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Ausgabe:

1981

Spalte:

277-279

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Klinger, Elmar

Titel/Untertitel:

Ekklesiologie der Neuzeit 1981

Rezensent:

Kandler, Karl-Hermann

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Theologische Literaturzeitung 100. Jalirgnng 1981 Nr. 4

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ehieu" (183) von einer creatio ex nilülu im strengen Sinne die Rede K. entfaltet „Die Kunst des Denkens der Gesolüohte - der Ur-
'*t (7111' hier bes. 7ö.78.841 sowie 183i). Auf der anderen Seite sprung dogmatischer Theologie" in 3 Kapiteln: Das Problem der
aber vermag dor Vf. gerade an der Kosmologie des Basilides wie- Geschichte in der Theologie; Die Theologie der Kirche; Die Ekklo-
derum einen für seine Fragestellung wesentlichen Sachvorhalt zu siologie der .Neuzeit - eine Gesclüchtstheologie des Glaubens. Die
verdeutlichen. Im Grunde handelt es sich nämlich bei der Schöp- Kirche ist für Cano „Ort und Prinzip des Glaubens, Ort des Glau-
iungslehre des .Basilides nicht um oine „Vorstufe zur kirchlichen bona als Gemeinde und Prinzip als Autorität. Die Grundlegung der
Lohre von der creatio ex nihilo", sondern allenfalls um eine Paral- Ekklesiologie geschieht im Begnil der Autorität. Kr wird durch
tele (184), die das Spezifische der kirchlichen Schöpfungslcluc nur ihn zu einem Grundbegriff neuzeitlicher Theologie der Kirche liberum
so deutlicher in den Blick treten läßt. Mag sich auch bei Basiii- haupt. Diese ist eine dogmatische Instanz" (13). Um Macht und
des(undinAnsätzcnauchbeiMarcionBowiebeidenValentinianern) Autorität kreist folglich die ganze Untersuchung. „Autorität ist
°uie Affinität gnostischen Denkens zum Gedanken der creatio ex jene geschichtliche 1 nstanz, die willens und in der Lage ist, Zeugnis
'uhilo zeigen, so erweist doch gerade in dieser Hinsicht der Ver- von der Wahrheit abzulegen. Die Theologie besitzt folglich Autoii-
fjjloich mit der kirchlichen Schöpfungslehre den jeweils unterselüed- tat kraft der Natur ihrer Autorität. Sie ist Autorität der Transzcn-
licheu Ansatz. Während nämlich Basiiidos seine Lehre von der denz" (47). Der geschichtliche Charakter der Autorität wird er-
creatio ex mhilo gleichsam spekulativ aus einem bestimmten An- kaimt: „Die Theologie ist eine Instanz, die kraft ihres Wissens um
satz der Woltbotraohtung entwickelt, so geschieht dies im Kaum die .Natur geschichtlichen Handelns von der Autorität bestimmter
der frühkatholischen Kirche demgegenüber in einer - besonders Zeugnisse in der Goseluchte weil!" (49), deim „Theologie hat ihren
bei Ironäus - goradozu pragmatisch anmutenden Weise fast aus- Ort in der Geschichte, und die Geschichte ist Ort der Theologie"
schließlich in der Auseinandersetzung mit einer „Irrlohre", dio die (33, vgl. 19f.24). in der von Cano geschaffenen neuen Disziplin
von der biblischen Uberlieferung her vorgegebene Einheit von „Dogmatische Theologie" „weit» die Theologie um ihren eigenen
Schöpfung und Erlösung in Krage stellte. Eben damit hängt es Ort in der Geschichte" (56). Uano hat die Kirche als ein Krkenntnis-
dann offensichtlich auch zusammen, daß die kirchliche Schöpfung»- prinzip der Theologie entdeckt; die Ekklesiologie wird zum viel-
lohro insgesamt wio auch die Lehre von der creatio ex nihilo speziell gestaltigou Moment des Findens von Wahrheit als Autorität in der
von vonüiorein - wio sich bereits bei Justin abzeichnet (135) und Geschichte. Die Schrift ist durch das Zeugnis dor Kircho und nicht
w'o es dann besonders bei ironäus deutlich wird (177fi ) - in den durch sich selbst (Quelle der Theologie (66-01).
Gahmen einer Konzeption von der „universalen Heilsökonomie" Zur Autorität in der Kirche betont Cano, daß dor Amtslräger
"itegriert erscheint: „Siim und Wesen der Schöpfung erschließen Hirtenkompetonz und Loluautorität hat. Dio Unfehlbarkeit des
8|ch nur im Zusammenhang der universalen Heilsökonomio" (180). Papstes werde „von der Gesamtaufgabo des Hirtenamtes her geheim
der Vf. in diesem Zusammenhang kritisch feststellt, daß es dacht" (07), dio Lehre vom Papst ist eine Lehre über die Natur
°ei alledem vor allem dem Irenaus „völlig an philosophischem des Glaubens als Autorität (70). „Konzilsentscheidungen sind
^■"oblembewußtsein mangelt" (181), so mag auf diese Weise nur Schlußfolgerungen der Kirche. Sie nehmen Bezug auf Schrift und
"och einmal mehr deutlich werden, daß dio kirchlieho Lehre von Tradition, gelten aber für die Gegenwart. Sie besitzen unterschied-
•«r creatio ex nihilo sich nicht dem philosoplüschen Bemühen um liches Gewicht, je nach Autorität und Legitimität. Sie konkurrio-
°mc „ontologisoho Gesamtkonzoption" verdankt, sondern in aller- ren mit der Exegese nicht, sondern setzen sie voraus. Dio katho-
"rster Linie der Frage nach Gott und seinem Verhältnis zu Welt lische Theologie hat daher die Möglichkeit geregelter Veränderung"
Ul*d Mensch. Und von daher gesehen dürfte dann endlich auch (71). Unfehlbarkeit ist ein Prädikat des Glaubens, keins der
Gütlich sein, daß das vorliegende Buch nicht nur im Rahmen Macht: „Oer Papst kann es nicht kraft seiner Macht, sondern kraft
"wiier primär historischen Fragestellung für die Beantwortung der seiner Autorität in Anspruch nehmen" (74).
^ago nach Entstehung und Ausbildung der altkirchlichen Lohre K. hebt hervor, daß für Cano die Feststellung des Glaubons Ort
v"" der eroatio ex nihilo bedeutsam ist, sondern darüber hinaus und dio Glaubenskonsequenz Prinzip der Theologie ist. Hier sind
•ttch für die Frage, in welchem Sinne die überlieferte christliche wir bei dem Kernpunkt des Gegensatzes zwischen reformatoriseher
Lehre von der Schöpfung der Welt „aus dem Nichts" angesichts und gegenreformatorischer Theologie (wenn auch Canos Theologie
l(!'itigcr Welterfahrung sachgemäß verantwortet werden kann. sicher nicht nur in Antithese zu den Reformatoren entwickelt wor-

