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Ausgabe:

1980

Spalte:

679-680

Kategorie:

Neues Testament

Autor/Hrsg.:

Langkammer, O. Hugolin

Titel/Untertitel:

OFM, Ewangelia wedlug Sw. Marka 1980

Rezensent:

Lerle, Ernst

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679

Theologische Literaturzeitung 105. Jahrgang 1980 Nr. 9

680

der jüdisch-hellenistische Bereich in dieser Anthologie erheblich
unterrepräsentiert. Da auch das AT mit dem Beitrag von L.
Brockington (Das Problem der Pseudonymität, 1953 =
184—194) eher schwach vertreten ist, erscheinen die Proportionen
des Gebotenen erheblich verschoben. Der Leser hat in diesem
Band Vieles, aber nicht alles für den gegenwärtigen Problemstand
Wichtige zu Gesicht bekommen.

Halle (Saale) Wolfgang Wiefel

1 Dissertation on the Epistles of Phalaris, London 1699, wo die Literatur
der jüdisch-christlichen Antike jedoch ausgespart bleibt.

2 Einige Beispiele für eine durchaus kritische Haltung in der Antike sind
bekannt und werden von verschiedenen Autoren dieses Bandes immer wieder
herangezogen: das Urteil des Arztes Galen über die unter seinem Namen umlaufenden
Fälschungen (49f, 75-77); Tertullians Verurteilung des Verfassers
der Acta Pauli et Theclae (18, 104, 126, 168, 255, 301) und die Entlarvung
des Petrusevangeliums durch den Bischof Serapion (18, 104, 128, 166).

3 Vgl. u. a. Bücherfunde in der Glaubenswerbung der Antike, Göttingen 1970
(dazu Besprechung d. Rez. ThLZ 95, 1971 Sp. 249—251) sowie Die literarische
Fälschung im heidnischen und christlichen Altertum. Ein Versuch ihrer Deutung
(HAW I, 2), München 1971.

4 Anonymität, Pseudepigraphie und .literarische Fälschung" in der jüdischhellenistischen
Literatur, in: Pseudepigrapha I, 229-308.

5 Dieser S. 331 zitierte Satz erinnert an A. Meyer (vgl. o. S. 108).

Stachowiak, Lech: Ewangelia wedtug Sw. Jana. West^p —
Przeklad z Oryginalu — Komentarz. Poznan—Warszawa: Pal-
lottinum 1975. 456 S. gr. 8° = Katolicki Uniwersytet Lubelski.
Pismo Swiete Nowego Testamentu, IV.

Langkammer, O. Hugolin, OFM: Ewangelia wedlug Sw. Marka.

Wstqp — Przeklad z Oryginalu — Komentarz. Poznan—Warszawa
: Pallottinum 1977. 415 S. gr. 8° = Katolicki Uniwersytet
Lubelski. Pismo Swiqte Nowego Testamentu, III, 2.

In stattlicher Aufmachung legt die katholische Universität
zu Lublin die ersten zwei Bände eines polnischen zwölfbändigen
Kommentars zum NT vor. Aus dem Vorwort zum Markus-
Band ist ersichtlich, dafj die Theologen J. Gnilka, R. Schnakkenburg
, G. Schneider und R. Pesch die Arbeit beratend gefördert
haben. Für den einzelnen Band zeichnet ein Bearbeiter
verantwortlich, und zusätzlich ist ein Redaktor genannt. Das
jeweilige Imprimatur ist mit zwei Unterschriften versehen, mit
der des Erzbischofs und der eines Kanzlers oder Notars. Darüber
hinaus trägt jeder Band den von einem Zensor unterzeichneten
Vermerk „nihil obstat". Am Anfang steht jeweils
eine umfangreiche historisch-kritische Einleitung, in der etwas
distanziert, aber unpolemisch und umfassend über den Stand
der Problematik informiert wird. Geboten wird eine eigene
Übersetzung. Die Übertragung ist wortgetreu, schöpft aber
nicht alle Mittel aus, die der Ausdrucksreichtum der Muttersprache
bietet. Die Früchte der hervorragenden Übersetzungsarbeit
, die von evangelischer Seite geleistet wurde, sind offensichtlich
nicht eingearbeitet worden. Das polnische NT, das
die Britische Bibelgesellschaft im Jahre 1966 herausgebracht
hat, ist lediglich im Literaturverzeichnis genannt. Textkritische
Varianten sind mit Sachkenntnis ausgewählt und behandelt.
Die Literaturverzeichnisse sind umfangreich und umfassen
auch sehr viele Veröffentlichungen der deutschsprachigen historisch
-kritischen Exegese. In der Auslegung ist die Tendenz
unverkennbar, Probleme der Formgeschichte, der Redaktionsund
Traditionsgeschichte so dosiert einzubringen, daß die Historizität
der Berichte der Evangelien erhalten bleibt.

