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1980

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 2

98

Gnosis" und (speziell in dem Aufsatz) um die Maßstäbe, nach welchen
der „wahre Gnostikcr" die Christen der Großkirche und Anhänger
anderer gnostischer Gruppen mißt. Ks ist K.s Verdienst, die
alte Frage nach dem Verhältnis von Christentum und Gnnsis bei
der heutigen günstigen Quellenlage erneut zur Diskussion gestellt
zu haben. - R. MoL. Wilson: „The Trimorphic Protennoia"
(50-54) nennt eine Reihe von Punkten, die bei der Behandlung von
NHC XIII bedeutsam sind, vor allem die Präge, wie christlich der
Text ist. Zu beachten sind die grundsätzlichen Erwägungen dazu,
wie eigentlich ein ent-christlichter Text von einem solchen unterschieden
werden kann, „that is purely gnostic in origin" (52). -
„Prayer among the Gnostics?" (55-69). E. Segelberg bringt
Material aus den JJag-Hammadi-Texten (weiteres Material enthalten
die drei Jakobus-Schriften; vgl. auch Die drei Stelen des Seth!)
und fragt jeweils nach den Gründen für negative und positive Einstellungen
zum Gebet in gnostischen Kreisen. - An zentrale und
brisante Prägen der Gnosisforschung rührt C.-A. Keller: „Das
Problem des Bösen in Apokalyptik und Gnostik" (70-90. Wozu
diese ungewöhnliche Bezeichnung „Gnostik"?). Es geht hier nicht
nur um formale und inhaltliche Berührungen zwischen Apokalyptik
und Gnosis, sondern auch und vor allem darum, beide Phänomene
„als Exponenten umfassender sozialer und kultureller Vorgänge
" und nicht bloß als „abstrakte Geistprodukte" zu verstehen
(74). Dem kann man vorbehaltlos zustimmen, doch bleiben dann in
Aufnahme der Methoden von Bryan Wilson und Kenelm Burridge
(Response to the world; Myth-dream) letztlich doch die gesellschaftlichen
Ursachen für bestimmte Verhaltens- und Denkweisen
von „Gruppen" auf der Strecke - wie andererseits dem Spannungsverhältnis
zwischen dem „Transzendenzerlebnis" und der geschichtlichen
Bedingtheit seiner Gestaltwerdung besonders bei den
Ausführungen über die Gnosis nicht genügend Rechnung getragen
wird. Eine gründliche Auseinandersetzung mit diesem anregenden
Beitrag ist lohnend und unbedingt erforderlich. - Es folgen zwei
Arbeiten zum Manichäismus: J. Ries: „Commandements de la
justice et vie missionaire dans l'eglise de Mani" (93-106) über die
manichäischen Moralvorstellungen in Auswertung der koptischen
Kephaluia (Kap. 79-81, 84-85, 87 und 93); J.-D. Kaestli:
„L'utilisation des Actes apoeryphes des apötres dans le mani-
cheisme" (107-116). In drei Abschnitten werden die Fragen behandelt
, ob man von einem „Corpus" manichäischer Apostelakten
reden darf, warum und wie die Manichäer diese Texte lasen und
wann ihr Gebrauch aufkam.

Teil II enthält drei Arbeiten. „Unerkannte gnostisehe Schriften
in Hippolyts Refutatio" (119-137) sind nach J. Frickel: „Eine
gnostisch-allegorische Aratos-Paraphrase" (Ref IV 46,6-49,4),
„ein gnostisch-allegorischer Kommentar zu Empedokles" (VII
29,3-31,4) und „eine gnostisch-allegorische Exegese Heraklits"
(IX 9,1-10,8). Dieser neuerliche Beitrag F.s zur Quellenscheidung
in der Refutatio bietet zugleich wertvolles Material zum Thema
„Gnosis und Philosophie". - A. Le Boulluec, „Y a-t-il des traecs
de la polemique antignostique dTrenee dans le Peri Archön de
Origene?" (138-147). Die Frage wird vom Autor bejaht vind en
detail belegt. Trotz aller gravierenden exegetischen und theologischen
Unterschiede der beiden Schriftsteller gibt es in ihrer anti-
gnostisehen Polemik nach Inhalt und Form (Art der Argumentation
) wesentliche Übereinstimmungen. - Fragen von großer Tragweite
behandelt B. Aland: „Erwählungstheologie und Menschenklassenlehre
. Die Theologie des Herakleon als Schlüssel zum Verständnis
der christlichen Gnosis?" (148-181). B. A. möchte durch
ihre umsichtige Exegese der Herakleon-Fragmente und deren
Interpretation durch Origenes zur Lösung der für die gnostisehe
Soteriologie und Anthropologie so entscheidenden physei-sözome-
nos-Problematik beitragen. Sie kommt zu dem Ergebnis, daß es
sich bei den verschiedenen Menschenklassen resp. beim Begriff
„physis" nicht um eine „schöpfungsbedingte Naturanlage" handelt
, sondern um „die in der Reaktion auf den Soter zustandekommende
und sich äußernde Eigenart des einzelnen . . ." (181).
Die behutsam argumentierende Vfn. rechnet damit, daß auch andere
Schlußfolgerungen gezogen werden. Jedenfalls kommt man
auch in dieser Sache nur auf dem beschrittenen Weg minutiöser
Kleinarbeit an den Texten weiter. Nicht überlesen werden sollte
der Satz: „Herakleon will in der Nachfolge des Paulus stehen"
(181).

