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Ausgabe:

1980

Spalte:

102-104

Kategorie:

Altes Testament

Autor/Hrsg.:

Reiterer, Friedrich V.

Titel/Untertitel:

Gerechtigkeit als Heil 1980

Rezensent:

Wagner, Siegfried

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 2

HI-

Muster, das vom gleichen Hrsg. zur Genesis in dieser Serie entwickelt
wurde, zu dem G. Bertram eine Kritik geschrieben hat in
ThLZ KM). 1975 Sp. 830-833, in der er auch eine Untersuchung der
Ziele und der Entwicklung des Göttinger LXX-Unternehmens vornimmt
.

Der größte Teil des Buches besteht aus kritischem Text und
Apparat. Es unterscheidet sich von seinem nächsten Gegenstück,
der Brooke-McLean Cambridge Ausgabe von 1911, neben dem Gebrauch
von neuem Material und sich daraus ergebender Forschung,
in zweierlei Hinsicht: (1) letztere gebrauchte den Codex Vaticanus
als ihren zugrundeliegenden Text, während die Göttinger Methode
an Hund von textkritischon Mitteln einen frühestmöglichen Text
wiederherstellt, und (2) ist das Hss.-material in einem großen Ausmaß
in Gruppen klassifiziert. Jede Seite enthält im Durchschnitt
sieben bis acht Zeilen Text. Unmittelbar unter dem Text ist eine
Kopfleiste, die die handschriftlichen Zeugen und Übersetzungen
zusammenfaßt, die für die Seite des Textes vorhanden sind. Dann
kommt zuerst ein allgemeiner Apparat, mit handschriftlichem Material
, soweit wie möglich in Textfamilien klassifiziert, und zweitens
ein Apparat, der die Lesarten anführt, die den späteren griechischen
Übersetzungen zugeschrieben werden. Die Ausgabe hat
zwei Anhänge. Der erste führt dio verschiedenen gewöhnlichen
paläographischen und phonetischen Irrtümer an, die nicht im
Apparat genannt sind. Der zweite besteht aus Korrekturen des
Brooke-McLean Apparates und Zusätzen zu demselben.

Die Einleitung ist kurz. Sie gibt zuerst das griechische Toxt-
material, das vorhanden ist, Unzialschriften, Minuskeln, unbedeutende
Hss., die Papyri und die griechischen Väter. Die LXX-ba-
sierten Übersetzungen werden dann angeführt. Der Leser wird für
grundlegende Informationen, wie das Material zu bestimmen und
auszuwerten ist, auf die Einleitung zur Genesis vorwiesen. Für die
syro-hexaplarische Übersetzung hat er Belege aus neuerer und
neuester Zeit miteinbezogen, besonders die wichtige Pentateuch-
Hs. Tur'Abdin. Die verschiedenen Ausgaben des griechischen Deu-
teronomium sind aufgeführt. Tu Form einer Liste von Hss., nach
Gruppen geordnet, folgt die Rekonstruktion, die der Hrsg. von der
Textgeschiehte gemacht hat. Für weitere Information wird der Leser
auf einen unerläßlichen Begleitband verwiesen, Text History of
the Grcek Deuteronomy (Mitteilungen des LXX-Unternehmens
XIII. 1978). Die Minuskeln (plus einer Unzialschrift, G, und zwei
('IxTsrtzungen. die armenische und die syro-hexaplarische) sind
aufgeteilt in zehn Textfamilien. Eine Rezension, die hexaplarische,
besteht aus einer Hauptgruppe und zwei Untergruppen. Die Cate-
nen-Faniilie ist ebenso unterteilt. Dio anderen Gruppen sind eine
b Gruppe, verwandte d und t Gruppe, und/, n, s, y und z Gruppe.
Die y Gruppe ist stark beeinflußt von der Texttradition des Codex
Alexandrinus. Wevers sieht keine lukianische Verbindung in der
Gruppierung. (In ThGD, Kap. 2, untersucht und widerlegt Wevers
die Behauptung, daß n lukianisch ist.) Der Abschnitt über Textgeschichte
schließt mit einer Diskussion des Materials, das für die
Texte der Drei vorhanden ist. Es folgt ein Abschnitt über die technische
Gliederung der Ausgabe. Schließlich, nach einer Liste von
Symbolen und Abkürzungen, die deutlich macht, daß zehn Minuskeln
als gemischt zu klassifizieren sind, endet die Einleitung mit
einer Bibliographie. Zwei kleinere Mängel seien vermerkt: auf S. 11
ist Brooke-McLean's Sigel für 376 (c) ausgelassen und auf S. 50
soll .Dunant' natürlich .Dunand' sein.

