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Ausgabe:

1980

Spalte:

739-740

Kategorie:

Altes Testament

Titel/Untertitel:

Biblisches Reallexikon 1980

Rezensent:

Bernhardt, Karl-Heinz

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739

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 10

740

zwischen rhetorischer Stil- und formgeschichtlicher Untersuchung
äußert.

Im dritten Teil behandeln Wolfgang M. W. Roth und John
G. G a m m i e die Themen „The Text Is the Medium. An
Interpretation of the Jacob Stories in Genesis" und „Theolo-
gical Interpretation By Way of Literary and Tradition Analy-
sis: Genesis 25—36". Mit dem Beitrag von Roth kommt auch
noch der Ansatz von Paul Ricoeur und damit der des späten
Heidegger zur Geltung.

Schließlich führt der vierte Teil unmittelbar in die Gegenwart
und ihre Probleme hinein. Hier formulieren Dale
Patrick und Stephen Breck R e i d nacheinander ihre Überlegungen
zur „Political Exegesis" und, unter dem besonderen
Gesichtspunkt schwarzer Identität, zu „Violence & Vengeancc:
Ingredients for Tragedy". Ihnen folgen die Beiträge von
Christine Garside Allen „On Me Be the Curse, My Son!"
und Ann M. Vater „The Rhythm of Communication in the
Hermeneutical Process", deren Versuchscharakter nicht zu übersehen
ist und am Ende zeigt, wie dringlich eine systematisch-
theologisch reflektierte Methode zur Übertragung biblischer
Aussagen in die gegenwärtige Situation bleibt.

Marburg (Lahn) Otto Kaiser

unter dem Stichwort „Tempel" berücksichtigt, dagegen fehlt ein
Hinweis auf die Ausgrabungen von B. Mazar und T. Dothan,
die 1961/62 Anlagen einer .kosmetischen Industrie' freilegten.
Zumindest hätte also die Bemerkung über das Vorkommen
von Balsamodendron bei Engedi nach dem Zeugnis des Jose-
phus („Harz", S. 138) durch archäologische Ergebnisse ergänzt
werden können.

Im übrigen kann nur nachdrücklich hervorgehoben werden,
daß die Stichwörter an Informationswert und Zuverlässigkeit
über dem durchschnittlichen Niveau ähnlicher Nachschlagewerke
liegen und dafj die kritische Auswertung der archäologischen
Befunde und die Einarbeitung der in grofjem Umfang
herangezogenen Fachliteratur vorbildlich ist. Vielleicht kann
aber doch dieser oder jener Wunsch, den der aufmerksame
Leser hegen mag, bei der nächsten Auflage Berücksichtigung
finden, ohne den Band wesentlich anschwellen zu lassen. Unterdessen
wird das in seiner Art ausgezeichnete und bewährte
Handbuch vielen alten und neuen Benutzern aus Wissenschaft
und kirchlicher Praxis ein dankbar begrüfjter Begleiter beim
Studium des Alten Testaments werden.

Berlin Karl-Heinz Bernhardt

Galling, Kurt [Hrsg.]: Biblisches Reallexikon (BRL2). 2., neugestaltete
Aufl. Tübingen: Mohr 1977. XVI, 388 S. m. 93 Abb.
i. Text, 2 Faltktn. gr. 8° = Handbuch zum Alten Testament,
hrsg. v. H. Gese und R. Smend. I. Reihe, 1. Lw. DM 96,-.

Seit dem Erscheinen der ersten Auflage im Jahre 1937 hat
Kurt Gallings .Biblisches Reallexikon' als handliches und zuverlässiges
Nachschlagewerk zu den biblischen .Realien' und zur
vorderasiatischen Archäologie, soweit ihre Ergebnisse für das
Verständnis biblischer Texte von Nutzen sein können, eine
überaus große Zahl von dankbaren Benutzern gefunden. Der
Wunsch nach einer ergänzten und den neuesten Stand der
Forschung berücksichtigenden Neuauflage des bewährten Buches
bestand schon seit längerer Zeit. Seine Erfüllung war
gewiß nicht einfach. Die Schwierigkeiten, die bei einem solchen
Unternehmen angesichts des sehr beträchtlich vermehrten archäologischen
Materials bewältigt werden mußten, brauchen
hier nicht weiter erörtert zu werden. Jedenfalls ist es G. und
seinen Tübinger Mitarbeitern gelungen, alles Wesentliche einzuarbeiten
. Praktisch bedeutete das die Neufassung fast sämtlicher
Artikel und die Hinzufügung einer Reihe von Stichwörtern
über Ausgrabungsstätten, die vor 1937 noch nicht erschlossen
waren. In größerem Umfange konnte nur erläuterndes
Abbildungsmaterial aus der ersten Auflage übernommen werden
, das freilich in der technischen Qualität gegenüber den neu
hinzugekommenen Textzeichnungen, Grundrissen und Kartenskizzen
merklich zurückbleibt.

