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Ausgabe:

1980

Spalte:

733-735

Kategorie:

Allgemeines

Autor/Hrsg.:

Rogge, Joachim

Titel/Untertitel:

Schille, Gottfried [Hrsg.], X, 1979 1980

Rezensent:

Haufe, Günter

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7:s:s

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 10

und Eschatologie. Ich bin mir dessen wohl bewußt, daß, gemessen
an der heutigen Situation des Christentums und der
Welt, die Aufgabe einer Rechenschaft über den christlichen
Glauben weit über das hinausweist, was mir zu sagen möglich
war. Obwohl ein Gesamtdurchgang durch den christlichen
Glauben, ist doch diese Dogmatik nur ein Fragment. In meinem
Vorwort bemerkte ich dazu — und damit möchte ich
schliefjen: „Die Unerschöpflichkeit dieses Gegenstandes zu erkennen
, ist bei aller Entmutigung, die sich dabei auch einstellen
kann, eine überwältigende Erfahrung, die ich dem
Leser gerade auch angesichts der Mängel wünsche, die er mit
Recht empfinden mag. Das Unternehmen einer Dogmatik hat
sich wohl überhaupt erst dann gelohnt, wenn der Gesamteindruck
auf den Nenner zu bringen ist: ,0 du unergründtcr
Brunnen, wie will doch mein schwacher Geist, ob er sich gleich
hoch befleißt, deine Tief ergründen können?' " (I, VIII).

1 Ebeling, Gerhard: Dogmatik des christlichen Glaubens. Bd. I Prolegomcna.
Ervtcr Teil: Der Glaube an Gott den Schöpfer der Welt; Bd. II Zweiter Teil:
Ter Glaube an Gott den Versöhner der Welt; Bd. III Dritter Teil: Der Glaube
-in Cott den Vollender der Welt. Tübingen i Mohr 1979

J Vgl. mein Buch: Studium der Theologie. Eine enzyklopädische Orientierung
. UTB 446. (1975) - 1977, 130-175 (Kap. 10-12).

3 Neue Zürcher Zeitung vom 24. Aug. 1979, Nr. 195.

'' Vgl. meinen Aufsatz: Schrift und Erfahrung als Quelle theologischer Aussagen
. ZThK 75. 1978, 99-116.

J S. dazu auch meinen Aufsatz: Die Klage über das Erfahrungsdefizit der
Theologie als Frage nach ihrer Sache. In meinem Aufsatzband: Wort und
Glaube III, 1975, 3-28.

Allgemeines, Festschriften

Ro99e, Joachim, u. Gottfried Schille (Hrsgg.): Theologische Versuche
, X. Berlin: Evang. Verlagsanstalt (1979]. 234 S. gr. 8°.
Kart. M 16,-. Ausland 19,80.

Die Tatsache, daß nunmehr der zehnte Band der „Theologischen
Versuche" vorliegt, hat die Hrsgg. veranlaßt, ein systematisches
Gesamtregister sowie ein Autorenregister für die
Bände I—X zusammenzustellen und eben damit den vorliegenden
Band zu beschließen (225—234). Dieser in mehrfacher Hinsicht
begrüßenswerte Überblick belegt, in welch hohem Maße
die seit 1966 erscheinende Reihe ein Organ der in der DDR
geleisteten theologischen Forschungsarbeit geworden ist.

Der zehnte Band bringt 13 Beiträge, die laut Vorwort allesamt
„die Anleitung zum praktisch-kirchlichen Lebensvollzug"
verbindet. Das zu entdecken, wird freilich dem Leser in manchen
Fällen nur mit Mühe gelingen. M. Köckert eröffnet den
Reigen mit einer Arbeit über „Die Väterverheißungen", nach
seinen eigenen Worten ein „Beitrag zum Thema Gotteswort
und Geschichte" (11—37). Offenbar angestoßen von dem Geschichtsverständnis
von E. Fuchs, wendet er sich gegen die In
cinssetzung von Geschichtsablauf und Offenbarungsort. Diesem
Anliegen dient einerseits der Nachweis, daß die Väterverheißungen
schon in den drei Quellenschriften „überwiegend aus
der Rückschau entworfen" sind (27), andrerseits die Nachfrage,
in welchem Maße sie in den Quellenschriften als „Zukunft einräumendes
Wort" funktionieren, wobei nur der Jahwist kritiklos
vor diesem Maßstab bestehen kann. — A. Meinhold unternimmt
den methodisch nicht unproblematischen Versuch, „die
Transparenz der Namen Naemi und Nacmann" hinsichtlich
ihres Wortsinns (Ableitungen vom Stamm nem = angenehm,
lieblich sein) gegen M. Noth vom jeweiligen Kontext her theologisch
zu präzisieren (39—44). Ist aber das positive Ergebnis,
daß in den beiden Namen das göttliche Wohlgefallen im Blick
sei, wirklich mehr als zufällig? — R. Schröder fragt nach dem
Wesen der Apokalyptik, genauer nach der für ihr Verständnis
entscheidenden „Einstellung" (45—52). Indem er den Hiatus zwischen
beiden Äonen herausarbeitet und die Einstellung des
Apokalyptikers „als mit zeitlichen Kategorien gedachte Flucht
aus der eigenen Welt" beschreibt (51), tritt er dem modernen
Versuch entgegen, gesellschaftliches Engagement aus der Apokalyptik
zu begründen. — Unter dem Titel „Geist und Leben
nach Ezechiel 37,1—14" interpretiert S. V/agner den bedeutsamen
Text in einfühlsamer Weise auf seine verschiedene Verwendung
von ruah hin. Er kann zeigen, daß ruah nacheinander

