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Ausgabe:

1980

Spalte:

129

Kategorie:

Kirchengeschichte: Reformationszeit

Autor/Hrsg.:

Vives, Juan Luis

Titel/Untertitel:

In pseudodialecticos 1980

Rezensent:

Haendler, Gert

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129

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 2

130

gleiche mit taboritischen und anderen Quellen dienen nicht in erster
Linie dazu, M.s gedankliche Abhängigkeit deutlich zu machen,
sondern dazu, die ureigenen Gedankengänge M.s besser verstehbar
werden zu lassen. M.s Vorstellung von einer perfekten Reformation
wird von S. kritisiert: ,,In ungeschichtlichem Wirklichkeitsverständnis
wird die Reformabilität der Kirche verwechselt mit einer
illusionären Perfektibilität." (86) Solche Wertung ist aber selten
und hindert nicht die objektive Betrachtungsweise. Diese Arbeit,
die den ganzen M. in den Blick nimmt, wird für alles weitere Nachdenken
darüber, wer M. eigentlich theologisch war und was er
wollte, sehr zu beachten sein.

Dresden Michael Müller

Scott, Tom: Reformation and Peasents' War in Waldshut and
Environs: A structural Analysis. Part II (ARG 70, 1979 S. 140
bis 168).

Steinmetz, David C.: Hermeneutic and Old Testament Interpretation
in Staupitz and the Young Martin Luther (ARG 70, 1979
S. 24-58).

Wright, William J.: A Closer Look at House Poor Relief trough
the Common Chest and Indigenoe in Sixteenth Century Hesse
(ARG 70, 1979 S. 225-237).

Yost, John K.: A Reappraisal of How Protestantism Spread dur-
ing the Early English Reformation (AThR 60,1978 S. 437-446).

Vives, Juan Luis: In Pseudodialecticos. A oritical Edition. Intro-
duction, Translation and Commentary by Ch. Fantazzi. Leiden:
Brill 1979. VIII, 105 S., 1 Taf. gr. 8° = Studies in Medieval and
Reformation Thought, XXVII. Lw. hfl. 36,-.

Der 1492 in Valencia geborene J. L. Vives wirkte nach Studien in
Paris in den Niederlanden und England, im näheren Umkreis des
Erasmus. Vives starb 1540 in Brügge und hinterließ 20 Schriften.
Die hier vorgelegte Frühschrift stützt sich auf eine Edition von
1520, der schon ein Druck in Basel 1555 gefolgt war. Eine 2. Ausgabe
von 1520 wird im Apparat berücksichtigt. Der neue Text stellt
einen Fortschritt dar gegenüber dem in den gesammelten Werken
von V. (1782-1790), die 1964 in London nachgedruckt worden waren
. Leben und Schriften von V. werden in der Einführung untersucht
(5-23). Der Edition des lateinischen Textes ist eine englische
Ubersetzung im Paralleldruck beigegeben.

G. II.

Berg, Hans-Georg vom: Noch einmal: Zur Datierung von Heinrich

Bullingers „Antwort an Johannes Burchard" (Zwing. XIV,

1978/2 S. 581-589).
Bohrer, Georg / Hobbs, R. Gerald / Senn, Martin: Literatur zur

schweizerischen Reformationsgeschichte (Zwing. XIV, 1978/2

S. 604-609).

Daniel, David P.: The Acceptance of the Formula of Concord in
Slovakia (ARG 70, 1979 S. 260-276).

Friedman, Jerome: Sebastian Münster, the Jewish Mission, and
Protestant Antisemitism (ARG 70, 1979 S. 238-259).

Hammer, Gerhard: Militia Franciscana seu militia Christi. Das
neugefundene Protokoll einer Disputation der sächsischen Franziskaner
mit Vertretern der Wittenberger theologischen Fakultät
am 3. und 4. Oktober 1519. 2.Teil (ARG 70,1979 S. 59-104).

Hauswirth, Rene: Zum Verhältnis von Vermögen und politischer
Macht in Zürich um die Mitte des 16. Jahrhunderts (ARG 70,
1979 S. 201-224).

Hendricks, Dan L.: The Bern Disputation: Some Observations
(Zwing. XIV, 1978/2 S. 565-575).

Koch, Ernst: Ein unbekanntes Autograph Zwingiis zur Berner
Disputation (Zwing. XIV, 1978/2 S. 576-580).

Locher, Gottfried W.: Die Berner Disputation 1528: Charakter,
Verlauf, Bedeutung und theologischer Gehalt (Zwing. XIV,
1978/2 S. 542-564).

-: Zur Zwingli-Biographie von George Potter (Zwing. XIV. 1978/2
S. 597-603).

Mülhaupt, Erwin: Karlstadts ..Kuhrwagen". Eine frühreformatori-
sche ,Bildzeitung' von 1519 (Luther 50, 1979 S. 60-76).

