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1980

Kategorie:

Kirchenrecht

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Neuerscheinungen

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925

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 12

926

befaßt sich der Vf. vor allem mit der Frage, wie gegenüber der
Zwangstheorie wieder deutlicher an den ursprünglichen Traditionsstrom
der Anerkennungstheorie angeknüpft werden könne. Dies
hat allerdings auch eine Auswirkung auf die Frage, welcher Personenkreis
durch kirchlich-rechtliche Normierungen überhaupt
verpflichtet werden kann bzw. verpflichtet werden soll. Bemerkenswert
ist hier ein Wandel, der in den Reformentwürfen zu einem
neuen kirchlichen Gesetzbuch greifbar wird. Denn während das
kirchliche Gesetzbuch von 1917 den Anspruch erhebt, grundsätzlich
alle Getauften zu verpflichten (vgl. c. 12 i. V. m. c. 87 CIC),
gehen die .Reformentwürfe davon aus, nur mehr diejenigen zu verpflichten
, die tatsachlich der katholischen Kirche zugehören und
sich nicht von dieser durch einen formalen Akt oder offenkundig
losgesagt haben, vgl. cc. 263, 319 § 1 Schema documenti pontificii
quo disciplina canonica de sacramentis recognoscitur, Typ. Pol.
Vat. 1975; c. 12 Schema canonum libri I de normis generalibus,
Typ. Pol. Vat. 1977.

Es sei noch angemerkt - was den Wert der von P. vorgelegten
Arbeit aber nicht herabzusetzen vermag -, daß die auf S. 132A.
180 erfolgte Einordnung von Hans Barion und Joseph Klein so
nicht zutreffend ist. Denn es ist gerade Barion gewesen, der den
Nachweis erbracht hat, daß der bekannten These Rudolph Sohms
vom Widerspruch zwischen Kirche und Recht eine glaubensmäßige
Vorentscheidung zugrunde liegt, eine Vorentscheidung, die sich wie
folgt umschreiben läßt: „Kirche und Recht sind darum unversöhnlich
, weil religiöse Wahrheiten rechtliche Struktur nicht annehmen
können, ohne ihr innerstes Wesen aufzugeben" (H. Barion, Rudolph
Sohm und die Grundlegung des Kirchenrechts, Tübingen
1931, 13). Sohm sieht, wie Barion hervorhebt, „das wesentliche
Element des Glaubens im Willen, nicht im Intellekt; für ihn ist die
fides, quae creditur, nichts, die fldes, qua creditur, alles" (ebd. 25).
In dieser Kritik an der These vom Widerspruch zwischen Kirche
und Recht hat sich Klein nun aber Barion angeschlossen.

Schließlich sei noch in formaler Hinsicht darauf hingewiesen,
daß es unbefriedigend ist, wenn Zitate mal in deutscher Übersetzung
, mal in der Originalsprache wiedergegeben werden; vgl.
z. B. die uneinheitliche Wiedergabe von Konzilsdokumenten auf
S. 143ff und 240. Es sollte doch daran festgehalten werden, Zitate
im Haupttext in der Ubersetzung und in den Anmerkungen, wenn
nötig, in der Originalsprache wiederzugeben.

Bonn Peter Krämer

Basier, Gerhard: Preußische Kirchenpolitik in der Bismarckära.
Die Diskussion in Staat und Evangelischer Kirche um eine Neuordnung
der kirchlichen Verhältnisse Preußens zwischen 1866
und 1872. Mit einem Vorwort v. K. Scholder. Berlin - New York:
de Gruyter 1980. XIII, 608 S. gr. 8° = Veröffentlichungen der
Historischen Kommission zu Berlin, 49. Lw. DM 176.-,

Cympenhausen, Axel v., Hartmut Böttcher: Kirchenrechtstagung
in Heidelberg 1979 (ZEvKR 24, 1979 S. 364-371).

-: Kirchenjuristentagung 1979 (ZEvKR 24, 1979 S. 374-379).

Dombois, Hans: Ökumenisches Kirchenrecht heute (ZEvKR 24,
1979 S. 225-249).

Dreier, Ralf: Entwicklungen und Probleme der Rechtstheologie
(ZEvKR 25, 1980 S. 20-39).

Grethlein, Gerhard: Die Autonomie der Kirche: Freiraum und
Grenzen bei der Gestaltung der Dienst- und Arbeitsverhältnisse
im Blick auf die Personalplanung (ZEvKR 24,1979 S. 270-315).

[Güldenpfennig, Wolfgang:] Das Recht im Dienst einer diakonischen
Kirche. Freiheit und Bindung. Wolfgang Güldenpfennig
zum 75. Geburtstag gewidmet, hrsg. v. T. Schober. Stuttgart:
Quell Verlag 1980. 288 S. 8° = Handbücherei für Zeugnis und
Dienst der Kirche, III.

Hanau, Peter: Zum Verhältnis von Kirche und Arbeitsrecht
(ZEvKR 25, 1980 S. 61-70).

