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1980

Kategorie:

Praktische Theologie

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Neuerscheinungen

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Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 9

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nicht nur mit dem ärztlichen Beruf Frankls zusammen, sondern
auch mit seinem persönlichen Schicksal: Er mußte bekanntlich
drei Jahre in Nazi-KZs zubringen, u. a. auch in Auschwitz
. Um so schwerer wiegt sein Wort: „Denn im Leiden wird
man erst man selbst und ganz man selbst" (Frankl, zit. 107).

Die Prinzipien der Logotherapie (d. h. „eine Therapie ,vom
Geistigen her' für .geistige Not' und deren mögliche pathogene
Folgen", 49) werden vom Vf. relativ knapp dargestellt. Gern
hätte man z. B. auch etwas über Frankls bekannte Methode
der „paradoxen Intention" erfahren. Eine konkrete Antwort
auf die praktische Hauptfrage, wie es gelingt, „den existentiell
Frustrierten zur Wertverwirklichung zu motivieren, ohne ihm
ein weltanschauliches Oktroi aufzuerlegen" (117), wird leider
nicht angedeutet oder gar ausgeführt. Dazu hätte es wohl
umfangreicher Kasuistik aus Frankls Werken bedurft, auf die
der Vf. aber bewußt verzichtet hat. Ihm liegt ja vornehmlich
an dem interdisziplinären Gespräch über die philosophischen
und theologischen Grundfragen der Existenzanalyse.
. Zu diesem Zweck markiert er im Zweiten Teil des Buches
(119ff) die Ausgangspositionen auf beiden Seiten und versucht,
von der theologischen Anthropologie aus Gemeinsamkeiten
und Differenzen zu erheben. Das Ergebnis dieses Vergleichs
befriedigt nicht recht, weil es auf die von vornherein offenkundige
Feststellung hinausläuft, daß Frankls Menschenbild
eben philosophisch-anthropologisch, „von unten" her
(vgl. 144), entworfen sei, während die Theologie es von der
Gottesbeziehung her sehe. Aus dem unterschiedlichen Ansatz
folge dann auch entsprechend, daß die Logotherapie den Menschen
zwar zum Selbsttranszendieren anleiten, ihn zur Offenheit
und Verantwortlichkeit führen könne, aber nicht die Verantwortung
vor Gott als ihr therapeutisches Ziel anstrebe.

Manche Frage wäre an Frankls Konzeption wie auch an die
Interpretation und Rezeption durch den Vf. zu richten; aber
dadurch würde der Rahmen dieser Rezension überschritten.
Erwähnt sei nur, daß sowohl bei Frankl wie beim Vf. die
personalistische Engführung nicht vermieden ist und die Bedeutung
der geschichtlichen und heutigen sozialen Faktoren
für die Sinngebung und Sinnfindung des einzelnen zu wenig
in Betracht gezogen wird. Angesichts des problematischen Begriffs
der „soziogenen Neurose" bei Frankl (vgl. 111) müßte
dieser Aspekt gerade höchste Beachtung finden. Vielleicht
kann der Vf. das Versäumte bei späterer Gelegenheit nachholen
. Denn er erklärt ja sowohl am Anfang wie am Ende
seines Buches, daß er zunächst nur die Basis schaffen wollte
für die weitere Debatte über das Sinnverständnis der Logotherapie
und über ihre mögliche Zusammenarbeit mit der
Seelsorge. Daß die Grundlegung für den Dialog als gelungen
gelten kann, sei dem hier vorgelegten Buch dankbar bescheinigt
.

Corrigenda: S. 62, Z. 1 v. Abschn. b): hier fehlt wohl das Wort
"nicht". - S. 128, Z. 6 v. u.: daß (fälschlich: das).

Rostock Ernst-Rüdiger Kiesow

Andrae, Stefan: Pastoralpsychologie und katholische Seelsorgepraxis
(WzM 30, 1978 S. 276-281).

Auchter, Thomas: Zum Schuldverständnis in der Psychoanalyse
im Alten und Neuen Testament (WzM 30, 1978 S. 208 bis
225).

Eibach, Ulrich: Seelsorge als Glaubenshilfe und als Lebenshilfe
. Bemerkungen zur Relevanz theologischer Entscheidungen
für die Seelsorge (ThBeitr 9, 1978 S. 22-38).

Haensell, Andreas, und Johannes Seusing: Intensivstation —
und danach? Voraussetzungen für die Nachsorge bei Suizidpatienten
(LM 17, 1978 S. 132-135).

Härle, Wilfried: Kreativität. Theologische Überlegungen zum
Thema (WzM 30, 1978 S. 288-299).

Hammers, Alwin J.: Neuere Entwicklungen in der klientzentrierten
Gesprächspsychotherapie und ihre Bedeutung für die
Seelsorge (WzM 30, 1978 S. 147-158).

