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Ausgabe:

1981

Spalte:

245-248

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Hardmeier, Christof

Titel/Untertitel:

Texttheorie und biblische Exegese 1981

Rezensent:

Groß, Walter

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 4

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Hardmeier, Christof: Texttheorie und bibligche Exegese.Zur rheto- strakte Größe. Am Ende gesteht eine Anmerkung zu, auch Richter habe Ähn-

T7..„i.i.-„„ j„_ rrt __t „i n • j T> t. ir- liches erkannt, freilich ..Weiht bei ihm die Fixierung auf den Aspekt der .Form'...

Tischen Funktion der Trauermetaphorik in der Prophetie. Mun- charakteristisch" (261 nfl). Wieder klammert Vf. angesichts dieser In seinen

chen: Kaiser 1978. 412 S. Beilage: S S. Tahellen gr. 8° = Bei- Augen negativen Feststellung das Problem des konkreten Nachwelses der Gat-

_Ii , i . rm. i i t ji mn tung am Einzeltext aus. Als deduktiv vorgehender generativer Denker hat er

trage zur evangelischen Theologie. Theologische Abhandlgn., 79. ,lie Gattung immer schon und kann sich bescheiden: „So schwierig es sein dürfte,

Kart. DM 42.—. genauer zu definieren, was eine Oattunggstruktur ist und aus welchen semantischen
Komponenten sie sich zusammensetzt, so lassen sich dennoch wenigstens

Tv____• -1 lj liwja ii r.. ,. grobe Anhaltspunkte für gattungsrelevante, semantische Strukturelemente und

Die nur geringfügig überarbeitete Heidelberger Dissertation Von ihre ausdrucksformalen Repräsentanten im Oattungsexemplar angeben" (263).

1975 enthält Abkiirzungs- u. Literaturverzeichnis sowie Register s- 268 fordert Vf. schließlich doch die Weiterentwicklung der OattungBforschung

doi. T>:i__1 * " _ i i ... , i*r-_x t> _:ir j o l durch eine Stilistik. ..die oberflächenstrukturelle Stilkonstanten zunächst als

ner Bibelstellen, hebräischer Worter, von Begriffen und Sachen. Phänomene ml generli analysiert und auf verschiedene mögliche Motivierungen

»f. führt Bereiche der generativen Semantik und der Texttheorie ,lIn befragt", und klagt, „jede Art von Überlegungen zum Verhältnis von Stil

ftrot„,„i„ ;„ j- .1 »m • „ j 1. _i ... ,. . . und Oattung" fehle, Sein Versäumnis, hier auf die Funktion der Formkritik bei

erstmals in die Exegese des AT ein und sucht sie für die Ausein- R|chter „„,, ihr(, Vorordnung vor jede Gattungskritik hinzuweisen, ist kaum

andersetzung mit der formgeschichtlichen Methode sowie für die durch Vf.s eigenwilligen Stilbegriff allein bedingt. Dichter als Beispiel unter vie-

An-.1™„ j_____v ■ xri c m rn j 'en ma" zeigen, daß Vf. in der Auseinandersetzung mit anderen Autoren eher

Analyse der prophetischen Klagerufe auszuwerten. Er gibt der polemische Profilierung als dns wissenschaftliche Gespräch sucht.

