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Ausgabe:

1980

Spalte:

781-783

Kategorie:

Praktische Theologie

Autor/Hrsg.:

Rößler, Martin

Titel/Untertitel:

Bibliographie der deutschen Liedpredigt 1980

Rezensent:

Urner, Hans

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Theologische Literatlirzeitung 105 Jahrgang 1980 Nr. 10

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Diese Kommentare sind eine wirkliche Hilfe. Sie leiten zur
Kritik an den eigenen Produkten an. Ob es auch möglich wäre,
den Weg zur Traupredigt darzustellen und zu analysieren?
Selbstverständlich müßte, wenn man von Traugesprächen berichtet
, die Anonymität gewährleistet sein. Und sicher ist nicht
nur auf eine Traupredigt reagiert worden. Ein Satz wie dieser
findet sich nur einmal: „Das Echo nachher war ungeteilte Zustimmung
" (W. Lück, 29). Das Angebot könnte m. E. hilfreicher
sein, wenn die Traupredigten nicht so isoliert dastünden,
sondern auch das berichtet und reflektiert würde, was ihnen
an Gesprächen vorausging und was sie auslösten. In mancher
Trauansprache finden sich Hinweise auf die Gespräche, aber
die wären eigener Darstellung wert.

Mit H. Nitschke kann man erstaunt darüber sein, „wie vielen
wieder Neues zu Weihnachten eingefallen ist" (Vorwort Weihnachten
2), auch zur .alten' Weihnachtsgeschichte! Die Freiheit
der Erzähler H.-D. Knigge und H. Hirschler gegenüber Lukas
2 überrascht. „Die Hirten müssen sich bücken, um hineinzukommen
in den Raum. ,Guten Abend', sagen sie schüchtern —
und: .Dürfen wir mal reinkommen?'" (33); Der Hirt „Micha
lie5 sogar sein Lieblingsschaf Schneewittchen mitlaufen".
..Schließlich sagte Josef: .So, jetzt reicht es. Maria mufj schlafen
. Kinderkriegen ist anstrengend. Besonders beim ersten!"
(41. 43). Man kann sich fragen, ob hiermit nicht „Requisiten
aus einem Märchenspiel" aufgebaut werden, auf die man
besser verzichten sollte, aber es sind doch „zugleich Worte, mit
denen sich eigene Erfahrungen verknüpfen, Sehnsüchte ebenso
wie offene Fragen" (W. Koeppen, Weihnachten 2, 75). Und so
zielt die Nacherzählung mit dem Schaf Schneewittchen u. a.
auf diesen Satz eines Hirten: „Ob der kleine Junge nicht doch
zu schwach ist? Die Gewaltigen werden ihn umbringen. Es
war ja alles anders, als ich es mir gedacht habe, wenn der
Christus kommt. Es war alles viel menschlicher. Ich hatte gedacht
, da muf} viel passieren, wenn Gott zur Welt kommt." (44).

Teterow Martin Kuskc

Rössler, Martin: Bibliographie der deutschen Liedpredigt.

Nicuwkoop: de Graaf 1976. IV, 306 S. gr. 8° Bibliotheca
Humanistica & Reformatorica, XIX. Lw. hfl. 95,-.

Die gekürzt veröffentlichte Dissertation von R. „Die Liedpredigt
. Geschichte einer Predigtgattung". Göttingen (1976)
ist hier von Hans-Christoph Piper besprochen worden (103,
1978 Sp. 60—61). Die vorliegende Bibliographie gehört zur
maschinenschriftlichen Dissertation (Tübingen 1970) wie die
Abhandlung „Die Frühzeit hymnologischer Forschung" (JbLH
19, 1975, 123-186). Werner Jetter, Tübingen, hat die mit unüberbietbarer
Akribie durchgeführte Untersuchung angeregt
(MPTh 64, 1965, 418 in seinem Aufsatz „Die Predigt und ihr
Text"), Martin Doerne (1900-1970), seit 1954 in Göttingen,
hatte das zweite Referat übernommen.

Die Bibliographie umfaßt den Zeitraum von 1526 bis 1766,
beginnt mit einem Sermon von Johann Toltz zu „Ein Kindclein
so löbelich-" (Leipzig 1526) und schließt mit Johann Georg
Hamanns Betrachtungen zu Kirchenliedern (1758, Erstdruck:
Sämtliche Werke 1. Bd. Wien [1949], S. 250-297) und einer
anonymen Sammlung (Danzig 1766), in der eine Auslegung des
Liedes „Ringe recht-" enthalten ist (in der Originalfassung 23
Strophen). Diese Bibliographie der Liedpredigten (S. 11—185)
wird ergänzt durch eine Liste undatierbarcr Werke und Nachträge
(S. 186—196). Abteilung B enthält die „Bibliographie
Hymnologischer Werke" (S. 197—236, nicht so umfangreich wie
JbLH 19, 1975, 163-186, 17 Titel fehlen, die in der vorliegenden
Bibliographie stehen — 6 Titel aus der Bibliographie fehlen
im Jb — Rümkcr 1725 hat im Jb eine Göttinger Signatur, in
der Bibliographie heißt es „nicht auffindbar"). Die Abteilungen
C—E bringen die Verzeichnisse der Lieder und Strophen (!), der
Autoren und der Drucker und Verleger (S. 237—306). Ausgeschlossen
wurden alle Handschriften, zumal die von geplanten,
aber nicht erschienenen Werken, die in der Darstellung genannt
sind. Uni einen Begriff von der Sorgfalt der Titelaufnahme zu
geben, ist es notwendig, aus der Vorbemerkung zu zitieren:

