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Ausgabe:

1981

Spalte:

264

Kategorie:

Kirchengeschichte: Allgemeines

Titel/Untertitel:

Kirkehistorisk bibliografi 1981

Rezensent:

C., U.

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Theologische Lileraturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 4

2f>4

römischen Staat angewandt, wurde. Zur Gewebemetaphorik gehören
auch der Ariadnefaden, der gordische Knoten und das Tuch
der Penelope. D. meint, daü Bilder aus der Technik „kaum grundlegende
Bedeutung für eine geschichtsphilosophische Gesamtschau
besitzen, sondern nur Kinzelaspektc erläutern" (329).

Der Abschnitt „Metaphern aus dem Umkreis des Theaters"
(332-435) rückt den Menschen stärker ins Zentrum. „Zwar ist uns
der handelnde Mensch auch bisher schon begegnet: in der Pflanzen-
Metaphorik als Gärtner, in der Bewegungs-Metaphorik als Reisender
, in der Gebäude-Metaphorik als Architekt. Immer aber war
der Mensch nur Nebensache, verglichen mit dem Wachstum der
Pflanze, der Bewegung des Fahrzeuges und der Konstruktion des
Bauwerkes selbst. In den Theater-Metaphern steht er im Mittelpunkt
, das Handeln wird nur von den Spielregeln eingeschränkt"
(332). Der Ausdruck „theatron" taucht zwar 1 Kor 4,9 auf, doch
hatten die Christen im römischen Reich gegenüber den Schauspielen
ihrer Zeit größte Bedenken. Euseb und Augustin können gelegentlich
Vergleiche aus dem Theaterleben verwenden. Maximus
Confessor deutete Vorgänge im Gottesdienst mit der Heilsgeschieh-
to (346). Zu den geistlichen Schauspielen des Mittelalters sagt D.:
„Das Theater ist keine literarische Metapher, sondern Darstellungsmittel
von sakralen Geschichtsüberlieferungen, ganz wie dies die
altgriechische Tragödie war" (346). Unter die Theater-Metaphern
rückt D. auch solche aus „Spiel, Sport und Jagd": im Zusammenhang
mit der Fischerei wird Mt 4.19 erwähnt (366). Unter der
Überschrift „Bild und Spiegel" wird auch 1 Kor 13,12 genannt:
„Paulus gebrauchte das Bild ähnlich wie Piaton. Die Mittelbarkeit
der jetzigen Erkenntnis wird durch zwei gleichwertige Metaphern
ausgesprochen: das Rätsel als verschlüsselte Rede, der
Spiegel als gebrochenes Bild. Das Rätsel bezieht sich auf die
schriftlich überlieferte Verheißung, der Spiegel auf die sichtbar
wahrgenommene Welt: in beiden ist Gott nur zu ahnen" (371).
Die Redeweise vom „Buch der Geschichte" leitet D. vom Textbuch
des Theaters ab. Nach zahlreichen Bibelstellen kommt er
auf Apk 5, zum Buch mit den 7 Siegeln. Hier wird „eine
mythische Identifizierung des Buchinhaltes mit dem Endgeschehen
selbst vollzogen, es bleibt nicht nur eine metaphorische Parallele"

(381) . Die moderne Idee vom „Buch der Geschichte" ist mit
christlichen Vorbildern enger verbunden als mit antiker Tradition

(382) . Sie findet sich bei Sebastian Frank. Lcibniz, Hamann und
Herder. Nach D. ist die Buch-Metapher ..die Grundvorstellung des
Determinismus, ein solcher ist unter Verzicht auf diese Metaphorik
nicht denkbar. Denn wenn wir fragen, in welcher Form wir uns
den Inhalt eines noch nicht realisierten, aber determinierten Prozesses
vorstellen, müssen wir ihn irgendwo Vorgeschrieben denken
. . ." (392).

Der Abschnitt „Geschichte als Auftrag und Gericht" verweist
u. a. auf die „Geißel Gottes" bei Jes 10,26 und 28.18. Doch auch
Alexander, Attila oder Napoleon wurden so bezeichnet. Herder
nannte allgemein große Eroberer „Geißeln Gottes" gesen das
Menschengeschlecht (394). Die Weite der Untersuchung mag noch
an einem Satz deutlich werden: „Es gibt zu allen Zeiten einen
Schatz von Beispielen, d ie znrÜbertragung auf die jeweilige Gegenwart
bereitstehen. Als Dauerbrenner dienen Cäsars Übergang über
den Rnbico, die Bekehrung des Paulus vor Damaskus, die Buße
Heinrichs IV. in Canossa" (413). Über Theatermetaphern sagt D.
zusammenfassend: „Sprachbilder aus dem engeren und weiteren
Bereich der Theaterwelt haben zu allen Zeiten dazu gedient. Vorstellungen
über Geschichte zu verdeutlichen. Tragödie und Drama,
Marionette und Statist, Rolle und Entlarvung, Auftritt, Szene und
Peripetie, Inszenierung und Eiserner Vorhang sind geläufige Bilder
in der historisch-politischen Sprache" (421).

