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1980

Kategorie:

Neues Testament

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 11

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dem der Heidenapostel nämlich bis hin zu den Ereignissen
von Gal 2, 1—10 seinen speziellen apostolischen Auftrag
verschwiegen hatte, hat er ihn nun erst ganz kürzlich den
„Säulen" in Jerusalem kundgetan und damit, in neu erreichter
Übereinstimmung mit ihnen, eine Heidenmission ohne
Beschneidung ins Leben gerufen. Sie hat er in Galatien
erstmals praktiziert. Darum ließ er dort absichtlich die Beschneidung
aus. Diese neue Situation ist seinen Gegnern —
fernab von Jerusalem — noch unbekannt.

Man wird dem Vf., der auf dieser Grundlage seine weiteren
Thesen aufbaut, Mut zur historischen Hypothetik bescheinigen
. Ob man ihm zustimmen kann, hängt von vielen
exegetischen Einzelfragen ab. Jedoch ist schon die Annahme,
Paulus habe rund 14 Jahre vom Inhalt seiner Berufung
gerade auch in Jerusalem geschwiegen, so kurios, daß einer
positiven Rezeption der These zuviel im Wege steht.

Raisdorf b. Kiel Jürgen Becker

Fornberg, Tord: An Early Church in a Pluralistic Society.

A Study of 2 Peter. Lund: Liber Läromedel (CWK Glee-
rup) [1977]. VIII, 175 S. gr. 8° = Coniectanea Biblica, New
Testament Series, 9.

Der 2. Petrusbrief ist während der letzten zwanzig Jahre
zwar wiederholt kommentiert worden, aber eine eingehende
neuere Untersuchung der vielfältigen Probleme, die mit der
wohl jüngsten Schrift innerhalb des neutestamentlichen
Kanons verbunden sind, lag bislang nicht vor. Diese Lücke
ist jetzt durch die Studie von F. geschlossen.

Einleitend hinterfragt Vf. kritisch die dem 2Petr oft verliehenen
Etiketten „hellenistisch" und „frühkatholisch". Sodann
werden petrinische (u. a. die Beziehung zu IPetr) und
paulinische Traditionen, die in 2Petr Aufnahme fanden, mit
dem Ergebnis untersucht, daß 2Petr Paulus und Petrus als
die apostolischen Autoritäten der Kirche versteht und damit
eine Sicht teilt, die seit Ende des l. Jh. anzutreffen ist. —
Der sehr detaillierte und übersichtliche Vergleich zwischen
2Petr und dem von ihm benutzten Jud führt u. a. zu dem
überzeugenden Nachweis, daß 2Petr bei der Charakterisierung
der Gegner stärker das Moment der falschen Lehre
betont und eschatologische Akzente setzt, während im Jud
die Unmoral der Gegner im Vordergrund steht. — Bei der
Erörterung der Eschatologie des 2Petr verweist F. auf die
Schwierigkeiten, die die urchristliche Eschatologie griechischem
Denken bereitete, und zeigt, wie 2Petr unter Aufnahme
hellenistischer Terminologie die Eschatologie interpretiert
. Interessant ist hier vor allem die gründliche Exegese
von 1, 4, wonach die bei der Parusie zu erwartende
Teilhabe an der göttlichen Natur die Unsterblichkeit bezeichnet
; dabei werden auch Linien zu Paulus (IKor 15,42 f.;
Rom 8,29 f.) gezogen. In diesem Abschnitt vermißt man
freilich ein Gesamtbild der Eschatologie des 2Petr, wobei
etwa deren Verhältnis zur Christologie bzw. die stark individualistische
Perspektive kritisch erörtert würde. — In
dem Kapitel über die Ethik des 2Petr wird die Eschatologie
als Grund der Paränese herausgearbeitet und die Betonung
der Notwendigkeit guter Werke zur Rettung mit dem durch
die heidnische Umwelt beeinflußten moralischen Verfall
der Adressaten begründet.

