Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1981

Spalte:

213-216

Kategorie:

Systematische Theologie: Ethik

Autor/Hrsg.:

Gerdes, Hayo

Titel/Untertitel:

Herms, Eilert, Radical empiricism 1981

Rezensent:

Gensichen, Hans-Peter

Ansicht Scan:

Seite 1, Seite 2

Download Scan:

PDF

213

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 3

214

bigkeit verfallen muß wie James. Die entscheidende Frage ist ja, wel- Bewertung menschlichen Sexüalverhaltens der Hinweis auf Zeugung

eher Inhalt von Transzendenz heute Gegenstand einer dem gegen- von Nachkommenschaft nicht aus" (108, vgl. 156).

wärtigen Wahrheitsbewußtsein und Lebensgefühl anmutbaren |n manchen ^ ethjscher Normsetzung freilich kann die Etho.

..Gesellschafts-Theologie" (Theologia c,v,hs) sem kann. Der eigent- ,ogje nur konstatjereni daQ sie dazu nichtg aussagen kann vfn. denkt

lieh ehnsthehe Inhalt kann es nicht sem; d.eser ist Gegenstand emer z ß an Verha|ten und Verhaltensweisungen Jesu (Bergpredigt), die

persönhehen Glaubensgeschichte. Er ist es aber auch nie gewesen, ^ dje na(uralen Gesetzmäßigkcitcn und Verhaltensweisen hin-

wie schon Luther mit seiner Unterscheidung von fides apprehensiva ______,___../im i mn *u j u- i j rv

6 KK ausgehen (103. vgl. 109). Aber gerade hier kann sie darauf hinwei-

und fides historica, seiner Unterscheidung der beiden Reiche: Reich ____ .„„ ___.. _ , , . , ~. _ . , . . . . ...__

6 sen, daß neuerdings manche bisher für metabiologisch gehaltenen

Rottes und Gesellschaft, erkannt und dokumentiert hat. Was heute »______________.__c.. . . , .... , , „. . , ., . , .

_ Aussagen von der Ethologie bestätigt werden. Sie verweist (leider nur)

..Ildes historica", Transzendenzbezug der Gesellschaft, oder wie im- „,,ru; rv n . . u u . imi „•___

6 auf W. Wickler. „Die Biologie der Zehn Gebote , 1971 (in seinem

■ncr man es nennen mag, sein kann, darüber ist das erste vernünftige ___. „, d • . .__d u in. . an n. »i,

.. 6 ° Nachwort zu B. Hintersbergers Buch erwähnt Wickler Altruismus

Won noch zu erwarten. Auch be, Herms fehlt d,e grundlegende Vor- und Nächsten|iebe). nennenswerl waren aber auch _ ebenfalls zum

aussetzung dafür: die Klarheit jener lutherischen Distinktion. Stichwort Nächstenliebe - die ethologischen Erkenntnisse über Bin-

Kiel HayoGerdes detriebe, die I. Eibl-Eibesfeldt in seinem Buch „Liebe und Haß"

(1970) dargestellt hat.

Im zweiten Teil (111-158) geht es um die. Relation von Umwelt

Systematische Theologie". Ethik un^ Verhalten. Hier geht die Vfn. auf den ethologischen Befund der

Anpassung ein: denjenigen Vorgang (bzw. dessen Ergebnis), der das

u. Leben von Organismen angesichts der herrschenden Umweltbedin-

Hintersberger, Benedikta: Theologische Ethik und Verhaltens-_______—x»i:_u« vi- u. n. ■ r u_ o. n j j-

t . 8 ' ,, . j r- . ■ w .. , gungen ermöglicht. Nichtangepaßtsein fuhrt zu Streß - und diesen

■orschung. Probleme-Methoden-Ergebnisse. Mit einem Nachwort , . . _ ... . , _ _ ..„. . .

v.W.Wickler. München: Kösel 1978. 176S.8". sucht der Organismus zu uberwinden. Da Gesetzmäßigkeiten der ver-

M„ , . . ...... _ ,r haltensbiologisch konstatierten Anpassung sicher auch beim Men-

»loscr, Manfred: Aggression und Mitmcnscnlichkeit. Frankfurt/M.: , ,A , ... ... , _ , , . , ,

P. Lang: Bern: H. Lang 1977. H, 226 S. 8' = Europäische Hoch- sche" flten' klart Vfn- zunachst' daß AnPass«n8 hler n'<=ht als

schulschriften, Reihe XXIII: Theologie. 86. Kart, sfr 44.-. Gleichförmigkeit mit der sündigen Welt, sondern eher im Sinne eines

„aggiornamento" (Johannes XXIII.) gegenüber der jeweiligen Silua-

Die beiden Arbeiten gehören in den Begegnungsbereich „biologi- tion verstanden ist. In diesem Sinne versteht sie Anpassung als eine

sehe Verhaltensforschung - theologische Ethik". Mit „biologischer sittliche Aufgabe.

Verhaltensforschung" assoziieren viele den Namen Konrad Lorenz. Sie zitiert und kommentiert einige Hypothesen von W. Wickler.

