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Ausgabe:

1981

Spalte:

194-196

Kategorie:

Neues Testament

Titel/Untertitel:

La lettre de Pierre à Philippe 1981

Rezensent:

Funk, Wolf-Peter

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193

Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 3

194

Toivanen, Aarne: Dikaiosyne-sanue Paavalin kielenkäytössä. Ekse-
geettis-semanttinen tutkimus. English Summary. Helsinki: The
Finnish Exegetical Society 1975. 227 S. 8' = Suomen Eksegeettisen
Seuran Julkaisuja, 27.

Diese Untersuchung ist eine Dissertation zu Erlangung der Doktorwürde
der Theologischen Fakultät der Universität Helsinki. Der Vf.
stellt sich die Aufgabe, die Bedeutung und den Gebrauch der Dikaio-
syne-Wortgruppe im Sprachgebrauch des Paulus zu erläutern. Unter
dem Ausdruck Wortgruppe versteht er Ableitungen von demselben
Stamm, welche mit Bezug auf die lexikalische Bedeutung ein Ganzes
bilden (dikaios, dikaiosyne. dikaiokrisia, dikaioun, dikaiöma
dikaiösis. dikaiös). Der Untertitel ,Eine exegetisch-semantische Untersuchung
' will wohl sagen, daß die semantische Methode auf exegetische
Ergebnisse abzielt. Die Semantik als ein Bestandteil oder als
Hilfswissenschaft der Exegetik ist aus der Aufgabenstellung nicht
gut ersichtlich, obwohl der Vf. am Anfang des Buches die exegetische
Forschungstradition der Dikaiosyne-Wortgruppe behandelt. Sie ist
auch nicht aus den Schlußfolgerungen ersichtlich, in denen er die
semantischen Ergebnisse nur lose mit der exegetischen Tradition verknüpft
. Demnach bleibt die Untersuchung hauptsächlich semantisch
und auf dem Forschungsgebiet eines Philologen oder Linguisten.

Die semantische Untersuchung gründet sich größtenteils auf die
methodischen Grundlagen von Nida, Sawyer, Lyons und Barr. Da die
methodischen Vorbilder nicht gut zusammen passen, wird die Behandlung
des Stoffes hier und da undeutlich. Die Bedeutungen hat
der Vf. vielseitig mit Hilfe der Situationskontexte, Stilniveaus, grammatischen
Konstruktionen und semantischen Felder bestimmt, ohne
ihre gegenseitigen Relationen sorgfältig zu behandeln und ohne die
verschiedenen Ergebnisse zusammen zu bringen. Z. B. hat er bei der
Behandlung der semantischen Felder nur gelegentlich die früher festgestellten
Stilniveaus zur Hilfe genommen (Revelationstil, pleonasti-
scher Stil, Gerichtsstil und Alltagsstil), während er mehrmals von
einem rhetorischen Stil spricht, der aber bei der Behandlung der Stilniveaus
außer Betracht geblieben ist. Man kann die Frage stellen, ob
es überhaupt möglich ist, die Stilniveaus nur auf Grund der inhaltlichen
Kriterien des Korpus zu bestimmen. Man hätte wenigstens
eine Bestimmung und eine Behandlung der Stilniveaus auf Grund der
Situationskontexte erwartet und überdies eine Berücksichtigung der
rhetorischen Theorie und Praxis bei den Griechen, weil unsere Wortgruppe
zur rhetorischen Argumentation gehört.

Die Analyse der grammatischen Konstruktionen ist für die semantische
Interpretation der Wörter durchaus nicht so ergiebig wie für die
Interpretation der Konstruktionen mit Hilfe der behandelten Wörter.
An dieser Stelle zeigt die Untersuchung die meisten Ungleichmäßig-
keiten und läßt die meisten Fragen offen, welche größtenteils auf die
beschränkte Auswahl der Wörter zurückzuführen sind. Die Auswahl
der Wörter ist wohl vom Standpunkt der Exegetik aus motiviert, vom
Standpunkt der Semantik aus ist sie aber willkürlich. Man wundert
sich darüber, warum nur die Ableitungen vom Adjektivstamm ausgewählt
sind, aber nicht die Präpositionsableitungen, z. B. endikos
und ekdikos. und die Negationsableitungen wie adikos und adikia.
Die Auswahl des Vf. setzt voraus, daß der Stamm dikaio- in Paulus'
Lexikon ein selbständiges produktives Element gewesen ist, nicht nur
der Stamm dik-. Diese Hypothese hat der Vf. nicht begründet. Wegen
der unbegründeten Auswahl bleibt auch die Zuverlässigkeit der
Frequenztabellen und mancher Schlußfolgerungen, die darauf zurückzuführen
sind, dem kritischen Leser unklar.