den ist). Melanchthon, den Cano nennt, könnte sicher nicht einfach
die Autorität als den Ort bezeichnen, „an welchem Glaubenswahr-
hoit und Schlußfolgerung miteinander verbunden und voneinander
zu unterscheiden sind", denn die Autorität ist für Cano das „Prinzip

IvliiiB«, du ■>.■■ ii • * », , . ,1 .i u.i der Theologie". Dem könnte an sieh reformatorische Theologie zu-

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Rhin, ri i u i • i i i __-:_v_ stimmen, aber es erhebt sich die 1' rage, welche Autorität dies sei.

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«Ouau. Erelburs- Basel-Wien: Herder 1978. 204 !■>. er. 8 .Kart. ... , . . , , ., , , .

1>M 68 - Glauben jemals untreu geworden, sondern kann ihm überhaupt

nicht untreu werden. Denn sie ist ein Prinzip des Glaubens, und

• l>ie vorliegende Arbeit betritt weithin unerforschtes Land. Prinzipien sind in ihrer Wirkung unfehlbar" (80). Die Lehre von
,J,'Ul1 so zentral das Thema Kirche für die Theologie dor Neuzeit der Unfehlbarkeit des Papstes ist für K. nicht bedauerliches Neben-
**i die Kircho der Neuzeit wurde für sie selber nie zum Thema. produkt dieser Ekklesiologie, sondern unausweichliches Resultat
. ^halb kennt man auch weder ihren historischen Ursprung noch ihrer zentralen Überlegung (93).

•Aren systematischen Grund" (11). Diese Habil.-Schrift (bei H. ,.Die Loci der Theologie des M. Cano blieben das theoretische

I °*grinüer und K. Kalinor) will diese Lücke schließen und Grund- Fundament dogmatischer Theologie über viele Jahrhunderte hin-

Wandlungen und Probleme neuzeitlicher Ekklesiologie wog" (100). Die Theologen der kommenden Jahrhunderte (oiuigc

"'itersuchen. werden vorgestellt) bauen auf diesem Fundament weiter - bis in

'm t, Hauptteil: „System und Geschichte: Gcschichtstheore- dio Zeit dor Aufklärung hinein,

'««'he Grundlagen dor dogmatischen Theologie" (19-116) wird M. Zu Beginn des 19. Jh. ändert sich dio geschichtliche und geistige

''"n behandelt. Kr hat in „De locis theologicis" für die röm.-kath. Situation so, daß sich neue Möglichkeiten für Kirche und Theo-

I "°°logio dor Neuzeit die Mothodologie für eine dogmatischo Theo- logio eröffnen. Auch der Kirchenbegriff wird grundlegend verändert.

j'gie entwickelt, zugleich damit dio grundlegenden Bestimmungen Dorn geht K. im 2. Hauptteil nach: „Orte der dogmatischen Theo-

c« neuzeitlichen Kirchenbegriffs, nämlich ihre Macht und Autori- logie zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland: ihre Ekklo-

J^darumigtsein Kinfluß unübersehbar: „Er ist der grundlegende siologie" (117-239). Oberthür, Gengier, Brenner und Zimmer wor-

^poretiker der neuzeitlichen Ekklesiologie" (247, vgl. 117). K. den vorgestellt; die erstcren sind typische Vertreter einer Reich-

**»t darauf hin, daß Cano „unbestreitbar das Bewußtsein des Gottes-Theologie, letzterer ein Theologo der Romantik. Die Kirche

. °*'or"iators und lnaugurators einer nouen Thoologio" besaß (64 wird „als Ort der Erziehung des Menschen im Geist der Religion,

Vf* Vf*'' 2*-'27). Dieses Selbstbewußtsein hat sich auf den als Trägerin der Idee universaler Verbundenheit von Mensch und

• "'hertragon (11 und 73 gegenüber Kiing, 242 gegenüber den Gott, als Prinzip des Heils im Reich Gottes, als Dienst an der Kr-
ru des Vatieanum sooundum). neuerung menschlichen Lebens überhaupt" begriffen (13. 128). Der