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Ausgabe:

1980

Spalte:

832-833

Kategorie:

Judaistik

Autor/Hrsg.:

Charlesworth, James H.

Titel/Untertitel:

The pseudepigrapha and modern research 1980

Rezensent:

Kümmel, Werner Georg

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 11

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regelmäßig das Grundanliegen des jeweils befragten Propheten
deutlich sichtbar: Protest gegen wirtschaftliche und
rechtliche Vergewaltigung sozial Schwacher, gegen den
Baalsdienst, überhaupt gegen einen Kultbetrieb, der eigenen
Interessen, nicht aber Jahwe dient, — Themen, welche im
theologischen Hauptteil, Kap. III, entfaltet werden. Dort beginnen
die einzelnen Prophetendarstellungen mit einem
Abriß von Zeit- und Wirkensumständen des betreffenden
Propheten. Das Besondere jeder Botschaft wird — wo möglich
— aus den individuell verschiedenen Bereichen der Gotteserfahrung
hergeleitet (Hoseas Ehe; Zusammenhang mit
der Berufung bei Arnos, Jesaja, Jeremia) und Kultkritik sowie
Auffassung von positiver, nicht kultbestimmter Jahwe-
Verehrung werden in den Rahmen der jeweiligen Gesamtverkündigung
gestellt. Arnos verwirft mit dem systemimmanenten
Unrecht seiner Zeit den gesamten Kult, der einer
legalisierten Ausbeutung die Weihe gibt und Jahwes Anspruch
auf das ganze Leben auf das „religiöse" Gebiet abdrängt
. Wahrer Gottesdienst heißt „Jahwe suchen" und im
„Zusammenprall von Interessen und Egoismen" des Alltags
„Recht schaffen". Hosea fordert anstelle des zum Baalsdienst
pervertierten Kultes „Erkenntnis Jahwes", die sich
als Antwort auf sein geschichtliches Handeln in „treuer Verbundenheit
" gegen Gott bewährt. Angesichts des „Heiligen
Israels" bekämpft Jesaja den Hochmut der Menschen, die
ihre Abhängigkeit von Gott vergessen, in politisch hochgefährdeter
Zeit aber Hilfe im Kult suchen, während nur
Recht und Gerechtigkeit Rettung bringen könnten. — Da
man bei allgemeiner Korruption auf Jahwes Nähe als Sicherung
vor Unheil baut, verkündet Micha den Untergang Jerusalems
und des Tempels. Im übrigen polemisiert er nicht
gegen den Kult, sondern zeigt, daß Jahwes Wille auf anderer
Ebene liegt. Jeremia sieht über das zu den Bealim
abgefallene Volk Unheil kommen und ruft dennoch zur
Umkehr. Religiöse Sicherheit, die sich auf opferreichen Kult
stützt und den Tempel als Gewähr für Gottes Gegenwart,
ja Verfügbarkeit nimmt, widerspricht dessen Willen, der zu
,hören', d. h. zu tun ist. — Nach dem Gottesbild der „Konfessionen
Jeremias" wird besonders gefragt und in diesem
Zusammenhang über seinen Konflikt zwischen prophetischem
Auftrag und menschlichem Mit-Erleiden gehandelt.
Neu entdeckt ist hier Jeremias „Leiden an den Versuchungen
seines Prophetenamtes", eine allerdings nicht zwingend
überzeugende Entdeckung, welche über die neutestament-
lich belegbare Verselbständigung von Charismata zustande
kommt. Ein quasi abgelöstes und gegen Gott ausspielbares
Charisma gibt es jedoch für Jeremia nicht, weil sein leidvolles
Prophetentum ganz auf die Gottesgemeinschaft abgestellt
ist. — Der abschließende Part gilt Jeremias Heilsverheißungen
. Die Echtheit des „Trostbuches" (Kap. 30/31)
wird wohlbegründet angefochten und der Kontrast zu den
echten Heilssprüchen Jeremias (für die im Jahre 597 Deportierten
, Kap. 24 u. 29; Ackerkauf Kap. 32) am Beispiel
des „neuen Bundes" demonstriert. — Natürlich bleiben Fragen
zu stellen. Der Wert der Arbeit wird dadurch nicht verringert
. In ihrer Prägnanz und Klarheit ist sie eine vorzügliche
Einführung in den Geist vorexilischen Schriftprophe-
tentums überhaupt.
Berlin Helgalinde Staudigel

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Daß es eine umfangreiche jüdische Literatur aus der Zeit
zwischen dem Abschluß des alttestamentlichen Kanons und
der Entstehung der rabbinischen Literatur gibt, ist einem
weiteren Kreis von Interessenten zu Beginn unseres Jahrhunderts
bewußt geworden durch die Ubersetzungen dieser
Schriften in den beiden Sammelwerken „Die Apokryphen
und Pseudepigraphen des Alten Testaments" (hrsg. von
E. Kautzsch, 1900) und „The Apocrypha and Pseudepigrapha
of the Old Testament in English" (hrsg. von R. H. Charles,
1913). Einen noch weiteren Kreis von Schriften aus diesen
Jahrhunderten machte P. Riessler in seiner Sammlung „Altjüdisches
Schrifttum außerhalb der Bibel" (1928) zugänglich
. Die Beschäftigung mit diesem Schriftenkreis, der für
die Kenntnis des frühen Judentums ebenso wichtig ist wie
für das Verständnis des Neuen Testaments und des frühen
Christentums überhaupt, blieb freilich trotz dieser (in den
letzten Jahrzehnten nachgedruckten) Sammlungen weitgehend
auf Spezialisten beschränkt, und so ist es sehr zu begrüßen
, daß in den letzten 10 Jahren an verschiedenen Orten
damit begonnen worden ist, diese Texte erneut in einer
den heutigen Kenntnissen entsprechenden Form und Breite
durch Übersetzungen zugänglich zu machen (neben den in
England und den Vereinigten Staaten in Vorbereitung befindlichen
Sammlungen in englischer Sprache haben als
Neubearbeitung des „Kautzsch" die „Jüdischen Schriften
aus hellenistisch-römischer Zeit" zu erscheinen begonnen,
über die G. Delling in ThLZ 101,1976 Sp. 114 ff., 500 ff., 914 ff.,
103, 1978 Sp. 419 ff., 104, 1979 Sp. 809 f. berichtet hat). Zugleich
ist die Forschung über diese Schriften wieder in Fluß
geraten, damit aber auch die Übersicht über diesen Forschungsbereich
schwieriger geworden. Es war darum sehr zu
begrüßen, daß G. Delling 1969 eine „Bibliographie zur jüdisch
-hellenistischen und intertestamentarischen Literatur
1900-1965" veröffentlicht hat (Texte und Untersuchungen
zur Geschichte der altchristlichen Literatur 106, Akademie-
Verlag Berlin), die in 2. Auflage bis 1970 fortgeführt worden
ist (Texte ... 106, 2, 1975; beide Bücher sind in der ThLZ
nicht angezeigt worden). Forschungen über die in den Sep-
tuaginta-Ausgaben zu findenden „Apokryphen" sind außerdem
bibliographisch erfaßt in „A Classified Bibliography of
the Septuagint", hrsg. von S. P. Broch, C. T. Fritsch und
S. Jellicoe (Leiden 1973; s. G.Bertram, ThLZ 100, 1975 Sp.
6711). Uber die Arbeit an den zahlreichen frühjüdischen
Schriften, die nicht zum hellenistischen Judentum gerech-