Murphy,'1 Lawrence: Martin Luther, the Erfurt Cloister, and Gabriel
Biel: the Relation of Philosophy and Theology (ARG 70,
1979 S. 5-23).

Postel, Rainer: Obrigkeitsdenken und Reformation in Hamburg
(ARG 70, 1979 S. 169-200).

Schnyder, Andre: Legendenpolemik und Legendenkritik in der
Reformation: Die Lügend von St. Johanne Chrysostomo bei Luther
und Coehläus. Ein Beitrag zur Rezeption des Legendars Der
Heiligen Leben (ARG 70, 1979 S. 122-139).

Schulze, Winfried: Eino deutsche Ubersetzung von Bezas „De jure
magistratuum in subditoR" aus dem Jahre 1615 (ARG 70, 1979
S. 302-307).

Dogmen- und Theologiegeschichte

Müller, Gerhard: Die Rechtfertigungslehre. Geschichte und Probleme
. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn [1977].
128 S. 8° = Studienbücher Theologie. Kirchen- und Dogmengeschichte
. Kart. DM 19,80.

In diesem Studienbuch ist die spannungsreiche Geschichte der
Rechtfertigungslehre auf knappstem Raum übersichtlich und einprägsam
vorgeführt. Lesevorschläge ergänzen die jeweiligen Skizzen
durch eine ergänzende oder auch kontroverse Sicht; umfangreiche
Literaturhinweise regen zur Weiterarbeit an; ein Sachregister
hilft zum Auffinden wichtiger Stichworte. Eine Einleitung
exponiert den Horizont der Fragestellung und fixiert den Terminus
Rechtfertigung (9-11). Ein abschließender Exkurs leitet dazu an,
die Rechtfertigungslehro in den lutherischen Bekenntnisschriften
als ein Beispiel für einen theologischen Querschnitt zu erarbeiten
(117-123). Dazwischen wird der Topos entwickelt vom Neuen
Testament bis hin zur gegenwärtigen kontroverstheologischen
Diskussion. Die Darstellung des Neuen Testamentes konzentriert
sich auf das Stichwort „Gerechtigkeit Gottes" bei Paulus; die
Nachwirkung seiner Schau bei Tertullian und Origenos ist skizziert
unter dem Aspekt: unklares Miteinander von Gnade und Gesetz.
Mit Hilfe derart einprägsamer Plakatierungen sind klare Schneisen
in das zweitausendjährige Ringen um Natur und Gnade, Gebundenheit
und Willensfreiheit, Gesetz und Evangelium, Glaube und
Werk. Rechtfertigung und Heiligung, Wiedergeburt und neues Leben
, Versöhnung und Erneuerung geschlagen. Die Schwerpunkte
sind über das gesamte Feld geschickt verteilt: der Streit zwischen
Pelagius und Augustin, zwischen menschlicher Verantwortung und
unwiderstehlicher Gnade; die Frühscholastik zwischen Anselm und
Abaelard im Spannungsfeld von Glaube und Vernunft; Thomas
von Aquin als Ontologie menschlicher Heilssuche zwischen Natur
ind Gnade; die Spätscholastik im Hinblick auf die göttliche Entscheidungshoheit
und die menschliche Willensmacht. In diesem
Feld ist der reformatorische Einsatz ebenfalls nur knapp skizziert.
Luthers Schau wird von seiner frühen These der Iustificatio Dei
aus angegangen und mit Paul Althaus auf „Gottes Allmacht" hin
ausgerichtet (59); der fröhliche Wechsel und Tausch mit Christus
tritt zurück. Bei Melanohthon wird die sittlich-pädagogische und
lehrhaft-systematisierende Intention unterstrichen: bei Osiander
wird die Einwohnung der göttlichen Natur Christi als Vorwegnahme
des Eschaton gewertet. Calvin habe einerseits durch sein
Drängen auf geistgewirkte Glaubensfrüchte das „Simul" gefährdet
und andererseits durch die doppelte Prädestination Gottes hoheitliche
Freiheit schroff akzentuiert. Zur lutherischen Orthodoxie mit
ihrer rationalisierenden Psychologie des Ordo salutis tritt eine
interessante Skizze des niederländischen Calvinismus mit den
Kämpfen um die Dordrechter Synode (1618/19). Kaum weniger
ausführlich als die Reformation wird das Rechtfertigungsdekret
des Trienter Konzils (1546/47) analysiert sowie die durch Michael
Bajus und Cornelius Jansen eingeleitete Rückwendung zu Augu-
stin geschildert. Der Pietismus ist unter die Stichworte Wiedergeburt
und Heiligung gerückt, die Aufklärung unter Heil und
Moral, Schleiermaeher unter Glaube und Erlösung. Aus dem 19.
und 20..Jh. sind die Namen wie Stichworte Albrecht Ritsehl:
Rechtfertigung und Versöhnung, Karl Barth: Versöhnung und
Heil, Werner Eiert: Gesetz und Evangelium hervorgehoben. Eine