Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1981

Spalte:

268-270

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Titel/Untertitel:

Kirchen in der Nachkriegszeit 1981

Rezensent:

Meier, Kurt

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

267

Theologische Literatürzeitttng 106. Jahrgang 1981 Nr. 4

208

Kirchengeschichte: Mittelalter

Smith III, Mahlon H.: And Takiug ßread ... Cerularius and the
Azyme Controversy of 1054. Paris: Beauchesne 1!)7S. 188 S.
8° = Theologie historique, 47.

Das Anliegen von Mahlon H. Smith ist ein ökumenisches, er will
die Fronten klären, indem er die historische Situation der kirchlichen
Spaltung von Ost und West 1054 unparteiisch aufarbeitet,
und zwar widmet er sich dem Streit um die Azymen, der am Anfang
steht und später durch die Fragen nach dem Filioque und dem
römischen Primatsanspruch verdrängt wurde. Die im Westen lateinisch
publizierten Dokumente, die jahrhundertelang das Bild bestimmten
. Verwischen das Problem. Dem Gebrauch gesäuerten
bzw. ungesäuerten Brotes liegt ein tieferes Verständnis des Abendmahls
zugrunde, und darüber ist bereits vor 1054 gestritten worden
, mit Jakobiten und Armeniern, aber auch mit Lateinern. Der
Vf. bemüht sich, über Leo vonOohrid. Nicetas Stethatos und Peter
von Antiochien die Genealogie der oströmischen Haltung in der
Azymenfrage zurückzuverfolgen.

Humbert und Oerularius waren wenig geeignete Personen, ein
Schisma zu verhindern, das gewiß auch das Ergebnis von Mißverständnissen
war. vor allem sich aber aus seit langem bestehenden
liturgischen Differenzen ergab. Jede Partei war so von der
selbstverständlichen Richtigkeil der eigenen Position überzeugt,
daß sie im Grunde nicht glauben konnte, die andere Seite weiche
davon ab. Daß den Westen mein- die Kontinuität von Altem und
Neuem Bund, den Osten mehr Her Gegensatz von Jüdischem und
Christlichem geleitet habe (163ff), mag zwar auf die Azymenfrage
zutreffen, doch kann diese Unterscheidung nicht verallgemeinert
werden. Und es bleibt zu erwägen, ob es hier nicht doch in
stärkerem Maße um gewachsenes liturgisches Brauchtum geht,
das erst in der Konfrontation mit andersartiger Praxis eine nachträgliche
theologische Begründung erhält. Daß dies jedenfalls
nicht erst in der Auseinandersetzung zwischen Cerularius und
Humbert geschah, hat der Vf. gezeigt.

ftratfkwatd Hans Georg ThAmmei

Kirchengeschichte: Neuzeit

Krumwiede, Hans-Walter: Geschichte des Christentums III. Neuzeit
: 17. bis 20. Jahrhundert. Stuttgart-Berlin-Köln-Mainz:
Kohlhammer 1977. XV, 264 S. gr. 8° = Theologische Wissenschaft
. Sammelwerk für Studium und Beruf, 8. Kart. DM27,-.

Nachdem 1975 der erste Teil einer auf drei Bände angelegten
Darstellung der „Geschichte des Christentums" (C. Andresen: Alte
Kirche, vgl. ThLZ 101, 1976 Sp. 673-675) erschienen war, legt
H. W. Krumwiede seine Lösung der besonders schwierigen Aufgabe
vor. über die Kirchengeschichte der Neuzeit auf gedrängtem
Raum nicht nur, wie es in neueren Gesamtdarstellungen mehrfach
geschah, in großen Zügen zu berichten, sondern Übersichtlichkeit
mit einem hohen Maß an Information und Anschauung en detail
sowie mit Hinweisen zum vertiefenden Studium kirchengeschichtlicher
Situationen und Probleme zu verbinden. Was dem Benutzer
- gedacht ist an Studenten, Pfarrer und Religionspädagogen hier
in die Hand gegeben wird, darf als wirklich gelungen bezeichnet
werden.

In der Gesamtanlage der Darstellung hält der Vf. sich an die
übliche Epoehengliederung mit den Einschnitten bei der Französischen
Revolution und dem 1. Weltkrieg. So ergeben sich für den
gesamten Stoff drei etwa gleich lange Abschnitte: „Das Christentum
im Zeitalter des Absolutismus und der Aufklärung" (5-101),
„Das Christentum im Zeitalter der europäischen Nationalstaaten
und der Industrialisierung" (102 186) und „Das Christentum in
der Epoche der beiden Weltkriege. Von den Revolutionen in Rußland
und Deutschland bis zum Ende der europäischen Weltherrschaft
" (187 263). Ausgespart, da für andere Bände der Reihe
vorgesehen, bleiben die Theologiegeschichte des 19. und 20. Jh.,

die Geschichte der Ökumenischen Bewegung und der Ostkirche:
ersteres zum besonderen Bedauern des Vf. (Vorwort, XV), dem
am Erweis der Einheit von Kirchen- und Theologiegeschichte gelegen
ist. Gleichwohl kommen auch Theologiegeschichtliches und
Ökumenisches in dem Maße zur Sprache, daß für den Leser nicht
der Eindruck von „schwarzen Löchern" entsteht. Der Gesamtduktus
der Darstellung und zahlreiche Einzelhinweise vermitteln
dem Leser ein deutliches Bild nicht nur von der Vielfalt, sondern
auch von den Zusammenhängen des Geschehens.