Der erste Beitrag von Teil III stammt von S. Arai: „Simonia-
nische Gnosis und die Exegese über die Seele" (185-203). Vf. versteht
Helena als „spätere Hinzufügung" zum gnostisierten Simonkult
und sieht „keinen Grund mehr, die simonianische Gnosis, die
hinter Iren. I 23,2 f. steht, - wie Beyschlag - den frühen Simonia-
nern abzusprechen und die simonianische Gnosis für eine ,Verein-
fachung' oder,Sekundärbildung' der zwei ursprünglich unabhängigen
Systeme des 2. Jahrhunderts ... zu halten" (195). In der aufschlußreichen
Anmerkung 53 auf S.196 rückt Arai davon ab, hinter
ExAn eine „Grundschrift" anzunehmen. Der Text ist von
Hause aus christlich-gnostisch und nicht erst sekundär christianisiert
. Im übrigen „könnte" ExAn „in ihren Wesenszügen zumindest
sachlich als simonianisch gelten" (202). - Den Band beschließt
M. Tardieu mit einer Studie zum Sethianismus: „Les livres mis
sous le nom de Seth et les Sethiens de l'Hcresiologie" (204-210), in
der er die Angaben der Haeresiologen vor allem mit der „Paraphrase
des Seem" (NHC VII.l) vergleicht. Seine abschließenden
Äußerungen (210) können wohl nicht als das letzte Wort in dieser
Sache angesehen werden. Die auffällige innere Übereinstimmung
einer Reihe von Texten, die z. T. auch formal mit dem „Sethianismus
" etwas zu tun haben, läßt jedenfalls den Versuch einer
Wesensbestimmung dieses Phänomens als sinnvoll und aussichtsreich
erscheinen.

Der englische Titel dos Bandes ist, obwohl er nur einen einzigen
Beitrag in englischer Sprache enthält, verständlich. Problematisch
erscheint mir aber die Gliederung in I.Gnosis, II.Gnostizismus,
III. Gnosis und Gnostizismus. Erstens, weil die beiden Begriffe im
deutschen Sprachgebiet sehr unterschiedlich gebraucht werden
und zudem mit „Gnosis and Gnosticism" nicht einfach kongruent
sind. Zweitens, weil sich die einzelnen Beiträge selbst gegen diese
Zuweisung sträuben. Dem Hrsg. gebührt Dank dafür, daß er die
Oxforder Vorträge allen Interessierten zugänglich gemacht hat,
wodurch die Diskussion um wichtige Detailfragen der Gnosisforschung
stimuliert und vorangetrieben wird.

Berlin Karl-Wolfgang Tröger

Hoffmann, Heinz [Hrsg.]: Paul Gerhardt. Dichter - Theologe -
Seelsorger, 1607-1676. Beiträge der Wittenberger Paul-Gerhardt
-Tage 1976 mit Bibliographie und Bildteil. Berlin: Evang.
Verlagsanstalt [1978]. 127 S. 24 Abb. 8°. Pp. M7,50; Ausland:
9,50.

Nach Auskunft des Hrsg. bestand das Ergebnis der Wittenberger
Tage in fünf Punkten: 1. neue Aspekte zu Werk und Zeit Paul
Gerhardts (= G.), 2. das Erlebnis des aktuellen seelsorgerlichen
Zuspruchs durch gottesdienstliche Verwendung des Werkes G.s,
3. der Nachweis zahlreicher Impulse auf das kompositorische
Schaffen durch die Dichtungen G.s, 4. die Verschränkung von
überdauernder Bedeutung und zeitgeschichtlicher Begrenztheit,
5. die ökumenische Wirkungsgeschichte der Lieder G.s (S. 8f). -
Der vorliegende Band ist „interessierten Fachleuten als auch der
mitdenkenden und mitsingenden Gemeinde gewidmet" (S. 9); publiziert
sind drei wissenschaftliche Referate (F. de Boor, Theologie,
Frömmigkeit und Zeitgeschichte im Leben und Werk Paul G.s;
E. Haufe, Das wohltemperierte geistliche Lied Paul G.s; Chr. Albrecht
, Die Vertonung der Lieder Paul G.s, insbesondere durch Johann
Georg Ebeling), ein Gemeindevortrag (W. Krusche, Paul G.
- heute gesungen), eine Predigt (A. Schönherr, Predigt über das
Lied „Warum soll ich mich denn grämen"), eine Bibliographie
(K.Ameln), Zeittafel und Bildteil, dem Erläuterungen des Hrsg.
vorausgeschickt sind. Das Beispiel G. vermag eindrücklich die ungewöhnlich
lebendige Frömmigkeit aufzuzeigen, deren die (übrigens
bis in diesen Band hinein) zu oft als starr und leblos charakterisierte
altprotestantische Orthodoxie fähig war!

M.P.

Nikolaou, Th.: Philipp Vielhauer (neugriech.) (DBM - 8, 1979
S. 138-141).

Schmidt, Jens-Uwe: Der Kriegsentschluß des Xerxes - ein Beitrag
zum Schicksalsverständnis des Herodot (WuD 15, 1979
S. 193-213).