exegetischen Methodend iskussion entscheidende, neuartige An- _ ., _ „ . , , ^
Stöße. Freilich reizt das anregende, mit vielfältiger Terminologie L T,n ,hreni Tnformat.onsreichtum sehr dankenswert ist Vf s Dar-
>>efraehtete. schwer zu lesende Buch durch polemisch verkürzte S*e""ng .dw Text?heTe **■*!*.»• ^,zz!frt r" R d'f SPrech"
Problemstellungen und mangelnde methodologische Vermittlung f ttheorie. charakter.s.ert Texteais Handlungsprodukte ganzer
selbstsicher präsentierten Theorie für die Textarbeit, zu Wider- Zeitlicher Gestaltungen, denen ein aktueller generativer Prozeß
"pnich r Sprachverwendung zugrundeliegt, gesteuert von der jeweiligen
Die ersten 153 Seiten und größere Passagen der weiteren Aus- kommunikativen Tntention« (69) Er beschreibt den Begriff des
fthrangOT sind vornehmlich der Theorie gewidmet. Vf. exponiert .>™<™n,kat,ven Handlungsspiels (KHS) und seine Kompo-
vor allem auf sehr reichhaltigem linguistischem Hintergrund die nenten- Er, 6b^m™t d,p Unterscheidungen von Sprachkompe-
Texttheorie S. .T. Schmidts, er kritisiert von hier aus das der form- ,ten7* "nd ko»i">un,kativer Kompetenz (diese umfaßt u. a. Be-
üeschichtlichen Methode implizite Textverständnis und bestimmt der Oattungsnormen und des Stilrepertoires) von
-las Verhältnis der Gattung zu Stil wie zu Einzeltext neu. Ziel ist Oberflächen- und Tiefenstruktur, bezogen nicht nur auf Satze,
texttheoretisch begründete alttestamentliche Literaturwissen- *oneA°Tn ""f/exte (obgleich als Beispiele jeweils nur Sätze vor-
«chaft. Der Forsohungsgeschichte zu den Weherufen und Dar- *Rföhrt ^«0- T" Absetzung von Chomsky definiert er Tiefen-
Stellungen der formgeschichtlichen Methode entnimmt Vf. die «t™kt»r im «mn der generativen Semantik als „prälexikahsche
TTieson „wesenhafter" Zusammengehörigkeit von Form und Tn- logisch-semantische Basis der Erzeugung von Sätzen bzw Texten
»alt (25) und ..einer Ausdrucksgebundenheit mit Formzwangs- fH5) und setzt sie mit Schmidt der kommunikativen Tntention
eharakter« (27). Beides versucht, er zu widerlegen. Vf. vertritt in gleich. Wahrend er d,e Gattung der Ebene der Sprachkompetenz,
Anlehnung an Schmidt eine generative Methode, d. h. er analysiert der langne der semantischen Tiefenstruktur zuordnet, sieht er im
«cht so sehr Form und Struktur gegebener Texte, sondern reflek- Stileine Große der Sprachverwendung, der parole, der Oberwelt
deren Erzeugungsbedingungen. Unter breiter Aufnahme text- flaclienstruktur. , __,
"nd pragmalinguistischer Ansätze, bei Einordnung der Sprach- Vf,s ^imm™ß der Tiefenstruktur als emes steuernden Pnn-
Kompetenz in die umfassendere gesellschaftliche Kommunikation«- z,> der Texterzeugung und seine Konzeption der Gattung fuhren
fähigkeit strebt Vf. danach, „den Forschungsgegenstand .Text' ™ den einschneidenden Konsequenzen. (1) „daß den Detailstruk-
^ der theoretischen Ebene der langue, d. h. unter der Frage nach t,,ren de„r Textoberfläche (Wortwahl, Satzbaii. Verwendung von
den virtuellen Mitteln und Pegeln der Texterzeugung anzugehen Wormeln) besonders in traditio™- und überlieferungsgeschicht-
«nd nicht auf der Ebene der parole. wie es die textinterpretieren- ,!cher. Umsicht «™ »ehr viel geringere Relevanz zukommt als es
den Wissenschaften seit jeher getan haben, deren Untersuchungs- gemeinhin ,n der exegetischen Forschung vorausgesetzt wird (120),
instand verschiedenartigste Textvorkommen ,als hie et nunc- (2) „daß zwischen Gattungsstrukturen und ihrer ausdracks-
Sebundene individuelle Einheiten um ihrer selbst willen' sind" (32). mäßigen Realisierung an der Textoberfläche keineswegs eine
„ Das Ziel dürfte zur Zeit bedeutend zu hoch gesteckt sein. Tm direkte oder gar notwendige Beziehung besteht. . .Form und
Ernstfall schlägt Vf. die Brücke von der Theorie zum Text nicht -Gattune ebensowenig in einer direkten Korrelation zueinander
"Ittels einer nachprüfbaren Methode, sondern durch einleuch- stehen wie .Gattung' und .Sitz im Leben' (121). Das sind provo-
tfinde. aber unverbindliche Postnlate. Da er dies jedoch überspielt, zierende Thesen, die die Diskussion um den Gattungsbegriff und
*»ma* er textanalvsebezogenen Rezeptionen linguistischer An- die methodische Funktion der Analyse der Ausdrucksseite des
in der Exegese, an die er doch weiterführend anknüpfen Einzeltextes in ganz neue Richtung lenken könnten.

°nnte, nioht gerecht zu werden. Ein Beispiel: Daher erwartet man in einer exegetischen Arbeit die Absicherung durch Nach-

weis an Einzeltexten. Statt dessen sichert sieb Vf. durch zahlreiche salvatorische

, Angesichts ,ip„ Entwurfs Wolfgang Kichters. der Im Gegensatz zu Vf. erst Klauseln ab. Der Theorie Schmidts eignet nur ..vorläufiger und nrlmär heuristi-

r.n i Mm* Texte analvslert und dann seine Ergebnisse umfassend methodisch »eher Charakter", wir sind ..noch weit davon entfernt, für den Bereich der Text-

„^"ktiert bat, überrascht Vf.s Behauptung: ..m. W. fistl in der biblischen Ex- internretation formalisierte Finzelverfahren «nrHand zu haben, die auch lnter»s-

jjjjji kein Versuch unternommen worden____die Methodenprohlematlk konse- un<1 relevante Ergehnisse bringen" (52v ..Begularitäten----die einen

"""t am primären Gegenstand selbst, d.h. am potentiellen Einzeltext. . . zu intentions-, Situation«- und partnergerechten Vollzug von Kommunikationsakten