als Lebensprinzip, Erkenntnisprinzip, Schöpfungsprinzip und
schließlich als Selbsterschließung und Selbstauslieferung Gottes
erscheint, um so in einer hoffnungslosen Situation Israel Hoffnung
und Zukunft anzusagen (53-65). - H.-F. Weiß äußert sich
„Zur Frage der Einheit der Kirche im Johannesevangelium und
in den Briefen des Ignatius" (67-81). Auf dem Hintergrund der
Bemühungen des nachapostolischen Zeitalters um Verständnis
und konkrete Gestalt der Einheit der Kirche wird gezeigt, wie
unterschiedlich Ignatius und das Johannesevangelium trotz
eines verwandten theologischen Ansatzes das Problem der Ek-
klcsiologie lösen: die durch Bischof, Kultus und Sakrament
konstituierte Einheit der Kirche bei Ignatius, die nicht auf eine
bestimmte Kirchenverfassung, sondern allein auf das Wort Jesu
angewiesene Kirche beim Evangelisten. — Wesentlich positiver
ins Gespräch mit Ignatius kommt H. Rathke, wenn er auf dem
Hintergrund der Sorge des Märtyrerbischofs um die Einheit der
Gemeinde über „Sammlung und Einung in der Kirche" heute
meditiert (83—106). Als Schwerpunkte für die gegenwärtige Gemeinde
erscheinen der wirkliche Christus, die verbindliche Gemeinschaft
und das offene Einstehen für die Gemeinschaft und
vor der Gemeinschaft. — H.-G. Leder trägt exegetische Beobachtungen
zu 1C144, 1-6 („Das Unrecht der Presbyterabsetzung in
Korinth") zusammen, um zu zeigen, daß die weithin üblich
gewordene „kirchenrechtsgeschichtliche" Interpretation dieses
Textes nicht im Recht ist, sondern durch ein Verständnis als
„einer ausgeprägt situationsbezogenen römischen Stellungnahme
zum speziellen Vorfall der Amtsenthebungen in
Korinth ohne weitreichenden Verbindlichkeitsanspruch" abgelöst
werden muß (107—127). — E. Schott steuert eine erhellende
Abhandlung „Zu Luthers Lehre von Gott" bei (129—144), die
namentlich die Auslegung des ersten Artikels im Großen Katechismus
interpretiert. Es wird deutlich, wie sehr die Elemente
des Vertrauens und der Ich-Betroffenheit das Gottesverständnis
Luthers bestimmen. — N. Müller denkt dem Theologumenon
von der „Gegenwart des verborgenen Gottes" als „Erkenntnisprinzip
zeitgenössischer Theologie" nach, um von daher heute
„Gottesfinsternis" theologisch sachgemäß zu begreifen (145 bis
157). Auf dem Hintergrund verwandter Motive aus Bibel und
kirchlicher Lehre erscheint „die Frage nach den konkreten Verborgenheitsgestalten
der Gegenwart Gottes" als die heute der
Theologie gestellte Aufgabe. — F. Heidler erörtert in erhellender
Weise „Das Proprium Lutheranum", d. h. die zwischen
Luther und Calvin strittige Lehre von der Ubiquität des himmlischen
Leibes Christi (159—167). Er weist die biblische und
glaubensmäßige Sachgemäßheit dieser Lehre nach, wendet sich
aber gerade auf ihrem Hintergrund abschließend gegen die
Inkonsequenz Luthers, den himmlischen Christus in die dinglichen
irdischen Elemente des Abendmahles hineinzubinden. —
H.-G. Fritzsche wendet sich in souveräner, wohltuend differenzierender
Weise der Frage zu: „Idealistisches Erbe in der
Theologie?" (169—183). Er verfolgt zunächst verwandte, sachlich
aber zu unterscheidende Züge zwischen Christentum und
Idealismus (die Macht der Innenwelt, die Macht des Wortes,
ideelle Motive als Ursprung des Bösen, das Telos der Schöpfung
, Vorgcprägtheit durch angeborene Wertvorstellungen),
markiert dann christlich nicht verantwortbare idealistische
Vorstellungen (der Geringachtung des Leiblichen, von Erfolg
und Effekt, des Seins gegenüber dem Bewußtsein, des Du und
des Wir) und macht schließlich auf noch ungelöste Probleme
aufmerksam, die bis in die Ekklesiologie und Eschatologie
hineinreichen. — K.-H. Bieritz untersucht unter dem Thema
„Predigt und Rede" Möglichkeiten einer homiletischen Propädeutik
(185—206). Seine Überlegungen zu Grundlagen der rhetorischen
Kommunikation, zu Störquellen und ihrer Behebung
und endlich zur Vorbereitung der Rede sind ein wohlbegründetes
Plädoyer für ein Ernstnehmen der Rhetorik innerhalb
evangelischer Homiletik, das sich durch Praxisnähe auszeichnet
. — H. Kirchner informiert hilfreich über den in der ökumenischen
Diskussion der letzten Jahre in den Vordergrund
getretenen Begriff der „eucharistischen Gastbereitschaft" (207 bis
224). Gemeint ist „die gelegentliche Zulassung von Gliedern
einer anderen Kirche zum Abendmahl bei gleichzeitiger Entlassung
der eigenen Glieder zur gelegentlichen Teilnahme am