Die LXX des Deuteronomium stellt zwei besondere Herausforderungen
an uns. Das rhetorische Stilmittel der Wiederholung
schuf infolge des Einflusses von Parallelabschnitten eine Menge von
Varianten. Diese müssen genauestens aufgelöst werden, soweit das
Material es erlaubt. Der zweite interessante Punkt ist die Auswertung
erstaunlich früher Papyri, die in fragmentarischer Form vorhanden
sind, 957 (2. Jh. v. Chr.), 847 und 848 (c. 50 v. Chr.) und
ebenfalls 9ü3 (2..Ib. n. Chr.). Wevers umfassende Schlußfolgerung
kann aus seiner separaten Studie von 957 herausgelesen werden:
,It is now fully established that the old Lagarde-Rahlfs-Mont-
gomery-Gehman approach to the LXX is in principle methodologi-
cally correct even though in detail matters have proved to be more
complicated' (CBQ 39. 1977 S. 244). Es ist faszinierend zu sehen,
wie Wevers im Detail diese beiden Herausforderungen beantwortet
, aber bedauerlicherweise sehen wir nur die Ergebnisse und nicht
die Arbeitssehrittc. (In der Tat diskutiert THGD weniger Abschnitte
, als man gehofft haben mag.) Manchmal spürt man. daß
stichhaltige Argumente auf beiden Seiten vorhanden sind und
Wevers' Schlußfolgerungen können noch kritisch untersucht werden
. Seine vielleicht gewagteste Lesart ist vis»' (anstatt uyyihov)
("hov in 32,8. Wevers folgt hior teilweise 848, das eine frustrierende
Lücke hat nach vi.G>v. Dio wesentliche Frage ist, ob vlü>r ein Fall
früher .Überarbeitung' nach dem Hebräischen ist, was Wevers gelegentlich
an anderer Stelle behauptet, indem er Belegmaterial der
Papyri widerlegt. In 23,25 scheint die Lesart von 957, iniX&ßt,
mit Recht abzulehnen zu sein, obwohl C. H. Roberts diese Lesart
unterstützt hat (Two Biblical Papyri in the John Rylands Library,
1936 S. 40; ebenso J. Hempel, ZAW55,1937 S. 118). Ihr Ursprung
liegt sicherlich in der Assimilation an die Präpositionen von V. 24.

Da ein wichtiger Gebrauch der Ausgabe der eines Hilfsmittels in
der hebräischen Textkritik sein wird, ist es interessant, sie mit
BHS Deuteronomium zu vergleichen. Ein gewisser Grad der Spannung
konnte schon vorausgesehen werden angesichts der verschiedenen
Ansichten von J. Hempel und J. Ziegler (ZAW 72. 1960
S. 237 -262; 73, 1961 S. 87-96). Es ist schwierig, im Prinzip zu sehen
, welche Wichtigkeit LXX-Varianten haben, die ohne Rückübersetzung
in dem einzigen Apparat der BHS zitiert werden, aber
aus Wevers Apparat ist es ersichtlich, daß er viele von ihnen als
rein innergriechischo Varianten ansehen würde. Parallelassimila-
tion oder itazistische Irrtümer, besonders tuün - jjuwv Varianten
in den frühen Kapiteln, oder Homoioteleuton zufolge. Sicherlieh
scheint Hempel Varianten nicht genügend Gewicht gegeben zu haben
: er hat sich auf einzelne Hss. konzentriert und es war dementsprechend
schwerer für ihn. ihre Lesarten im Licht der Gesamtentwicklung
des LXX Textes auszuwerten. Eine beeindruckende
Rekonstruktion dieses Textes wird in dem Band geboten.1

London J.eslie (!. Allen

1 Ich danke Sabine Kips für die Übersetzung.

Reiterer, Friedrich Vinzenz: Gerechtigkeit als Heil. J>~'-Z bei Deu-
terojesaja. Aussage und Vergleich mit der alttestameutliehen
Tradition. Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 1976.
226 S. gr. 8°.

Die unter der Betreuung von N. Füglister angefertigte und 1975
von der Salzburger Theologischen Fakultät angenommene Dissertation
ist für den Druck umgearbeitet und gekürzt worden. Ihr
geht es um die Untersuchung eines zentralen, wenn nicht überhaupt
des zentralen Schlüsselterminus dos Alten Testaments, der
mit einer Form oder Wortbildung von dem hebräischen Stamm
sdq gegeben ist. Dabei kommt es dem Autor stärker als bisher auf
die Berücksichtigung des Wortfeldes an, in welchem sdq Verwendung
gefunden hat, denn auf die isolierte Betrachtung dieses Terminus
. Das Ergebnis soll zeigen, „daß "iTVL mit verschiedenen Worten
je einen kontextuellen Worthorizont bildet, fm Zusammenhang
dieser Bezügo ergibt sich der Inhalt und spezifische Wortumfang
bzw. die Aufgabe, die p"lX im jeweiligen Kontext zu leisten hat"
(13). Daß der Einsatzpunkt bei Deutcrojesaja genommen wird,
liegt an der häufigen Verwendung von sdq innerhalb dieses „geschlossenen
Werkes" (ebd.). Das boi Deuterojesaja gewonnene Ergebnis
soll verglichen werden mit den Inhalten von sdq, die sieh aus
anderen literarischen Zusammenhängen des Alten Testaments ermitteln
lassen. Gedacht ist an Gesetzestexte (Bundesbuch, Deuteronomium
, Heiligkeitsgesetz), an die Spruchweisheit, an erzählerische
Dokumente (Jahwist, Elohist), an die Propheten vor Deuterojesaja
(Arnos, Hosea, Jesaja, Zephanja, Habakuk, Jeremia, Ezechiel
) und an die Psalmen. Außerdem soll Deuterojesajas Standort
innerhalb der alttestamentlichen Traditionen sichtbar werden, und
es gilt, seine Abhängigkeiten und Eigenständigkeiten aufzuzeigen.
Wicht ig für das Verständnis der Arbeit sind die methodischen Uber-
legungen, denen der Autor sorgsame Aufmerksamkeit widmet. Er
bezieht ganz entschieden Einsichten und Erkenntnisse der modernen
Linguistik ein (16-22). Die vorliegende Arbeit versucht, „auf
synchronem Wege Texte eines Autors zu untersuchen, denen gemeinsam
ist, daß die Wurzel piX anzutreffen ist. Nach der Abgrenzung
der Einheiten und der Feststellung der Funktion, die der Satz