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Ausgabe:

1980

Spalte:

755-756

Kategorie:

Kirchengeschichte: Neuzeit

Autor/Hrsg.:

Gastpary, Woldemar

Titel/Untertitel:

Historia protestantyzmu w Polsce 1980

Rezensent:

Rohde, Joachim

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Seite 1

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755

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 10

wicht fällt. Bleibt also zu hoffen, daß auf der von uns geschaffenen
Grundlage bald durch eine so sehr gewünschte kritische
Ausgabe das Werk unseres Meisters in einer angemessenen
Form auch unserer Zeit zur Verfügung steht" (570). Noch wichtiger
dürfte die hier angewendete Methode sein. Bernhard
Bischoff wird zitiert: „Handschriften als Schriftdenkmäler offenbaren
die Studien der Gelehrten, das Leben in den Schulen,
Verbindungen zwischen Kulturzentren, die Zusammensetzung
der klösterlichen Gemeinschaften". Noch nie ist nach meinem
Wissen der handschriftliche Bestand von Texten eines mittelalterlichen
Theologen so gründlich und mit so reichen Ergebnissen
durchforscht worden. Es ist verständlich und begrüßenswert
, daß G. sein Untersuchungsergebnis als Modell für ähnliche
Arbeitsvorhaben anbietet (571).

Rostock Gert Haendler

Reuter, Timothy [Ed.]: The greatest Englishman: Essay on St
Boniface and the Church at Crediton. Exeter: Paternoster
Press 1980. 140 S. 8°. Lw. £ 6,-.

Sladden, John Cyril: Boniface of Devon. Apostle of Germany.
Exeter: Paternoster Press 1980. 254 S. gr. 8°. Lw. £ 7,50.

Der von T. Reuter herausgegebene Sammelband enthält
folgende Beiträge: F. B a r 1 o w , The English Background;
G. Greenaway, Saint Boniface as a Man of Letters;
C. Holdsworth, Saint Boniface the Monk; T. Reuter,
Saint Boniface and Europe; N. O r m e, The Church in Crediton
from Saint Boniface to the Reformation.

Der Band von J. C. Sladden bietet einen Überblick über das
Leben des Bonifatius für ein breiteres Publikum. Entsprechend
sind die Kapitelüberschriften formuliert: First Steps in Mission
— The Pope's Man — From Rome to the Rhine — Apostolic
Bishop usw. Der Band enthält keine Anmerkungen, ist aber
nach Quellen gearbeitet, die häufig in englischer Übersetzung
zitiert werden. Lateinische Zitate sind selten (z. B. S. 30 ein
Vers auf Papst Zacharias). Der Verlag kündigt noch ein 3. Bonifatiusbuch
an: St Boniface and his World von David Keep.
Die beiden vorliegenden Bände enthalten instruktive Karten
über das Missionsfeld und die Reisewege des Bonifatius.

G. H

Jarnut, Jörg: Bonifatius und die fränkischen Rcformkonzilien

(743-748) (ZSRGkan 96, 1979 S. 1-26).
Kern, Udo: Glauben und Erkennen. Bemerkungen zum Leben

und Werk Meister Eckharts (CV 22, 1979 S. 153-164).
Reynolds, Roger E.: Liturgical Scholarship at the Time of the

Investiture Controversy: Past Research and Future oppor-

tunities (HThR 71, 1978 S. 109-124).
Schmugge, Ludwig: „Pilgerfahrt macht frei" - Eine These zur

Bedeutung des mittelalterlichen Pilgerwesens (RThL 10,

1979 S. 16-31).

Seckler, Max: Vom Geist und von der Funktion der Theologie
im Mittelalter (ThQ 159, 1979 S. 254-263).

Kirchengeschichte: Neuzeit

Gastpary, Woldemar: Historia Protestantyzmu w Polsce od

polowy XVIII wieku do pierwszej wojny swiatowej. Warsza-
wa: Chrzescijanska Akademia Teologiczna 1977. 399 S. 8"
zi 60,-.

Seit Karl Völkers Arbeit von 1910 gab es keine deutschsprachige
Gesamtgeschichte des Protestantismus in Polen mehr,
denn die Untersuchungen von Eduard Kneifel aus neuerer Zeit
befassen sich lediglich mit der evangelisch-augsburgischen Kirche
in Polen, nicht mit den anderen protestantischen Denominationen
. Was bisher an Veröffentlichungen auf diesem Gebiet
in deutscher Sprache erschienen ist, befaßt sich lediglich mit
einzelnen kleineren Gebieten des heutigen Polen und mit kleineren
Zeitabschnitten. Soweit es weitere deutschsprachige
Forschungsarbeiten zum polnischen Protestantismus gab, konzentrierten
sie sich auf das 16. und 17. Jh.

