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1980

Kategorie:

Religionspädagogik, Katechetik

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 11

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kein, wie sie es jetzt im Israelland brauchen — haben Christen
klare Einsichten und feste Verhaltensformen entwik-
kelt? Christen lebten seit der Französischen Revolution
weithin in säkularen Staaten — gibt es für den Israelstaat
eine Lösung zwischen den beiden Unmöglichkeiten: dem
vollsäkularisierten und dem konsequent-religiösen Staat?

Hans Hermann H e n r i x , Ökumene aus Juden und Christen
. Ein theologischer Versuch. Das Wort Ökumene, ursprünglich
Bezeichnung für die bewohnte Welt, wurde im
theologischen Sprachgebrauch verkürzt auf ein innerchristliches
Phänomen: es geht um faktische Trennung und zukünftige
Einheit der Christen und der Kirchen — unter Ausschluß
der Juden und des Judentums, die damit dem Kreis
der übrigen Religionen zugerechnet werden. H. H. Henrix
fordert demgegenüber die Einbeziehung der Juden, weil
Christen auf die Verständigung mit ihnen wesensmäßig angewiesen
sind. Was die Christologie angeht, sind Christen
von Juden nicht nur geschieden, sondern auch mit ihnen
verbunden, weil Gott als Jude Mensch wurde, was die Kirche
betrifft, so entspringt sie im Geheimnis Israels, hinsichtlich
der Heilsökonomie gilt es, an einer gegenwärtig-aktuellen
Zeitgenossenschaft von Synagoge und Kirche festzuhalten
. Ein solche lebendige Gegenwärtigkeit wird auch vom
Konzil und durch die Liturgie bestätigt. Viele Schwierigkeiten
, Asymmetrien, stehen einer Verständigung im Wege,
aber trotzdem ist eine Einbeziehung des Judentums möglich
und nötig, nicht zuletzt zur Lösung innerchristlicher Streitfragen
wie das Verhältnis von Schrift und Tradition oder
das Verständnis des Priestertums. Es gibt (nach K. Barth)
nur eine große ökumenische Frage: der Christen Beziehung
zum Judentum.

Ein Geleitwort von Philipp B o o n e n , eine Einführung
von Hans Hermann Henrix und Martin S t ö h r, dann
Verzeichnisse von Bibelstellen, Sachen und Personen, zuletzt
die Viten der Mitarbeiter umrahmen und vervollständigen
das Buch, das Uber- und Durchblicke gewährt und eine Fülle
von Anregungen vermittelt.

Tübingen Reinhold Mayer

Müller, Erich: Aegidius Jais (1750-1822). Sein Leben und
sein Beitrag zur Katechetik. Freiburg — Basel — Wien:
Herder [1979J. XVIII, 590 S., 1 Taf. gr. 8° = Freiburger
Theologische Studien, 108. Kart. DM 72,-.

P. Aegidius Jais teilt das Schicksal vieler Theologen aus
der Zeit der Aufklärung und Romantik: die neuscholastische
Restauration hat sie und ihre Werke verdrängt und in
Vergessenheit geraten lassen. Obwohl mittlerweile das früher
vorwiegend negative Urteil über diese theologiegeschichtliche
Epoche gründlich revidiert worden ist, nicht zuletzt
dadurch, daß viele Detailuntersuchungen vorgelegt
wurden, gibt es doch noch beachtliche Forschungslücken.
Diese hinsichtlich der Biographie und des katechetischen
Werkes von Jais geschlossen zu haben, ist das Verdienst der
vorliegenden Studie von E. Müller, einer von der Theologischen
Fakultät der Universität Freiburg i. Br. angenommenen
Dissertation.

A. Jais war der Sohn eines Geigenmachers in Mittenwald.
Nach seiner Schulzeit in Benediktbeuern und München trat
er 1769 in den Benediktinerorden ein. 1776 wurde er in
Benediktbeuern zum Priester geweiht. Zunächst wirkte er
als Beichtvater am Wallfahrtsort Maria Piain bei Salzburg.
1778 wurde er Lehrer am Gymnasium in Salzburg, 1784 Professor
der „zweiten Rhetorik" und Studienpräfekt. Ab 1788
war er vier Jahre als Dorfpfarrer in der Jachenau tätig, anschließend
war er weitere vier Jahre Novizenmeister der
Bayerischen Benediktinerkongregation in Rott am Inn.
Nach der Aufhebung von Benediktbeuern wurde Jais als
Professor der Moral- und Pastoraltheologie an die Universität
Salzburg berufen; 1805/06 war er Rektor dieser Universität
. 1806 folgte Jais Ferdinand von Toskana als religiöser
Erzieher seiner Kinder an den Hof von Würzburg.
Nach einem kurzen Aufenthalt in Florenz, wohin Ferdinand
1814 zurückkehrte, verbrachte Jais seinen Lebensabend
in Benediktbeuern, wo er als Seelsorger und theologischer
Schriftsteller tätig war.

