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Ausgabe:

1980

Spalte:

117-119

Kategorie:

Kirchengeschichte: Alte Kirche, Christliche Archäologie

Autor/Hrsg.:

Quecke, Hans

Titel/Untertitel:

Die Briefe Pachoms 1980

Rezensent:

Funk, Wolf-Peter

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 2

118

Plümacher, Eckhard: Apokryphe Apostelakten. München: Druk-
kenmüller 1978. IV. S. 12-27 gr. 8° = Sonderausgaben der
Paulyschen Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
.

Ramarson, L.: Le coour du Troisieme Evangile (Bibl 60, 1979
S. 348-360).

Richard, Earl: The Polemical Character of the Joseph Episode in

Acts 7 (JBL98, 1979 S. 255-267).
Rivkin, Ellis: Soribes. Pharisees, Lawyers, Hypocrites: A Study

in Synonymity (HUCA XLIX, 1978 S. 135-142).
Sehmitlials. Walter: Der Prolog des Johannesevangeliums (ZNW

70, 1979 S. 16-43).
Schwarz, Günter: Zum Freer-Logion - ein Nachtrag (ZNW 70,

1979 S. 119).

Schweizer, Eduard: The Portrayal of the Life of Faith in the Gospel

of Mark (Interp. 32. 1978 S. 387-399).
Silbermann, Lou H.: Whence Siglum Q? A Conjecture (JBL98,

1979 ß. 287-288).
Wahlde, Urban 0. von: The Terms for Religion» Authorities in the

Fourth Gospel: A Kev to Literary Strata? (JBL 98, 1979 S. 231

bis 253).

Walter, Nikolaus: Die „Handschrift" in Satzungen Kol 2,14

(ZNW 70, 1979 S. 115-118).
Widmann, Martin: IKor 2,6-16: Ein Einspruch gegen Paulus

(ZNW 70, 1979 S. 44-53).

Kirchengeschichte: Alte Kirche

Quecke, Hans: Die Briefe Paehoms. Griechischer Tet Hei Hand
Schrift W. 145 der Chester Beatty Library eingeleitet u. hrsg.
Anhang: Die koptischen Fragmente und Zitate der Paehom-
bricfe. Regensburg: F. Pustet i. Komm. [1975]. 118 S. 8°
Textus Patristiei et Liturgici, 11.

Von den ersten Anfängen des christlichen Klosterwesens in
Ägypten haben wir ein, wenn auch nicht gerade lückenloses, so
doch recht deutliches Bild, soweit es den chronologischen Hergang
der ersten Klostergründungen und deren praktische Organisations-
formen betrifft. Auch über den persönlichen Werdegang des Pachomius
sind wir leidlich gut unterrichtet, und über die ältesten Formen
der auf ihn zurückgeführten und reichlich überlieferten Klosterregeln
gibt es zumindest brauchbare Hypothesen. Habon wir
damit auch eine Vorstellung von der allgemeinen Motivierung dieses
historisch so bedeutsamen Unternehmens, so besteht doch noch
ein gewisser Mangel an Originalzeugnissen für die konkrete Gedankenwelt
des ersten Mönchsvaters und seiner Gefolgsleute. Nun bot
sich freilich für Einsichten in dieser Richtung (neben den paehomianisehen
Katechesen) seit jeher das Korpus der Briefe Paehoms
an, aber deren Auswertung für den genannten Zweck war in verschiedener
Hinsicht problematisch: Zum einen war dieses Korpus
überhaupt nur in der lateinischen Übersetzung dos Hieronymus
überliefert (ed. A. Boon, Bibl. de Ia RHE 7, Louvain 1932), zum
anderen bestanden durch den streckenweise rätselhaften Inhalt
dieses Korpus und die darauf gegründeten Zweifel - sowohl an der
Qualität der Überlieferung als auch an der Echtheit der Briefe -
allzu viele Unwägbarkeiten, die eine historisch-kritische Nutzung
faBt unmöglich machten. Dies hat sich in den letzten Jahren geändert
, nachdem es H. Quecke gelungen ist, eine Reihe von koptischen
Bruchstücken und eine griechische Sammelhandschrift von
Paehombriefen namhaft zu machen und der Öffentlichkeit vorzustellen
.

Die Chester Beatty Library in Dublin darf nunmehr als die wichtigste
neuere Fundgrube paehomianisehen Schrifttums gelten. Aus
ihr stammen nicht nur die im vorliegenden Band edierte griechische
Hs. W. 145 - eine Pergamentrolle aus dem 4. Jh. und damit
der älteste Zeuge überhaupt - sowie die Reste eines koptischen
Papyruskodex aus dem 6. Jh. mit den Briefen Paehoms, sondern
darüber hinaus noch Pergamente mit einigen anderen Schriften,
die Bich dem paehomianisehen Kreis zuordnen lassen (genauere Angaben
bei H. Quecke, Eine Handvoll pachomianischer Texte, in:

ZDMG Suppl. III, 1: 19. Deutscher Orientalistentag, hrsg. v. W.
Voigt, Wiesbaden 1977, S. 221-229). Zwei weitere koptische Perga mente
mit einzelnen Briefen Paehoms fanden sich in der Kölner
Sammlung (Pap. Colon. Copt. 1 und 2).