Krämer, Werner: Konsens und Rezention. Verfassungsprinzipien
der Kirche im Basler Konziliarismus. Mit Edition ausgewählter
Texte. Münster/W.: Aschendorff 1980. VII, 477 S. 8° = Beiträge
zur Geschichte der Philosophie und Theologie des Mittelalters
. Texte und Untersuchungen. N.F. 19. Kart. DM 120,-.

Minke, Hans-Ulrich: Aspekte der Oldenburgischen Kirchenordnung
von 1950 (ZEvKR 24, 1979 S. 249-269).

Troje, Hans Erich: Das Examen als Strafprozeß. Zur Juristenausbildung
heute (EK 13, 1980 S. 83-85).

Weispfenning, Walter: Neuere Entwicklung des Verhältnisses von
Staat und Kirche in Hessen (ZEvKR 24, 1979 S. 315-339).

Von Personen

Walter Uhsadel zum 80. Geburtstag

Der emeritierte Ordinarius für Praktische Theologie, Professor
D. Dr. Walter Uhsadel, vollendete am 28. Juni d. J. in Hamburg
sein 80. Lebensjahr. Er gehörte in den Jahren von 1956 bis 1965
zur Evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Tübingen.

In einem kurzen Rückblick auf seinen Lebensweg möchte man
vor allem dies hervorheben: Walter Uhsadel verkörperte, noch
einmal, den Typ des Professors für Praktische Theologie alter
Schule, und: Er stellte entscheidende Weichen für die Weiterentwicklung
dieser theologischen Disziplin.

Zum Einen: Uhsadel brachte nicht nur die ohnehin erforderlichen
wissenschaftlichen und akademischen Qualifikationen mit in
seine Professur ein, sondern auch vielfältige, langjährige Erfahrungen
aus dem Amt des Gemeindepfarrers in der Großstadt. Nach
seinen eigenen Worten: Die erste Hälfte von über 50 Jahren tätigen
Lebens gehörte dem unmittelbaren Dienst an der Gemeinde. Als
Pastor der Evang.-lutherischen Kirche in Hamburg wirkte er in
Alt-Barmbeck, an St. Gertrud und in Alt-Cuxhaven.

Die zweite Hälfte galt dem Lehramt an mehreren Universitäten.
Der Einstieg: 1950 als Dozent für Religionspädagogik am Pädagogischen
Institut der Universität Hamburg mit Lehrauftrag an der
1954 gegründeten Evang.-theologischen Fakultät. Dort hat ihn
auch der Unterzeichnete im katechetischen Seminar kennengelernt
. - Der Höhepunkt: 1956 als Nachfolger von Hermann Faber
zum Ordinarius nach Tübingen berufen; seit 1959 auch einer breiteren
Öffentlichkeit im Amt des Frühpredigers an der Tübinger
Stiftskirche bekannt (in den Jahren 1958 bis 1962 war der Unterzeichnete
sein wissenschaftlicher Assistent). Der Ausklang: Nach
seiner Emeritierung offizielle Lehrstuhlvertretungen an den Universitäten
in Wien und Heidelberg.

Zum Andern: Walter Uhsadel war - noch - in allen drei Teilbereichen
seines Faches gleicherweise zuhause: in der Homiletik wie
in der Katechetik wie in der Poimenik. Ihm gelang es - zum letzten
Mal? - im Alleingang das Gesamte der Praktischen Theologie auch
literarisch zu bearbeiten: Bandl „Die gottesdienstliche Predigt
(Evangelische Predigtlehre)" 1963. Band II „Evangelische Er-
ziehungs- und Unterrichtslehre" 1954; 2. Aufl. 1961. Band III
„Evangelische Seelsorge" 1966.

Wer diese dreibändige „Praktische Theologie" einmal gründlich
durchgearbeitet hat, der schlägt auch heute noch immer wieder
dankbar darin nach. In einer Art Übergangszeit zwischen der unmittelbaren
Naclikriegsära und der jetzigen Generation hat Uhsadel
seinem Fach den wichtigen Dienst getan, es zu öffnen für das
Gespräch mit den Humanwissenschaften. Der Prediger muß nicht
nur vom Text, von der Exegese und von Dogmatik etwas verstehen
, sondern auch vom Menschen, dem er predigt; für die Umsetzung
des biblischen Wortes auf der Kanzel bedarf der Prediger
auch der Einsicht in psychologische und soziologische Erkenntnisse
. Für einen modernen Unterricht, in Schule und Kirche, bedarf
der Lehrer auch des gewissenhaften Studiums von Pädagogik
und Didaktik. Für das seelsorgerlicho Gespräch bedarf der Pfarrer
auch einer intensiven Auseinandersetzung mit der Frage: Was
haben Psychotherapie und Seelsorgo miteinander zu tun?

Was daran heute so selbstverständlich erscheint, das mußte alles
einmal begonnen werden. Walter Uhsadel hat schon in seiner
Dissertation von 1935 damit begonnen, die Kirche, speziell ihren
unterrichtlichen Dienst, für die pädagogischen Neuansätze der