Auf Grund der Auswahl der behandelten Wörter hat der Vf. auch
den Begriff .Wortfeld' ein wenig eigentümlich aufgefaßt. Das Präzisieren
der Bedeutungen und die Plazierung der Wörter in den semantischen
Feldern bleiben ohne genauere Begründungen. Bei der Auffassung
des Vf. kann man einen circulus vitiosus spüren: der Kontext
und das Feld ist mittels des intuitiv erfaßten Inhalts der Wörter definiert
und danach sind die Bedeutungen präzisiert worden. In der Philologie
hat diese Methode gute Ergebnisse oder wenigstens gute Hypothesen
hervorgebracht. In unserem Falle wäre es der Untersuchung
förderlich gewesen, auch die anderen Ausdrücke desselben semantischen
Feldes etwas gründlicher zu untersuchen, z. B. dikinomos -
einöle, dikaios - hagios - agalhos - alethes. dikaiokrisia - kaiakrisis
- krima, adikia - asebeia - anomia - hamarüa - pseude.

Trotz der oben angeführten Mängel kann man die Untersuchung
als einen guten und mutigen Versuch betrachten, in ein schwieriges
Gebiet einzudringen. Zu den Verdiensten kann man die frische und
vielseitige Methode zählen, und obwohl die Ergebnisse nicht groß
sind, bringt die Untersuchung neue Argumente und neue Hypothesen
ans Licht und sie wirft auch neue Fragen auf. Die Problemstellung
war semantisch, und demgemäß betont die Untersuchung eine vielseitige
Methode, welche auf Grund der neuen Erfahrungen das exegetische
Studium der Dikaiosyne-Wortgruppe und ihres Wortfeldes mit
beträchtlichen Beiträgen bereichern könnte.

Eine der aktuellen Anregungen zur Wahl des Forschungsthemas
und der Methode, welche der Vf. in der Einleitung nennt, waren die
Bibelübersetzungsprojekte in manchen Sprachgebieten und die mit
diesen verbundene Diskussion; nicht zuletzt in Finnland, wo das
Übersetzungsproblem der Dikaiosyne-Wortgruppe wegen der tradi-
tionejlen altmodischen Variante ganz delikat geworden ist. Der
Stamm der finnischen Variante ,vanhurskaus' ist ein unproduktives
lexikales Element geworden, das man heute ohne spraehgeschich;-
liches Wissen nicht mehr segmentieren kann, und kommt nur in der
Sakralsprache vor, ganz anders als die deutsche .Rechtfertigung' oder
die englische 'justification' und anders als die griechische
.dikaiosyne'. Der Vf. hat in seiner Untersuchung die Polysemie der
griechischen Wortgruppe deutlich gemacht und also gezeigt, wie das
Übersetzen der Wörter in der Zielsprache mehrere entsprechende Varianten
bedingt - und doch haben wir es hier mit einem wichtigen
theologischen Begriff zu tun, der auch in den Übersetzungen als ein
Ganzes zum Ausdruck kommen müßte.

Helsinki Jaakko Frösen

Menard, Jacques E.: La lettre de Pierre ä Philippe. Quebec: Les Pres-
ses de l'Universite Laval 1977. XIII, 61 S. gr. 8' = Bibliotheque
copte de Nag Hammadi, Section «Textes», 1. Kart. $ 10.-.

-: L'Authentikos Logos. Quebec: Les Presses de l'Universite Laval
1977. VIII, 79 S. gr. 8° = Bibliotheque copte de Nag Hammadi, Section
«Textes», 2.Kart. $ 12.-.

Kurz nach dem Anlaufen der englischsprachigen Ausgabe der
"Coptic Gnostic Library", deren erster und bisher einziger Band
1975 erschien, präsentiert sich nun ein weiteres internationales Unternehmen
, das eine Gesamtausgabe der Nag-Hammadi-Texte zum
Ziel hat. Unter dem nüchterneren Titel «Bibliotheque copte de Nag
Hammadi» hat der französische Religionsgeschichtler J. E. Menard
eine neue Schriftenreihe ins Leben gerufen, die vom Laboratoire
d'Histoire Religieuse der Universite Laval in Quebec unter seiner
persönlichen Ägide (im Verein mit H. Gague, B. Bare, J.-P. Mahe
und M. Roberge) herausgegeben wird. Personelle und finanzielle
Hauptstütze des Unternehmens ist ein besonderes, diesem Gegenstand
gewidmetes Forschungsprojekt der Universite Laval, das eine
Reihe von kanadischen Nachwuchswissenschaftlern unter der Leitung
von M. Roberge vereinigt und sich darüber hinaus der Mitarbeit
vieler SpeziaListen, speziell aus französischsprachigen Ländern, versichert
. Die neue Serie umfaßt außer der für die Quellenausgaben
vorgesehenen Abteilung («Textes») noch eine weitere: Section «Etu-
des», von der noch nichts erschienen ist.

Aus eigener Feder legt der Hrsg. der Gesamtreihe nun die beiden
ersten Hefte vor: Nr. 1 ist sogar eine Editio prineeps. Es handelt sich
um den merkwürdigen kurzen Text, der die letzten 8 1/2 Seiten des
Codex VIII (p. 132,10- 140,26) nach dem Ende des langen Traktats
,,Zostrianus" füllt, mit dem etwas irreführenden Eingangstitel „Brief
des Petrus, den er an Philippus schickte". Der Aufbau dieses ersten