Heimbrock, Hans-Günter: Wahrheit in der Wirklichkeit? Ein
Literaturbericht zur Religionspsychologie (ThPr 13, 1978
S. 148 bis 158).

Hinkehr zur Wirklichkeit. Lutherische Positionen zu Seelsorge
und Gruppendynamik (Auszüge aus dem Arbeitspapier
„Christliche Seelsorge heute"] (LM 17, 1978 S. 101-103).

Källstad, Thorvald: Die Religionspsychologie als theologische
Disziplin (WzM 30, 1978 S. 179-193).

Meyer, Joachim-Ernst: Der psychisch Kranke und sein Image
in der modernen Gesellschaft (Univ. 33, 1978 S. 225-232).

Müller-Pozzi, Heinz: Die Tabuisierung der Religion in der
Psychoanalyse. Versuch einer psychoanalytischen Interpretation
(WzM 30, 1978 S. 194-207).

Rauchfleisch, Udo: Überlegungen zum Problem der psychisch
gesunden Glaubens Vollzüge aus psychologischer Sicht (ThPr
13, 1978 S.3-13).

Schall, Traugott Ulrich: Der besondere Auftrag der Gemeindeseelsorge
(WzM 30, 1978 S. 158-165).

Scharfenberg, Joachim: Die biblische Tradition im seelsorgerlichen
Gespräch. Ein Beitrag zur praktisch-theologischen
Theoriebildung (EvTh 38, 1978 S. 125-136).

- : Seelsorge zum Wesentlichen (WPKG 67, 1978 S. 70-72).

Schüssler, Roland: Ich und Du. Zur Relevanz und Problematik
des personalen Bezugs für die Pädagogik und Sozialtherapie
der Gegenwart (WPKG 67, 1978 S. 285-295).

Steinkamp, Hermann: Theologiestudium als Sozialisation (ThPr
13, 1978 S. 14-24).

Stollberg, Dietrich: Gottes Wille — unsere Freiheit — Dankbarkeit
und Vergebung. Grundlinien einer trinitarischen Poime-
nik (WPKG 67, 1978 S. 64-70).

Strauß, Hans: Beratung zwischen Manipulation und engagiertem
Dialog. Zum Problem der Einflußnahme des therapeutischen
Beraters auf die Zielorientierung des Klienten am
Beispiel der Gesprächs- und Verhaltenstherapie (WzM 30,
1978 S. 134-147).

Trillhaas, Wolfgang: Seelsorgerliche Aufgaben der wissenschaftlichen
Theologie (WPKG 67, 1978 S. 59-63).

Praktische Theologie:
Katechetik/Religionspädagogik

Knoop, Hans D.: Sexualerziehung im Teamwork. Interdisziplinäres
Curriculum zur Sexualerziehung — Sekundarstufe I —.
Fachcurricula für Biologie, Politik, Deutsch, Religion, Kunst/
Design, Musik. Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus Gerd
Mohn (1977). 276 S. m. Abb. 8° Kart. DM 29.80.

Bei der erzieherischen Vorbereitung der Heranwachsenden
auf verantwortungsvolle Partnerschaft, Liebe, Ehe und Familie
hat die Schule als das Zentrum der Bildung und Erziehung
der jungen Generation eine entscheidende Phase der Wegbegleitung
und Erziehung zu tragen und zu verantworten;
denn Sexualität als gelernte oder — immer noch viel häufiger
— nicht gelernte Verhaltensweise wirkt vielfältig in die Existenz
des einzelnen und der Gesellschaft hinein.

Bemühungen um die Gestaltung der Sexualerziehung als
singuläres Unterrichtsfach der Schule sind aus mancherlei
Gründen ohne Zukunftschancen. Die Berechtigung der Sexualerziehung
wird mehr als bisher als integrativer Bestandteil
der Gesamterziehung ausgewiesen werden müssen.
Obwohl die gesellschaftliche Notwendigkeit dazu seit langem
unbestritten ist, die wesentlichsten wissenschaftlichen Voraussetzungen
geschaffen wurden und in die neuen Lehrpläne auch
zahlreiche erziehungsrelevante Stoffe aufgenommen worden
sind, beobachten wir eine nur zögernde Umsetzung der gewonnenen
Erkenntnisse in die Praxis. Das liegt nicht zuletzt daran,
daß die diesbezügliche Aus- und Weiterbildung der Lehrer
vernachlässigt wurde. Wenn schulische Sexualerziehung dem
Anspruch, Element der Gesamterziehung zu sein, gerecht werden
soll, setzt sie kooperatives Handeln aller Beteiligten voraus
. Gemeinsames Planen und abgestimmtes Vorgehen mehrerer
Lehrer in den verschiedenen Fachbereichen sind unerläßlich
, wenn Sexualerziehung als Erziehung und Bildung der
Sexualität sinnvoll sein soll.