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Ausgabe:

1980

Spalte:

902-903

Kategorie:

Dogmen- und Theologiegeschichte

Autor/Hrsg.:

Mostert, Walter

Titel/Untertitel:

Menschwerdung 1980

Rezensent:

Plathow, Michael

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 12

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vater. Für die Bearbeitung der augustinischen Christologie fordert, Doch ist der Christus-Logos, der die lormideen in weh enthalt,

Gerlings die Berücksichtigung der Holle Christi in der augustini- damit innerer Grund, gleichsam exemplum der Schoptung.

sehen Frömmigkeit (ein Gesichtspunkt, der jedoch schon bei Das Bestreben des Vf., jeden neu auftauchenden Gegenstand

Scheel durchaus eine Rolle spielt) und zieht dementsprechend die auch wenn er nicht zur Christofe gehört, möglichst umfassend

Predigten Augustins starker heran. In dem Forschungsüberblick zu behandeln, hat zur Folge, daß die Darstellung oft sprunghaft

wäre ein Hinweis auf E. L. Fortin« angebracht gewesen. Fortin wirkt und durch viel Stoff, der nicht die Sache betrifft und zu dem

hat gezeigt, daß Augustin in ep. 137 den neuplatonischen Begriff auch nichts Neues zu sagen war, belastet wird. Zu. den besten

üovyxvro< zZa>S christologisch fruchtbar macht und damit Partien des Buches gehören die im Anschluß an de Menasce*

schon Gedanken von Chalkedon vorwegnimmt. Dieses Thema geführten Untersuchungen über AugustiiwVerhältnis zur Lnn-

wird dann in der vorliegenden Arbeit auf S. 11 lff ohne Rückgriff stusfrömmigkeit und Christologie der Maniehaer.

auf Fortin angeschlagen. Mainz Rudolf Lorenz

Der Vf. entscheidet sich für eine systematische statt einer _

chronologischen Darstellung seines Gegenstandes. So behandelt er . _ . .._ ----■ «.i^.

Tjr t- i i, i "T~ ,_ rv*_l_i „ a»o. Scheel: Die Anschauung Augustins über ChriBti Person und verk. luom

zunächst die Frage naeji der dogmatischen Denkform Augustins. gen H Le|Pjlg 1901,

E» ergibt sich, daß Augustin theozentrisch und nicht christozen- •T.'j.Van Bavel: Rccherches sur la christologie de s. Augustin. Freiburg

trisch denkt. Augustin geht von der Einheit Gottes aus (dazu sei Behauptung, daß l'orphvrlus die Ideen aus der intelligiblen Welt in den

ergänzend bemerkt, daß Polman gewichtige Einwände hiergegen „inneren Menschen" verlegt ond damit f^j^S^^^KJ^i

—i- , ,' , ~ . ■ .. °_:„; Logoslchrc) vollziehe, wird von W. Theiler, auf den sich der Vt. aul s. l^A. io

seilend gemacht hat5) und von der inseparabilis operatio trini- {jJnJJj njcr,t gedeckt. Tlieiler spricht lediglich von einem anthropozentrischen

tatis ad extra. Das führt dazu, daß Augustin keine Lösung für die Interesse SÄ:«!S*«i,M au V slecle. Paris 1959

■rrage bietet, warum die von allen drei tnnitariscnen .Personen be- g ujff'yoltin wird von oeerlings nur auf s. 105 beiläufig erwähnt,

wirkte menschliche Natur Christi nur zum Sohne in Beziehung " ■ A. D. lt. I'olman: ^heologto van Augustinus. Bd. II. De Leer van God hij

tritt und nicht zu den beiden anderen Personen. Auch dränge der Au«™>™* Menasce: Augustin IftnkMwi Freundesgabe E. lt. Curtins. Bern

in sich geschlossene Charakter der augustinischen Trinität (Im- 1956. s. 79-93.
nianenztrinität) heilsgeschichtliche Gedanken zurück.

Es folgt nach der Darstellung der Gottes- und Trinitätslehre ein
Kapitel über die dogmatischen Grundzüge der augustinischen

Christologie. Hier wird die Inkarnationslehre behandelt. Grund Mostert, Walter: Menschwerdung. Eine historische und dogma-

der Inkarnation ist der absolute, freie Wille Gottes; ihr Anlaß ist tische Untersuchung über das Motiv der Inkarnation des Gottes-

der Sündenfall des Menschen, den die Barmherzigkeit Gottes gohnes bei Thomas von Aquin. Tübingen: Mohr 1978. V, 189 S.

heilen will. Die Christologie Augustins wird in drei Thesen zusam- gr go _, Beiträge zur historischen Theologie, 57. Lw. DM 65,-.
mengefaßt, wobei sich das Interesse Augustins von These 1 und 2

z« These 3 verschiebt: 1) Die Sapientia oder der Logos hat sich mit In seiner 1976 von der Theologischen Fakultät der Universität
einem Menschen umkleidet. 2) Der Logos, die zweite göttliche Per- Zürich als Habilitationsschrift angenommenen Arbeit „Menschen
, nimmt eine menschliche Natur in die Einheit seiner Person werdung" behandelt W. Mostert das Motiv der Inkarnation der
auf. 3) Jesus Christus ist eine Person in zwei Naturen. zweiten Person der göttlichen Trinität: hat die Menschwerdung