Bevor der Vf. zur Vorstellung der neu zu edierenden Hs. übergeht
, widmet er einen wesentlichen Teil des vorliegenden Bandes
der Behandlung einiger genereller Fragenkomplexe der Pachom-
briefe und ihrer Überlieferung. Viele Fragen lassen sich erst jetzt
mit der nötigen Präzision und damit auch einer gewissen Aussicht
auf Beantwortung stellen, wobei der Vf. jedoch voreilige Schlußfolgerungen
vermeidet und stets mit großer Umsicht und Behutsamkeit
zu Werke geht. Kap. I behandelt „die Echtheit der Pa -
chom zugeschriebenen Briefe", die der Vf. auf Grund der sehr
guten äußeren Bezeugung als glaubwürdig ansieht. Bemerkenswert
bleibt in diesem Zusammenhang jedoch, daß die gesamte nichtlateinische
Überlieferung der Texte - ebenso wie die Zitationen bei
koptischen Autoren - keine Verfasserangaben enthält: der entscheidende
Gewährsmann ist nach wie vor Hieronymus. Auch gibt
es im lateinischen Bereich nach wie vor den einzigen Zeugen, der
alle 13 (= dort 11) Briefe enthält. Das Phänomen der sog. „Geheimschrift
" mitsamt der Tradition von ihrer Unverständlichkeit
würde ich dagegen eher als ein Argument für die Echtheit der
Briefe denn eines gegon sie ansehen.

Der Diskussion dieses Phänomens ist Kap. II gewidmet, wohei
die Briefe auf Grund der sehr unterschiedlichen Art der Verwendung
rätselhafter Einzelbuchstaben oder Buchstabenreihen in drei
Klassen eingeteilt werden und die gesamte antike Tradition über
dieses „alfabetum spiritale" bzw. die darin zum Ausdruck kommende
und noch darüber hinausgehende „lingua mystica" der Pa-
ehomianer abgetastet wird. Obwohl eine „Deutung" im Sinne einer
konkret en Entschlüsselung nicht gegeben wird, ist es doch auf
Grund der neuen Textzeugen hier zum ersten Mal möglich geworden
, das Phänomen wenigstens formal exakt zu beschreiben und in
seiner Vielfalt zu erkennen, was für die (keineswegs leichter gewordene
) Aufgabe fler Deutung unabdingbaro Voraussetzung ist. Solange
sich aber gar keine Möglichkeit abzeichnet, das im Buchstabenquadrat
und in den Alphabetreihon dor Briefe 9a/b zweifellos
enthaltene kryptographische Moment sinnvoll und erfolgreich mit
dem sonstigen Gebrauch der einzelnen „Buchstaben" (als Nomina
im Kontext) in Verbindung zu bringen, kann von einem durchgängigen
kryptographischen System, das einer konkreten Deutung
harrt, wohl keine Rede sein. Auch die früher oft unkritisch angenommene
konkrete Beziehung auf Personen und Gruppen hat -
aufs Ganze gesehen - nicht viel für sich. So ist man geneigt, der
äußerst behutsam vorgetragenen Anregung des Vf. zu folgen (35
bis 37), wonach sich hinter alledem gar kein feststehender Sinn verbirgt
, sondern allenfalls ein über den Buchstaben hinausgehender,
„jenseits fester Regeln" vom jeweiligen Adressaten auf meditativem
Wege zu erschließender Sinn. Eine solche Rezeption setzt
natürlich stets den gewandten Umgang mit einer Fülle von mehr
oder weniger geläufigen „Regeln", wie Alphabetpermutationen,
Gematrio u. ii„ voraus, aber bei dem (an sich nicht ungewöhnlichen
) Ineinandergehen von Kryptographie einerseits und Mystik
und Magie andererseits scheint hier doch letzteren, zumindest aber
der Mystik, ein stärkeres Gewioht zuzukommen.

Des weiteren werden die Textüberlieferung der Briefe entsprechend
den einzelnen Sprachstufen (Kap. III), die papyrologischen
und paläographischen Details der Hs. W. 145, die von T. C. Skeat
noch in das Jahrhundert Paehoms datiert wird(!) (Kap. IV) und
Details der Sprachform dieser Hs. (Kap.V) erörtert. Die eigentliche
Ausgabe erfolgt nach den Grundsätzen moderner kritischer
Textedition und ist mit zwei Apparaten ausgestattet, einem zur
Textkritik und einem zum biblischen Sprachgebrauch (nicht nur
Zif:ite).

Es ist dem Vf. sehr zu danken, daß er anläßlich der Erstausgabe
der griechischen Pergamentrolle Gelegenheit genommen hat, auch
sämtliche zutage geförderten koptischen Bruchstücke abzudrucken
(in übersichtlicher und zum Teil verbesserter Form), so daß dieses
Büchlein den gesamten bisherigen Ertrag an vor-lateinischer Überlieferung
der Pachombriefe zusammenfaßt (noch nicht veröffentlicht
ist der vollständige kopt. Text von Brief IIb, den die Bibl.
Bodmeriana besitzt, vgl. H. Quecke in Studia Papyrologica 15,
1976, 157). Trotz ihres, mild ausgedrückt, „sprödon" Inhalts sind