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Ausgabe:

1980

Kategorie:

Praktische Theologie

Titel/Untertitel:

Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 10

7S4

u.a.). Von den Liedern gilt: sie sind „Gottes-Wort, nicht zwar
per sc, . . . jedoch reduetive, ... weil sie sich auf dasselbe
gründen, und damit übereinstimmen" (Johann Martin Schame-
lius 1718, S. 52 nach JbLH 19, 1975, 151). Von den aufjerbibli-
schen Lesungen gilt: „Ihr Zeugnis soll als ein Bezeugen der
in der Kirche gegenwärtigen Kraft des Heiligen Geistes von
der Gemeinde gehört werden, wie sie das Zeugnis des Predigers
hört" (Die aufjerbiblische Lesung im christlichen Gottesdienst
... S. 63). Die Untersuchung der Geschichte der aufjer-
biblischen Lesung, die der Rez. nur bis in die Zeit Augustins
durchgeführt hat, sollte mit ebensolcher Genauigkeit wie R.s
Untersuchungen zur Liedpredigt bis in die Gegenwart fortgeführt
werden.

Zufällige Bemerkungen: Warum wird Paul Graff (Geschichte der alten gottesdienstlichen
Formen 1. Bd. (1937) mit Seiten und Anmerkungszahl zitiert
(S. 114). während Otto Schlifjke, Handbuch der Lutherlieder (1948) ohne Seitenzahl
zitiert wird (S. 23. S. 75), obwohl Graff ein genaueres Personenverzeichnis
hat als Schlißke? Tungerlarius (S. 64) gehört in das Jahr 1625 (nicht
1624), Signatur oder die Angabc .nicht auffindbar" fehlen, ebenso bei Georg
Heinrich Götze 1717 (S. 150).

Berlin (West) Hans Urner

Josuttis, Manfred [Hrsg.]: Gebot und Freiheit. Göttinger Universitätspredigten
zum Dckalog. Göttingen: Vandenhoeck &
Ruprecht 1980. 79 S. gr. 8° Göttinger Predigt-Hefte, 37.
Kart. DM 11,80.

Pcrry, Lloyd M. and John R. Strubhar: Evangelistic Preaching.
Chicago: Moody 1980. 214 S. 8°.

Rau, Eckhard: Predigt und Erzählung. Zu einem Handbuch über
protestantische Erzählliteratur (WPKG 68, 1979 S. 21-37).

Ruhbach, Gerhard: Meditation der Heiligen Schrift im Vollzug
(Theol. Beiträge 10, 1979 S. 72-83).

Rundfunkpredigt. Evang.-Luther. Sendungen über den Bayrischen
Rundfunk 1979. München: Evang. Presseverband f.
Bayern o. J. 383 S. 8°. Geb. DM 27,80.

Stählin, Traugott: Prediger und Predigt zwischen Säkularismus
und frommem Ghetto (WuD 15, 1979 S. 153-166).

Praktische Theologie:
Seelsorge/Psychologie

Zulehner, Paul Michael: Heirat - Geburt - Tod. Eine Pastoral
zu den Lebenswenden. Freiburg-Bascl-Wien: Herder [1976].
279 S. gr. 8°. Kart. DM 32,-.

Dem Buch liegen folgende Hauptgedanken zugrunde: 1. In
Lebenswenden begeht der Mensch Passageriten, um mit den
Gefühlen der Angst und der Hoffnung fertig zu werden. 2.
Dann bedarf er im Fragen nach dem Sinn einer religiösen
Antwort aus dem Transzendenten. In der westlichen, auch in
der österreichischen Gesellschaft ist das Sinnangebot pluriform
und führt zu Verunsicherungen. 3. Bis auf eine Minderheit von
Christen, die sich den Lehr- und Verhaltensnormen der (katholischen
) Kirche unterwerfen und darum in einer „Kontrasozia-
lisation" zur Gesellschaft existieren, leben die meisten (evangelischen
und) katholischen Christen praktisch so, dafj sie nur
Teile der christlichen Wahrheit akzeptieren. Sie sind „Auswahlchristen
". 4. Ihnen hat sich die Verkündigung und die Interpretation
von Sakramentshandlungen seelsorgerlich zu öffnen,
indem Gehalte christlicher Wahrheit unter Beachtung ihrer
spezifischen Erwartungen zu bezeugen sind. Immer wieder wird
die Meinung von H. Swoboda aus dem Jahre 1909 negativ
zitiert: „Ein schwerer Fehler der Seelsorge ist es, wenn nur
diejenigen bekehrt werden, die schon bekehrt sind."

Die Darstellung gliedert sich übersichtlich, freilich zum Teil
sich wiederholend, mit guten Zusammenfassungen in drei Teile.
Der 1. Teil (nach Vorwort und Einleitung, 11—14) behandelt
die „Grundlagen einer Auswahlpastoral" (15—48) und fafjt zum
größeren Teil die Ergebnisse früherer Arbeiten des Vf. zusammen
. Auswahlchristen stehen zur Kirche in partieller Identifikation
wie in freundlicher Distanz. Obwohl sie zentrale
Aussagen des Glaubens für unwesentlich halten, bleiben sie
doch Glieder der Kirche. Geraten sie jedoch an den Lebenswenden
in religiöse Not, so ist die Gelegenheit da, sie zur
Konversion zu führen durch ein Eingehen auf ihre menschlichen
Probleme, die eine Interpretation durch die christliche
Wahrheit erfahren müssen. Darüber kann dann auch eine
stärkere Eingliederung in die Gemeinde einsetzen.