Der Schwerpunkt der augustinischen Inkamationslehre liegt die Sünde und den Sündenfall zur Voraussetzung oder gibt es ein
beim Handeln des Logos, woraus eine gewisse monophysitische anderes Motiv für die Inkarnation, wie etwa die Vergöttlichung
Tendenz folge. Das werde dadurch verstärkt, daß Augustin sowohl der Menschheit entsprechend einer geschichtsphilosopluschen Ver-
die Zusammensetzung des Menschen aus Seele und Leib, bei wel- volikommnungstheorie? W. Mostert unterscheidet so zw.schen
eher die Seele den Vorrang hat, als auch die Sprachtheorie, nach einer bedingten und einer unbedingten Inkarnation. Für lhomas
welcher das innere (gedachte) Wort dem äußeren (gesprochenen) von Aquin - die Studie konzentriert s.ch auf die Analyse yon
Wort übergeordnet ist, zur Verdeutlichung der Lehre von den Summa Theologica III 1,3: „Utrum, si homo non peccasset nihil-
swei Naturen des Cliristus benutzt: wie Seele und inneres Wort ominus Deus incarnatus fuisset" - arbeitet er die bedingte Inkarnat
der Logos den höheren Rang. nation heraus (160). Dabei ist die thomanische Christologie durch

Die von Scheel schon erörterte Frage, wie die Einheit göttlicher drei Gesichtspunkte gekennzeichnet, die wiederum in Korrespon-
und menschlicher Natur im Erlöser zustande komme, beantwortet denz zur thomanischen Anthropologie stehen: (a) Die Menschwerder
Vf. mit der anthropologischen Analogie. So wie die leib-see- dung Jesu Christi ist auf die Sünde bezogen und von dieser befische
Einigung durch eine intentio (Willensrichtung) der Seele dingt; entsprechend ist es der sündige Mensch, der in das Inkarna-
bewirkt wird, so die Einigung von Gott und Mensch durch eine tionsgeschehen soteriologisch hineingenommen ist. (b) Die zweite
intentio, einen Willensakt Gottes (S. 113). Person der göttlichen Trinität, also nicht die göttliche Natur, ist

Die menschliche Natur Christi stellt die zukünftige Seinsweise Mensch geworden; damit bleibt der Unterschied zwischen gott-
des Menschen exemplarisch als Vorbild dar. Der Vf. betrachtet den licher und menschlicher Natur gewahrt, (c) Der gottliche Logos hat
Exemplumbegriff (zu diesem Thema s. Scheel S.418ff) als Mitte eine einzelne Menschennatur angenommen; so bleibt Gott dem
der augustinischen Christologie. Das folge aus den dogmatischen einzelnen Menschen gegenüber trotz der Inkarnation doch der
Grundlagen dieser Christologie - wobei wiederum angemerkt wer- schlechthin Externe (1731'f; vgl. 168f). Allerdings - so stellt W. Moden
muß, daß dies dem Leser nicht hinreichend deutlich gemacht stert S. 168 fest - legt sich in Thomas' Inkarnationsverstandnis
wird. »»der metaphysisch-philosophische Perfektionsgedanke über den

Der Begriff exemplum wird eingehend untersucht. Der Vf. ver- religiösen Gedanken der Gnade". Das aber hat zur Folge, daß

folgt die pädagogische Verwendung von exemplum in Augustins Thomas in der Soteriologie „so stark auf die opera" drangt (61),

Christologie. Christi menschliche Natur ist exemplum als „Milch" daß der Mensch also die Gerechtigkeit durch die Werke zu errei-

für die Unmündigen. Und auf Christus zielt die pädagogische chen vermag, was den Gedanken von einer Selbstverwirkhchung

Reihe von exempla, welche die Väter des Alten Bundes und die bestärkt. Nicht wird von Thomas beschrieben, inwiefern das

Propheten bilden. Dabei hebt Augustin gegenüber den exempla Motiv der bedingten Inkarnation in Gottes Zorn und Gnade seinen

virtutis die exempla fidei hervor. Christus selbst ist exemplum letzten Grund oder seine Entsprechung hat; auch W. Mostert geht

humilitatis und resurrectionis. Sein Beispiel wird wirksam durch nicht auf dieses Thema ein. Die attackierte Gegenposition ist nach

das adiutorium gratiae, eine innere Gnadeneinwirkimg (dazu s. W. Mostert für Thomas von Aquin die unbedingte Inkarnations-

sehon Scheel S. 42öff). theorie; in S Th III 1,3 nennt Thomas deren Gründe in den fünf

Augustins Soteriologie zeigt kaum kosmologisches Interesse. Argumenten und widerlegt sie: es gibt (a) keine Vielfalt von Moti-

Doch meint der Vf., die Tatsache, daß Christus Träger der wirken- ven für die Inkarnation (68f), ebenso (b) keine unendliche Aus-

den Schöpfungsideen ist, welche Urbild der irdischen Abbilder sind, Wirkung der göttlichen Macht durch ein Geschöpf in Richtung auf

in den Bereich des Exemplumbegriffs einordnen zu können. Zwar die Vollendung des Kosmos (71ff); auch o) hat die geschöpfliche

spricht Augustin in seiner Schöpfungslehre nicht vom exemplum Natur nicht die Fähigkeit zur Vereinigung mit Gott (90ff). Schließ,

der intelligiblen Welt, sondern von ideae oder rationes aeternae. lieh sind weder (d) die ewige Vorherbestimmung der Menschwer-