„Die Aufnahme eines Buches gliedert sich wie folgt: (1) Kurztitel
, Angabe des Liedes, Art der Bearbeitung und, soweit bekannt
, die Entstchungszeit (2) Vollständige und genaue Wiedergabe
des Titels (3) Format, Umfang und Einteilung des Buches
(4) Hinweise in älteren Bibliographien usw.; in Klammern sind
Abweichungen vom wiedergegebenen Text vermerkt (5) Fundortangabe
der Exemplare, die mir bekannt geworden sind"
(S. 11). Jeder Forscher stößt früher oder später auf den staunenswerten
Sammelfleiß im (17. und) 18. Jh., mit dem zwar
noch nicht alles Gesammelte aufgearbeitet war, mit dem aber
oft ungeahnte Quellen für die spätere Forschung erschlossen
sind. R. hat diesen Sammelfleiß nicht nur genutzt, sondern in
voller Breite für sein Forschungsgebiet erfaßt. Es ist dabei
sehr wichtig zu wissen, daß neben den Bibliographien des
18. und 19. Jh. die Bibliothek von Johann Christoph Olearius
(1669-1747), die Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha 1793
erworben hat (1945—1954 in Leningrad), die wichtigste Quelle
für seine Bibliographie und Untersuchung geworden ist, seit
1884 nicht mehr benutzt, von R. 1969 bei einem längeren
Aufenthalt in Gotha (Landesbibliothek) aber voll ausgeschöpft.
Es ist wie in ähnlichen Fällen zu bedauern, daß Untersuchungen
, die mit so weitgehender Hilfe von Bibliotheken und Archiven
der DDR durchgeführt worden sind, nicht wenigstens
in Koproduktion mit einem DDR-Verlag erscheinen können,
mögen auch im einzelnen Fall ernsthafte Gründe dagegen
sprechen.

Bei der vorliegenden Bibliographie, so bahnbrechend sie ist,
darf nicht ihre Unvollständigkeit übersehen werden. R. hat
zwar auch die Titel von Druckschriften aus älteren Bibliographien
aufgenommen, die nicht mehr auffindbar sind, aber die
westlichen wie die östlichen Bereiche des damaligen deutschen
Sprachgebietes (Rheinland, Ostpreußen, Schlesien, Böhmen)
sind, so weit ich sehe, fast gar nicht vertreten (Z. B. erscheinen
Königsberg und Breslau als Druckorte nur je dreimal. In einem
alphabetischen Verzeichnis sind nur die Namen der Drucker,
nicht die Druck- bzw. Verlagsorte zusammengestellt. Vgl. Die
Liedpredigt 1976, S. 137, zum Katechismuslied). Leichenpredigten
über Lieder oder Liedstrophen sind vermutlich in noch weit
größerer Zahl auffindbar als in der Bibliographie angegeben.
Die unvermeidliche Unvollständigkeit entwertet aber die umfassende
Vielseitigkeit nicht, aus der ein deutliches Bild der
praktischen und wissenschaftlichen Bemühungen um die Liedpredigt
— und die Hymnologie in diesem Zusammenhang —
zu gewinnen ist.

Auf bekannte Namen aus der Kirchen- und Theologiegeschichte
stößt der Benutzer der Bibliographie relativ selten,
meist handelt es sich nur um ein oder zwei Predigten (Mathe-
sius, Scriver, Spener, Löscher, Zinzendorf, Hamann. Hoburg
erscheint mit zweien seiner Pseudonyme: Montaltus und Prae-
torius). Von bekannten Kirchenliederdichtern finden sich im
Autorenverzeichnis Sclncckcr, Herberger, Heermann, Rambach
und Neumcistcr, — dieser mit zahlreichen Predigtexordien
über Lieder.

Georg Heinrich Götze (1667—1728) ist der Autor, dessen
Name am häufigsten in der Bibliographie als Liedprediger
und Hymnologe vorkommt, ..ein Mann der Praxis,.. . der sich
den Umschlag der Forschung zur Gemeindeverkündigung zum
Ziel nahm" (JbLH 19, 1975, 138). Seine Dissertation De ritu
lectionum sacrarum (Wittenberg 1685) ist für die des Rez.
(Münster 1948) ähnlich bedeutungsvoll geworden wie die
Olcarius-Bibliothek in Gotha für R.s Forschungen (Vgl. Die
außcrbiblische Lesung im christlichen Gottesdienst. Berlin [1952],
S. 52, Anm. 19), obwohl aus ihrem Titel nicht ohne weiteres
zu erkennen war, daß dabei auch an „außerbiblische" Lesungen
gedacht sei (Wer übrigens als Forscher mit Dissertationen des
18. Jh. zu tun bekommt, sei auf eine gründliche Arbeit verwiesen
, die zwar von juristischen Dissertationen der Zeit ausgeht
, aber für andere Fachdissertationen ebenso aufschlußreich
ist: Gertrud Schubart-Fikcntscheri Untersuchungen zur Autorschaft
von Dissertationen im Zeitalter der Aufklärung (Sitzungsberichte
der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu
Leipzig Philo.-histor. Klasse Bd. 114, Heft 5) Berlin 1970). Das
Lied ist „außerbiblischer" Predigttext (wie Katechismus, CA