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Ausgabe:

1981

Spalte:

177-178

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Witzenrath, Hagia Hildegard

Titel/Untertitel:

Das Buch Jona 1981

Rezensent:

Herrmann, Wolfram

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 106. Jahrgang 1981 Nr. 3

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Witzenrath, Hagia: Das Buch Jona. Eine literaturwissenschaftliche didaktische Tendenz und wolle zeigen, daß Gottes Heilszuwendung

Untersuchung. St. Ottilien: EOS Verlag 1978. VIII, 111 S. 8' = oder sein Mitleid allen Menschen, auch den Nichtjuden, gilt. Den

Münchener Universitätsschriften. Fachbereich Kath. Theologie. Beschluß bilden Stellenregister, Namen- und Sachregister. Vanonis

Arbeiten zu Text und Sprache im Alten Testament, 6; Buch birgt darüber hinaus 5 Tabellen.
V'anoni, Gottfried: Das Buch Jona. Litcrar- und formkntischc Unter- • . , ..

suchung. St. Ottilien: EOS Verlag 1978. X, 172 S. m. I Faltbeil. 8' Rez sleht s,ch angesichts der Darlegungen zu ein paar kritischen

= Münchener Universitätsschriften, Fachbereich Kath. Theologie. Einwanden genötigt. Vanoni urteilt (150): „Das Buch Jon ist, obwohl

Arbeiten zu Text und Sprache im Alten Testament, 7 es eine Tendenz aussagt, ein literarisches Kunstwerk und nicht eine

Tendenzschrift". Das geht so nicht, denn „lit. Kunstw." umschreibt
Beide Veröffentlichungen, die unabhängig voneinander den die formale Seite, „Tend.-schr." die inhaltliche. Überdies sollte man
gleichen Gegenstand bearbeiten, stehen auf dem Boden der literatur- die Ansicht über einen kunstvollen, durchdachten Aufbau der Erzäh-
wissenschaftlichen Methode. Es ist daher, zumal sie obendrein im lun8 nicht hochspielen. Daneben geht die Ausdeutung sicher zu weit,
gleichen Jahr der Öffentlichkeit vorgelegt wurden, passend, sie ge- wcnn es bei Witzenrath heißt, Tarschisch und Ninive fungierten
meinsam anzuzeigen. Haben sie - einer Herausgebernotiz zufolge - nicht als geographische Größen, sondern als Chiffren (61). In ihrem
immerhin je „wichtiges Eigengut", so ließ die angewandte Methodik Buch entdeckt man leider eine Reihe von Schreibfehlern. Es ist aber
nicht viel Spielraum und zeitigte weitgehend übereinstimmende oder nun allgemein notwendig, von der Hausse des Strukturalismus herunähnliche
Resultate. Die Transliteration des Textes geschieht auf eine terzukommen. Die inhaltliche Fragestellung nach dem geistigen und
wenig glückliche Art. Man sollte doch allgemein dem Umschrift- religiösen Gehalt und der Intention sollte auf Grund der klassischen
System der ZAW folgen Forschungsmethoden geschehen. Was hier betrieben wird, gehört

., , „ . , , , . ., . . ,.... . . . zum größten Teil in den Bereich der Literarkritik. Es werden z.T.

Unter dem Stichwort der Litcrarkntik wird auf Wiederholungen _„ , . , . „ , . .

/r. , , „ ,, „ .. , . , , .. , ... ollenc Türen eingerannt und es wird ein zu großer Autwand gemacht

'Doppelungen), Spannungen, syntaktische Bruche, inhaltliche Wi- .. . , , . , , „,

j„__ .. , , .._ . _ . . , . „ .um Dinge, die nicht neu sind. Man wundert sich schon zu lesen (Va-

Qerspruchc und differierende Bezeichnungen geachtet. Es spreche . ~ „ _

„; ,. . .... , ,. ,. , , „ , noni. 105): „Von den Eigennamen weisen die Personennamen aul die

nichts gegen die Einheitlichkeit der Erzählung. Lediglich der Psalm . _ ... . . ... ,, ,, .• „

■> , .„ ...... ,. .... , ... „. .. ,. Akteure, die Ortsnamen auf die Schauplatze der Handlung hin . Eine

A3-10 wurde sekundär interpoliert. Witzenrath schließt hier die 1 c . ^

c. ,.„,.. ■ i langst erkannte Wahrheit beinhaltet der Satz (Witzenrath, 63): „Das

hrage nach der Gliederung des Textes an, was Vanoni als ersten ° . ... ....

c„. • , „ ,., , • . uji_- .. _ . Buch Jona lormuliert keine abstrakte Lehre, es berichtet vielmehr ein

Schritt der Formkritik bezeichnet. Es geht dabei um die Zerlegung des , , , , . • _ , _ . . «_.,..,,,

T~.» „ ., , .. . . #. ,. _ .. konkretes Geschehen in Raum und Zeit, dem freilich eine Lehre ent-

1 extes in Satze, Satzreihen und Abschnitte, ferner die Feststellung , , . ,„,. ,

h„ r........ „ , ., . „, . ,,, _ nommen werden kann ; oder gar (Witzenrath, 58): „Wenn Jahwe

Qer Satzarten und endlich die Beschreibung der Wortarten, der Wort- „ . , ., ~ _ ,

„r, , . . ,r ■ a i • t. einen Sturm schickt, untersteht ihm das Meer. So kann er Jonas

gruppen. der Syntax und des Stils. Hier ist offenbar das klassische _ . ,,. .

v„ ... , . „ ....... „ . . _ , .... Flucht über das Meer verhindern. Jahwe ist also ein größerer

yerstandnis von ..Formkritik bewußt aulgegeben. Das bestätigen die ... . , ....

f_i _ , . ,,....„..- Aktionsraum zugewiesen, als er einem Menschen zugeschrieben ist,

'Olgenden Schritte, welche die „äußere . „innere und „ornamen- .., . .. ... r- ,

t„i„„ , . , , . . .. .,. . . . und er vertugt über andere Mittel zur Aktion alsein Mensch .Erklart

ld|e Form untersuchen. Man richtet hierbei jeweilig das Augenmerk ° , , ...

a,,f ,. , . , , , ,. , „ ,. ,,, ,■ . . , Vanoni am Ende, das wichtigste Ergebnis der Untersuchung sei die

Jut die syntaktische und sprachliche Gestalt, m. a. W. die Ausdrucks- _ , .,„,„,, , , „ . .