Die quantitative und qualitative Stärke des Buches liegt im
2. Teil: „Pastoral zu den Lebenswenden" (49—230). Hier ist
der Abschnitt „Heirat" besonders klar ausgeführt (54—149).
Eine breite, auch mit statistischem empirischen Material angereicherte
Schilderung der heutigen Ehe- und Familiensituation
wird unter dem Aspekt der „Ambivalenz zwischen Glück und
Verdammung" gebündelt. Das Traubegehren gegenüber der
Kirche kommt aus der Unsicherheit junger Paare im Blick auf
die Zukunft. Die Religion dient als „heiliger Schild", die kirchliche
Trauung als „Fahrzeug" zur Verstärkung emotionaler
Sicherheit und Hoffnung. Dem hat die Kirche mehr durch
ruhige Eheberatung, Eingliederung in die Gemeinde und Bezeugen
der Tragfähigkeit aus der Erkenntnis der „wahren
Ehe", wie sie Bibel und Tradition sehen, zu begegnen als durch
den Versuch, die doch nicht befolgte Ehemoral der katholischen
Kirche drängerisch zu übertragen. Diese gewiß überzeugende
These versucht Z. bei leichten revisionistischen Spitzen gegenüber
der katholischen Ehemoral dennoch mit dieser in Einklang
zu halten. Das ist offensichtlich kein leichtes Unterfangen
. — Die Taufe ist zuerst einmal Ritual im Zusammenhang
der „Geburt" (150—191) für besorgte Angehörige. Auch hier
unternimmt Z. den Versuch, vorhandene Fragen von Auswahlchristen
, wie die Statistik sie zusammengetragen hat, mit dem
theologischen Verständnis der Taufe zu vermitteln. Z. B. liefert
er theologische Interpretamente zu der religiösen These, die
Taufe sei ein Schutzmittel angesichts der Lebensunsicherheit
der Eltern im Blick auf das Kind. Was hat die Taufe mit der
These zu tun, daß das Kind durch sie „Gottes Segen" erhalte-.'
Z. verschweigt auch nicht Probleme des Mifjbrauchs der Kindertaufe
, die deutlicher zugegeben werden als von manchen
evangelischen Kindertauftheologen. (In Frankreich hat der
Mißbrauch der Kindertaufe bei katholischen Theologen zu
ihrer energischen Infragestellung geführt.) Die Zunahme der
Ungetauftcn und die Gleichgültigkeit der getauften Christen
führt zur Forderung eines erneuerten Erwachsencnkatechume-
nats. — Am knappsten wird der „Tod" als Lebenswende thematisiert
(192—230). Nach einer gedrängten Darstellung von
Literatur und Statistik zur heutigen Todesauffassung spezialisiert
sich Z. zunehmend auf Fragen, wie die auswahlchristliche
Todesdeutung durch das Zeugnis von der christlichen Hoffnung
aufzunehmen und zu verändern ist. Über „Ansätze zu einer
Todcspastoral" geht er dabei nicht hinaus. Angesichts vorhandener
Literatur möchte er nur noch „Motivationen" (228) unter
dem Aspekt seiner Fragestellung herausheben.

Der 3. Teil wird noch knapper und bleibt im Abstrakten
pastoraler Reflexion stecken. Zum Teil redet Vf. in Thesenform:
„Sakramente um der Menschen willen" (231—260). Mit Hilfe
wissenssoziologischer Kategorien werden Sakramente so beschrieben
: Sie sind „eine (auf Symbolebene durch das Wort
verdeutlichte) .Bedeutung' (Definition) einer menschlichen
Grundsituation im Sinne Jesu, so wie dieser Sinn von Jesus
her in der Jüngergemeinde lebendig ist" (247). Gegenüber
einem reinen Ritenverständnis der kirchlichen Handlungen an
den Lebenswenden sollen durch eine vertiefte Interpretation
Sakramcntshandlungen (Sakramente und Sakramentalien) entstehen
, die menschliche Grundsituationen in ihrer „wahren
Wirklichkeit" darstellen.

Gratia tollit naturam et perficit: Gott wird in diesen Darlegungen
als der die Welt (als Natur und Kultur) erneuernde
und verändernde Gott bezeugt; nicht so sehr als der gnädige,
der die Welt durch Gericht und Gnade hindurch so annimmt,
wie sie ist. Er heiligt mehr, als daß er ohne Bedingung ver
gibt. — Damit tauchen weitere Fragen auf. Ist des Vf. Reli-
gionsbegriff so unbesehen zu übernehmen? Seine Verwendung
ist zwar wieder modern geworden. Vielleicht taugt er auch in