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Ausgabe:

1981

Spalte:

205-206

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Meijering, Eginhard P.

Titel/Untertitel:

Theologische Urteile ueber die Dogmengeschichte 1981

Rezensent:

Rogge, Joachim

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Seite 1

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Theologische Lileraturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 3

206

Mcijering. E. P.: Theologische l'rlcilc über die Dogmcngeschichte. (59) bescheinigen müsse, die ..ihn zu einer etwas positiveren Haltung

Ritschis Einfluß auf von Harnack. Leiden: Brill 1978. XIV. 101 S. gegenüber äußeren dogmatischen Autoritäten" geführt habe,

gr. 8" = Beihefte der Zeitschrift für Religions- und Gcistcsge- _.

schichte 20 Kart hfl ^8 — Die größere Milde, den stärkeren Konservatismus Harnacks gegenüber
den Kirchenvätern und dem Mittelalter sieht der Vf. in der

Dieses Buch ist ein Votum über Bücher oder besser: über Konzep- Skepsis des Klassikers der Dogmcngeschichtsschreibung begrün-

tionen in Standardliteratur der Theologie- und Dogmengeschichte, det. der darin auch vor seinen eigenen negativen und kritischen The-

Adolf von Harnacks und Albrccht Ritschis Hauptwerke sowie ver- sen nicht Halt mache (61). Solche Skepsis gebe anderen dogmatischen

gleichswcise die Dogmatikcn und andere Veröffentlichungen Karl Positionen ..zu einem gewissen Grade Recht oder wenigstens nicht

Barths und Emil Brunners (die Auswahl der herangezogenen Publika- ganz Unrecht". Wenn Harnack über Augustin gesagt habe, dieser

tionen ist aurs. XIV angegeben) werden zitiert, eingeschätzt, für ge- babe ..gerade als Skeptiker... nach Autorität verlangt" (62). so sei

genwärtiges und künftiges dogmcngeschichtliches Arbeiten in An- hier Harnacks eigene Position involviert. Es hat sehr den Anschein.

sPruch genommen. Die Prärogative für den Vf. ist vom ersten Satz als finde sich der Vf. der vorliegenden Studie hier selber wieder, ohne

des Vorwortes an deutlich: ..Harnacks Lehrbuch der Dogmen- allerdings irgendwo deutlich zu machen, worin die Autorität denn

Beschichte ist eines der faszinierendsten Bücher aus der theologischen bestehe, der zu unterwerfen sich lohne. Das Dogma ist diese Autorität

Literatur" (XIII). Mcijering hofft, daß seine „große Verehrung" für jedenfalls nicht (a. a. O.).

Harnack die „Objektivität" in der Darstellung nicht beeinträchtigt. ,n den Schlußbetrachtungen mißt Meijering seine Präferenz für
Der Vf. ist für die Untersuchung des Einflusses der griechischen Harnack und Ritsehl an Barth und Brunner. Ob hinsichtlich derGot-
philosophic auf die christliche Theologie bei Harnack durch ein- teslehre und der natürlichen Theologie, deren Ansätze Barth bei
schlägigc patristische Studien (siehe die Bibliographie auf S. IV) be- Ritsehl gelernt habe, hier die ganze Problematik erfaßt worden ist,
rt-'its gut ausgerüstet. In welchem Maße sich Harnack hier auf Vorar- mag vielleicht gefragt werden. Wenn sich in der Darstellung alles als
beiten des „Vater(s) der Kirchcngeschichtsschreibung" (87), Johann voll berechtigt erweisen lassen sollte, wäre die große Kontroverse
Lorenz von Mosheim, stützen kann, sucht Meijering in einem an- zwischen Barth und Harnack in den zwanziger Jahren unseres Jahrbangweise
beigegebenen Aufsatz (87-101) aufzuzeigen. „Namcnt- hunderts wenig verständlich.

«* Harnacks Ansichten zur Hellenisicrung. d. h. fiir ihn primär: der Abschließend konstatiert Meijering für den „Skeptiker Harnack",

■ntellektualisicrung, des einfachen Evangeliums, zeigen ein(e) klare cr habe den feslen ürund sejncs G|aubens in der rechtfertigenden.

Verwandtschaft mit den Ansichten Mosheims." (101) befreienden Gnade des Vaters Jesu Christi gefunden" (86). Da es für

Meijering will aufweisen, „wie Harnack die wichtigsten Themen solche Abschlußcrklärung (ohne Kommentierung) füglich angemerkt

der Theologie Ritschis in seiner Darstellung der Dogmengeschichte werden könnte, daß es hier von Luthers „De servo arbitrio" bis zu

Erarbeitet" bzw. „die Gedanken Ritschis weitergeführt" hat (I u. 5). Harnacks „Wesen des Christentums" ein erhebliches Interpretations-

hier zu brauchbaren Resultaten zu kommen, wählt der Vf. nicht gefalle gibt, ist vielleicht der Schlußsatz angemessen, daß durch den

nur die einschlägige Literatur, sondern auch die Themenkomplexc VI. die Fragen weniger gelöst als vielmehr neu gestellt worden sind.

aus: im Rahmen dessen, was er „natürliche Theologie" nennt, die Berlin Joachim Rogge
Lehre von Gott und die Kosmologie, ferner die Erlösung und das Leben
aus dem Glauben (12-59). Wie stark hier nicht nur Referat, sondern
eigene Konzcptionsvorstellung mit im Spiel ist (60-86: Schlußfolgerungen
und Schlußbetrachtungen), geht bereits aus der Sciten-
zahlenvertcilung hervor.