Das hat seine Gründe, entspricht aber nicht mehr dem gegenwärtigen der (u. a.) ethische Normen - analog den biologischen Optimalwerten

Diskussionsstand. Auch befürchtete man lange Zeit einen antihuma- - in ihrer Gültigkeit abhängig sieht von den Bedingungen, zu denen

n'stischen Biologismus in der Verhaltensforschung (der Mensch als - sie passen sollen und der darum vom Christentum als einer Heilsbot-

sozial nicht korrigierbare - Kainsnatur); auch das hat seine Gründe, schaft Normen fordert, die nicht unvermeidlich in Streßsituationen

ist aber heute nicht mehr berechtigt. fuhren. Vfn. sieht darin die Aussagen von Ethikern über die Relativi-

Bei den zu besprechenden Büchern handelt es sich um Dissertatio- tat (Geschichtlichkeit. Überholbarkeit) sittlicher Normen bestätigt,
"en, Etüden für späteres wissenschaftliches Arbeiten; und in beiden Angesichts dieser Relativität und ebenfalls aufgrund ethologischer
Fällen hätte für die wissenschaftliche Öffentlichkeit wohl der Druck Aussagen spielt für sie die Eigenerfahrung eine wichtige Rolle bei der
einer Kurzfassung ausgereicht. Man wartet also nach ihrer Lektüre Bestätigung oder auch Fals.fizierung bestehender Normen. - Daß vergeh
auf ausgereiftere Früchte solchen späteren Arbeitens - viel- Endliche Sollwertsetzungen einer Bestätigung - durch d.e Erfahrung
'eicht von den Verfassern selbst oder (1. Teil) durch Aussagen der Naturwissenschaft - bedürfen und

n u. u. U. korrigiert werden müssen, wenn diese nicht erfolgt, ist die

». Hintersbergers Untersuchung wurde angeregt durch interdis- Hauptaussage des Buches.

ipllnare Kolloquien zwischen katholischen Moralthcologen und „ ___. .__, , . , . , ,

VerK u r , ,....... . , . „ , •, Den lur die theologische Ethik als konstitutiv bezeichneten Dialog

^'naitcnstorschern an der Universität München und durch Praktika . . ., ... - . . . ... . . ,

der vr i_ „, ,,. ., , ..... r- mit der Verhaltensforschung sieht die Vfn. als für letztere weniger

1=1 v m. bei Wolfgang Wickler am Institut für Verhaltensforschung in ,„■.,•„„ v, . tu i -u

Seeu,; n . , , ... wichtig an. Denn Naturwissenschaft ist der Theologie gegenüber

ct-wiesen. Wickler ist der in diesem Buch absolut vorrangig zitierte . ,____ , .

erhalt b' autonom und „ethische Aussagen sind für den Verhaltensforscher als

Wissenschaftler nur unter dem Aspekt der Wissenschaftsethik rele-
°er erste Teil der Arbeit (15-110) beinhaltet eine Methodenre- Vant" (840. Das stimmt zwar; aber dieser Aspekt ist doch ein ent-
(E h°n ÜbCr de" Dialog zwischen biologischer Verhaltensforschung scheidend wichtiger! Es ist darum zu bedauern, daß Vfn. ihn fast gar
thologie) und theologischer Ethik-vor allem im 4. Kapitel. nicht berücksichtigt hat (kurze Andeutungen aufS. 37 und 85, Anm.
Wh. vertritt folgende Ansicht: „Der Theologe benötigt ja etholo- l7: möglicher Mißbrauch der Forschung, Experimente am Men-
8'sche Fakten und Ergebnisse für die Normenbegründung und hat sehen, Kompetenzüberschreitung einer Forschungsrichtung. Ideologen
darum ein entsprechendes Wissen anzueignen" (96); für theolo- gisierung biologischer Erkenntnisse). Das mag freilich methodische
8'sche Ethik ist der Dialog mit der Ethologie konstitutiv. Deren Gründe haben. Das vorliegende Buch der jungen Dominikanerin ver-
Ergebnisse stellen wichtige Quellen Tür die Normfindung dar, sie sind rat engagiertes Bemühen um den interdisziplinären Dialog. Hoffent-
manchen Fällen normativ, meist aber (nur) Randbedingungen, 'ich war der Themenbereich „Verhaltensforschung - theologische
enn ersteres der Fall ist, berechtigen neue wissenschaftliche Ethik" nicht nur ein Durchgangsstadium promovendi causa, sondern
^ennmisse gegebenenfalls zur Normenkritik und nötigen den Ethi- wird weiterhin von ihr beobachtet und bearbeitet!

r '-ur Korrektur der Norm, zumindest aber zur Korrektur der Argu- Insgesamt habe ich den Eindruck, daß Vfn. den Schlußfolgerungen

Station. Wo ethologische Erkenntnisse den Rang von Randbedin- und Assoziationen der Verhaltensforscher (noch) nicht mit genügend

ngen haben, kann das interdisziplinäre Gespräch immerhin der kritischer Distanz gegenübersteht und ihnen nicht genügend theolo-

ra*isicrung, Ergänzung und Fehlerbeseitigung bei normativen Aus- gische Eigengewichtigkeit gegenüberstellt. Darin spiegelt sich einer-

8cn Lienen. Vfn. bringt dafürein .•rhcllcndcs Beispiel: Elemente aus seits wohl die Problematik der mit einem interdisziplinären Thema

. ---..vii, v ii). IM lllgl UUIUI CHI prircilBIUIVB OLIspiLI. BWURIIWIMI wmnm nuin uit i i uuie Ii iaui vjvi um tniviii iiiiviui3/.i^iiuaitll l mm

^ Balz- und Paarungsverhalten bei Tieren sind ebenso wie die befaßten theologischen Doktorandin, andererseits aber auch die

ehliche Sexualität oft umfunktioniert zum Zweck der sozialen gegenwärtige Situation des Dialogs zwischen Theologie und den

ung bzw. der Aggressionshemmung. Da das so ist, „reicht für die Naturwissenschaften überhaupt wider.