Es läßt sich zeigen, daß alle in diesem Buch Vorgestellten Die Absicht der Untersuchung ist es, das gesamte Gebiet der
Theologen im Grunde ihrer Kirche mehr vertrauten als der Selbst- Erfahrung abzuschreiten, wobei gerade der ungegenständlichen
durchsetzungskraft des biblischen Wortes, das in Wahrheit auoh Erfahrung besondere Aufmerksamkeit zuteil werden soll. Metho-
kirchliche Stereotype immer neu durchbrechen muß. disch geht Vf. so vor, daß er sich durch Thomas von Aquin die

^ Hinsicht auf das komplexe Phänomen der Erfahrung eröffnen läßt

' H 1 1 en """ und dabei versucht, den Aquinaten mit anderen philosophischen

Ansätzen ins Gespräch zu bringen. Dabei zeigt sich einmal mehr
die Integrationskraft des thomistischen Denkansatzes. Durchgehend
versucht Vf. dabei, die „subjektive Wahrheit" (Kierkegaard).
Hüring, Nikolaus M.: Die Zwettler Summe. Einleitung und Text. '^Wenschaft und Ergriffenheit des einzelnen Erfahrenden, mit
Münster/W.: Aschendorff 1977. V, 221 S. gr. 8° = Beiträge zur mm Zu8 711 bnngen-

Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters. Texte Tu einem 1. Ted, „Vorbereitende Erläuterung des Themas in
und Untersuchungen, X. F. 16. Kart. DM 68,-. Auseinandersetzung mit Kant", wird der Begriff der transzendentalen
Erfahrung näher bestimmt. Unter „transzendental" will L.
Im österreichischen Kloster Zwettl befindet sich eine Hand- mit dem alten Sprachgebrauch Verstehen, was alle partikularen
Schrift aus dem 13. Jh., die ein theologisches Sentenzenwerk des Sonderordnungen durchdringt und sich damit auch auf das Un-
^2. Jh. enthält. Sie trägt den Titel „Sentent ie magistri Petri Picta- endliche erstreckt (15). Zugleich aber soll die reflexe Begründung
yensis". Vermutlich ist jener Magister Petrus von Poitiers in der gegeben werden, wie sie seit der kantischen Frage nach der BeMitte
des 12. Jh. nach Osterreich gekommen und als Petrus von dingung der Möglichkeit von Metaphysik die Bedeutung von
Wien bekannt geworden. Er könnte 1147 bei der Weihe des Wiener „transzendental" mitprägt. Darum sei im Verständnis von Er-
Stephansdoms zum ersten Leiter der Domschule eingesetzt worden fahrung das Zusammenspiel von Bezeptivität und Spontaneität
Nein (6). Petrus erbat 1171 in einem Brief Texte griechischer herauszustellen. Doch muß sich dann gerade hier zeigen, wie ErKirchenväter
in lateinischer Übersetzung. Bei der „Zwettler fahrung über Kant hinaus nicht nur gegenständliche (endliche,
kumme" handelt es sich also vermutlich um einen Text, der sowohl kategoriale) Erfahrung ist, sondern wie jede Erfahrung offen ist
französische wie griechische Traditionen enthält. Die Edition weist auf ihre übergegenständlichen Bedingungen hin, auf eine Erfah-
ln Fußnoten immer wieder auf Gilberl Porretanus hin, dessen mng also, in der sich das Sein als zentrale Gegebenheit zeigt,
^chüler Petrus war. Insbesondere für die Trinitätslehre und Ein 2. Teil behandelt „Die ontische Erfahrung des Seienden",
^nristologie haben wir einen Text vor uns, der „alles in den Sehat- Auch hier ist der bevorzugte Gesprächspartner des Aquinaten
|®u stellt , was die Theologie des 12. Jahrhunderts auf diesem Ge- Kant. Gegen dessen These, daß unsere gegenständliche Erkenntnis
geleistel hat" (20). nie zu dem Ding an sich kommen könne, zeigt L„ wie unser Er-

'•■ M. fahren nicht bloß diffuse sinnliche Eindrücke zu einer gegenständlichen
Einheit zusammenfügt, sondern wie es mit seiner „Einigungskraft
" (bei Thomas vis cogitativa) in der jeweiligen Dinggestalt
eine nicht nur äußerlich, raumzeitlich, sondern innerlich
*nry*o*tome, Jean: Sur le Sacerdoce (Dialogue et llomelie). Intro- als Sinn-Einheit geeinigte Gegenständlichkeit gewinnt (34f); da-
duetion, Texte critique, Traduction et Notes par A.-M. Malin- durch ist dem Erkennen ein Zugang zur „Welt-an-sich" eröffnet.
Sfcy. Paris: Les Kditions du Cerf 1980. 431 S. 8 Sourees In dieser Dingerfahrung ist immer zugleich Erfahrung des Subjekts
' luvt ienncs. 272. mitgegen. Dabei sind schon hier Verstand und Vernunft im Er-

r.j , , ,, ., ,.,,,,„,. lassen von Wesenheit und Sein mitbeteiligt.