Entsprechend der Bestimmung des Buches (s. o.) verdienen didaktische
Elemente besondere Beachtung. Ein ausführliches Inhaltsverzeichnis
(V-XIV) ermöglicht gute Einzelorientierungen
innerhalb der Gesamtgliederung des Textes. Die Darstellung wird
eingeleitet durch Erläuterungen über die „Neuzeit" als kirehen-
geschichtliche Epoche (1-3), über Typen ihrer Deutung und entsprechende
Leitbegriffe. Jeder der drei Hauptabschnitte schließt
mit einer chronologischen Zusammenfassung von je 2 3 Seiten.
Zu nahezu allen Einzelfragen, fast Seite für Seite, finden sich
Literaturhinweise, durch die dem Leser ein weitgefächerter Infor-
mationshintergrnnd erschlossen wird. Benutzungshinweise am
Schluß sollen zu sinnvollem Studium des Gesamtstoffes anleiten.
Innerhalb der Darstellung selbst wechseln Leittexte und Detailausführungen
(in Petit) ab. Auf eine pedantische Detailgliederling
des Textes wurde verziehtet : von Hervorhebungen durch Kursivdruck
wird nur sparsam Gebrauch gemacht, so daß die Lesbarkeit
des Buches nicht unter plakativer Darbietung von Memorierstoff
leidet.

Zur besonderen Stärke dieser Darstellung der neueren Kirchen-
geschichte gehören die vielen, meist in Petit gesetzten, beschreibenden
und erläuternden Ausführungen über Vorgänge, Personen und
Schriften mit bezeichnenden Details und Zitaten. Hier wird die
Darstellung vielfach besonders plastisch und einprägsam. Durch
die ständige Beachtung des gesamtgeschichtlichen Rahmens der
neueren Kirchengeschichte ihres politischen, sozialen, kulturellen
, ideellen und wissenschaftsgeschichtlichen Kontextes und
durch viele Rück- und Querverweise vermittelt das Buch dem
Leser wertvolle Hilfen zum Verständnis der neueren Kirchengeschichte
. Der gegenwärtige Stand der Forschung tritt nicht nur
in den Literaturangaben in Erscheinung, sondern ist, soweit für
den Unterzeichneten überschaubar, wirklich in die Darstellung
eingearbeitet. Der Berichtsstil und die inhaltliche Dichte dor Darstellung
bedeuten jedoch durchweg den Verzicht auf eine Darlegung
kontroverser Deutungen von Hintergründen des Geschehens
(z. B. zum Reichskonkordat 1933). Ausdrücklich wertende
Epitheta zu kirchengeschiohtlichen Tendenzen und Gestalten werden
auch vom Vf. selbst vermieden. Dennoch entsteht, für den
Leser angesichts der Sachnähe der Darstellung - insbesondere der
Kennzeichnung theologischer und geistlicher Bezüge des Geschehens
- nicht der Eindruck der Indifferenz.

Insgesamt gebührt dem Vf. hohe Anerkennung für diese fundierte
, ausgewogene, gut lesbare Darstellung, die geeignet sein
dürfte, nicht nur als Lehrbuch, sondern auch generell als Grundlage
für eine zuverlässige Orientierung über Fragen der neueren
Kirchengeschichte an die Stelle bisher viel benutzter älterer Darstellungen
zu treten.

Ul Cnrrigemla »Inrt m vermerken: S. VII Mitte riehtig: Kant (BOT) •*■»■
Knud: S. :i Zeile lf> riehtic: IftBS statt 1989; S. 11 Z. 0 richtig: 1600 statt IS«"-
s. 182Z. 11 riehti«: SozialenüykllkftPiui'XI. statt l .: i«w Mitte (vor Uteratur-
ansähe) zu W. Flex riehtie: Aufl. 101H Ittt. 1 Million (statt 19.W?

Ilerlin Rudolf MaU

Kirchen in der Nachkriegszeit. Vier zeitgeschichtliche Beiträg«' v"
A. Boyens, M. Greschat.R. v. Thadden. P. Pombeni.GöttiiU-'e";
Vandenhoeck & Ruprecht 1979. 167 S. gr. 8° = Arbeiten z"J
kirchlichen Zeitgeschichte. Reihe B: Darstellungen. 8. Lw. T>M
32,-.

Die Veröffentlichung kommt einem Desiderat der kirchlich''"
Zeitgeschichte entgegen, auch die unmittelbare NachkriegsphaS«"
stärker aufzuarbeiten. A. Boyens, bekannt durch sein 7W^"'
bändiges Werk „Kirchenkampf und Ökumene" (v gl. ThLZ l<M ;
1975 Sp. 371 ff), legt hier einen Beitrag aber ..Die Kirehenpoliti*