Der Band über das /ohannes-Evangelium greift ausgiebig
auf die Arbeiten von Schnackenburg zurück. Doch auch die
historisch-kritische Exegese aus dem evangelischen Lager ist
eingearbeitet worden. Die Berichterstattung über die Diskussion
ist distanziert und korrigierend. Dazu ein Beispiel aus
der Auslegung von Joh 2,1—11 (Hochzeit zu Kana): .Unwahrscheinlich
sind Hypothesen vom literarischen (nicht historischen
) Ursprung der Erzählung, als sei sie entworfen, um gewisse
theologische Gedanken auszudrücken oder um an den
Dionysos-Mythos von der Verwandlung von Wasser in Wein
(vgl. Dodd____ Bultmann ...) anzuknüpfen. Das würde den

Bericht zu einer Art Gleichnis machen. Das Ereignis in Kana
hat zwar auch tiefe symbolhafte und theologische Bedeutung,
es fufjt aber zweifellos auf einer historischen Tatsache, deren
Zeuge der Autor selbst war, obwohl er nicht selbst unmittelbar
alle niedergeschriebenen Dialoge gehört haben muß" (143).

Im Markus-Band werden Ansichten, die aus der historischkritischen
Auslegung kommen, undistanzierter registriert als
in der Johannes-Exegese. Doch auch in diesem Band wird dem
Leser mitgeteilt, welche Meinungen als nicht akzeptabel gelten
. Zu Mk 8, 27—33 (Petri Bekenntnis und erste Leidensankündigung
) bietet die Meinungsstatistik eine Vielfalt von Ansichten
von der Anerkennung der Historizität des ganzen Berichts
an bis hin zu der Auffassung, „nach der die in Caesarea gestellte
Frage eine literarische Fiktion ist" (210). Auf dem
Hintergrund dieses Meinungspluralismus versucht der Kommentator
, die Grenzen des Historischen wie folgt zu fixieren:
„Zusammenfassend kann man sagen, dafj wir eine historische
Szene vor uns haben. Markus hat sie zur Verdeutlichung
des Messiasgeheimnisses genutzt (Vers 30) und hat ihr solche
Form gegeben, dafj sowohl die Jesusfrage als auch die Antworten
der Jünger zu dem Petrusbekenntnis führen, das im Mittelpunkt
steht" (210). Historische Realität oder zumindest ein
historischer Kern wird auch in den Wunderberichten vorausgesetzt
. Zur Auslegung von Mk 16,7 (Auferstehung) lesen wir:
„In unserem Fall ist also ebenso ein historisches Ereignis, daß
die Frauen das leere Grab vorgefunden haben, wie auch die
Auferstehung historisch ist. Doch diese übernatürliche Tatsache
, die der menschlichen Beobachtung entzogen war, wurde
auf Grund einer göttlichen Ingerenz zuerst einer kleinen Menschengruppe
und durch sie der Welt verkündigt. Ob der Engel
ein tatsächlicher Mittler dieser Nachricht ist oder nur als stilistisches
Mittel für die übernatürliche Herkunft der Botschaft
von der Auferstehung Jesu gedacht ist, das kann man mit
wissenschaftlichen Methoden nicht feststellen" (358).

Das Kommentarwerk öffnet sich behutsam der historischkritischen
Auslegung, aber es treibt die historisch-kritische
Exegese nicht weiter. Es ist das vielmehr ein kirchliches Kommentarwerk
, das gebildete Leser, vor allem Theologen, über
Auslegungsmöglichkeiten informiert und dabei abzugrenzen
versucht, welcher Spielraum zur Zeit im polnischen Katholizismus
tragbar ist.

Halle (Saale) Ernst Lerle

Gubler, Marie-Louise: Die frühesten Deutungen des Todes
Jesu. Eine motivgeschichtliche Darstellung aufgrund der
neueren exegetischen Forschung. Freiburg/Schweiz: Universitätsverlag
; Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977. XV,
424 S. gr. 8° = Orbis Biblicus et Orientalis, 15. DM 56,-.

Angesichts einer sich immer stärker spezialisierenden, in
einzelnen Bereichen nur noch von wenigen Fachleuten überschaubaren
neutestamentlichen Wissenschaft erweisen sich Arbeiten
, die durch Zusammenfassung, Sichtung und Wertung
von Forschungsergebnissen eine Mittlerfunktion zwischen der
Exegese und anderen theologischen Disziplinen wahrnehmen,
als durchaus sinnvoll. Die vorliegende Untersuchung, die 1975
von der Theologischen Fakultät in Fribourg (Schweiz) als Dissertation
angenommen worden ist, leistet diese Mittlerfunktion
auf einem Gebiet, das sowohl für die systematische wie
auch für die praktische Theologie von besonderer Bedeutung
ist, denn von der neutestamentlichen Deutung des Todes Jesu
her ergeben sich Impulse nicht nur für die Christologie, sondern
auch für die Frage nach dem menschlichen Todesschicksal
und seiner Bewältigung durch den christlichen Glauben.
Frau Gubler grenzt ihre Aufgabe in sympathischer Selbstbescheidung
sehr eng ein. Sie will keinen Forschungsbericht im
klassischen Sinn liefern, der den Anspruch erhöbe, eine bestimmte
Epoche der Forschung mit all ihren Strömungen und
Methoden darzustellen und kritisch zu analysieren. Ein solches
Verfahren verbietet sich schon angesichts der Disparatheit der
Forschungslage (4). Statt dessen entscheidet sie sich für eine