«Uter bewahrten Quellenreiheerscheint das oft gedruckte Werk NaRh einem knftppen 3. Xeil ,,Transzendentale Erfahrung:
•°er das Priester! um" des Chrysostomos. Einleitend werden Rück. und Vorschau", der <las methodische Vorgehen noch einmal
' ^engkeiten erörtert: Die Form .les Zwiegesprächs könnte fik- reflektiert, wird die Untersuchung in einem 4. Teil „Die eidetische
(vriI u 1r"niir k0mmeD ' l«danken ,los Chrysostomos zur Sprache Brfahnmg der Wesenheit" weitergeführt. Gegen Piaton und Hus-
(!hr; f ■<le Lu,mc- Lp Dilll"R»<> ««- sacerdoce de saint Jean ser, ^„^ die erschauten Wesenheiten nicht isoliert werden, da
dfe"; '» = NRTh 100, 1978. 822-831). Chrysostomos dürfte M ihre Seinsweise eklärt bleiben mÜ88e. DaR Wesenhafte ist
kiiMi t V »""" 0l<"O,r VT Nazianz gekannt haben die immer gebunden an die sinnlich angeschauten Gestalten, in denen
(BH ,nb('n,a"8 n *,prt Roihp Sourees Chretiennes erschien sjoh dag Einzelne mitteilt. ln dieBem Einzelnen wird das Wesen-
mos i , of« : B!T ^ .eR Chr-VSOBt°- hafte gefundenanfgrund der Spontaneität eines spezifisch mensch-

•81 m 83 Manusknpten erhalten (27/29). 9 grundlegende I ext- ,ichen „Gesamtapriori" (88). des auf das Sein selbst ausgerichteten
iZT wer,l,>'1 «nterschieden: Die älteste lateinische erschien ->inte|lectu8 agenj,"( der da8 „Herausarbeiten des Wesenhaften"
Qriol mu f ' ii,,,'s"' ~'"','l"H,'h<' s,llmn,t von E™»m„s 1525- (90) ermöglicht. Indem der Mensch mit den als Einheit erfahrenen
< usch-lateinisehc Ausgaben gab es 1599. 1014. 1718 und 1725 Djngen in sich selbst zurückgeht, nimmt er diese in solchen Rück-
h. j- >.e letzte griechische Edition von Nairu. Cambridge 190«. gang mit ,|nd findet m auch jn ihnen ein inneres Eidos.
. hr umfassend, doch konn e auch s,e .„cht einfach zur Vor- Im Ubergang von der ontfachen aur transzendentalen Erfahrung
1V„ J:;^ »™ vorgelegten K<,l,'on ^m"f iwerdpn- An d,en bildet die eidetische Erfahrung eine erste Stufe, die dann (5. Teil)
*'mcr ' ' ! ■ T" f T Ch7,ostom"«ub*' durch „Die ontologische Erfahrung" weitergeführt wird. Hier ist

"Hlon Mo'1'l"tKm 8 . IT H" "aPP: ^ ** bevorzugte Gesprächspartner Heidegger, dessen Denken aus

Ba„dU , 4.2.'' >• '"^wählte gnech.sche Worte (423-4.10). - Km dcr färunderfoh dpr Seinsvergessenheit hervorgehe und darauf
(Q Ol, ,<0N, ^y»0*401"' War '978 m HU«Mm<P <Tselne„,-n /je,e dag ^ jn Wfthrheit 1M erfahren. Von ihm belehrt

m) and so" f0rt«Met*t wprden- (. |( zeige es sieh, daß auch Thomas aus der Seinsvergessenheit herausrage
(102). so da ß auch hier auf eine Anleitung durch den Aquina-
irii nicht verzichtet werden muß. Ontologische Erfahrung ist nicht
„gegen-ständlich". sondern „in-ständlich, insofern sie im Sein mitten
inne-steht, von ihm umfangen und getragen" (111). Erfahrung
des Subjekt und Objekt gemeinsamen Seins abstrahiert dabei nicht
vom Seienden. Aber stat t seiner rückt das Sein in den Mittelpunkt
der Aufmerksamkeit. Diese ontologische Erfahrung ist offen *uf