Unverändert geblieben sind die Prinzipien, nach denen die
Stichwörter ausgewählt wurden. Das Gerüst bilden nach wie
vor die zusammenfassenden Artikel zur materiellen Kultur, von
„Ackerwirtschaft" bis „Ziegel". Beibehalten wurde auch der
Grundsatz, sich auf die archäologischen Funde der Bronze- und
Eisenzeit zu konzentrieren. Die Ergebnisse aus früheren Epochen
werden selbstverständlich bei der Darstellung der Ausgrabungen
an den einzelnen Orten ebenso wie bei den Sachartikeln
in das Blickfeld des Lesers gerückt. Um so mehr vermißt
man eine gesonderte Behandlung derjenigen Ruinenstätten
, die ausschließlich von chalkolithischer und neolithischer
Besiedlung zeugen. So erfährt man über eine so wichtige Ausgrabungsstätte
wie Telelat Ghassul nur etwas durch knappe
Bemerkungen in den Artikeln „Keramik" (S. 169) und „Metall
und Metallbearbeitung" (S. 220). Die bedeutenden Funde an
Kupfergerät im Wadi Mahras werden zwar öfters ziemlich
ausführlich gewürdigt („Feldzeichen", S. 78; „Metall und Metallbearbeitung
", S. 220), aber hier versagt das an sich sehr
hilfreich angelegte Register, das unter dem Stichwort „Wadi
Mahras" nur auf S. 185 („Keule") verweist. Etwas stiefmütterlich
behandelt wird auch Engedi. Der bau- und kultgeschichtlich
bedeutende frühbronzezeitliche Tempel wird zwar S. 334f

Lang, Bernhard: Kein Aufstand in Jerusalem. Die Politik des
Propheten Ezechiel. Stuttgart: Verlag Kath. Bibelwerk [1978],
205 S. gr. 8° = Stuttgarter Biblische Beiträge. Kart.
DM 26,80.

Anders als die vorexilischen Propheten bis hin zu Jeremia,
die mit ihrer Botschaft Einfluß auf die politischen Entscheidungen
der Führenden des Volkes nehmen wollten, hat der Exils-
prophet Ezechiel nach vorherrschender Meinung der Auslege)
seine Aufgabe lediglich darin gesehen — obwohl auch von ihm
Worte an die politisch Verantwortlichen in Jerusalem überliefert
sind —, den Exulanten, in deren Mitte er lebte, die trügerische
Hoffnung auf baldige Rückkehr in die befreite Heimat
zu nehmen und sie dazu zu bringen, ihr Los als von Gott auferlegt
willig hinzunehmen. Wo dennoch versucht wurde, Ezechiel
als in die Politik eingreifenden Propheten zu verstehen, verlegte
man den Ort seiner Wirksamkeit, den Angaben des Ezechielbuches
zuwiderlaufend, vom Exil nach Jerusalem.

B. Lang unternimmt in seiner Freiburger Habilitationsschrift
von 1977 den Versuch, Ezechiel auch ohne die letztlich unhaltbare
Annahme eines Auftretens in Jerusalem als politischen
Propheten zu erweisen. Zu diesem Zweck analysiert er die
Texte des Ezechielbuches, die Auseinandersetzungen mit dem
König Zedekia enthalten (12, 1-15; 17; 19; 21, 23-37), philologisch
, literarkritisch, motivgeschichtlich und historisch.

Bei der Motivanalyse stellt L. heraus, daß die Allegorien
von Adler, Zeder und Weinstock in Kap. 17 und von der Löwin
und ihren Jungen sowie dem Weinstock in Kap. 19 klar und in
sich verständlich seien, u. zw. nicht nur in ihrer politischen
Aussage, sondern auch in der Realitätsbezogcnheit ihrer Bilder,
die der verbreitete Vorwurf der Unanschaulichkeit und Seltsamkeit
zu Unrecht träfe. Um ihre Geläufigkeit und Aussagekraft
zu erweisen, zieht L. eine Fülle von Belegen aus der Umwelt
des Alten Testaments heran. Bei dem Bild von dem Weinstock
zwischen zwei Adlern in Kap. 17, 5—10 macht L. einen
Einfluß assyrischer Ikonographie — die Pflanze zwischen zwei
Greifen — wahrscheinlich (S. 41—46).

Manchmal tut L. des Guten zu viel bei der Erläuterung dci
Bildsprache. So schließt die Behandlung der Baumsymbolik in
der Bibel und ihrer Umwelt (S. 65—71) nicht nur die griechischrömische
Antike mit ein, sondern auch das Mittelalter, ja sie
reicht bis zu unseren Klassikern sowie zu moderner Lyrik und
Psychoanalyse. L. wagt sich auch an die Erörterung botanischer
und zoologischer Fragen heran, wobei er nicht gerade den neuesten
Stand naturwissenschaftlicher Erkenntnisse vertritt. Ein
Beispiel hierfür sei herausgegriffen! In dem Abschnitt „Löwe
und Löwenjagd" (S. 93—101) zieht er Plinius als Gewährsmann
für seine Behauptung heran, Löwen könnten im Alter von
6 Monaten noch kaum laufen (S. 94). Brehms „Tierleben" hätte