Vr. ieron" '46). Vf. kann das nur sagen, weil er diskussionslos seinen generali- hzw. von sprachlichen Handlungen ermöglichen . .., können nur vage umschrle-

jj Ansatz als einzig möglichen voraussetzt: ,.d. h. am notentlellen Elnzeltext werden" (101 f). „Tn welcher Weise eine aktuelle und snezlfizlerte kommutu-

tni Shlen Produktion»- bzw. Tiezeptionahedingungen". Die Opposition Form - kative Intention (bestimmte Mitteilung»- und Wirkabsicht) als dem (1) Korrelat

<>rr ist '"'» 'chllch »ehwer zu fassen und steht mannigfaltigen Fohldeutnngen zur Tiefenstruktur im einzelnen den HerstellungsornzeC eines Oberfläcbentexte»

: mw1»fern aber Tlichter den Inneren Zusammenhang der Analv»eschrltte »feuert. Ist heim heutigen ForscbnngRstand nur global und lr potbetisch anzu-

(JS*««tandsfern" (17) begründet hat, sähe man gern näher erläutert, Der Vor- geben" (121). ..Eine explizierte Methodologie mußte auf dieser texttheoretischen

Richter beobachte auf der Ebene der Llterarkrltik „abstrakt. . . Irgend- Grundlage entwickelt werden, was über unsere Arbeit hinausweist (18*). Blne

wil, c T)ol'h('liingen. Wiederholungen. Spannungen oder Widersprüche .... so hierfür unerläßliche Satzsemantik des Althebräischen existiert „nicht einmal in

l'ir u" ,"(,a<, neobachtungen Im heuristischen Sinne sind" (70), offenbart nicht Ansätzen" (63).

'fe* Mit einPm Wort, Die Theorie existiert bereit« in Teilbereichen -

rnjti ri*"c a,e Notwendigkeit, Beobachtungen und deren Bewertung sorg- bei Schmidt; die Methode fehlt noch - bei Hardmeier. Selbst m

nur z" »ehelden. Wenn Vf fortfährt: ..Die Einheitlichkeit eines Textes kann ,1-, TV,„„„'„ r~i,_i j_______t:„„ w„« »y«rv, r>ri;lo»;Vni;aplinn lnefinr>h

Cra !"er ,lpr Bedingung erwiesen werden, daß die als Toxteinhelt postulierte der Theone fuhrt der generative Weg vom pralexikalischen, logiscn

ti0™0'','*iclienmengc als rteaiislerung einer bestiinmten kommunikativen Tnten- semantischen tiefenstnikturellen Kern zum Einzelsatz oder gar

Wn„"knn»*rulerbnr Ist. d. h. daß für die fragliche Zeichenmenge eine bestimmte -n<:___if0^f j„ ru__fl^„l,„ „ T „„, ,-,v,or Pnatulnfe- rler Wen vom

»""'"""ikative Funktion und eine spezifische thematische Ordnung behauptet Kmzeltext der Oberfläche z. T. nur über fostulate, cler weg vom

"r ,]„"".kan""- so rennt er einerseits offene Türen ein, übersieht andererseits, daß Einzeltext - dem einzigen, was uns Vorgegeben ist - ZU diesem

T]o„ mit ^''ngst die Ebene der l.iterarkrltlk verlassen hat. T)a Vf. auf Grund sei- tt-_ „l. .. i ■ n .„f„„„.i,„ft Ki.=nl,rlHon

|£' f neratlven Mo.lells. das von einer semantischen Tiefenstruktur ausgeht. Kern aber ist auch nicht anfangshaft beschritten.

'•enii Brhon w<,lß' wns °'m '^ex, "fttfen wil1, 8te"t "ich ",m <lftH l'''0,'lem. wie er Die spezifische Sicht der Gattung, ihre Abkoppelung von der

f).J„*rk*nnen könne, was dieser Text aussage, nicht In genügender Schärfe. ni___a-- i._ , , . ,„„ tt.- ,„u„~Voo Ain TTn+oraolmifliina von

C? i? erw«'-hst .lie polemische Entgegensetzung der von vr. angestrebten, in Oberflächenstruktur des Emzeltextes, die Unterscheidung von

iii^l, <Pa|isierbari<cit aber nicht aufgewiesenen Analyse verschiedener, eventuell Gattung«- und Stilphänomenen sind wohl die wichtigsten metho-

"eg,.,, "'Ipr gesehiichtelter Koniniunikntionssitnatlniien in größeren Erzählungen , „, t-.__t . « „i„«,t ,n, TTiiMiiIiilil ha

■,"»-c!,..„,is,.i,.f„rn,alc Isolierung von . I,exemen(n) des Handelns und des dischen Behauptungen Vf.s. Doch sind nicht alle Unklarheiten be-

°"»tti n w-"iehter)" (kh nriM. s. 2.r.sff fordert Vf. die Unterscheidung von seitigt. Auch scheint wegen der deduktiven Begrifflichkeit, der

r|sm .".'"'d Elnzeltext (.1(11 nis Ergebnis seines methodischen Ansatzes requi- , , ... , , ___u„_i j;„ „,,r „„J„r„ Weise

"'»I definiert Gattung generativ auf der Ebene der Tiefenstruktur als «b- mangelnden Ruckbmdung an den Elnzeltext die auf andere weist.