I . Blankenburg, Walter: Kirche und Musik. Gesammelte Aufsätze zur

c,nem erste» KaPilel kom™ der vf- zu dem St'bluß. daß Har- Geschichte der gottcsdicnstlichcn Musik. Zu seinem 75. Geburts-

ck das „Gerüst" seines Lehrbuches der Dogmengeschichte von lag hrsg v E Hübner u. R. Steiger. Göttingen: Vandcnhoeck &

"schl übernommen, auf diesem Gerüst jedoch „in eigener Weise Ruprecht 1979. 359 S. gr. 8'.
Sc'n Bauwerk erschaffen" habe (II). Das heißt, bezogen auf die Got-

jeslehrc, daß Harnack wohl des Meisters Ansicht teile, „die natür- Es ist eine - vorläufige - Lebensernte, die W. Blankenburg in dem

'che Theologie, die philosophische oder metaphysische Gotteslehre repräsentativen Sammelband mit einer Auswahl von 29 Aufsätzen

Sei mit dem Evangelium unvereinbar und deshalb verwerflich, weil und einem Nachwort einbringt. Die Bibliographie im Anhang zählt

jQtt sich als der Vater Jesu Christi zu erkennen gibt, daß er aber in über 200 Aufsätze und Rezensionen (ohne die zahlreichen Lexikon-

der Beschreibung der Entwicklung der natürlichen Theologie artikel). - Seit dem 13. Jahrgang (1941) war Blankenburg der Schrift-

nam-critlieh im patristischen Zeitalter) weit nuancierter ist als Ritsehl leiter von „Musik und Kirche". Um diese beiden Themcnbcreichc

Und deshalb milder in seiner Kritik, und daß er sich bemüht, auch die und ihre rechte Zuordnung geht es in fast allen seinen Veröffent-

j^'sitiven Seiten der traditionellen Gotteslchre hervorzuheben" (24). lichungen, aus denen der vorliegende Band einen Querschnitt vereint.

'esc Beurteilung stellt eine gewisse Stereotype dar, die bei Meije- Im Anschluß an das bekannte Wort Johann Walters, die Musik sei

^ng, leicht modifiziert, in allen angezogenen Topoi wiederkehrt, in der Theologie eingewickelt, stellt Blankenburg drei programma-

arnack sei milder und dadurch umfassender in seinem Urteil als tische Fragen: „Liegt in dieser Feststellung nicht eine sehr dringliche

"schl (33 u. 61). weil er Tradition und moderne Wissenschaft noch Frage an Kirche und Theologie zu jeder Zeit? Stößt unsere gegenwär-

arker einbeziehe als sein großes Vorbild es tue. tige Theologie allenthalben zwangsläufig auf die Musik? Und wenn

Um j„, . » . . . , r . , _ ... nicht, was ist dies dann für eine Theologie, und woran liegt es, wenn

111 Oer Aufnahme augustinisch-reformatorischer Tradition willen , ~" . •

modiri7iPM li i uo'. li n u _ r., , „■ r es nicht geschieht?" (22). Eine der fundamentalsten Antworten, die

c '"ziert Harnack auch Ritschis Bild „vom Christentum als einer ■ • . ^, , .

tl||Pse ,,„a- r <■■ i-^-u- jj -..i i. u ji-a Blankenburg gibt, lautet: „Eine Kirche ohne doxologischc Theologie

"sc, oic die Erlösung durch C hnstus und das sittliche Handeln des ..,,„,

Mensch»,, ■ r, , ° . „ .. , ,. .... ... . ist eine kranke Kirche"(39)

'senen im Reiche Gottes als Brennpunkte hat . . . (46 . Hier seien
für H

'e"re kor

Christliche Kunst und Literatur

leh riir ^arr|ack doch Augustins und Luthers Sünden- und Gnaden- Eine Monographie Blankenburgs über Johann Walter, den evange-

Ch • k°rr'8'erend e'n- Auf Kosten von Aussagen über die „Natur fischen „Urkantor"'. steht noch aus. Die hymnologische Bedeutung

"Wl" (50) na|( harnack mit Ritsehl dafür, „daß der christliche Walters ist bis heute noch nicht angemessen gewürdigt worden. Blan-

lube sich primär auf das Werk Christi" beziehe. Im Glaubensver- kenburg versucht in seinem Aufsatz über Walters Chorgesangbuch

j7 ün<s beider Theologen sieht Mcijering jedoch eine Variante bei den Nachweis, daß ein nicht geringer Teil der anonym überlieferten

r"ack, dem man eine „recht pessimistische Menschbetrachtung" Weisen aus der Reformationszeit auf Walter zurückgeht (u. a. neun

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