Nun liegt eine umfangreiche Untersuchung von W. G.,
Professor für Kirchengeschichte an der Christlich-Theologischen
Akademie in Warschau und langjähriger Rektor dieser
Lehranstalt, vor. Vf. ist theologischer Ehrendoktor der Humboldt
-Universität und den deutschen Lesern durch sein Buch
über Bischofs Bursche (deutsch 1979) bekannt (vgl. die folgende
Rezension in diesem Heft).

In Anbetracht dessen, daß es aus neuerer Zeit keine Darstellung
des gesamten polnischen Protestantismus mehr gibt,
möchte der Rez. anregen, daß sich ein Verlag der DDR bereitfindet
, eine deutsche Übersetzung nicht nur des im folgenden
vorgestellten Werkes, sondern gegebenenfalls auch seiner Fortsetzung
herauszubringen.

Denn der vorliegende Band ist der erste Teil einer zweibändigen
Arbeit. Er setzt zeitlich um die Mitte des 18. Jh. ein und
reicht bis zum 1. Weltkrieg, während der noch vorgesehene
zweite Band die Zeit von 1914 bis 1945 behandeln soll. Neben insgesamt
117 Untersuchungen größeren und kleineren Umfangs in
deutscher und polnischer Sprache wertet der Vf. zahlreiche
kleinere Beiträge zur Geschichte des polnischen Protestantismus
in kirchlichen Zeitschriften und Periodika seit der Mitte des
vorigen Jahrhunderts aus, weiterhin handschriftliche Quellen
aus der Universitätsbibliothek Warschau, Synodalakten und
Briefe aus seinem Privatarchiv.

In seiner Darstellung schildert er die Geschichte des polnischen
Protestantismus innerhalb der Geschichte des polnischen
Volkes und Staates. Das 1. Kap. befaßt sich mit der Geschichte
des polnischen Protestantismus in der Zeit des Niederganges
und des Unterganges Polens als selbständiger Staat durch die
drei polnischen Teilungen. Hier wird die Rolle Polens innerhalb
des Kräfte- und Interessenspiels der europäischen Mächte
und deren Einwirkungen auf die polnische Königswahl gezeigt,
die 1697 zur Wahl August II., des Starken, von Sachsen zum
polnischen König führte, dessen Herrschaft gleichzeitig den
Höhepunkt der polnischen Gegenreformation bildete mit ihrem
Gipfel im Thorner Blutgericht von 1724. Im Zusammenhang
mit der Periode der Teilungen Polens werden die innerprotestantischen
Entwicklungen gezeigt (Warschauer Traktat und
seine Folgen für die Organisation des kirchlichen Lebens der
Protestanten).

Mit dem Ende der polnischen Selbständigkeit 1795 verläuft
das Leben des polnischen Protestantismus in den Okkupationsgebieten
der drei Teilungsmächte unterschiedlich. Dem trägt
der Vf. dadurch Rechnung, daß er in Kap. 2 (105—163) den
Protestantismus im preußischen, in Kap. 3 (165—213) im österreichischen
und in Kap. 4 (215—371) im russischen Teilungsgebiet
darstellt. Ein Literaturverzeichnis (373—380) und ein Per-
soncnvcrzcichnis (381—395) beschließen den Band.

In Kap. 2 kommen u.a. folgende Punkte zur Darstellung:
Die Situation der Evangelischen im preußischen Teilungsgebict
in seinem großen Umfang der Jahre 1795—1806/07 und dann
nach dem Wiener Kongreß bis zur Revolution von 1848 (In
polnischer Terminologie wird sie als der Völkerfrühling be
zeichnet), der Kulturkampf und die Auseinandersetzungen des
preußischen Staates mit den Altlutheranern sowie die Besonderheiten
in Oberschlesien und in preußisch Masowien (d. h.
Masuren). Das Kap. 3 (österreichisches Teilungsgebiet) stellt
u. a. die lutherische und die calvinistische Kirche in Galizien
dar und ihre Entwicklung nach Erlaß des Protestantenpatents
(1861), ferner die Entwicklung im Teschener Schlesien. Seinem
Umfang nach am längsten ist das Kap. 4 mit der Darstellung
des russischen Teilungsgebietes in dem vom Wiener Kongreß
festgelegten Umfange, des sog. Königreiches Kongreßpolen,
vorher des von Napoleon I. geschaffenen Großherzogtums
Warschau. Die Arbeit schließt mit der Darstellung des Wirkens
der beiden Generalsuperintendenten Karl Gustav Manitius und
Julius Bursche.

Wie der Vf. dem Rez. in einem Brief vom 12. April 1980 mitteilte
, ist der erste Teil des zweiten Bandes (Zeitspanne von
1918—1939) inzwischen bereits erschienen, während sich der
zweite Teil des zweiten Bandes (Zeitspanne von 1939—1945)
noch in Arbeit befindet.

Berlin Joachim Rohde