,.„:, , „ , ^ ,. ^ , . ,,, .Erkenntnis, daß das Buch Jona eine schriftliche Komposition ist

se'tc der Sprache, auf die Funktion von Wortgruppen und Wortern in . , . . . .... . .

h„,r-- ,,, .. r. j j 153), bedurfte es dazu nicht einer solch detaillierten Analyse.

uer Einheit, also die Erzahltechnik, m. a. W. die Bedeutungsseite der

Sprache, endlich auf Alliterationen, Assonanzen, Gleichklang. End- Letztens muß den beiden Arbeiten auch Gerechtigkeit widerfah-
reime, Wortspiele und den Rhythmus, ferner Wiederholungen von ren. denn sie enthalten eine Menge zutreffender und hilfreicher Betörtem
. Wortgruppen und Sätzen. Vanoni sagt (97): ..... häufen obachtungen, und vieles, was man schon wußte, ist deutlicher heraus-

si(-'h voneinander unabhängige ornamentale Figuren an einem Punkt, gearbeitet. Man wird dafür dankbar sein und die Bücher gern bei der

w'rd man annehmen können, daß der Autor bewußt gestaltet hat". Erklärung von Jona heranziehen.

Leipzig Wolfram Herrmann

'n der Abschnittsgliederung stellt man weitgehende Konformität
*St. Allerdings macht Vanoni nach 4,4 einen Einschnitt, nicht - wie
üblich und auch von Witzenrath vertreten - hinter 3,10. Vanoni er-

re'cht aber durch seine, keineswegs sicher begründete, Abgrenzung Kaiser, Otto; Einleitung in das Alte Testament. Eine Einführung in

3-l-4,4 (wieder) eine konzentrische Figur: Jahwe spricht zu Jona, ihre Ergebnisse und Probleme. 4. erw. Aufl. Gütersloh: Güters-

J°na predigt den Niniviten, Notiz über die Buße Ninives, der König loher Verlagshaus Gerd Mohn 1978. 404 S. 8 Lw. DM 48,-.
er'äßt das Bußedikt, Notiz über Gottes Reue, Jona klagt zu Jahwe,

Jahwe antwortet Jona. D'e Tatsache, daß die Einleitung von Otto Kaiser seit 1969 (Be-

Mit kleinen Abweichungen haben beide die gleiche Auffassung in sprechung ThLZ 95, 1970 Sp. 810-813) eine vierte Auflage erfahren

bc?ug auf die Gesamtstruktur des Buches. Vanoni ist lediglich, wie in hat und zwischendurch in einer Lizenzauflage in der DDR erschienen

den meisten anderen Fällen, minuziöser. Die Struktur einer geschlos- 'st (Anzeige in ThLZ 99, 1974 Sp. 899-900), läßt darauf schließen,

Sencn literarischen Einheit wird gefunden durch die Gliederung des daß dieses Buch, in seiner Anlage dem akademischen Lehrbetrieb

Te*tes in Sätze und Satzreihen, die syntaktische Beschreibung ihrer entsprungen, in den Händen der Studierenden, der amtierenden Pfar-

^olge, die Untersuchung des Wechsels von Rede und Handlung rer und vielleicht auch denen der interessierten Laien Aufnahme ge-

Und der Wiederkehr gleicher Wortgruppen oder Sätze, was zur Be- fanden hat. Im Hinblick auf die frühere Besprechung, bzw. die An-

^'mrnung des Aufbaus einzelner Abschnitte im fortlaufenden Text zeige der Lizenzausgabe in der DDR soll hier auf eine ausführliche

"hl"t, und schließlich die Feststellung bestimmter Aussageschwer- Würdigung verzichtet werden. Dennoch sei angezeigt, daß die Erwei-

Punkte, welche das Entscheidende eines Abschnittes oder einen Ein- terungen nicht allein auf die im Laufe der Zeit hinzugekommene

Schnitt im Textgefüge markieren. Literatur oder Einzelerkenntnis zurückzuführen sind, sondern daß

£s werden weiterhin literarische Bezüge zu älterer Literatur behan- bei der Beschäftigung mit dem Stoff im Laufe der Zeit Einzelposi-

die geprägte Elemente heißen. Vanoni bietet eine umfangrei- tl0nen verändert worden sind,

^here Beweisrührung. Das Buch Witzenraths enthält zwei ihm eigene Am deutlichsten tritt dies wohl in der Pentateuchkritik zu Tage.

äpitd, jn denen sie die Akteure (Jahwe, Jona. Kapitän, Matrosen, Wird in der ersten Auflage wie in der Lizenzausgabe noch von

^°n'g, Niniviten), sodann Raum und Zeit (Schauplätze und Zeit des einem „Jahwistischen" und einem „Elohistischen Geschichtswerk"

eschehens) erörtert. Danach äußern sich beide Autoren zur Zielset- gesprochen, so hier von einer „Jahwistischen" und einer „Elohisti-

Zung des Büchleins Jona und kommen zu dem Schluß, es habe eine sehen Pentateuchschicht". nicht mehr von einer „Priesterschrift" wie