Diese bewegte Biographie von Jais hat E. Müller bis ins
Detail aufgearbeitet; in subtiler Kleinarbeit hat er dafür
bisher ungenutztes archivalisches Material in großem Umfang
erschlossen. — Einen zweiten Schwerpunkt der Untersuchung
von E. Müller bildet die „eingehende Bearbeitung
der Katechismen von Jais nach ihrem kerygmatischen Gehalt
und ihrer didaktischen Gestalt" (XVII). Auch hier geht
der Vf. mit höchster Akribie vor. Nach einer Skizze der katechetischen
Situation im Zeitraum des Wirkens von Jais,
wobei die damalige Lage in Würzburg ausführlicher berücksichtigt
wird, wird Jais' katechetisches Werk chronologisch
vorgestellt. Ein längerer Abschnitt dokumentiert den
Streit um die Einführung des Katechismus von Jais als
Landeskatechismus in Würzburg. Im dritten Teil werden
die Grundzüge des katechetischen Entwurfs von Jais systematisch
dargestellt; seine Katechismen und katechetischen
Handbücher werden mit zeitgenössischen theologischen und
katechetischen Anschauungen verglichen sowie auf ihre
Quellen hin untersucht.

Aufgrund der Untersuchung von Erich Müller kann sich
der Leser zum ersten Mal ein umfassendes Bild über diesen
bedeutenden Vertreter der damaligen katechetischen Erneuerungsbewegung
verschaffen. E. Müller schränkt zwar
ein: „Jais' Einmaligkeit und Bedeutung liegt nicht im Theologischen
" (474). Seine eigentliche Bedeutung liegt in seiner
Tätigkeit als Volksbildner. Gleichwohl war er ein genauer
Kenner der geistigen Situation seiner Zeit, einschließlich
der theologischen und pädagogischen Strömungen. Er trug
wesentlich dazu bei, den Rationalismus der Aufklärung zu
überwinden. Sowohl die christozentrische und heilsgeschichtliche
Orientierung innerhalb der Theologie, wie sie
insbesondere von seinem Freund J. M. Sailer vorangetrieben
worden ist, als auch zeitgenössische pädagogische Anschauungen
hat er in seinem katechetischen Werk verarbeitet
. Er trug damit zu einer entscheidenden Neuorientierung
innerhalb der Katechese und Katechetik bei: Jais
rückt vom formelhaften Schema der nachtridentischen Katechismen
ab; statt von einem in sich geschlossenen Lehrgebäude
geht er entschlossen von der Umwelt des Kindes,
seinen Bedürfnissen und Fähigkeiten aus. „In der Form
zeugen die verständliche Sprache, der einfache Satzbau,
kurze bestimmte Fragen und anschauliche Erzählungen von
einer deutlichen Hinwendung zum Kind." Jais versteht Katechese
als erzieherisches Geschehen, das „mit der Aktivierung
von Verstand, Herz (Gewissen) und Willen hinführen
soll zur Tat und diese auf dem Weg der Angewöhnung
zur Haltung verfestigen soll" (474).

Diese Neuorientierung rief den Widerspruch von Vertretern
der traditionellen Schultheologie hervor; dogmatische
Versäumnisse und Einseitigkeiten wurden Jais vorgeworfen
. Auch wenn E. Müller der Nachweis gelingt, wie
sehr diese Vorwürfe der Stichhaltigkeit entbehren, konnte
sich Jais' katechetischer Ansatz in der Folgezeit nicht durchsetzen
; schließlich wurde er ganz verdrängt. In mehrfacher
Hinsicht erweist sich die Beschäftigung mit dem katechetischen
Werk von Jais als überraschend aktuell.

Würzburg AdoLf Exeler

Brill, Siegfried: „Nur" Ethik? Über Vermittlungsprobleme
in der religionspädagogischen Theorie und Praxis (EvErz
30, 1978 S. 260-269).

Grosch, Heinz: Pädagogische Aspekte des biblischen Verständnisses
vom Kind (Diakonie 4, 1978 S. 93—105).

Köster, Fritz: Religiöse Erziehung in Afrika — Ein Beispiel
(EvErz 30, 1978 S. 374-391).

Mehlhausen, Joachim: Die Bedeutung der Theologiegeschichte
für den Religionsunterricht (EvErz 30, 1978 S. 308
bis 320).

Monti, Emilio N.: Erziehung und Erziehungssysteme in Lateinamerika
(EvErz 30, 1978 S. 391-407).