Abschließend warnt. D. vor einer Überschätzung der Einzelheiten
:, ,Die Austauschbarkeit der Bilder als auch der Verwendungsrahmen
muß davor warnen, den einzelnen Bildern und Bildkreisen
einen allzu hohen Aussagewert für die Eigenart bestimmter Denker
oder Denkrichtungen zuzumessen. Die verschiedenen Metaphern
begegnen bei demselben Autor, dieselben Bilder bei Literaten
sehr unterschiedlicher Grundhaltung" (434). Trotzdem ist es
erstaunlich, daß bestimmte Bilder immer wiederkehren; besonder?
Herder hat sie aufgegriffen: „Bei ihm bündeln sieh die Bilder wie
bei keinem anderen" (436). D. spricht von einer psychischen Disposition
, die offenbar vorliege: „Wir können uns der Abhängigkeit

unserer Gedankengänge von steuernden Bildelementen unserer
Begriffe klar werden, aber sie ist schwer historisch zu erklären und
noch schwerer systematisch aufzulösen" (44.5). D. meint, „daß vier
Fünftel unseres Spraohgutes metaphorischer Herkunft sind" (449).
fttt die Darstellung der Geschichte sollten sie nach D. kaum an
Beliebtheit einbüßen. Letztlich können alle metaphorischen Vergleiche
die Geschichte doch nicht erfassen. Sie ist kein Fluß, kein
Weg, kein Buch; sie wird nicht gemacht wie ein Haus oder ein
Teppich, sie wird nicht gespielt wie ein Drama oder eine Schachpartie
. „Das einzige, was man über die Geschichte an sich aussagen
kann, ist, daß sie geschieht. Und damit sagt man gar nichts"
(453).

Auch wenn man in der einen oder anderen Detailfrage anderer
Meinung sein möchte, wird man doch die Fülle des gesammelten
Materials nur bewundern können.

ltostiick (lert Tlnendler

Kirkehistorisk Bibliografi af T. Christensen, .1. H. Greinbflek, E.
Norr, ,T. Stenba>k. Kobenhavn: Gad 1979. 424 S. gr. 8°. dkr
246.-.

Diese Bibliographie ist ein Novum. Sie verzeichnet mehr als
()000 Monographien zur Kirchengeschichte praktisch aller Länder
und Regionen (in Englisch, Deutsch, Französisch und den skandinavischen
Sprachen). Ein umfangreiches Inhaltsverzeichnis (5-8)
informiert über die äußerst detaillierte Gliederung des Werkes.
Nur soviel sei gesagt, daß auch für andere theologische Disziplinen
(z. B. Konfessionskunde, ökumenik) hier eine Fundgrube vorliegt
und erschlossen wird. Die skandinavische KG ist aus der allgemeinen
Gliederung ausgenommen und bildet am Schluß eine eigene
Abteilung, wieder weit untergliedert (hierzu gehört etwa 1/< aller
Titel). So beinhaltet der handliche und auch typographisch übersichtlich
gestaltete Band zugleich eine Spezialbibliographie zur
nordischen KG. Der Erschließung des Werkes dient weiterhin ein
kombiniertes Personen-, Sach- und Autorenregister (nach dem dänischen
Alphabet!); zu den Personen werden Geburts- und Sterbejahr
genannt.

Der größte Teil der aufgeführten Titel erschien in den letzten
30 Jahren, doch fehlen auch wichtige ältere Titel nicht, einschließlich
solcher aus dem 19. Jh. Neudrucke werden auch von noch
älteren (Quellen-)Werken verzeichnet. Bei allen Titeln ist der Umfang
angegeben, ebenso wird unter exakter Seitenangabe auf in
den Werken vorhandene Literaturverzeichnisse aufmerksam gemacht
und auf Übersetzungen oder fremdsprachige Resümees.

Die hervorragende Bibliographie könnte sich über den skandinavischen
Raum hinatis durchsetzen, auch wenn sie selbst nicht
diesen Anspruch erhebt.

r. c.

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Chesnut, Glenn F.: The First Christian Histories. Eusebius, Socra-
tes, Sozomen. Theodoret and Evagrius. Paris: Beauchesne 1977.
257 S. gr. 8" = Theologie historiojue. 46.

Gl. F. Chesnut hat es sich zum Ziel gesetzt, die frühe Kirchengeschichtsschreibung
von Euseb bis Evagrius nach ihren Prinzipien
zu untersuchen und speziell daraufhin zu befragen, wie die für
die heidnische Geschichtsschreibung konstitutiven Gesichtspunkte
von Fatum und Fortuna und die Frage mich dem Schicksal Roms
und seines Herrschers von den Christen übernommen und verarbeitet
worden sind.

Fortuna (Tyche) bezeichnet das Unvorhergesehene, das auf göttliches
Eingreifen zurückgeführt wird oder als Zusammentreffen
verschiedener Kausalreihen betrachtet weiden kann. Das Ihr-aus-
geliefert-Sein bestimmt nicht nur die Geschichtsschreibung, sondern
entspricht besonders bei den Griechen einem allgemeinen