Besondere Beachtung verdient der Abschnitt, der sich mit
mehreren Aspekten des geistigen Milieus der Leser der
2Petr beschäftigt. Hinsichtlich der Sprache zeigt F., wie hellenistische
Begriffe und Wendungen in 2Petr (vor allem
1, 4.16) mit christlichem Inhalt gefüllt sind, und charakterisiert
die Sprache des Briefes als gutes Griechisch mit semitischem
Einfluß durch Gebrauch der LXX. Auf die teilweise
gesuchte Ausdrucksweise und die damit verbundene Zuweisung
des 2Petr zur Rhetorik des Asianismus (z. B. durch
B. Reicke) geht F. leider nicht ein. — Für die Darstellung
des sozialen Milieus werden die soziologisch orientierten
Arbeiten von G. Theißen für die Situation des 2Petr fruchtbar
gemacht. F. betont die Existenz christlicher Gemeinden

vor allem in den Städten und die Gefahren heidnischer Beeinflussung
. — Hinsichtlich des ethischen Milieus ist nach F.
zu berücksichtigen, daß die größtenteils aus den unteren
Schichten kommenden Christen mit der philosophischen
Ethik nicht vertraut waren und ihnen die christliche Ethik
nach der ersten Glaubensbegeisterung als zu streng erscheinen
konnte. — Abschließend wird die Christologie dargestellt
, vor allem unter Auswertung von 1,1. 3 f. 11; 3,2. F.
vermag zu zeigen, daß auch hier das Bemühen um Verständ-
lichmachung der Bedeutung Christi für Heidenchristen entscheidend
ist.

Die Frage nach den Gegnern, mit denen sich 2Petr auseinandersetzt
, durchzieht fast sämtliche Kapitel. F. zeichnet
von ihnen, wenn man die Details zusammenfaßt, folgendes,
von der gängigen Charakterisierung abweichende Bild: Es
handelt sich nicht um — vom Vf. des 2Petr v.omöglich mißverstandene
— Gnostiker; sie werden überhaupt keine ausgeprägte
Theologie vertreten haben, sondern Christen gewesen
sein, die sich den Ideen der heidnischen Umwelt
(ethischer Libertinismus, Ablehnung eines Weltendes) geöffnet
haben, weiterhin innerhalb der Kirche leben und mit
ihren Ansichten Unruhe stiften, zumal sie sich für ihre Haltung
u. a. auf Paulus beriefen (3,15 f.).

Es ist F. gelungen, unter kenntnisreicher Berücksichtigung
der christlichen, gnostischen und heidnischen Literatur
des 2. Jh. den Aussagegehalt des 2Petr von seinen Entstehungsbedingungen
her klar und weithin überzeugend
herauszuarbeiten. Zugleich ist damit ein wichtiger Beitrag
zur Erhellung von Problemen der frühen nachapostolischen
Zeit überhaupt geleistet worden. — Angemerkt sei, daß die
Freude bei der Lektüre dieses Buches durch die vorzügliche
Druckgestaltung noch erhöht wird.

Berlin Christian Wölfl

Arbeitman, Y.: The Suffix of Iscariot (JBL 99, 1980 S. 122
bis 124).

Cameron, Ron, and Arthur J. Dewey [Transl.]: The Cologne
Mani Codex (P. Colon inv. nr. 4780) „Concerning the
Origin of his Body". Missoula, Mont.: Scholars Press
[1979]. VII, 79 S. 8° = Society of Biblical Literature. Texts
and Translation, 15. Early Christian Literature Series, 3.

Carlston, C. E.; Proverbs, Maxims, and the Historical Jesus
(JBL 99, 1980 S. 87-105).

Fitzmyer, J. A.: The Aramaic Language and Study of the
New Testament (JBL 99, 1980 S. 5-21).

Globe, A.: Some Doctrinal Variants in Matthew 1 and Luke
2 and the Authority of the Neutral Text (CBQ 42, 1980 S.
52-72).

Hays, R. B.: Psalm 143 and the Logic of Romans 3 (JBL 99,
1980 S. 107-115).

Pokorny, Petr und Miloslav Klapus: Cviöebnice novozäkon-
ni rectiny (Übungsbuch für das neutestamentliche Griechisch
). Praha: Kaiich 1980. 119 S. 4°. Kcs 16,-.

Robbins, C. J.: Rhetorical Structure of Phil 2: 6—11 (CBQ
42, 1980 S. 73-82).

Kirchengeschichte: Allgemeines

Rivera, Jose R. de: Kommunikationsstrukturen in den geistlichen
Exerzitien des Ignatius von Loyola. Hamburg:
Buske [1978]. XIV, 233 S. 8° = Forschungsberichte des Instituts
für Kommunikationsforschung und Phonetik der
Universität Bonn, 71. Kart. DM 32,-.

Es macht den besonderen Reiz dieses Buches aus, daß hier
aus einer nicht-theologischen Perspektive das Hauptwerk
Loyolas untersucht wird. Dabei geht es zentral um „das in
der ignatianischen Strategie der Seelenführung enthaltene
Wissen über zwischenmenschliche Kommunikation" (VII).
Die Motivation für die Untersuchung ergab das von der